Sibirische Tiger im Zoo Buffalo | Foto: Davepape, Lizenz: public domain

Deutscher Tierschutzbund missbraucht Tiger-Unfall in Zürich

Exklusiv für zoos.media – 06.07.2020. Autor: Philipp J. Kroiß

Der Artikel kommentiert die Äußerungen von Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, gegenüber dem WDR über Zoos und Aquarien nach dem Tiger-Unfall im Zoo Zürich.

Deutscher Tierschutzbund missbraucht Tiger-Unfall in Zürich

Es ist eine Sache unterschiedlicher Meinung zu sein – dann kann man immer fair diskutieren und notfalls sich darauf einigen, dass man sich nicht einig ist, ohne einander zu beleidigen oder übereinander zu lügen. Das passiert jeden Tag unzählige Male in Deutschland. Zivilisierte Debatten helfen meist beiden Seiten. Was der WDR nun aber dem Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, ermöglicht in der Presse zu verbreiten, überschreitet nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks, sondern hat auch jeglichen Realtitätsbezug verloren – es wird dreist gelogen und die öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalt multipliziert das unkommentiert ohne es richtig zu stellen.

“Schlecht aufgepumptes Schlauchboot”?

“Der Zoo ist keine Arche Noah, nur ein schlecht aufgepumptes Schlauchboot”, behauptet der ausgebildete Buchhändler Schröder. Für ein schlecht aufgepumptes Schlauchboot, das in seiner Darstellung ja nur Tiere ausstellen würde, haben Zoos allerdings ganz schön viele Arten vor dem unmittelbaren Aussterben gerettet. Hier nur ein paar Beispiele:

Es ist mutig, dass ein Deutscher Tierschutzbund, der keine einzige Art gerettet hat, sich in der Lage sieht, so populistische Phrasen zu veröffentlichen. Der Verein ist selbst mal als Dachorganisation der Tierschutzvereine und Tierheime in Deutschland gegründet worden und man könnte meinen, er habe damit genug zu tun, aber es wird wohl lieber die eigentliche Aufgabe vernachlässigt und mit solchen Hetzkampagnen gegen seriöse Akteure vom eigenen Versagen abgelenkt. Dass manche Medien dies seit Jahren nicht durchblicken und dem Tierschutzbund ein offenes Ohr schenken, ist bemerkenswert. Das Dach der Dachorganisation wird immer löchriger, aber das soll bloß niemand merken.

Erschreckende Inkompetenz

“Auch Frage Nummer zwei ist für ihn einfach zu beantworten: “Tiger ziehen in Freiheit 20, 30, 40 Kilometer am Tag ihre Kreise. Das ist in einem so engen Gehege nicht abbildbar.” Seine Schlussfolgerung: Großkatzen gehören nicht in einen Zoo – genausowenig wie Elefanten, Eisbären oder Seelöwen. Denn dort könnten sie nicht artgerecht gehalten werden.” – Auszug aus dem WDR-Artikel

Zum Einmaleins der Tiergartenbiologie gehört es, das Verhalten der Tiere in der Natur und in Menschenobhut zu verstehen. Dieses Zitat zeigt, dass dieses Verständnis offenbar völlig fehlt. Tiger schlafen erstmal 16 bis 20 Stunden am Tag – das kann man prima in jedem Gehege abbilden. Warum bewegt sich ein Tiger in der Natur, die übrigens für ihn alles andere als Freiheit bedeutet? Weil er dazu gezwungen wird, denn sonst verhungert er und/oder kann sich nicht fortpflanzen. Durch die zunehmende Lebensraumzerstörung ist er gezwungen das noch mehr zu tun. Vom Deutschen Tierschutzbund wird seit Jahren das nachweislich falsche Bild von Tieren gemalt, die sich einfach so aus Spaß an der Freunde bewegen.

Wenn man aber einem Tiger oder anderen Tieren an einem Ort das bietet, was sie brauchen, bleiben sie da. So einfach ist das. Wenn ein Tiger Futter und Partnerin an einem Ort findet, gibt es überhaupt keine Intention sich mehr zu bewegen als man muss. Kein Tiger wäre so dumm, sinnlos Energie zu verschleudern im harten Überlebenskampf in der Natur. Auch das gehört zur Grundbildung im Bereich der Biologie. Somit gibt diese Äußerung des Präsidenten einen ganzen Verband der puren Lächerlichkeit preis. Das ist besonders bedauerlich für die vielen seriösen Tierschützer in den Tierheimen, die dieser Verband vertritt.

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Man sieht: solche indiskutablen Entgleisungen des Deutschen Tierschutzbundes sind keine Seltenheit und erstrecken sich seit Jahren auch auf weit mehr als Tiger in Zoos. Vielleicht täte der Verband aber gut daran, bei Artenschutz-Themen auch auf Artenschützer zu hören, die durch ihre aktive Arbeit die Wichtigkeit und Bedeutung moderner Zoos und Aquarien massenhaft bestätigen. Ohne das angeblich schlecht aufgepumpte Schlauchboot wären viele Arten bereits ertrunken, um im Bild zu bleiben. Ganz sicher kann man sich sein, dass die Existenz oder Nicht-Existenz des Deutschen Tierschutzbundes an dem Schicksal der Arten weder etwas geändert hat noch etwas geändert hätte – unter dem löchrigen Dach, dass der Tierschutzbund bietet, wird man ja schon beim kleinsten Regenschauer nass.

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