Elefanten im Kölner Zoo. Quelle: Frank Monnerjahn CC BY-SA 2.0

Sterben Elefanten in Menschenobhut früher?

Exklusiv für zoos.media – 1. Juli 2016. Autor: Philipp J. Kroiß

Elefanten haben in Zoos eine geringere Lebenserwartung als in der Natur. Das behauptet zumindest eine Studie. Unser Autor erklärt, warum man diese Behauptung nicht einfach so stehen lassen sollte.

Es ist ein altbekanntes Vorurteil von Zoogegnern, dass Elefanten in Menschenobhut eine kürzere Lebenserwartung hätten als in der Wildbahn. Das versucht man von so gut wie jeder Tierart zu behaupten. Bei verschiedenen Delfinarten hat man das auch schon probiert und wurde von der Realität und Wissenschaft widerlegt. Wie bei den Delfinen auch, versucht man das mit angeblich wissenschaftlichen Studien zu belegen. Bei solchen Studien, die angeblich beweisen wollen, dass solche Flaggschiffarten im Zoo kürzer leben sollen, handelt es sich zumeist um Studien, die schlicht unseriöse Wissenschaft und/oder Gefälligkeitsstudien sind.

Die „Gefälligkeitsstudie“

Bei Elefanten geht es dabei um die Studie von Clubb & Mason aus dem Jahre 2002. Die behauptet tatsächlich, dass die Tiere in Menschenobhut eine geringe Lebenserwartung hätten. Diese Studie wurde von der englischen Organisation RSPCA in Oxford in Auftrag gegeben. Die Studie hat die European Elefant Group (EEG) noch im gleichen heftig kritisiert. Man spricht hier von einem „Gefälligkeitsgutachten“: „[D]ie Oxford-Studie hat bewusst oder unbewusst die Bemühungen fortschrittlicher Zoos in Europa ignoriert.“ Man findet auch die Art und Weise, wie die Studie entstand, „unmöglich“: „3 Zoos von 138 Elefantenhaltern unter den europäischen Zoos und Safariparks wurden besucht. Die daraus abgeleiteten Beurteilungen und Aussagen in der Oxford-Studie sind entweder nachweislich falsch, verfälscht, widersprüchlich oder inkompetent.“[1]

Alte Studie neu aufgewärmt

Es passiert immer wieder, dass diese Studie erneut hervorgeholt wird, um einseitig über Elefantenhaltung zu desinformieren. Dobromila Walasek, „Social-Media-Redakteurin bei ZEIT ONLINE und Amateur-Photogiferin“ [sic!], zum Beispiel schrieb einen solchen Artikel offenbar einseitig informiert aus Zoogegnerkreisen.[2] Ähnliches passierte im SPIEGEL. 2008 schrieb man dort die gleichen Zahlen: „Bei asiatischen Elefanten, die in Zoos geboren worden waren, betrug das durchschnittliche Sterbealter 18,9 Jahre, während die Tiere aus der Holzindustrie im Schnitt 41,7 Jahre alt wurden.“[3]

Im von der Tierrechtsorganisation PETA betriebene veganblog, vertrat 2010 Kampagnenleiter „Peter“ die Auffassung: „Elefanten im Zoo werden durchschnittlich weniger als 19 Jahre alt, während ihre freien Artgenossen durchschnittlich 56 Jahre alt werden.“[4]

All diese Veröffentlichungen, wir führen hier nur drei als Beispiele auf, beziehen sich auf die Interpretation der Gefälligkeitsstudie durch die Tierrechtler.

Neue Studie brachte schon 2004 Licht ins Dunkle

Nun schauen wir uns mal die Fakten an. 2004 bereits kamen Wiese und Willis in einer Studie[5], die sich mit der Langlebigkeit und Lebenserwartung von Elefanten in Menschenobhut beschäftigte zu einem ganz anderen Schluss als die zu diesem Zeitpunkt rund zwei Jahre alte Studie für Zoogegner. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Asiatischen Elefanten wird hier auf 47,6 (Europa) bzw. 44,8 (Nord Amerika) angegeben. Die mediane Lebenserwartung wird mit 41,9 (Europa) bzw. 35,9 (Nord Amerika) angegeben. Bereits zu diesem Zeitpunkt war die kritisierte Theorie einer medianen Lebenserwartung von Asiatischen Elefanten von 19 Jahren, wie sie Walasek noch am 31.05.2016 in der ZEIT behauptet, widerlegt.

Ebenfalls berichtet die Studie über die Langlebigkeit von Zoo Elefanten, die sie als vergleichbar mit der der wilden Artengenossen bezeichnen. So wird von einem Asiatischen Elefant berichtet, der bis zum Alter von 86 Jahren im Zoo von Taipei lebte – dabei handelt es sich um den dokumentierten Altersrekord.

Veraltete „Gefälligkeitsstudie“ unbrauchbar

Wir haben also gesehen, dass die Zahlen der Gefälligkeitsstudie und die Studie selbst nicht nur höchst kritisiert, sondern auch stark bezweifelt werden. Ebenso konnte man in Erfahrung bringen, dass man beispielsweise bei Asiatischen Elefanten von einer medianen Lebenserwartung von rund 42 Jahren in der Wildbahn und Menschenobhut ausgehen können. Bei den Daten aus Wildbahn muss man zudem noch bedenken, dass wir es dabei meist mit Zahlen aus Nationalparks und somit geschützten Gebieten menschlicher Obhut zu tun haben, die erforscht werden. Die wirklich wilden Elefanten haben aufgrund der Wilderei, die ja in Nationalparks und ähnlichen Einrichtungen bekanntlich zu verhindern versucht wird, vermutlich eine noch geringe Lebenserwartung.

 

Haben wir also Zahlen, die uns Sorgen bereit müssten, weil Zooelefanten früher sterben? Nein.

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[1] http://www.european-elephant-group.com/doku_5.htm

[2] http://blog.zeit.de/teilchen/2016/05/31/elefanten-zoo-freiheit-lebenserwartung/

[3] http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/lebenserwartung-elefanten-in-zoos-sterben-frueher-a-596051.html

[4] http://www.veganblog.de/2012/12/studie-elefanten-in-zoos-sterben-sehr-jung/

[5] http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/zoo.20011/abstract

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