Nachwuchs bei den Bunten Bentheimer Schweinen | Foto: Erlebnis-Zoo Hannover

Erlebnis-Zoo Hannover: Der große Wurf von Gerda & Gerd

Exklusiv für zoos.media – 29.02.2020. Autor: Philipp J. Kroiß

Das Traumpaar Gerda und Gerd hat den Erlebnis-Zoo Hannover reichlich beschenkt mit süßen Ferkeln einer bedrohten Nutztierrasse: Bunte Betheimer Schweine.

Erlebnis-Zoo Hannover: Der große Wurf von Gerda & Gerd

Gerda und Gerd sind allerdings keine Werfer, die im Erlebnis-Zoo Hannover einen sportlichen Rekord gebrochen haben, sondern Bunte Betheimer Schweine. Das sympathische Duo mit dem Schlappohren war in diesem Jahr besonders produktiv, denn zehn schwarz-weiß gepunktete Ferkel quieken auf Meyers Hof im Erlebnis-Zoo Hannover nun um die Wette. Das ist schon nicht wenig, aber diese seltene und gleichzeitig auch bedrohte Nutztierrasse ist bekannt dafür, dass die Weibchen erstklassige Mütter sind: “Auch Gerda lässt ihre wilden Zehn auf sich herumklettern und nach Herzenslust trinken. Vater Gerd zeigt sich übrigens ebenso gelassen wie die Mutter, schon weil er mit der Aufzucht des schwarz-weißen Gewusel nichts zu tun hat – er hört dem Grunzen aus dem Nachbarstall zu”, berichtet der Erlebnis-Zoo Hannover in seiner Pressemitteilung.

Die Besucher allerdings können die Ferkel nicht nur hören, sondern auch sehen: von 09 bis 16 Uhr im Stall “Mügge” auf Meyers Hof. Seit 2018 lebt diese besondere Art in der Themenwelt des Zoos und es ist schon der zweite Nachwuchs, den man dort begrüßen konnte. In diesem Video sieht man Gerda und ihren ersten Wurf:

Im Video bekommt man einen guten Eindruck vom Luxusdomizil, der Schweinefamilie, das gleichzeitig für die Besucher auch noch ein immersiver Lernort ist. Im Interview erfährt man auch Einiges über die Bunten Bentheimer Schweine.

Aus der Mode?

Nutztierrassen werden bedroht, wenn sie nicht mehr genutzt werden. Zur Zeit des Wirtschaftswunders wollten die Konsumenten hauptsächlich mageres Fleisch. Dazu gab es technische Neuerungen: eine Versorgung mit Stallheizung und Medikamenten wurde in den Ställen nun eher möglich. Man brauchte also die fettreicheren und widerstandsfähigen Schweinerassen nicht mehr, weil die Konsumenten sie nicht mehr wollten, sondern die Hochleistungsrassen bevorzugten, die weniger Fett aufwiesen und durch Stallheizung und bessere medizinische Versorgung auch nicht mehr so widerstandsfähig sein mussten. Auf dem Markt gerieten Bunten Betheimer Schweine in Vergessenheit.

Viele zoologische Einrichtungen und Privathalter haben sich zusammengetan, um diese Rasse dennoch zu erhalten und inzwischen ist man ihnen sehr dankbar dafür. Nicht nur, weil sie so Kulturgeschichte lebendig hielten, sondern weil man die Schweine heute dazu brauchen kann, sie in bestehende Rassen einzukreuzen und diese so widerstandsfähiger zu machen, da manche Produzenten auch von der deutlichen medikamentösen Abdeckung ihrer Schweine wegkommen wollen. So nimmt diese Art heute eine besondere Rolle ein und sie zeigt auch wie wichtig solche Erhaltungszuchten nicht nur bei Wildtieren, sondern auch bei Nutztieren sind.

Zoos nicht nur für Wildtiere wichtig

Der Clemenshof im Kölner Zoo: Heimat für vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen und Zooschule | Foto: Doppelklecks, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Obgleich der Fokus moderner zoologischer Einrichtungen natürlich auf exotischen Tieren liegt, sind auch immersive, edukative Erlebnisse zum Thema Landwirtschaft auch vermehrt Teil moderner Zoos. Das ist gar nicht abwegig, weil Landwirtschaft natürlich auch ein wichtiger Teil des Komplexes Natur- und Artenschutz ist. Daher macht es eben auch Sinn, so etwas zu zeigen. Dies dann mit dem Erhalt bedrohter Haustierrassen zu verbinden, ist ein zusätzlicher Vorteil. Auch im Kölner Zoo etwa, gibt es ein vergleichbares Projekt und selbst in flächenmäßig kleineren Zoos gibt es Projekte, die sich mit dem Erhalt dieser Haustierrassen beschäftigt.

Wie üblich verbinden moderne Zoologische Gärten so den Schutz von Tieren und ihren Arten bzw. Rassen mit wichtiger Edukation. Gerade in stark urban geprägten Milieus entsteht eine Entfremdung von der Natur, aber auch von der Landwirtschaft. Dass Menschen den Bezug dazu verlieren, woher ihre Wurst oder ihr Schnitzel kommen, ist ein Problem, weil sie dann nicht mehr gut ihren Konsum reflektieren können. Daher sind solche edukativen Erlebnisse so wichtig, weil man nur Menschen zu einem nachhaltigen Konsum motivieren kann, die die Zusammenhänge verstehen. Aus diesem Grund macht es auch Sinn, das Leben und die Geschichte der Landwirte zu zeigen.

Die bedrohten Nutztierrassen führen Menschen vor Augen wie sich auch die Kulturlandschaft verändert hat, denn natürlich beeinflussen die verschiedenen Rassen die Kultur nicht nur in der Ernährung, sondern auf vielen Ebenen. Das Besuchern verständlich zu machen, ist auch ein spannender Teil des Bildungsauftrages, den moderne Zoos auf herausragende Weise erfüllen. Zudem ist auch die Diversität dieser Nutztierrassen super interessant.

Gleichzeitig aber werden besonders die Wildtiere wohl Besuchermagneten bleiben. Zum Glück, muss man sich als Zoo aber ja auch nicht entscheiden – man kann sowohl Wildtiere als auch Nutztiere den Besuchern näher bringen.

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