Schwalbensittiche im Tiergarten Schönbrunn | Foto: zoos.media

Grimpinger Hof: Pläne für besonderen Erlebnisort

Exklusiv für zoos.media – 14.09.2021. Autor: Philipp J. Kroiß

In Coesfeld soll ein besonderes Bildungszentrum entstehen, das auch Tiererlebnisse ermöglicht. Wir haben uns das Projekt Grimpinger Hof mal genauer angeschaut.

Grimpinger Hof: Pläne für besonderen Erlebnisort

Wie sieht die Stadt der Zukunft aus? In einer Zeit, in der es die Menschen immer mehr in die Städte zieht und diese Ballungszentren häufig tote Räume sind, ist es wichtig, dass sich die Stadt der Zukunft nicht an einem Leben gegen die Natur ausrichtet und sie verdrängt, sondern ein Leben mit der Natur widerspiegelt. Ebenfalls muss die Stadt der Zukunft auch ganz unweigerlich zum Zentrum des Natur- und Artenschutzes werden, sowie den Klimaschutz mitdenken. Der beste Klimaschutz ist aber praktischerweise der Natur- und Artenschutz, denn dadurch werden Lebensräume erhalten. Wesentliche Zentren dieser Schutzbemühungen sind Zoos und Aquarien – Coesfeld hat aber noch nichts dergleichen.

Artenschutz-Experte Markus Köchling hat deshalb nun einen Vorschlag gemacht, wie man eine vakante Fläche der Stadt nutzen kann: den Grimpinger Hof. Das bereits durch eine Machbarkeitsstudie abgesicherte Projekt platziert sich auf drei wesentlichen Säulen: Bildung, Artenschutz und Erholung. Demgegenüber steht ein eher historisch orientiertes Projekt, das eine Art museale Ausstellung zur Stadtgeschichte vorsieht, aber letztendlich keinen Mehrwert liefert – besonders, wenn man überregional denkt. Zu beiden Projekten gibt es auch eine laufende Abstimmung der Allgemeinen Zeitung.

Bedrohte Haustiere und wilde Botschafter

Neugieriges Erdmännchen im Loro Parque | Foto: zoos.media

Die erwarteten 30.000 Besucher des Grimpinger Hofes werden sowohl heimische als auch exotische Tiere zu sehen bekommen. Belgische (Genter) Bartkaninchen sollen ein Highlight werden. Das ist eine liebenswürdige Haustierrasse, die fast schon für immer verschwunden gewesen wäre, aber in der sprichwörtlich letzten Sekunde vor dem Aussterben gerettet wurde. Es ist wichtig die Geschichte solcher Haustierrassen in zoologischen Institutionen zu erzählen, denn einmal sind sie Teil der Kultur und als solche erhaltenswert, aber sie zeigen auch viel von menschlichen Verhältnis zu seinen Haus- und Nutztieren. Warum sterben Nutztierrassen aus? Weil sie nicht mehr genutzt werden! Aber dieses eigentlich logische Konzept ist vielen nicht bewusst. Daher ist es wichtig, dass Bildungsorte darauf aufmerksam machen und auch engagierte Menschen finden, die helfen, dass es eben nicht zur Ausrottung dieser teils vergessenen Rassen kommt.

Aber zu Haustierrassen lässt sich natürlich auch die Herkunft erzählen. So wird es auch ein Highlight des Grimpinger Hofes sein, dass das Münstersche Meerschweinchen dort zu sehen sein wird, denn hier können dann die Menschen sehen wie die heute noch lebenden, wilden Vorfahren der Hausmeerschweinchen aussehen. Trotz seines Namens ist dieses Wildtier nicht in Münster, sondern in Boliviens Provinz Cochabamba beheimatet. Ganz besonders an dieser Art ist zudem das Familienleben: sie leben in monogamen Konstellationen und die Männchen spielen mit ihren Jungen, statt aggressiv auf sie zu reagieren. Diese interessante Wildmeerschweinchen-Art wirkt so quasi wie so eine Art Verbindung zwischen den ursprünglichen Wildtieren und den Haustieren.

Als eine weitere Wildtier-Art sind Erdmännchen geplant. Sie eröffnen dann quasi den Blick über den heimischen Horizont hinaus. Das ist auch sehr wichtig, denn Natur- und Artenschutz betrifft das große Ganze. Die Savanne Afrikas ist aktuell Ort eines großen Artensterbens, weil sie zerstört, fragmentiert und verschmutzt wird. Die Korridore für die wilden Tiere Afrikas werden so immer kleiner. Die Erdmännchen als mit die bekanntesten Bewohner der Savanne, die sich auch auf einem Hof prima zeigen lassen, sind dafür exzellente Botschafter und werfen einen Blick aus der Stadt in die Welt. Somit überspannt der Grimberger Hof letztendlich den ganzen Erdball und bringt heimische und exotische Tiere zusammen, um etwas für sie zu tun. Insgesamt soll es 14 Arten geben, wovon 10 im Bestand bedroht sind.

Gemeinnütziges Bildungszentrum mit Tieren

Fliegende Sumpfohreule im Nationalpark niedersächsisches Wattenmeer | Foto: Stephan Sprinz, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Der Grimpinger Hof soll aber kein einfacher Tierpark sein, wo man nur Tiere sieht und das war es dann, sondern eben ein Bildungszentrum mit Tieren. Ebenfalls vorgestellt werden, soll dort die Sumpfohreule, von der es nur noch 200 Tiere in Deutschland gibt. Sie sollen auch nachgezogen und ausgewildert werden, aber eben als Teil eines Bildungserlebnisses. Diese Erlebnisse der Natur und vor allem deren Schutz sind in Städten von großer Wichtigkeit, um die Menschen wieder näher mit der Natur zu verbinden. Somit geht es auf dem Hof vor allem um Umweltbildung mit den Tieren – auch als außerschulischer Lernort. Bildung ist die Basis von Forschung und Forschung ist die Basis von Natur- und Artenschutz. Daher will der Grimpinger Hof alles bieten: von der Bildung im Bereich der Grundlagen bis hin zur aktiven Aktion zum Schutz der Natur.

Das alles soll mitten im Herzen der Stadt Coesfeld passieren und soll auch als Pull-Faktor für die Stadt selbst gelten. Das soll Tagesausflügler nach Coesfeld bringen und von diesem Zentrum aus eine Strahlkraft entwickeln, die auch der Wirtschaft der Stadt zugute kommen soll. Darüber hinaus ist so ein Zentrum aber auch als weicher Standortfaktor langfristig nicht zu unterschätzen. So etwas gehört eben auch zur Lebensqualität von Anwohnern. Die Menschen wollen ja Kontakte mit Tieren und wenn sie das in der Nähe ihres Wohnortes haben, zieht das auch mehr Menschen in eine Stadt, die dann dort leben, aber eben auch dort konsumieren. So entwickelt sich auch ein Boost für die gesamte Region.

Trotzdem gibt es Gegner, die mit Plattitüden gegen Tierhaltung versuchen, das Projekt in Misskredit zu bringen – zum Beispiel über die Kosten. Da ist das Projekt mit dem eher musealen Ansatz natürlich billiger, aber welchen überregionalen Besucher soll es denn anziehen, zum Beispiel etwas zum Thema Stadtrecht von Coesfeld zu erfahren? Bildung mit Tieren hingegen ist für ein großes Publikum viel spannender, aber kostet natürlich auch. Wenn man Natur- und Artenschutz mit Luft und Liebe finanzieren könnte, gäbe es wahrscheinlich das große Artensterben gar nicht, aber das ist eben nicht der Fall. Daher liegt es in der Natur der Sache, dass, wer Gutes tun will, auch Geldmittel dafür bereitstellen muss, wenn man solche wichtigen Projekte wie den Erhalt der Sumpfohreule realisieren will. Für die Besucher wird der Besuch übrigens kostenlos sein.

Natürlich gibt es auch die klassischen Tierhaltungsgegner, die gegen solche Projekte argumentieren. Jede einzelne der Argumentationen übersieht aber einen wesentlichen Fakt: Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat den One Plan Approach als zentrales Konzept vom umfassenden Natur- und Artenschutz etabliert, also einen Plan mit dem man Arten retten kann. Damit das gelingt, braucht es aber eben nicht nur Aktion im Lebensraum der Tiere, sondern auch außerhalb. Ohne zoologische Institutionen geht es also schlichtweg nicht, denn sie sind verbinden aktives Engagement in situ und ex situ wie es sonst niemand kann. Es geht also gar nicht ohne sie. Um das Tierwohl braucht man sich auch keine Sorgen zu machen: Markus Köchling, der selbst Tierpfleger-Meister ist,  ist bekannt für exzellente Tierpflegequalität in all den von ihm und seinem Team betreuten Projekten.

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