Von Schmugglern geretteten Indonesischer Baumfrosch im Kölner Zoo | Foto: Thomas Ziegler

Kölner Zoo kämpft gegen die Amphibienkrise

Exklusiv für zoos.media – 29.01.2020. Autor: Philipp J. Kroiß

Die Amphibienkrise bedroht Tiere auf der ganzen Welt. Der Kölner Zoo kämpft mit Partnern auf der ganzen Welt gegen das Aussterben bedrohter Amphibienarten.

Kölner Zoo kämpft gegen die Amphibienkrise

Wechselkröte | Foto: Umberto Salvagnin, Lizenz: CC BY 2.0

Die weltweite Amphibienkrise ist komplex und hat viele Ursachen. Lebensräume gehen zurück oder werden zerstört und dort, wo sie noch halbwegs intakt sind können todbringende Pathogene den empfindlichen Amphibien zusetzen. Deshalb haben sich viele Experten diesem ernsten Thema angenommen und kämpfen sowohl im Freiland als auch durch den Aufbau von Erhaltungszuchtprojekten aktiv gegen das Aussterben vieler Amphibienarten. Thomas Ziegler und Anna Rauhaus von der AG Zoologischer Garten Köln haben in der Zeitschrift des Kölner Zoos (Heft 2/2019) beschrieben, was der Kölner Zoo schon alles auf die Beine gestellt hat.

Über 8.000 Amphibienarten sind weltweit wissenschaftlich beschrieben – leider sind viele den meisten Menschen unbekannt, weil sie in der Natur im Vergleich etwa zu großen Säugetieren schwer zu sehen sind. Daher sind zoologische Einrichtungen so wichtig, die den Menschen diese Arten sowohl im wörtlichen, aber auch im übertragenen Sinne, näherbringen. Allerdings, so betonen die beiden Autoren, dienen moderne, wissenschaftlich geführte Zoos nicht mehr „nur“ der Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit, sondern sie leisten auch direkt einen wichtigen Beitrag im Artenschutz, nämlich durch die Erhaltung, also Vermehrung bedrohter Amphibien.

„Sprechen Zoogegner nicht selten von Tiergefängnissen, kommt Zoos angesichts der globalen Amphibienkrise und der Bedrohung der Amphibien durch die von den mittlerweile beiden Chytridpilzen verursachte Krankheit Chytridiomykose vielmehr die Rolle einer modernen Arche Noah zu. Dafür wurde der Begriff der „Amphibian Ark“ (Amphibienarche) geprägt. Denn wo die Chytridpilze in der Natur zuschlagen, ist den Arten vor Ort, also in situ, mitunter kaum mehr zu helfen. Hier muss zunächst ex situ angesetzt werden, d. h. im Rahmen der Schaffung einer Reservepopulation bzw. Erhaltungszucht unter gesicherten Bedingungen. So kann erst einmal Schlimmeres vermieden, also Aussterbeereignissen in freier Wildbahn, wie sie bereits schon vorgekommen sind, zuvorgekommen werden.“

Aus Köln in die ganze Welt

Im vergangenen Jahr konnte im Kölner Zoo eine Aufzuchtstation für die heimische Wechselkröte, kombiniet mit einer Ausstellung über deren Bedrohung und Erhalt eröffnet werden – ein nachfolgend durch die UN Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnetes Projekt, dass einer bedrohten Art unmittelbar vor den Toren des Kölner Zoos gewidmet ist, und in Zusammenarbeit mit NABU, den StEB Köln und der Technischen Universität Braunschweig realisiert wird. Der Schwerpunkt des Kölner Aquariums, welches Süßwasser- und Meerwasseraquarien sowie das Terrarium und Insektarium vereint, liegt aber insgesamt auf subtropischen und tropischen Arten. Der überwiegende Anteil der dort gehaltenen Reptilien und Amphibien stammt aus Südostasien und dort vor allem aus Vietnam – denn dort setzt sich der Kölner Zoo auch vor Ort seit Jahrzehnten für Artenschutz ein und worüber wir erst vor kurzem an dieser Stelle berichtet haben:+

Köln & Hanoi: Starke Partnerschaft für Artenschutz & Forschung

Durch den Einsatz in Vietnam und Laos kombiniert der Kölner Zoo in der Terrarienabteilung aktiv ex situ und in situ Projekte. Im Rahmen der internationalen Kooperation veröffentlichte das deutsch-vietnamesische Team seit 2008 über 100 wissenschaftliche Arbeiten allein zu Amphibien. So konnten in diesem Zeitraum 18 zuvor unbekannte Arten nicht nur entdeckt, sondern auch wissenschaftlich beschrieben werden. Die wissenschaftliche Beschreibung weiterer Neuentdeckungen befinden sich bereits in Vorbereitung. 30 wissenschaftliche Abhandlungen in diesem Zeitraum beschäftigten sich mit der Erweiterung des Verbreitungsgebietes verschiedener Amphibienarten.

Es geht dabei aber nicht nur um Entdeckergeist – man kann ja auch nur schützen, was man kennt -, sondern die Arbeitsgruppe sorgt auch dafür, hinreichende Daten zu Verbreitung, Lebensraum, Lebensweise und Nutzung bzw. Bedrohung zu liefern, damit, falls erforderlich, die Arten unter Schutz gestellt werden können, denn mit der Entdeckung allein ist die Arbeit eben noch lange nicht getan. Und genau dafür setzt sich der Kölner Zoo ganz aktiv ein.

Schutz im natürlichen Lebensraum und darüber hinaus

Diese Molchnachzuchten werden in Kürze nach Vietnam rücküberführt. | Foto: T. Ziegler

Die beiden Autoren erklären, dass der Schutz im natürlichen Lebensraum an erster Stelle stünde, aber dass es damit allein bei vielen Arten eben noch nicht getan sei. Wo beispielsweise die Chytridpilze wüten, nutzt auch ein ansonsten intakter Lebensraum nicht und zusätzliche Maßnahmen müssen getroffen werden. Zum einen werden dazu in Vietnam selbst Haltungsanlagen aufgebaut, aber auch die schon vorhandenen Installationen im Terrarium des Kölner Zoos genutzt. So können nicht nur Reservehaltungen für bedrohte Arten aufgebaut werden, sondern dort können sie auch erforscht werden, z. B. die für viele Arten noch unbekannte Larvalentwicklung oder überhaupt erst die Stimuli, die eine Fortpflanzung auslösen.

Bei mittlerweile 8.000 bekannten Amphibienarten ist da noch viel mühevolle Kleinarbeit zu leisten, denn nur die wenigsten davon sind gut erforscht oder werden überhaupt in Zoos gehalten. Und dann müssen sie ja so gut bekannt sein, dass man sie zuverlässig vermehren kann, um dann, im Falle eines Falles, der Wildpopulation mit Aufstockung durch Zoonachzuchten unter die Arme greifen zu können.

Das alles funktioniert nicht mit eine „White Savior“-Attitüde, die unseriöse Artenschützer an den Tag legen, sondern nur zusammen, durch Kooperationsinitiativen und unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung. Auch daran arbeitet man intensiv in dieser Partnerschaft zwischen Deutschland und Vietnam: Das Projekt trägt nämlich auch zur Bildung in Vietnam bei, ob nun durch in Schulen und öffentlichen Einrichtungen aufgehängten Postern, durch Informationsbroschüren, Kampagnen oder Umweltbildungsausstellungen mit denen gezielt die junge Generation angesprochen wird, aber es wird auch Erwachsenenbildung durchgeführt. Bildung ist in Asien ein hohes Gut, die Wirtschaft wächst zwischen sechs und sieben Prozent jedes Jahr – deutlich mehr als in Deutschland, obgleich Vietnam trotzdem weiterhin deutlich ärmer ist als Deutschland. In dieser Zeit des Aufschwungs nun auch den Erhalt der Biodiversität dieses Landes ins Spiel zu bringen, ist elementar für die kommende Entwicklung dieses Landes.

Der Kölner Zoo schützt Amphibien also nicht nur durch Erforschung direkt im Lebensraum, sondern auch durch die Nachzucht in Terrarien, Auffangstationen, Erhaltungszuchtzentren und im Rahmen von Bildungszentren wie Schulen und Universitäten. Prof. Dr. Thomas Ziegler betreut ständig nicht nur deutsche sondern auch vietnamesische Studenten, sowohl in Köln als auch in Hanoi und auch Lehrveranstaltungen finden nicht nur in Deutschland sondern auch in Vietnam statt. Was die konkreten Erfolge im Nachzuchtbereich betrifft so werden in Köln aktuell acht Arten aus Südostasien nachgezogen. Allerdings auch weitere Arten über die Grenzen Südostasiens hinaus.

Nur mal kurz die Welt retten?

Welterstzucht der Vietnamesischen Krokodilmolches im Kölner Zoo | Foto: T. Ziegler

Aber natürlich kann ein Zoo alleine nicht die Welt retten, dafür bedarf es weiterer Initiativen und vor allem Zusammenarbeit und Absprache mit anderen Institutionen auf der ganzen Welt wird großgeschrieben.

„[Wir versuchen] in Köln grundsätzlich, sowohl die Haltung und Nachzucht, als auch die Larvalmorphologie bzw. -entwicklung zu dokumentieren, um die benötigten zoobiologischen bzw. wissenschaftlichen Grundlagen zu schaffen und anderen Institutionen zugänglich zu machen. Zwar können wir bei uns nur eine limitierte Anzahl an Arten halten, doch wenn jeder Zoo sich eine Gruppe an Amphibien oder eine Region aussucht, dann können wir zusammen doch einiges an Grundlagen schaffen und uns effektiv für den Amphibienschutz einsetzen.“

Ein Beispiel dafür, dass das erfolgreich funktioniert, ist die Knochenkopfkröte: die Tiere und das Wissen über ihre Haltung und Vermehrung wurden bereits erfolgreich an andere Einrichtungen weitergegeben, sodass deren Haltung und natürlich auch der Bestand sich nun signifikant vergrößerten. Ein weiteres Beispiel ist der Vietnamesische Krokodilmolch. Von dieser erst vor kurzem entdeckten, nur kleinräumig verbreiteten und bedrohten Art kamen bereits 69 Jungtiere in Köln zur Welt, wo 2018 die Welterstzucht dieser Art stattfand. Auch hier wurden bereits Nachzuchttiere an weitere Zoos abgegeben, um die Reservepopulation zu vergrößern, aber auch als positives politisches Signal, einige Individuen wieder zurück nach Vietnam gesendet.

Wegweisend und fortschrittlich ist auch die Aufnahme der zuvor genannten Arten in das Citizen Conservation Programm, in dem auch Privathalter daran arbeiten, wichtige Artenschutzarbeit in einem Zuchtprogramm zu leisten. Das bietet Privathaltern die Chance, sich für eine spannende Art und den Artenschutz einzusetzen, das Projekt wiederum profitiert von deren Expertise, Zeit und zusätzlichen Haltungskapazitäten. Dies wiederum zeigt auch wie wichtig sachkundige Privathaltung für den Artenschutz sein kann.

Den One Plan Approach leben

Solche Projekte zeigen wie umfassend und wichtig der One Plan Approach (OPA) ist, der eine enge Verzahnung verschiedenster ex situ und in situ Aktionen im Zusammenspiel verschiedener Expertengruppen vorsieht. Moderne zoologische Einrichtungen können hier ganz entscheidend vorgehen. All das finanziert sich aber nicht aus Luft und Liebe, sondern dank finanzstarker Partner, was der Kölner Zoo durch über eine Millionen Besucher jährlich nun einmal ist.

Er kann so Zentrum für Bildung, Artenschutz und Forschung sein, gleichzeitig akquiriert er aber auch Spenden. Denn ohne Unterstützung und Fördermittel sind solch komplexen internationalen Projekte nur schwer durchführbar.

Es ist also gar nicht mal so einfach, Arten zu retten und den OPA zu realisieren. Daher kämpft der Zoo auf sehr vielen Ebenen für das Überleben der Amphibien und gegen die Amphibienkrise. Ohne das Netzwerk des Kölner Zoos hätten die Amphibien aber deutlich weniger Chance aufs Überleben. Das zeigt wieder deutlich: Wenn es Zoos, wie den in Köln, nicht schon längst geben würde, müssten sie schleunigst erfunden werden.

Diesen Beitrag teilen