Beluga (Weißwal) in L'Oceanogràfic | Foto: Carquinyol, Lizenz: CC BY-SA 2.0

Merlin-Belugas weiterhin in kleinen Becken in Island

Exklusiv für zoos.media – 02.11.2021. Autor: Philipp J. Kroiß

Im Beluga Whale Sanctuary werden die Belugas noch immer nicht im Netz-Käfig, der euphemistisch Sanctuary genannt wird, gehalten, sondern in kleinen Becken an Land.

Merlin-Belugas weiterhin in kleinen Becken in Island

Was hatte die Merlin Entertainments-Gruppe nicht alles versprochen: Die drei in China gekauften Belugas sollten ihren Weg zurück in die Heimat antreten. Nichts davon ist eingetreten: Nur zwei überlebten die Vorbereitungen auf den Transport und der ging dann nicht mal in die Heimat, sondern nach Island. Diese neue Möchtegern-Heimat, die den Menschen als Freiheit verkauft wird, war dann auch nichts anderes als ein Netzkäfig im Rinnstein der meist frequentierten Wasserstraße der Insel.

Netzkäfig funktioniert nicht

Die meiste Zeit verbrachten die Tiere allerdings gar nicht in dem Netzkäfig, den Merlin Entertainments Marke SeaLife mal als Heimat, obgleich in Island Belugas nicht mal ihr natürliches Verbreitungsgebiet haben, und mal als Freiheit, was natürlich völlig lächerlich ist, framed. Die Belugawale leben und lebten schon die meiste Zeit in einer Holding Facility an Land. Dabei ist die geringe Größe beachtenswert und war bereits Gegenstand eines interessanten Beitrags von dolphinaria.truth.

Das WDC, das fleißig am Greenwashing des Projektes partizipiert und es offen unterstützt, macht sich dabei natürlich völlig lächerlich, wenn die kleineren Delfine in der häufig von ihnen kritisierten Delfinhaltung in Nürnberg, sehr viel mehr Platz haben als die Belugas in dem von ihnen über den grünen Klee gelobten Sanctuary der Merlin Entertainments Group, mit denen sie schon länger eine fragwürdige Partnerschaft eingegangen sind. Man versucht also mit schönen Worten eines zu überdecken: Der Netzkäfig funktioniert nicht.

Die Partnerschaft von WDC und Merlin ist aber nicht nur wegen dem Greenwashing lukrativ, denn natürlich hetzt das WDC fleißig gegen Mitkonkurrenten des Konzerns im Freizeitgeschäft: seriöse Zoos und Aquarien. Daher passt es durchaus ins Bild, wenn die Organisation nun in Bezug auf das Beluga Whale Sanctuary auch so ohrenbetäubend schweigt. Das WDC sucht nach einem Splitter in fremden Augen ohne aber den Balken im eigenen zu bemerken – oder bemerkt man ihn sogar und schweigt, um die Geldströme nicht zu stören?

Verantwortliche zugeknöpft & ratlos

Um auch die Verantwortlichen des Netzkäfig-Projekts zu Wort kommen zu lassen, schickte zoos.media bereits im Juni eine Anfrage an den Sea Life Trust, der Träger der Einrichtung ist. Wir fragten nach der Ankündigung, die besagte, dass die beiden Belugas in den ersten Monaten des Jahres 2021 in ihren Netzkäfig zurückgesetzt würden, was nicht geschehen ist. Es gab keine Antwort.

Nun gibt es eine ähnlich lautende Ankündigung für 2022, allerdings mit der Einschränkung, dass die Tiere in einen runden Netzkäfig im Netzkäfig gesetzt werden. Das zeigt diese Animation:

Was auch dieser durchschaubare Marketing-Sprech überdecken soll: Es gibt kein wirkliches Konzept des Unternehmens und der Pseudo-Experten, die gegen Zoos, Aquarien und Delfinarien sind, wie sie mit dem Problem umgehen sollen. Dazu überzeichnet die Animation die Größe des Netzkäfig im Netzkäfig sehr deutlich.

Wesentliche Probleme der Tiere bleiben ungelöst, aber …

Die beiden Belugas sind in dem Netzkäfig ungeschützt der Umweltverschmutzung ausgesetzt, haben keine Chance dem Unterwasserlärm des nahen Bootsverkehres zu entgehen und leben nicht in einer natürlichen Gruppenkonstellation. Dazu ist fraglich wie den Tieren denn eine gute Versorgung zuteilwerden kann, weil die Insel logistische Problematiken hat, die wir in Artikeln zuvor bereits diskutiert haben.

Für all das liefert auch der Plan der Verkleinerung keine Lösung. Für eines aber liefert dieser neue Bau eine Lösung: man gewinnt Zeit. Die Vermarktung der Tiere und die Finanzierung des Projekts basiert auf der Ausstellung der Belugas. Man soll später einmal Geld bezahlen, um sie im Netzkäfig, also dieser Pseudo-Freiheit, zu sehen. Das ist ja, was man vor Ort, hauptsächlich an Touristen, verkaufen will.

Jetzt ist aber nun mal die Coronazeit und man bekommt schlicht keine Kunden, weil die Reisebranche weitestgehend am Boden liegt, obgleich sie sich nun langsam wieder erholt. Die Versorgung der Belugas in der Bucht, macht aber nur monetär Sinn, wenn man diese Freiheitsillusion auch vermarkten kann. Also wählt man nun die viel billigere Pflege der Tiere in einem Indoor-Delfinarium. Dort sind sie einfacher zu versorgen und am Leben zu erhalten. Zudem spart man sich Finanzaufwand für eine Illusion, für die aktuell ohnehin keiner zahlt.

So verkauft man die Tiere gerade wie in einem klassischen Aquarium für die zahlende Kundschaft:

 

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Unseriöses Vorgehen

Wilde Belugas im Naknek River | Foto: Katmai National Park and Preserve, Lizenz: CC BY 2.0

Solche Kostenoptimierung ist für die SeaLife-Marke von Merlin Entertainments auch nicht selten, denn nicht umsonst sind diese Einrichtungen nicht zoologisch akkreditiert oder zertifiziert. Seit Jahren verkauft SeaLife die Illusion seriöse Aquarien zu betreiben, genauso wie sie jetzt die Illusion eines Heimkommens der Belugas verkaufen. Mit seriöser Tierhaltung hat das auch nur entfernt zu tun.

Das Projekt Beluga Whale Sanctuary besticht auch durch massive Intransparenz und widersprüchliche Aussagen. Zum Beispiel sprach man Ende Juli davon, dass sich die Konstruktion des Übergangsnetzkäfigs aufgrund von coronabedingten Lieferengpässen verschieben würde. Just einen Monat später sieht man aber Mitarbeiter des Teams über Konstruktionsskizzen brüten mit der Versicherung, dass bei Planung und Bau natürlich auf alles geachtet würde. Wie will man denn Ende Juli seriös von Lieferengpässen für eine Einrichtung berichten, die man einen Monat später offensichtlich noch nicht mal fertig geplant hat? Das ist nicht seriös.

Zudem gibt es ein nachweisbares Verschweigen von Verletzungen. So hatte Little Grey einen Einschnitt in die Oberlippe, wie Videoaufnahmen aus der Einrichtung zeigten. Bei der Erklärung der Unterscheidung der beiden Tiere sprach man verniedlichend von “notches” ohne die Verletzung zu erwähnen, über die wir bereits im August letzten Jahres berichtet haben. Zum Beispiel das WDC beäugt ja sonst in Delfinarien und Aquarien jede noch so kleinste Hautunreinheit von Walen ganz genau. Da denkt man wieder unweigerlich an Splitter und Balken.

Zu all solchen Fragen gibt es keine Antworten und auch keine Daten zu den Tieren oder seriöse Informationen. Sie werden mehr oder weniger versteckt und den vollmundigen Versicherungen, dass alles gut wäre, was sie aber auch behaupten, wenn die Tiere krank oder verletzt sind, sollen die Leute eben glauben. Durch diese Intransparenz führt das Projekt die eigene Inkompetenz und fehlende Seriosität sehr deutlich vor.

Beste Lösung für die Tiere

Für Little Grey und Little White wäre es am besten, wenn sie aus den Klauen des Freizeitparkunternehmens befreit würden und in die professionellen Hände akkreditierter und / oder zertifizierter zoologischer Einrichtungen kämen. Dort hätten sie nicht nur ein artgemäßes Sozialleben und die Möglichkeit sich fortzupflanzen sowie eine Versorgung, die state of the art wäre, sondern bekämen auch die Chance sich an Forschungsprojekten zum Schutz ihrer wilden Artgenossen zu beteiligen.

Das Greenwashing des Projektes kann eben auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Tiere genutzt werden, um Merlin Entertainments und seine Marke SeaLife auf bemerkenswert populistische Weise darzustellen, aber eben im Bereich des Arten- und Populationsschutz für Belugas gibt es keinen Beitrag. In einem modernen Zoo oder Aquarium wäre das – zum Wohle der Tiere, ihrer Art und ihres natürlichen Lebensraumes – eben auch anders.

Wie seriöse Beluga-Haltung aussehen kann, zeigt beispielsweise das Oceanogràfic in València:

Eine so professionelle Haltung wäre auch den beiden Belugas Little Grey und Little White zu gönnen, die sonst ihr restliches Leben in einem Netzkäfig im Rinnstein einer stark frequentierten Wasserstraße als Greenwashing-Opfer ideologisch verblendeter Delfinarien- und Zoogegner fristen müssten.

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