Mikroplastik ist ein massives Problem für verschiedene Lebensräume | Foto: Peter Charaff, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Mikroplastik: Der Teufel steckt im Detail

Exklusiv für zoos.media – 04.02.2018. Autor: Philipp J. Kroiß

Mikroplastik ist klein, aber ein großes Problem. Darüber klären auch Zoos und Aquarien intensiv auf. Dieser Artikel bespricht die Komplexität des Plastik-Problems.

Mikroplastik: Der Teufel steckt im Detail

Plastik ist ein Problem, wenn es nicht richtig entsorgt wird – das gilt vor allem für vergleichsweise große Plastikteile. Plastiktüten, die achtlos in der Gegend landen, sind ein Problem für die Umwelt. Wenn die aber richtig entsorgt werden, nachdem sie mehrfach verwendet wurden, ist dagegen grundsätzlich erstmal wenig einzuwenden. Leider gehen aber sehr viele Leute nicht verantwortungsvoll mit Plastik um und deshalb gibt es die sinnvolle Bewegung, unnütze Plastikteile mehr und mehr zu ersetzen. Dass es so weit kommen musste, liegt an der Inkompetenz vieler Verbraucher mit Plastik ordentlich umzugehen, trotz umfangreicher Edukation.

Bei Mikroplastik ist es aber viel gemeiner. Hier kann man ein Produkt richtig gebrauchen und richtig entsorgen und hat trotzdem etwas Falsch gemacht: nämlich Plastik in Kreisläufe gebracht, in die eigentlich kein Plastik gehört. Mikroplastik versteckt sich an erschreckend vielen Orten. Yaqu Pacha e.V. informiert sehr gut darüber, wo sich Mikroplastik überall versteckt – und das bereits seit Jahren und auch in Zusammenarbeit mit modernen Zoos und Aquarien.

Für die Leute mit einem Smartphone wird die App des Projektpartners CODECHECK empfohlen, die unter anderem auf verstecktes Mikroplastik hinweist.

“Das hätte ich nicht erwartet …”

Die Verschmutzung der Meere schadet einem ganzen Ökosystem mit allen seinen Bewohnern. | Foto: epSos.de, Lizenz: CC BY 2.0

Manche Leute sind baff, wo man alles Mikroplastik finden kann – besonders heikel: sogar in angeblichen Tierschutz-Produkten. Was als “Kunstpelz” verkauft wird, ist tatsächlich ein Plastik-Imitat von Pelz. Während sich echte Tierhaare zersetzen, gelangt etwa beim Waschen Kunstpelz als Mikroplastik, das sich eben nicht nach kurzer Zeit biologisch abbaut, ins Abwasser. Der große Zoologe Grzimek erklärte einst: “Der einzige, der einen Ozelotpelz wirklich braucht, ist der Ozelot.” Man könnte heute ergänzen: “Und Kunstpelz kann gar kein Tier brauchen.” Das wissen viele Leute nicht und man kann ihnen auch keinen Vorwurf daraus machen, weil das ja nicht transparent kommuniziert wird. “Kunstleder” ist ja zum Beispiel auch nur ein schönes Wort für eine bestimmte Art von Plastik, das Tierleder nachäfft.

Wer erwartet, dass das, was sich bei Peelings so schön anfühlt, Mikroplastik ist? Erstmal niemand und dann schaut auch keiner auf die Verpackung – das wäre aber sehr sinnvoll, denn dann kann man entsprechende Produkte umgehen. Aber selbst, wenn man hinschaut, ist es nicht immer leicht – Beispiel: Polyamid. Das wird meist mit PA abgekürzt, heißt aber auch mal Nylon-12, Nylon-6 oder Nylon-66. Das kann verwirren, wenn man nicht weiß, dass Nylon letztendlich ein Handelsname für Polyamide ist. Es für Zahnbürsten entwickelt worden, aber viele werden wohl als erstes an die berühmten Strumpfhosen denken. Der Handelsname war sehr geschickt gewählt, denn durch die Endung ordnete man das Plastik im Englischen eher Naturfasern wie Baumwolle (“cotton”) zu.

Wer denkt, dass sich hinter kuscheligem Fleece etwa Polyester und somit auch Plastik versteckt? Bei jedem Waschgang lösen sich Kunstfasern. In Kläranlagen werden die aber nicht erfasst und Browne et al. (2011) konnten an 18 Stränden im Sediment genau solche Kunstfasern nachweisen. Auch das wird nicht groß und breit kommuniziert, denn Fleece ist ja durchaus ein Recycling-Produkt z.B. aus PET-Flaschen. Das zeigt auch wie das Stichwort Recycling mit Vorsicht zu genießen ist – auch das muss differenziert betrachtet werden. Wenn man Plastik in eine andere Form bringt, ist es ja nicht plötzlich weg – so aber wird es häufig rezipiert.

Verbotspolitik eine Lösung?

Der Sprogø Vindmølle Park nördlich der Great Belt Bridge (2010) | Foto: Fxp42, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Jetzt ist man wieder schnell dabei alles zu verbieten. Das bringt ja aber nichts. Die menschliche Bevölkerung steigt zwar nicht mehr so rasant wie noch vor einigen Jahren, aber sie wird bis Ende des Jahrhunderts noch weiter steigen. Optionen zu minimieren hilft also schlicht nicht. Dass Fleece nicht in Kläranlagen herausgefiltert werden kann, muss ja nicht so bleiben. Hier braucht es Forschung, die Prozesse optimiert. Wie kann man zum Beispiel aus Pflanzen mehr Fasern pro Quadratmeter Anbaufläche bekommen? Der Weg kann ja nicht sein, plötzlich alles Plastik zu verbieten, denn es ist manchmal ein sehr effizientes Produkt.

Man kann nicht alles verbieten und verteufeln, weil man es dadurch manchmal eben verschlimmbessert. Mit der Natur zu leben, heißt auch in Maßen von ihr zu leben. Das Ziel muss es ja sein, Prozesse so zu optimieren, dass der Mensch möglichst minimalinvasiv in Lebensräumen handelt. Leder ist nicht per se schlecht, wenn es von Tieren kommt, die ohnehin zur Fleischgewinnung geschlachtet werden – es wäre nicht gut, es ungenutzt wegzuschmeißen, denn das ist ja auch nicht wirklich nachhaltig. Man muss das also alles viel differenzierter sehen und nicht mit dem Vorschlaghammer alles verbieten. Die aktuelle Debattenkultur ist aber zu sehr von Hysterie geprägt und von NGOs, die das nur zu gerne ausnutzen, um Spenden zu gewinnen und verpartnerten Wirtschaftsakteure einen Bonus zu verpassen.

Wenn sich das nicht ändert, verschlimmbessert man eher. Man sieht das auch in der Energiepolitik. Atomenergie war und ist minimallebensrauminvasiv – außer bei einem Unfall, dann wird natürlich richtig massiv Lebensraum zerstört. Es gab also Hysterie wie unsicher das doch alles ist und man präsentierte den Kohlestrom. Kohlestrom ist deutlich mehr lebensrauminvasiv, aber das immerhin reversibel: das heißt, nachdem die Löcher geschlossen sind, wird wieder Lebensraum hergestellt. Nun will man sich von Windkraft abhängig machen, weil es eine wahre Hysterie bezüglich Kohlestrom gab und gibt. Offshore-Windkraftanlagen sind enorm lebensrauminvasiv, machen marinen Lebensraum unbewohnbar und schreddern über der Wasseroberfläche Vögel – und das auf ewig, also irreversibel, weil wir auf sie ja angewiesen sind. Welche Lösungen hätte man finden können, wenn man einfach mal weniger hysterisch gewesen wäre und nüchtern weiter in verschiedene Richtungen geforscht hätte, statt bestimmte Richtungen zu tabuisieren?

Wir leben nun mal alle auf dieser Erde und das ist nichts Schlechtes, wenn man weiter versucht, vorhandene Prozesse zu optimieren – dabei hilft eine möglichst freie Forschung, die entsprechend gefördert wird, wenn sie Antworten auf dringende Fragen zu finden versucht. Verbotspolitik führt nur zu Sackgassen, weil sie auf der Idee basiert, dass ein Ist-Zustand nicht optimierbar ist, obgleich er es ist, wenn man nur etwas mehr oder überhaupt mal etwas in dessen Optimierung stecken würde. Aktuell wird zu wenig in Forschung gesteckt – hier liegt Deutschland hinter den großen Wirtschaftsnationen zurück: der Nachholbedarf zum OECD-Durchschnitt liegt bei rund 70 Prozent. In einer möglichst unbeeinflussten und freien Forschung sind die Antworten auf die Fragen zu finden, nicht im Gewusel aus Ideologien und Überzeugungen, die sich durch Unternehmen und NGOs monetarisieren lassen.

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