Schimpanse gienießt in der Zoom Erlebniswelt Gelsenkirchen die Sonne. | Foto: Gerd W. Schmölter, Lizenz: CC BY 3.0

Schimpansen sollen Echo gewinnen

Erschienen auf dem YouTube-Account des Neo Magazin Royale am 05.04.2017.

Schimpansen aus der Zoom Erlebniswelt Gelsenkirchen hat Jan Böhmermann nun ins Rennen um den Echo 2018 gebracht. Die Affen waren am Text des Songs beteiligt.

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Anmerkung: Das Team des Neo Magazin Royale (ZDF) hat eine Enrichment-Einheit bei den Gelsenkirchener Schimpansen beobachtet. Anhand der Auswahl des Futters wurden Textschnipsel zusammengestellt. In das Enrichment selbst wurde nicht eingegriffen – solche Beschäftigungsmaßnahmen sind in modernen Zoos ganz normal und gut für die Tiere. Ob sie durch die Auswahl der einzelenen Futtermittel nun nebenbei einen Text dichten oder nicht, macht für die Tiere keinen Unterschied.
Der so entstandene Text wurde nun zu einem Hit:

Als Musik wurde ein Soundalike eines kommerziellen Deutsch-Pop-Songs gewählt, was im Rahmen eines Satire auf die Echo-Verleihung und die “deutsche Popmusik” entstand.

Böhmermann erklärt in dem Video Hintergründe der Musikrichtung und tritt den Beweis an, dass man aus völlig zusammenhanglosen, gfälligen Phrasen eine authentischen Song dieser ‘Stilrichtung’ realisieren kann.

Die ‘deutsche Popmusik’ als stabiles musikalisches Konstrukt ist an sich nicht existent. Was musikalisch unter diesen Begriff gefasst wird ist im Prinzip eine deutschsprachige Umsetzung der Popmusik, die in den 1950er Jahren als Mischung aus Rock ’n’ Roll, der Beatmusik und dem Folk enstand, von den Beatles geprägt und von ABBA popularisiert wurde. Das musikalische Gebilde hat sich seit seiner Kommerzialisierung nicht mehr im musikalischen Bereich weiterentwickelt – einzig im Bereich der Technik und des Marketings wurde die Richtung optimiert.
In den 1980er Jahren entstanden durch die Neue Deutsche Welle und den Austropop Strömungen, die diese Musikrichtung in deutscher Sprache umsetzen wollten. Für viele Rezipienten bestand zum englischsprachigen Pop eine gefühlte Sprachbarriere, obgleich bei der Rezeption diese Musik die Sprache eine völlig untergeordnete Rolle spielt. Die Regionalisierung der Popmusik durch die verwendete Sprache war aber ein sinnvoller Marketingschachzug, um diese Barriere zu überwinden und die einfach zu produzierende Musik mehr auf den deutschen Markt zuzuschneiden. Dies findet man in vielen Ländern und mit vielen Sprachen, wo Popmusik modern ist.
Durch die Evaluation musikalischer Icons und Requisiten in den jeweiligen Ländern bildeten sich kommerzielle Muster im nationalen Rahmen. Diese sind aber nicht stilbildend für die Musik an sich. Die ‘deutsche Popmusik’ oder der ‘Deutsch-Pop’ sind, musikalisch gesehen, keine Stilbeschreibungen, sondern Marketing-Bezeichnungen der Musikindustrie. Diese Musik versucht man vom Schlager marketingtechnisch abzugrenzen, da die musikalische Faktur selbst dies selbst nicht hergibt. Dazu verkauft man die Künstler durch den Anschein eines Singer-Songwriter-Daseins und greift damit die Liedermacher-Tradition auf. Diese kreuzt sie durch die englische Bezeichnung mit der Popkultur. Dabei wird der Liedermacher zu einem gefälligen, ‘ach so’-musikalischen Empathen bagatellisiert und so für eine breite Masse gefällig gemacht.

Böhmermann geht satirisch mit dieser Marketingmaschinerie um und hält der Industrie den Spiegel vor, indem er die für den Deutsch-Pop kommerziellen musikalischen Requisiten mit einem typisch gefälligem Text kombiniert. Die Schimpansen nehmen in dieser Satire eine verstärkende Funktion ein. Zudem nimmt der Namen “Jim Pandzko”, von der Lautkombination her, Anleihen an die Artbezeichnung.

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