Orcababy Ula in Orca Ocean im Loro Parque | Foto: Robin de Vries

Orca Baby Ula: Gesund & glücklich

Verfasst am 5. April 2019. | Autor: Robin De Vries; Vorfertigung: Sander Gielen; Bearbeitung für zoos.media: Philipp J. Kroiß

Nach ihrem ersten Artikel, besuchte die Autorin erneut die Orca Morgan und lernte auch deren Tochter Ula kennen. Sie interviewte die Experten im Loro Parque und beschreibt nun ihre Beobachtungen.

Orca Baby Ula: Gesund & glücklich

Wer ist Ula?

Eine Trainerin mit Mutter Morgan (hinten) und Tochter Ula (vorne) | Foto: Robin de Vries

Ula ist eine weibliche Orca (Orcinus orca), die im Loro Parque auf Teneriffa wohnt. Sie wurde am 22. September 2018 geboren und ist die Tochter der berühmten Orca Morgan, die für Kontroversen rund um die Welt sorgte, genauso wie die Geburt ihrer Tochter. Morgan ist eine weibliche Orca, der das Dolfinarium Harderwijk das Leben rettete, nachdem sie am 23. Juni 2010 allein und extrem unterernährt im Wattenmeer gefunden wurde.

Sie war völlig abgemagert und geschwächt als sie in das holländische Delfinarium kam. Trotz ihres Zustands und dank der Pflege der Mitarbeiter und Experten im Dolfinarium Harderwijk erholte sie sich schnell. Von einigen unabhängigen Experten wurde entschieden, dass Morgan in der Wildnis nicht überleben könne, solange ihre Familiengruppe nicht gefunden würde. Es wurden viele Anstrengungen unternommen, um Fotos, ihre Laute und sogar ihr DNA, den vorhandenen Orca Gruppen zuzuordnen, die man in der Natur erforscht hatte. Leider fand man keine exakte Übereinstimmung. Die Zeit war jedoch gekommen Morgan ein neues und festes Zuhause zur Rehabilitation zu suchen. Als am besten geeignet stellte sich der Loro Parque heraus, der über eine passende Anlage verfügt, in der Morgan mit anderen Artgenossen in eine eigene Gruppe integriert werden könnte.

Die Absicht, Morgan in Gefangenschaft zu halten, sorgte für Kontroversen rund um die Welt und ist für viele heute noch ein heikles Thema. Einige Gruppen von Tierrechtlern protestierten und hinterfragten die Entscheidung des Meeresparks – die Free Morgan Foundation war eine von ihnen und spielte eine wichtige Rolle. Es folgten größere und gewaltsame Proteste. Der Park erhielt Drohungen und Mitarbeitern wurde vorgeworfen, sie seien Tierquäler und Mörder. Dennoch gewann er Anhänger und ging schließlich vor Gericht. Das Ergebnis dieses (und vieler anderer nachfolgender Gerichtsverfahren) war, dass Morgan in der Wildnis nicht überleben könne. Erst im vergangenen Monat wurde der letzte Fall beigelegt, erneut zu Gunsten des Loro Parque. Die Proteste und negative Berichterstattung hörten jedoch nicht auf, auch nicht nach dem Umzug in den Loro Parque, der am 29. November 2011 stattfand.

Heute lebt Morgan im Loro Parque, wo sie an Forschung, Shows und Bildung teilnimmt. Dort wurde herausgefunden, dass sie an einem Gehörschaden leidet. Schon vor ihrer Ankunft im Loro Parque hegten ihre Pfleger den Verdacht, dass Morgan Gehörprobleme haben könnte, da sie nicht auf Laute reagierte. Seitdem wurden verschiedene hörtests sowie Akustik-Forschung durchgeführt, die bestätigen, dass Morgan taub ist. Dies spricht dafür, dass Morgan in der Natur nicht überlebensfähig wäre und ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb sie ihre Gruppe verloren hat. Am 3. Dezember 2017 wurde der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass Morgan schwanger ist. Um mehr über Morgans Geschichte, ihre Schwangerschaft und den Loro Parque zu erfahren, empfehle ich Ihnen meinen letzten Artikel zu lesen.

Schwangerschaft und Geburt

Die schwangere Morgan 2018 auf der Waage im Loro Parque | Foto: Robin de Vries

Am 22. September war der Tag endlich gekommen; Morgan brachte ein Kalb auf die Welt! Es war groß, wirkte aktiv und stark und zeigte schon bald das Verlangen zu trinken. Alles schien hervorragend zu laufen. Morgan zeigte mütterliche Instinkte und Verhaltensweisen. Alles was sich das Personal erhofft hatte! Sie merkten jedoch bald, dass das Stillverhalten nicht ganz normal war. Ula schien beim Stillen Probleme zu haben und begann nach einer Zeit an Gewicht zu verlieren. Für die Pfleger war es ein Zeichen, dass etwas nicht stimmte. Schnell wurde die Ursache gefunden: Morgan produzierte kaum eigene Milch. Man beschloss, einzugreifen und Ula von Morgan zu trennen, um ihr Überleben zu sichern. Sie wurde mit der Flasche gefüttert und der Milchnahrung wurde Morgans wenige Milch hinzugefügt. Es war eine schwierige Entscheidung, die jedoch letztlich getroffen werden musste, um Ulas Leben zu retten.

In den letzten Jahren habe ich oft den Loro Parque besucht und Morgans Zustand und Pflege verfolgt, sowohl hinter den Kulissen, als auch als normale Besucherin. Ich habe Artikel und Blog-Posts über meine Erkentnisse geschrieben. 2018 besuchte ich Morgan zusammen mit einem Kollegen, der ebenfalls in der Tierpflege tätig ist, und wir schrieben gemeinsam einen Artikel über ihre Schwangerschaft. Das Ziel war es, zu sehen, wie es Morgan ging, ihre Betreuer zu befragen und die tägliche Pflege zu beobachten. Von Oktober bis März beobachtete ich Morgan und Ula in der gleichen Absicht. Ich besuchte beide hinter den Kulissen, wie auch als normale Besucherin, um mir eine ehrliche Meinung zu bilden. Folgendes ist ein Bericht der Erkenntnisse:

Ula gewann bald an Gewicht. Ich war im Oktober dort, kurz nachdem beide getrennt wurden. Zu dieser Zeit mussten die Pfleger Ula während den Fütterungen festhalten. Sie wirkte aktiv und gesund, schwamm schnell und schoss mit den Kopf hoch aus dem Wasser. Sie streckte auch ihre Schwanzflosse aus dem Wasser und sprang um ihre Umgebung zu beobachten. Morgan und Ula konnten durch die Tore der Anlage kommunizieren und taten es auch. Morgan wurde in dem rechts gelegenen Pool gehalten und schaute regelmäßig nach Ula. Sie schwamm jedoch auch viel, spielte mit dem Enrichment und sozialisierte mit den anderen Orcas. Keineswegs hing sie obsessiv in der Nähe des Medical Pools, in dem Ula gehalten wurde. Sie musste während dieser Zeit nicht an den Shows teilnehmen, konnte es aber wenn sie wollte. Ich beobachtete wie sie kleine Abschnitte der Shows abhielt, in der Regel einmal pro Tag. Auf diese Art wurde sie unterhalten und konnte dennoch viel Zeit mit ihrem Kalb verbringen.

Ula entwickelte sich schnell, sowohl körperlich als auch psychisch. Sie begann, sich den Trainern für die Fütterungen von selbst zu nähern und ihr Gesundheitszustand stabilisierte sich. Als die Situation wieder unter Kontrolle war, brachte man Morgan und Ula wieder zusammen. Zunächst waren es nur kurze Zeitabschnitte, bis man sie am 22. Januar entgültig zusammenführte. Es war ein großer Erfolg für das gesamte Team, da die schnellstmögliche Zusammenführung von Mutter und Kalb höchste Priorität hatte. Morgan und Ula nahmen ihre Beziehung sofort wieder auf und kommunizieren und interagieren seitdem. Ula hat sogar mit den Grundlagen des Trainings begonnen, was es einfacher macht sie zu füttern, zu versorgen und medizinische Versorgung und Untersuchungen durchzuführen. Morgan nachzuahmen ist Teil dieses Trainings, aber Ula hat in dieser Zeit auch eine tolle Beziehung zu ihren Trainern aufgebaut.

Interview

Baby Ula und Mutter Morgan geht es im Loro Parque sehr gut. | Foto: Loro Parque

Wie beim letzten Artikel habe ich einige von Ulas Pflegern, wie auch Dr. Javier Almunia, interviewt, um weitere Informationen und Klarstellungen über Ula zu erhalten. Es hat viele Pressemitteilungen über die junge Orca gegeben, ebenso wie Behauptungen von Aktivisten, dass es ihr gar nicht gut gehe. Um einen besseren Überblick über die Lage zu erhalten, habe ich die Mitarbeiter den folgenden Fragen unterzogen:

Wie geht es Ula derzeit?

Ihr geht es tatsächlich sehr gut. Sie zeigt positives Verhalten, keine Anzeichen von Unwohlsein, sie wächst, ist aktiv und baut eine Verbindung zu ihrer Mutter auf.

Warum wurde Ula so früh nach der Geburt von Morgan getrennt?

Wir stellten fesst, dass das Stillverhalten von Anfang an abnormal war. Schließlich bemerkten wir, dass Morgan nicht genügend Milch produzierte, da Ula abzunehmen schien. Daher wurde die Entscheidung getroffen, sie solange wie möglich zusammenzuhalten und zu versuchen Morgan Milch zu entnehmen. Wir bemerkten jedoch schnell, dass dies immer noch nicht ausreichend war. Wir waren auf die Situation vorbereitet und hatten bereits eine Milchzubereitung, die wir mit Morgans weniger Milch vermischten. Wir bedauern diese Entscheidung nicht, da sie Ulas leben rettete. Sie diente ihrer Gesundheit und ihrem Wohl.

Wann entschieden Sie sich dazu einzugreifen?

Wie oben gesagt. Bei einigen Säugetieren dauert es eine Weile bis die Milchproduktion beginnt und der Nachwuchs kommt damit auch klar. Als Ula jedoch anfing an Gewicht zu verlieren, trafen wir die Entscheidung. Es war Morgans erste Geburt, sodass am Anfang noch Hoffnung bestand. Aufgrund des Umfangs und der Dauer des Stillens und der Gewichtsabnahme beschlossen wir, dass ein Eingreifen erforderlich war. Ula kam in den Medical Pool, in dem es leichter war sie zu füttern und zu behandeln. Das ist der Grund, weshalb sie und Morgan getrennt werden mussten. Es hätte gegen das Protokoll verstoßen und wäre möglicherweise gefährlich gewesen, Morgan in dem gleichen Pool zu halten, denn die Trainer mussten für die Fütterungen ins Wasser gehen. Letztendlich war es die einzig mögliche Entscheidung zum Wohle beider.

Wie reagierte Morgan auf die Trennung?

Morgan kennt die Trainer, sie vertraut ihnen und dem Team. Sie reagierte daher ruhig und schaute nicht zwanghaft nach Ula. Sie konnten sich weiterhin sehen und hören und miteinander interagieren.

Wie reagierte Ula auf die Trennung?

Ula hat gut reagiert, auch auf die Trainer, die rund um die Uhr bei ihr waren. Da sie immernoch an Gewicht verlor und daher hungrig war, nahm sie die Flasche sofort an und stellte bald den Zusammenhang her, dass die Trainer einen Weg zum Essen boten. Während der gesamten Zeit blieb sie ruhig. Manche Trainer mussten Überschichten leisten und ein Team von Pflegern und Tierärzten sorgte stets für ihr Wohlbefinden.

Können Sie uns etwas über die Pflege erzählen, die Ula als Neugeborenes erhielt? Welche Maßnahmen wurden ergriffen etc.?

Wir hatten bereits viel Erfahrung mit jungen Kälbern und Flaschenfütterung, sodass die ergriffenen Maßnahmen logisch waren und Ula optimale Versorgung bekam.

Wie verlief die Zusammenführung mit Morgan? Dies wird häufig gefragt, wie reagierten beide?

Sie lief ausgesprochen gut. Für Ula war es sehr bereichernd wieder mit ihrer Mutter vereint zu sein, denn bis zu diesem Zeitpunkt in ihrem Leben war sie von Trainern umgeben gewesen. Sie spielt viel und interagiert mit Morgan. Und auch für diese war es sehr gut, sie ist voller Energie, aktiv und stark. Wenn sie mit Ula zusammen ist, wird sie allerdings ruhiger. Obwohl die Bindung anders ist, als wenn Ula von Anfang an mit Morgan zusammengewesen wäre, besteht zwischen beiden eine große Verbundenheit. Sie haben die Verbindung sofort wieder aufgenommen und es ist seitdem eine wirklich starke und gute Bindung geblieben.

Können Sie uns mehr über die Infektion erzählen, die Ula erlitt?

Sie hatte eine Infektion, die sich als unregelmäßiger Hautfleck an der rechten Brustflosse zeigte. Dies geschah als sie einen Monat alt war. Dank unseres aufmerksamen Personals wurde die Infektion sofort behandelt und verheilte vollständig. Obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig verheilt war, wirkte die Flosse noch nicht völlig normal, weshalb Aktivisten Bilder davon online verbreiteten. Dies ist kein Anlass zur Beunruhigung und ist sogar üblich bei Meeressäugern. Die ausgezeichnete Plege durch das Personal ermöglichte es, die Infektion frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Es passiert öfters, dass kleine Verletzungen (wie diejenige auf Morgans Rostrum) von Tierrechtsaktivisten online hochgeschaukelt und aus dem Zusammenhang gerissen werden.

Weil Morgan nicht genügend Milch hat, bekommt Ula von den Pflegern die Flasche. | Foto: Loro Parque

Wie reagiert Ula auf die Trainer?

Von Anfang an hat sie sehr gut auf die Trainer und Pfleger reagiert. Sie wird auch bereits trainiert, wodurch eine sehr positive und bereichernde Verbindung zwischen Ula und den Trainern hergestellt wird. Sie vertraut ihnen vollkommen, denn sie haben sie fast ihr gesamtes Leben mit Nahrung versorgt.

Könnten Sie uns mehr über Ulas Training erzählen?

Das Training ist sehr komplex, weil Ula sich noch nicht von Fisch ernährt. Die Trainer wissen aber was sie am liebsten mag: Kratzen. Das wird als positive Verstärkung genutzt. Futter wird nicht als Motivation zum Training verwendet, welches nur auf sekundärer Verstärkung basiert. Ula muss einmal die Woche gewogen werden, da sie allerdings noch nicht selbstständig auf die Waage rutschen kann, wird sie in einer Schlinge gewogen. Während des gesamten Vorgangs ist sie ruhig, denn es ist eine positive Erfahrung für sie, die sie seit ihrer Geburt kennt.

Der größte Fokus liegt auf dem Training für die medizinischen Behandlungen, sowie regelmäßigen Gesundheitskontrollen. Als Beispiel: freiwillige Blutproben und Untersuchungen ihres Körpers. Sobald Fisch in ihre Diät eingeführt wird, wird dieser als primäre positive Verstärkung dienen. Dies ist die wichtigste Zeit für ein Kalb, um zu lernen. Sie übernimmt viele von Morgans Verhaltensmustern, was für Säugetiere wiederum ein natürlicher Weg zu lernen ist.

Hat Ula bereits andere Orcas kennen gelernt?

Vorerst nicht. Es war unsere Priorität die Verbindung zu ihrer Mutter wiederherzustellen. Danach werden wir sehen mit welcher der anderen Orcas wir sie am besten zusammenführen können, (höchstwahrscheinlich Adán). In der Regel geschieht dies im Alter von einem Jahr, wie es auch bei Adán war. Bei der Einführung in die Gruppe werden wir allerdings vorsichtig vorgehen müssen, um die Hierarchie zu respektieren und sie nicht zu stören.

Hat Ula Gehörprobleme wie ihre Mutter?

Wir glauben, dass ihr Gehör nicht beeinträchtigt ist, da sie auf die Trainingspfeife reagiert. Spätere Tests werden dies noch bestätigen müssen. Dies bedeutet auch, dass Morgan höchstwahrscheinlich nicht von Geburt an taub ist, da die Taubheit nicht genetischen Ursprungs zu sein scheint. Wir haben Aufnahmen von Morgan gemacht und herausgefunden, dass sie norwegische Orca Geräusche erzeugt. Das bedeutet, dass sie diese zu einem Zeitpunkt in ihrem Leben hören musste, um sie zu imitieren.

Ist Ulas Vater bekannt?

Noch nicht. Wir führen allerdings Tests durch um es herauszufinden. Wir müssen noch primäre Eigenschaften der DNA von Ula mit denen aller Männchen in der Gruppe vergleichen. Vorerst müssen wir jedoch Ulas Gesundheit sicherstellen, das ist unsere höchste Priorität. Wer der Vater ist, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt feststellen.

Ula und Morgan fühlen sich im Loro Parque sichtlich wohl und sind in bester körperlicher Verfassung. | Foto: Loro Parque

Was haben Sie zu den Anschuldigungen der Tierrechtsaktivisten bezüglich Ulas Haut und Kopfform zu sagen?

Die Hautprobleme wurden, wie zuvor beschrieben, durch eine Infektion hervorgerufen und sind mittlerweile vollständig verheilt. Verglichen mit anderen Tieren hat Ula zwar eine flache Kopfform, aber nicht alle Tiere haben die gleiche Kopfform. Allein in unserer Gruppe haben wir so viele verschiedene Orcatypen, sodass das Aussehen jedes Kalbes unterschiedlich ist. Tierrechtsaktivisten vergleichen dies mit dem “peanut head” (welcher ein Zeichen von Unterernährung ist) aber das ist definitiv nicht der Fall. Ihr Gewicht ist völlig normal, sie ist sogar größer als Adán es in ihrem Alter war! Sie wächst gut und stetig. Wir denken, dass Aktivisten immer versuchen werden etwas Negatives über unseren Park zu finden, worüber sie dann sprechen können.

Wie wurde Ulas Name ausgewählt? Hat er eine besondere Bedeutung?

Übersetzt bedeutet Ula etwa “Juwel des Meeres”, was der Bedeutung von Morgans Namen ähnelt. Die Direktion wählte diesen Namen unter mehreren aus. Für alle im Unternehmen war es wichtig, dass sie einen passenden Namen bekommt, denn sie war und ist eines der beliebtesten Tiere im Park.

Wird derzeit und/oder in der Zukunft wissenschaftliche Forschung mit Ula betrieben?

Wir haben von Anfang an ein Aufzeichnungsgerät eingesetzt und jeden von Ulas Lauten aufgenommen. Das Ziel war es, zu sehen welche Laute sie von sich gab und herauszufinden, ab welchem Alter Orcas Echoortung einsetzen. Hieran wird weiter geforscht. Wir möchten herausfinden wie sich ihr Dialekt entwickelt, da Morgan ein ungewöhnliches Vokabular hat, und ob sie den Dialekt der Gruppe oder nur Morgans, vielleicht auch beide, aufnehmen wird. Wir verfügen über alle notwendigen Ressourcen um die Forschung durchzuführen. Viel mehr können wir zur Zeit jedoch nicht untersuchen, da Ula noch sehr jung ist.

Weist Ula, ihre Gesundheit oder Wachstum, irgendwelche Auffälligkeiten auf?

Ulas Gewicht entspricht dem Adáns in dem Alter, sie ist sogar etwas schwerer. Bezüglich ihrer Gesundheit haben wir keine Bedenken und unsere Tierärzte behalten sie ständig im Auge. Bisher läuft alles gut und weder ihre Gesundheit noch das Wachstum sind ungewöhnlich.

Warum gab es anfangs so wenig Pressemitteilungen?

Es leben mehr als 10.000 Tiere in unserem Park. Ula ist sehr wichtig und Orcas in Menschenobhut sind etwas ungewöhnliches, aber für uns ist sie wie jedes andere Neugeborene Tier im Park. Wir haben es daher nicht für notwendig gehalten, mehr Nachrichten als gewöhnlich zu veröffentlichen. Auch waren ihre Gesundheit und Wohlbefinden damals wichtiger. Momentan werden viele Fotos, Videos und Updates über sie veröffentlicht. Das ist bereits viel mehr als wir für gewöhnlich bei einem Jungtier machen. Es ging ihr gut und dies wieder und wieder zu veröffentlichen erschien uns einfach nicht logisch. Eine so aktive Berichtserstattung über ein einzelnes Tier ist nicht üblich. “Wenn es keine Neuigkeiten gibt, teilt man nicht das Fehlen von Neuigkeiten mit”.

Orca Morgan genießt ein sog. secondary reinforcement im Orca Ocean des Loro Parque. | Foto: Robin de Vries

Ist Morgan eine vorbildliche Mutter?

Morgan war von Anfang an eine wirklich gute Mutter für das Kalb. Es war natürlich sehr aufregend, da es ihr erstes Kalb war und selbst in der freien Wildbahn das erste Kalb eine niedrigere Überlebenschance hat. Orcas erlernen zwar das mütterliche Verhalten von anderen Tieren, wir glauben jedoch, dass der Instinkt ebenfalls eine Rolle spielt. Wenn in der Natur alles vom Nachahmen abhinge, wäre es für Orcas schwer sich überhaupt fortzupflanzen. In der Wildnis sind manche Gruppen so selten und klein, dass nicht alle Weibchen noch ihre Mutter, Großmutter oder andere Verwandte haben, von denen sie lernen können. Auch beim lernen kann manchmal etwas schief gehen. Bei vielen Tieren ist die erste Geburt mit Risiken verbunden und genauso war es bei Morgan. Wir sind sehr glücklich darüber, dass alles gut gelaufen ist und Morgan verhält sich immer noch vorbildlich.

Wie sieht die (nahe) Zukunft für Ula aus?

Vorerst wird das Training weitergehen. Im Idealfall wird sie den gleichen Lernprozess wie Adán durchleben. Sobald die Zeit gekommen ist wird sie auch in die Gruppe miteinbezogen. Das Gruppenverhalten umfasst gemeinsames Schwimmen, Training, Vorstellungen und alles, woran die anderen Orcas teilnehmen.

Die Hierarchie verschiebt sich, wenn die Gruppe ein neues Mitglied bekommt. Höchstwarscheinlich wird Ula als letzte in die Hierarchie eintreten, da sie das jüngste Mitglied ist. Sofern die Verbindung zu Morgan, welche einen hohen Rang genießt, eine Rolle spielt, könnte sie aber auch weiter oben einsteigen. Morgan bestreitet mit Skyla den zweiten Platz. Derzeit ist ihre Beziehung zu Ula mehr freundschaftlich als mütterlich. Es wird interessant sein, zu sehen, ob Ula durch die Position ihrer Mutter einen Vorsprung erhält, oder ob sie in der Hierarchie ganz unten anfängt.

Beobachtung

Loro Parque: Orcababy Ula nimmt an wichtiger Forschung Teil | Foto: Loro Parque

Ich besuchte Morgan und Ula hinter den Kulissen, um ihr Verhalten und die Pflege, die sie bekamen, zu sehen. Von Anfang an sah ich, dass sie eine starke Verbindung haben und viel miteinander interagieren. Sie sind fast immer zusammen, es sei denn, es ist Zeit für eine bestimmte Trainingseinheit, für die eine von ihnen getrennt werden muss (wie z.B. bei medizinischen Verfahren). Ihre Beziehung ist keine gewöhnliche Mutter-Kind Beziehung, wie ich sie bei anderen Orcas und Meeressäugern gesehen habe, denn Ula ist bereits sehr selbständig und schwimmt auch viel alleine. Die meisten Kälber in diesem Alter, die ich beobachtet habe, folgen fast ständig ihren Müttern. Ula hingegen hat oftmals ihre eigenen Pläne. Sie nähert sich Morgan um mit ihr zu spielen, springt, erkundet ihre Umgebung und schwimmt allein von Morgan weg und zu ihr hin.

Dadurch haben die beiden eine sehr spielerische Beziehung, aber eindeutig auch eine Mutter-Kind Bindung. Ula hat auch zu den Trainern und Pflegern eine einzigartige Bindung, mehr als es die meisten Orcas in ihrem Alter haben. Sie liebt es von ihnen gestreichelt und gekratzt zu werden und ist sehr darauf bedacht, von jedem, der sich in der Nähe befindet, Aufmerksamkeit zu bekommen. Die Besonderheit bei Ula ist, dass sie ausschließlich mit sekundärer Verstärkung trainiert und belohnt wird. Das bedeutet, dass sie keinerlei Futterbelohnung bekommt, was sonst im Tiertraining gängige Praxis ist. Ula frisst noch keinen Fisch, daher wird sie mit Kratz- und Streicheleinheiten und Aufmerksamkeit belohnt. Etwas, das sie laut ihren Trainern absolut liebt. Dies trägt auch immens zu ihrem Training und medizinischen Untersuchungen bei, denn es ermöglicht alles so positiv wie möglich für Ula zu gestalten und sie trotzdem optimal zu versorgen.

Erkenntnisse

Auf mich wirkte Ula sehr aktiv und aufmerksam. Sie schwimmt sehr schnell und atmet kräftig wenn sie auftaucht. Sie springt oft, taucht viel, streckt ihre Schwanzflosse aus dem Wasser und spuckt Menschen mit Wasser an. Sie nähert sich Morgan und spielt mit ihr. Zwar ist Ula auf Menschen fixiert, jedoch nicht in zwanghaftem Maße. Sie und Morgan spielen mit dem ihnen angebotenen Enrichment. Ula ist besonders verspielt und interaktiv. Kurz gesagt, sie wirkt, wie es der Park behauptet, wie ein normaler junger Orca. Ich finde ihre Kopfform nicht anormal, schließlich hatte Morgan selbst einen recht langen und flachen Kopf, als sie jünger war. Ich habe dies selbst beobachtet und viele Fotos gemacht. Auch ihre Brustflosse ist glatt und wirkt nicht anormal. Ihre braun/orangene Babyhaut weicht bereits einem weiß/gelb Ton, was eine Verfärbung zur Folge hat, die jedoch bei einem jungen heranwachsenden Orca völlig normal ist.

Als Besucher kann man viel von diesem Verhalten beobachten, denn Ula ist von dem Besucherbereich aus gut sichtbar. Sie wechselt mittlerweile täglich den Pool und wenn man Glück hat, kann man sie beim Betreten oder Verlassen des Stadiums im hinteren Pool links sehr gut sehen. Ich bin zuversichtlich, dass jeder, der sie von dem Bereich aus beobachtet hat, die Dinge, die ich selbst beobachtet und hier genannt habe, bestätigen kann. Ich kann nur empfehlen, Ula zu besuchen, denn sie ist schon so viel gewachsen! Der Unterschied zwichen Oktober und jetzt ist gewaltig!

Epilog

Orcababy Ula im Orca Ocean des Loro Parque | Foto: Robin de Vries

Wie in vergangenen Jahren, zeigen die Erkenntnisse auch dieses Artikels, dass die Pflege der Orcas außergewöhnlich ist. Alle Tiere wirken gesund und aktiv. Tagsüber finden viele Trainingseinheiten statt, wie auch Spiele und “Freizeit”. Meine Beobachtungen und Befunde waren an den Tagen, an denen ich als normale Besucherin in den Park ging, nicht anders. Dadurch werden die Behauptungen weiterhin bestärkt. Die Transparenz des Loro Parques und seiner Mitarbeiter, wie auch das Engagement und die Fürsorge gegenüber ihren Tieren und der Natur sprechen für sich selbst. Ich habe keinerlei negative Aspekte gefunden. Um ganz ehrlich zu sein, kann ich nicht einmal einen einzigen nennen.

Ich kann nur wärmstens empfehlen, die Parks, die stark von Tierrechtsextremisten kritisiert werden, selbst zu besuchen, um sich so ein eigenes Bild zu machen. Als jemand, der selbst in der Tierpflege tätig ist, kann ich zumindestens einige fundierte Standpunkte teilen. Ich denke jedoch, dass jeder, auch wenn er nicht über viel Tierwissen verfügt, zu dem Schluss kommen wird, dass die Tiere gut versorgt und definitiv nicht missbraucht werden. Ich respektiere, dass es unterschiedliche Meinungen zu dem Thema Tiere in Menschenobhut gibt, aber falsche Anschuldigungen zu erheben und zu behaupten, die Tiere würden missbraucht, ist etwas sehr ernstes und sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Gerade im Zeitalter der Sozialen Medien ist es leicht, eine Einrichtung in ein schlechtes Licht zu rücken und falsche Informationen, bearbeitete Aufnahmen und falsche Aussagen dazu zu nutzen, um Menschen eine Meinung aufzuzwängen. Das ist schlicht nicht in Ordnung und der Versuch seine eigene Agenda zu erzwingen ist einfach nicht richtig.

Wie schon im letzten Artikel komme ich gerne zu dem Schluss, dass die aktuellen Anschuldigungen der Tierrechtsaktivisten wieder einmal falsch sind. Beobachten Sie, informieren Sie sich und vor allem: Schützen Sie die Natur und ihre Tiere auf jede nur erdenkliche Weise! Ich möchte Herrn W. Kiessling, Frau N. Romashko und dem Orca Ocean Team dafür danken, dass sie mir ermöglicht haben im Loro Parque zu bleiben und zu beobachten, wie auch Dr. J. Almunia und den Experten im Orca Ocean für die Interviewmöglichkeiten.

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