Sumatra Orang-Utan in Hagenbecks Tierpark | Foto: Aiwok. Lizenz: CC BY-SA 1.0

Paradies oder Hölle für Tiere? Deutsche Zoos in dpa-Bericht

Exklusiv für zoos.media – 14.08.2017. Autor: Philipp J. Kroiß

Ein aktueller dpa-Bericht über deutsche Zoos weist klare journalistische Defizite auf und lässt ein falsches Bild entstehen, da desinformativ gewichtet wurde.

Paradies oder Hölle für Tiere? Deutsche Zoos in dpa-Bericht

Aktuell macht ein dpa-Bericht die Runde, der die Zoo-Frage stellt. Klare journalistische Fehler und offenbar mangelnde Hintergrund-Recherche sorgen für eine tendenziöse Berichterstattung.

PETA auf einmal Tierschützer

Diesem Hund wurde von PETA die Chance auf ein neues Zuhause genommen. Zehntausenden Haustieren ging es ähnlich. | Foto von http://whypetakills.com (Nathan J. Winograd)

PETA selbst bezeichnet sich nicht mal als Tierschutzorganisation. Jüngst schleuderte ein PETA-Vertreter Micky Beisenherz süffisant entgegen: “Ich möchte dich wirklich nicht überfordern, aber wir machen gar keinen Tierschutz … Stille … Raunen in der Menge … Wir arbeiten für Tierrechte.” Den Fehler PETA als Tierschutzorganisation zu nobilitieren, sorgt für ein schiefes Bild in der Berichterstattung.

Ebenso werden populistische Aussagen der Tierrechtler unkommentiert stehen gelassen wie etwa über die Verhaltensstörungen der Tiere. In modernen Zoos sieht man zwar durchaus Tiere mit Verhaltensstörungen, die diese aber aus nicht adäquaten Haltungen mitbrachten. Sie den aktuellen Haltungen anzulasten, wie im Fall von Hagenbeck, ist schlicht unseriös und es ist Aufgabe eines Journalisten, der sich ja hoffentlich mit dem Thema beschäftigte, seine Leser, die wahrscheinlich nicht so tief in der Materie sein werden, entsprechend darauf hinzuweisen. Wenn man zudem Claus Hagenbeck schon interviewt hat, hätte man ihn fairerweise auch dazu Stellung nehmen lassen können – ebenso zum PETA-typischen Hinweis auf die Geschichte des Zoo: dieses “Argument” hat sich übrigens allein durch die Chronologie schon längst widerlegen lassen.

Fragwürdige Befragungen

Immer gut besucht: Das Delfinarium in Duisburg. | Foto: zoos.media

Wie es PETA auch gerne macht, zitiert der Artikel eine Umfrage von YouGov. Die befragten in Deutschland 1.104 Personen im Zeitraum vom 8. bis 11. Dezember 2015, nach eigenen Angaben, repräsentativ. Diese Umfrage ist auf mehreren Ebenen nicht verwertbar. Die etwas mehr als 1.000 Leute bekamen die Frage gestellt, wie sie die Haltung exotischer Tiere im Zoo einschätzen würden. Kategorisiert wurden die Antworten in “moralisch in Ordnung”, “moralisch nicht in Ordnung” und “weiß nicht”.

YouGov funktioniert im Groben so, dass sich Menschen im Internet anmelden und Fragen beantworten. Menschen ohne Internetanschluss und Wissen von der Webseite können freilich nicht teilnehmen.
Wer einfach auf “Mitmachen” klickt, kann Fragen beantworten. Klickt man etwa das Thema Trend-Tiere an, bekommt man die Frage: “Aktuell ist es der Flamingo, vorher war es das Einhorn. Zukünftig könnte es das Faultier werden. Sie zieren Kleidung, Accessoires und unterschiedlichste andere Produkte. Haben Sie schon einmal etwas gekauft, weil es in seinem Design ein Trend-Tier enthalten hat?” – Die Antwort, die man darauf gibt, zählt dann wohl. Vorher musste man keine persönlichen Daten angeben. Es ist fraglich wie da eine Repräsentativität generiert werden soll. Insgesamt wirkt das Ganze eher wie eine der vielen Online-Umfragen, die mit etwas Fachwissen leicht in eine bestimmte Richtung gelenkt werden kann. Erst nach ein paar Fragen dann ein Hinweis auf einer Registrierung – über seine Mailadresse oder Facebook. In Zeiten, wo jeder mit falschen Angaben eine solche Adresse oder einen solchen Account generieren kann, darf doch bezweifelt werden, wie repräsentativ man da wirklich immer sein kann.

Zudem stimmen die Leute längst nach Füßen ab. Der VdZ fasst die Besucherzahlen auf seiner Webseite zusammen: “Die VdZ-Zoos in Deutschland zählten im Jahr 2015 insgesamt etwa 31 Millionen Besucher (zum Vergleich: Bundesliga, Saison 2014/15: knapp 13 Millionen Zuschauer). Die Tier- und Wildparks der DTG und des DWV hatten zusätzlich rund 12 bis 13 Millionen Besucher. Die Besucher der übrigen Einrichtungen können konservativ auf 20 Millionen geschätzt werden. Insgesamt also über 70 Millionen pro Jahr.” Wie glaubwürdig ist vor diesem Hintergrund die Studie? Gar nicht. Aber auch das erwähnt die dpa nicht.

Die abschließende “Passantenbefragung” hat keinerlei Wert, da niemand die O-Töne oder Personen nachprüfen kann. So findet man zum Beispiel die zitierte Ilka Steiner aus Hamburg-Altona, die gegen Zoos argumentiert, nicht mal auf telefonbuch.de. Ob es sie gibt, lässt sich also nicht nachprüfen, was auch für die anderen Befragten gilt. Allein schon deshalb ist es ziemlich belang- und sinnlos aus solchen Aussagen dann einen Trend ableiten zu wollen.

Fazit

Schimpansenbaby im Loro Parque | Foto: zoos.media

Es ist leider ein journalistisches Lowlight, was die dpa hier abliefert. Die Pseudo-Ausgewogenheit entpuppt sich als eine unreflektierte Konfrontation zweier Meinungen, die durch die mangelnde Aufbereitung ein doch sehr tendenziöses Bild liefert. Es ist ärgerlich, dass es hier kein konstruktives Gespräch von Zoo-Experten und seriösen Kritikern gab. Man spielt hier nur die Meinung eines Zoo-Experten und einer -Besucherin gegen die von drei Laien aus, die weder Erfahrung im Bereich der Zootierhaltung aufweisen, noch eine Expertise nachweisen konnten – ein Laie ist dann auch noch Lobbyist einer Tierrechtsorganisation mit einem fragwürdigen Ruf, die ohnehin jede Form der Tierhaltung abschaffen will. Die Frage bleibt, was das soll – weder fand eine ordentliche Einordnung der Argumente statt, noch gab es eine saubere Ausgewogenheit.

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