Roter Panda im Loro Parque | Foto: zoos.media

Parlamentarischer Abend: Zusammen für den Schutz unserer Natur

Exklusiv für zoos.media – 15.04.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

Der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) und der Loro Parque hatten zu einem Parlamentarischen Abend geladen. Hier ein ausführlicher Bericht darüber.

Der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) und der Loro Parque, ein moderner Zoo auf der Insel Teneriffa, der von dem deutschen Artenschützer Wolfgang Kiessling vor über 40 Jahren gegründet worden ist, hatten Parlamentarier des Deutschen Bundestages zu einem Parlamentarischen Abend geladen, in dem die Beiträge moderner Zoologischer Gärten im Mittelpunkt standen. Im Schulterschluss mit Tier-, Natur- und Artenschutzverbänden wie etwa American Humane, NABU und der Tierärztlichen Vereinigung Tierschutz (TVT), wurde die Bedeutung des modernen Zoos als Naturschutz-, Bildungs- und Forschungszentrum betont.

Nachhaltigkeit durch Zoos

Flusspferd im Zoo Köln bei der Fütterung | Foto: Markus Sobotka (Fotografie Markus Sobotka)

Der Bundestagsabgeordnete Olav Gutting (CDU) war Schirmherr der Veranstaltung. Er betont wie wichtig auch für ihn moderne Zoos und Aquarien als Zentrum für den Schutz und als Botschaft für Wildtiere sind. Er erklärte weiterhin, dass diese wichtigen Einrichtungen zu einem Ersatzlebensraum für bedrohte Arten geworden sind, die einen, so wörtlich, „guten Ansatz“ hätten, um diese auch zu erhalten. Es gäbe zudem eine andere Seite, nämlich die „Wissenschaft und die Forschung mit hohem Praxisbezug und gleichzeitig die Selbstverpflichtung, dass man einen Beitrag zur Bildung für die nachhaltige Entwicklung leistet.“ Innerhalb der weltweiten sustainable development goals wären Zoos ein bedeutendes Beispiel für die Umsetzung derselben.

Wolfgang Kiessling, Gründer und Präsident des Loro Parque auf Teneriffa, freute sich über den zahlreichen Zuspruch. Er hält diesen auch für unbedingt notwendig, um die Probleme, vor denen die Natur steht, zu bewältigen. Seit seiner Geburt hätte sich die Anzahl der Menschen vervierfacht und er sähe den Schaden, den diese Masse an Menschen durch maßlosen Umgang mit der Natur angerichtet hätten. Er berichtete dazu, wie ihn bereits in den ausgehenden 1980er Jahren die Sorge um das Wohlergehen des Planeten zur Gründung der Loro Parque Stiftung bewegt hatte.

Die edukative Orca Show im Loro Parque begeistert pro Tag mehrere tausend Menschen. | Foto: zoos.media

Der Prozess der Gründung war sehr aufwendig, denn alles wurde auf Herz und Nieren geprüft. Der gesamte Vogelbestand wurde in die Stiftung überführt, die nun durch den Verkauf nachgezüchteter Papageien finanziert werden sollte, aber es kam anders: der Loro Parque selbst wurde zum Hauptsponsor der Stiftung und dank immenser Spendenbereitschaft konnten bis heute 19,7 Millionen Dollar in 170 Projekte des Natur- und Artenschutzes investiert werden. Für das Tierreich hat sich diese Investition ausgezahlt, denn in diesen Jahren konnten 9 Papageienarten vor dem drohenden Aussterben gerettet werden.

Diese Arten kann man in unserer Videoserie kennenlernen:

Wenn ein Tier in den Loro Parque käme, sei sein Leben im Vergleich zur Natur zwar etwas begrenzter, aber das Tier würde auch viel dazu gewinnen: „Es wird immer betreut, es hat reguläres Essen und Futter, es ist medizinisch versorgt, es ist körperlich trainiert und fit und es ist der Botschafter seiner Art den Menschen gegenüber. Ich glaube, dass es gerade das ist, was wir heute brauchen.“ Diese Notwendigkeit begründete Wolfgang Kiessling mit der zunehmenden Urbanisierung und der Entfremdung der Bevölkerung von der Natur.

Papageientaucher im Loro Parque | Foto: zoos.media

Er kam auch auf die Zoogegner zu sprechen: „Nun stellen sie sich mal vor, wir würden unsere Tiere „frei“lassen – was würde denn mit den Tieren passieren? Das sind Tiere, die in Menschenobhut geboren wurden, das sind Tiere, die von morgens bis abends erstklassig versorgt werden.“ Diese exzellente Versorgung sei eine tolle Leistung, aber trotzdem werde man „verteufelt“ – unter anderem von PETA, die es nicht fertig brächten mit 60 Millionen Dollar Spendenaufkommen alleine in den Vereinigten Staaten, Tiere, Tierarten oder ihre natürlichen Lebensräume wirkungsvoll zu schützen. Das stimmt: PETA hat keine 9 Arten vor dem Aussterben gerettet oder auch nur ansatzweise vergleichbare Erfolge vorzuweisen. Stattdessen würden sie zehntausende Tiere ohne tiermedizinische Indikation töten. 

„Ich glaube, dass das ein Zeichen dafür ist, wie wenig Achtung man für das Tier hat. Wir im Loro Parque, wir schützen alle Tiere. Die Tiere, die bei uns sind, das möchte ich mal ganz klarstellen, abgesehen von den Papageien, sind in der Vielzahl Tiere, die aus irgendeiner Bedrängnis heraus den Weg zu uns gefunden haben – auch die Orcas. SeaWorld wollte seinerzeit keine neuen Becken bauen, sie wollten diese Kosten sparen, waren auf der Suche nach jemandem, der das auf sich nahm und wir haben das getan. Die Orcas sind bei uns und ich versichere Ihnen, es geht ihnen gut.“

Wolfgang Kiessling, Gründer & Präsident des Loro Parque

Im Vorfeld hatte die radikale Tierrechtsorganisation PETA mal wieder Lügen über den Loro Parque verbreitet – besonders über das Orca-Baby Ula. Unterhaltsam widerlegte Wolfgang Kiessling diese Verdächtigungen.

Hier eine ungeschnittene Trainingssession der geretteten Orca- Weibchens Morgan, die ohne den Loro Parque längst gestorben wäre:

Wolfgang Kiessling betonte schließlich, dass sich auch der Loro Parque weiterhin als moderner Zoo gegen das Aussterben der Arten engagieren würde. Man nehme deshalb eine wichtige Rolle in der Umwelterziehung, der Arterhaltung und der wichtigen Forschung ein. Er endete mit dem Statement: „Gäbe es den modernen Zoo nicht, dann wäre es unsere dringendste Aufgabe, ihn zu erfinden.“

Großer Zuspruch für Zoos

Männlicher Drill (Mandrillus leucophaeus) im Erlebnis-Zoo Hannover | Foto: zoos.media

Volker Homes, Geschäftsführer des VdZ, konnte mit gehörigem Rückenwind vor die Gäste treten, hatten die VdZ-Zoos, zu denen auch der Loro Parque gehört, Rekordbesucherzahlen zu vermelden gehabt – wir berichteten. „Es ist Konsens, dass es einer erwachsenen Zahl von Organisationen und Institutionen bedarf, die zusammen arbeiten, und Experten, um diesem Schwund der biologischen Vielfalt Einhalt zu gebieten und wir als Zoos präsentieren uns heute als Teil der Lösung.“ Die Zoos nämlich würden einen bedeutenden Teil der biologischen Vielfalt erhalten.

700 Millionen Menschen würden zoologische Einrichtungen jährlich weltweit besuchen und diese gewännen auch ständig an Bedeutung. Die Mitgliedszoos des VdZ wären innerhalb der letzten Jahre so gefragt wie noch nie – sowohl von den Besuchern als auch als wichtige Zentren für den Schutz von Tieren, ihren Arten und der von ihnen bewohnten natürlichen Lebensräume. Die weit überwiegende Mehrheit steht hinter Zoos und nur eine verschwindende Minderheit von 10% sähen sie kritisch.

Das Leitbild des VdZ besage, „dass unser gesellschaftlicher Auftrag im Erhalt der biologischen Vielfalt liegt. Diesen Auftrag erfüllen wir durch die Haltung und die Zucht gefährdeter Tierarten, sowie durch das Engagement im Natur- und Tierschutz, in der Bildung, der Forschung, sowie auch der Schaffung naturnaher Erholungsräume.“ Dies sei dann auch durch die EU-Zoorichtlinie bestätigt worden, deren Vorgaben man „jeden Tag von ganzem Herzen“ erfülle.

Arabische Sandkatze im Zoo Osnabrück | Foto: ErRu, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Tiere tiergerecht zu halten sei dabei der eigene Anspruch, aber auch der der Besucher und der gesamten Gesellschaft. Das Engagement im Artenschutz zeige sich durch vielfältige Kooperationen und der Mitgliedschaft in der größten dafür zuständigen Gemeinschaft weltweit: der IUCN. Auch eine Evaluation der meist eigenfinanzierten Edukation zeige gute Ergebnisse, was noch detaillierter schon bald publiziert werde.

„Wir in den Zoos sind davon überzeugt, dass für eine Verbesserung des Tierwohls im Bereich der Wildtierhaltung, die konkretere Regelung oder auch gar Verbote nicht immer der Schlüssel zum Erfolg sind. Das ist das, wofür wir werben. Das was wir Ihnen anbieten können, als Gesetzgeber oder auch Durchführer, ist 130 Jahre Erfahrung in der Haltung, in der Zucht und teilweise auch der Auswilderung von Wildtieren.“

Volker Homes, Geschäftsführer des Verbands der Zoologischen Gärten (VdZ)

Pfeilgiftfrosch im Grünen Zoo Wuppertal | Foto: zoos.media

Homes freute sich darüber, Minister Dr. Till Backhaus als ersten Gastredner zu begrüßen. Der SPD-Politiker erinnerte an das Schicksal vieler Zoos in Mecklenburg-Vorpommern, wo er Minister für Landwirtschaft und Umwelt ist, als diese vor einem Jahr im Schneechaos versanken. Mit einem 5 Millionen Euro starken Soforthilfe-Programm hatte er damals den zoologischen Gärten geholfen, was seine Wertschätzung für die modernen Zoos zeigt. Die wachsende Naturentfremdung sieht der von Zoos faszinierte Politiker als großes gesellschaftliches Problem an. In diesem Zusammenhang begrüßte er die Zusammenarbeit der Zoologischen Gärten mit den Naturschutzverbänden wie dem NABU.  Zudem freute er sich über die jüngsten Eröffnungen neuer und moderner Tiergehege in den Zoos in Mecklenburg-Vorpommern, wie etwa das Ozeaneum Stralsund oder das Darwineum und das Polarium im Zoo Rostock, weil diese sich aktiv gegen diesen Trend stellen und die Menschen mit der Natur verbinden würden.

Geld sei in Zoos hervorragend angelegt, weil sie eben sehr viel dafür leisten würden. Der tierbegeisterte Minister betonte: „Wenn wir das Räderwerk der Natur verstehen wollen, müssen wir das mit Wissen und Erleben tun.“ Genau das ermöglichten die Zoos und deshalb sei auch der Verband der Zoologischen Gärten als Klammer sehr wichtig. Die wenigen Demonstranten, die sich gegen Zoos einfinden würden, seien dabei nicht zu beachten. Stattdessen hob er die Bedeutung der Zoos auch für die Wissenschaft sowie den riesigen Erfolg der Zooschulen, als außerschulische Lernorte in Mecklenburg-Vorpommern, hervor. Ebenso zeigte er sich von der Artenvielfalt in den Zoos begeistert.

Tigeriltis im Zoo Magdeburg – die Art ist durch Umwandlung ihres Lebensraums in landwirtschaftlich genutzte Gebiete bedroht. | Foto: Volker Röhl, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Daraus aber erwachse eine Verantwortung für die nachfolgende Generation, dies auch weiter zu unterstützen und so die Natur zu verstehen und zu schützen. In der Politik sei es „von entscheidender Bedeutung“ die zoologischen Gärten weiter zu unterstützen. Man müsse dazu stehen und auch finanzielle Ressourcen bereitstellen, sowie Möglichkeiten eröffnen, dass die zoologischen Einrichtungen in ihren vielen bedeutenden Betätigungsbereichen aktiv arbeiten können.

„Deutschland hat mit die höchsten Umwelt- und Tierschutzstandards weltweit. Das ist so. Dazu stehe ich auch.“ Natürlich sei es selbstverständlich, dass Tiere auch tiergerecht zu halten seien und er erinnerte daran, wie viel sich in den zoologischen Gärten in den letzten 30 Jahren gerade diesbezüglich getan habe. Ebenso sei die wissenschaftliche Begleitung sehr wichtig, die ja erst vor einiger Zeit gezeigt habe, dass die Tiere in zoologischen Gärten älter würden als in der Natur. Damit müsse man sich auseinandersetzen.

Falscher Clownfisch (Amphiprion ocellaris) im Tropen-Aquarium Hagenbeck | Foto: Malte Jörn Krafft, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Man achte und schütze nur, was man kennt und wirklich schätze. Deshalb fände er auch die Bewegung innerhalb der Schüler, die in Mecklenburg-Vorpommern nach dem Schulunterricht demonstrieren würden, so wichtig. Deshalb möchte er die Engagierten in den politischen Prozess einbeziehen und mit den Entscheidern zusammenbringen, denn gemeinsam könne man viel mehr erreichen. Auch wolle er sich für mehr Respekt für die Insekten einsetzen. In diesem ganzen Komplex aus für den Naturschutz engagierten Menschen, wären die modernen Zoos und Aquarien ein sehr wichtiger Teil.

Ebenfalls warb er dafür, dass auch in den Bundesländern, wie in Mecklenburg-Vorpommern, Zooverbände gegründet werden sollten. Zudem zeigte sich der SPD-Politiker stolz über ein Zoogesetz im Land – das einzige deutschlandweit. Dadurch sei auch deutlich geworden, dass man die Zoologischen Gärten per Gesetz unterstützen würde. Darüber hinaus warb er für einen Schulterschluss mit den Zoologischen Gärten bezüglich der Invasivarten: diese Arten sollten weiter im Zoo gehalten und gezeigt werden können. Abschließend bekundete Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister seine Freude darüber, dass in den Zoos nun die schönste Zeit anbrechen würde.

„Grzimek vom Rhein“ zeigt Bedeutung der Zoologischen Gärten am Beispiel des Kölner Zoo

Der Kölner Elefantenpark | Foto: zoos.media

Prof. Theo Pagel, als von der Presse kürzlich als „Grzimek vom Rhein“ geadelter Direktor des Kölner Zoos und designierter Präsident der WAZA, und somit bald Inhaber einer der wichtigsten Positionen innerhalb der Zoowelt, erklärte auch nochmal, dass aktuell nichts weniger als die Zukunft der Biodiversität auf dem Spiel stünde: 16.000 Arten seien laut der IUCN vom Aussterben bedroht. An dieser Stelle helfen Zoos weltweit mit verschiedenen Programmen.

Theo Pagel schilderte, wie Zoos und Aquarien sich über die letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte verändert haben. Heute seien sie „Motivator einer starken Mensch-Tier-Beziehung“, sowie „Kompetenzzentren für die Tierwelt“, darüber hinaus „Botschafter und PR-Agentur für die Tiere im so genannten Freiland“ – somit also letztendlich Naturschutzzentren. Zoos und Aquarien seien auf verschiedene Arten vernetzt, um bestmöglich für den Schutz der Tiere, ihrer Arten und ihrer Lebensräume arbeiten zu können: „Zoologische Gärten arbeiten von der Kommune bis in die Globalität hinein.“

Ein Okapi im Kölner Zoo. | Foto: zoos.media

Dazu würden langfristige, strategische Pläne entwickelt. Auch kam er auf den One Plan Approach zu sprechen: „Alle echten Naturschützer sind davon überzeugt, dass wir viele Tierarten überhaupt nur retten können, wenn wir alle zusammenarbeiten – ob das die Länder sind, der Staat, ob das Privatleute sind oder Zoologische Gärten oder sogar Nationalparke: alle müssen zusammenarbeiten, wenn wir heute das umkehren wollen, was wir gerade dabei sind zu zerstören.“ Er befürchtete noch in seiner Lebzeit, wenn es so weiter ginge und man das Ruder nicht rumreißen könne, die vollkommene Ausrottung der Elefanten in der Natur erleben zu müssen.

Dass es nicht soweit kommen würde, dafür kämpften Zoologische Gärten weltweit – wie natürlich auch der Kölner Zoo. Dazu würden Back-Up-Populationen aufgestellt, Forschung und Bildung ermöglicht, sowie Mittel zum Schutz in der Natur durch moderne Zoos und Aquarien bereitgestellt. Das habe man auch schon lange davor getan, bevor sich Menschen vor Zoologische Gärten gestellt und dagegen protestiert hätten. Das wären ohnehin nur wenige, die allerdings ein bisschen lauter wären. In Deutschland setzten sich die Zoos und Aquarien nämlich auch für höhere Tierschutzstandards in anderen Ländern ein, um das Tierwohl weltweit zu mehren.

Waldrappen im Kölner Zoo | Foto: zoos.media

„Wir sind keine Tierguck-Anstalt mehr, wir sind weit mehr“, subsummierte der Kölner Zoodirektor. Er machte auch klar, dass Zoologische Gärten die Fachinstitute wären und eben nicht der Ort, wo unausgebildete Pseudo-Experten, wie Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater, zu entscheiden hätten, sondern wo ausgebildete und studierte Fachkräfte das Sagen hätten und die erforderlichen Entscheidungen träfen. In dem Zusammenhang bot er auch den Politikern an, sich mit Fachfragen eben auch an die Fachinstitute zu wenden.

Natürlich nannte er auch Beispiele dafür wie Zoos helfen: so gelang die deutliche Erweiterung Verbreitungsgebiets des Bartgeiers, die Rückbringung des Przewalski-Pferdes in die Wildbahn, weiterhin nannte Pagel Hilfsprojekte für den Europäischen Nerz und den Feldhamster. „Alle Steinböcke, eines meiner Lieblingstiere, die sie in den Alpen sehen, stammen von wieder ausgewilderten Tieren ab. Die waren komplett weg. Also, alles, was Sie da heute wiedersehen können, stammt von Tieren aus Menschenhand.“ Zudem nannte er unter anderem den Uhu, den Wanderfalken und viele andere Tierarten in deutschsprachigem Raum.

 

Aber nicht nur über 200 heimischen Tierarten hätte man helfen können, sondern auch vielen teils weit entfernt lebenden Tieren: Goldenen Löwenäffchen zu Beispiel. Eines spräche Kölsch, scherzt der Artenschützer. Das wäre nach Brasilien zur Unterstützung des Projekts gebracht worden, das die Art gerettet hat. Spitzmaulnashörner, Säbelantilopen und viele mehr könnte man auch noch nennen. Abschließend stellte Professor Pagel das vielfältige und erstklassige Engagement des Zoos in Köln vor. Darüber informiert der Zoo auch auf seiner Webseite. Für den Zoodirektor gelte: pro großem Bauprojekt solle auch ein Natur- und Artenschutzprojekt umgesetzt werden.

Besuch aus den Staaten

Männlicher Walhai in der Installation Ocean Voyager des Georgia Aquarium, Atlanta, GA | Foto: Zac Wolf, Lizenz: CC BY-SA 2.5

Weltweit gibt es keine Tierschutzorganisation, die größer, älter und renommierter ist als die American Humane Association, die inzwischen auch weit über die Grenzen der Vereinigten Staaten von Amerika hinaus tätig ist, und somit war Dr. Robin Ganzert, CEO und Präsidentin von American Humane, der Gast dieses Parlamentarischen Abends mit der weitesten Anreise.  Sie betonte die große Bedeutung der Worte: „You can’t protect what you don’t love and you can’t love what you don’t know.” Das wäre wichtig für die nächste Generation von Arten- und Naturschützern, die eine Beziehung zu den Tieren, die sie schützen, aufbauen müssten, und dafür seien moderne Zoos und Aquarien enorm wichtig.

Sie denke jeden Tag über diese nächste Generation nach, denn diese wäre besonders von dem sechsten Massenaussterben betroffen. Es sei unfassbar, dass viele Tiere, die wir lieben würden, noch während unserer Lebenszeit aussterben könnten. Um das zu verhindern seien die modernen Zoos und Aquarien enorm wichtig. Umso bedauerlicher sei es, dass Extremisten der Tierrechtsindustrie dies alles zerstören wollten, doch die Fakten seien nicht auf deren Seite. Tiere in Menschenobhut seien nämlich in privilegierter Pflege, denn sie werden, in zertifizierten und akkreditierten Zoos und Aquarien, bestmöglich versorgt.

Robin Ganzert (Präsidentin von American Humane) und Wolfgang Kiessling (Präsident des Loro Parque) bei der Verleihung des Zertifkats. | Foto: Loro Parque

Im Sinne des Tierschutzes sei natürlich sehr wohl zu hinterfragen: „Are there bad actors out there in the global zoo and aquarium community? Absolutely!” Diese schlechten Einrichtungen müssten natürlich geschlossen werden, aber für einen Zoo von Weltklasse-Format, der seine Tiere gut hält und sie schützt – natürlich auch in der Natur – gilt das nicht. Als Beispiel für einen solchen Zoo nannte sie den Loro Parque, den Wolfgang Kiessling vor über vierzig Jahren auf Teneriffa gegründet hatte. Loro Parque wäre, laut TripAdvisor, der beste Zoo der Welt. Grundsätzlich müsste man den modernen Zoo als den Ort wertschätzen, der so wichtig sei, um die nächste Generation zu inspirieren, sich für den Schutz von Tieren, den Arten und den Lebensräumen, die sie bewohnen, einzusetzen.

Dr. Robin Ganzert sprach dabei auch die Rolle von Zoos an, die sich auch darüber hinaus engagieren, denn Zoologische Gärten zeigen sich für viele erfolgreiche Schutzprojekte maßgeblich verantwortlich. „Conservation is not free. There is a cost of this important work around the world and zoos and aquariums have stepped up to fund the fight for species.” Ebenso sei die Rettung und Rehabilitation ein wichtiger Teil der Arbeit moderner zoologischer Einrichtungen, sowie die Grundlagenforschung.

Blick auf die Show und das Mehrbeckensystem der Orca-Haltung im Marineland Antibes | Foto: Loïc Ventre, Lizenz: CC BY-SA 2.0

Vor drei Jahren habe deshalb American Humane, als Antwort auf den Populismus radikaler Tierrechtsextremisten, Humane ConservationTM gegründet – ein Programm, dass aktuell bereits 47 der besten Zoos und Aquarien weltweit zertifiziere. Auf dieses Zertifikat sollen sich Besucher weltweit verlassen können, da es die Zoos kennzeichnet, die erwiesenermaßen gute Arbeit machen. In diesem Zusammenhang erwähnte sie die Wichtigkeit von Transparenz, um die gute Arbeit, die geschehe, auch zu zeigen.

Das englische Wort „humane“ sei dabei wichtig zu benutzen. Es definierte gegenüber der allgemeinen Bevölkerung, aber auch dem Gesetzgeber, wie man mit den Tieren umgehe, denn die Öffentlichkeit verlangt, dass man mit Tieren „humane“ umgehe. In diesem Kontext kann man das englische Wort mit dem deutschen Wort tiergerecht übersetzen, es bedeutet im Deutschen aber auch human, barmherzig, die Würde achtend, freundlich und gerecht. Dementsprechend, lässt sich das auch im Kontext als guter Umgang mit Tieren übersetzen.

Giraffen und Elefanten im Zoo von Pittsburgh | Foto: Daderot, Lizenz: CC0 1.0

Bei „humane“ handele es sich in dem Zusammenhang aber auch nicht um eine beliebige Kategorie, betonte Dr. Robin Ganzert, sondern es brauche einen wissenschaftlichen Hintergrund, der genau definiert, was denn „humane“ für das jeweilige Tier sei. Dazu habe sich American Humane mit den führenden Wissenschaftlern, Experten und Spezialisten auf diesem Gebiet zusammengesetzt und einen Katalog erarbeitet, an dem nun jede der geprüften zoologischen Einrichtungen gemessen werde, um eine Zertifizierung zu erhalten: „The word humane is defined by science and evidence-based practises.“

Sie höre oft von „Sanctuaries“, wenn sie weltweit sprechen würde, und würde mit der Frage konfrontiert, ob die nicht besser für die Tiere seien. Dr. Ganzert aber entzauberte dieses Wort, indem sie den Kontext benannte, in dem es in dieser Frage genutzt wird. Die richtige Bezeichnung für ein Sanctuary wäre ein Todesurteil für die Tiere, die schon seit Generationen in Menschenobhut wären, wie etwa Wale, die plötzlich in einen Netzkäfig kämen, den die Aktivisten dann euphemistisch mit „Sanctuary“ bezeichnen würden. Als Beispiel nannte sie dafür den Orca Keiko und den gescheiterten Versuch von Tierrechtlern, ihn auszuwildern. Er sei dadurch damals von Menschen ermordet worden, die nicht verstanden hätten, dass ein Sanctuary oder Sea Pen eben nicht das Richtige für ein so an Menschen gewöhntes Tier gewesen sei – mehr zum Thema hier.

„We have to rely on science, friends, we have to rely on evidence-based pracises and we have to recognize that modern-day zoos and aquariums step out in moral courage for very important reasons: rescue, rehabilitation, funding conservation, and education the next generation of conservationists.” Die zoologische Gemeinschaft hätte einen langen Weg zu den Archen der Hoffnung, die sie nun seien, hinter sich und ihre Errungenschaften sollte man auch entsprechend feiern.

Diskussion und Schulterschluss

Delfinvorstellung in der Lagune des Tiergartens in Nürnberg | Foto: Jed, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

Im Anschluss an die Reden diskutierten unter der Moderation unseres Beiratsmitglieds, des Tiergartenbiologen und Artenschutzbeauftragten des Loro Parque, Wolfgang Rades, Staatsanwältin Heike Finke, Präsidiumsmitglied des NABU und Sprecherin der NABU-Bundesarbeitsgemeinschaft Internationaler Artenschutz, Dr. Andreas Franzky, Amtstierarzt und Vorstandsvorsitzender der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) und Dr. Dag Encke, Direktor des Tiergarten Nürnberg, über moderne Zoos und ihre Aufgaben.

Die Artenschutzexpertin Heike Finke betonte, wie wichtig ein Schulterschluss zwischen Naturschutzverbänden wie dem NABU und modernen Zoos und Aquarien für die Naturschutzsensibilisierung der Bevölkerung sei. Sie erwähnte dabei erfolgreiche Kooperationen, wie etwa mit dem Loro Parque und den anderen modernen zoologischen Einrichtungen des VdZ, um weltweit die Natur zu schützen. Auch mit dem Zoo Köln verbindet die Organisation eine gute Zusammenarbeit, und der NABU betont die Bedeutung von Zoos auf seiner Webseite am Beispiel des Kölner Zoos.

Zudem hob Heike Finke, die beruflich das Sonderdezernat für Tier- und Umweltkriminalität der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach leitet, die Bedeutung, die die große Expertise der Zoomitarbeiter im angewandten Arten- und Tierschutz auch bei behördlichen Ermittlungen haben, hervor.

Transkaspischer oder Turkmenischer Halbesel (Equus hemionus kulan) im Tiergarten Nürnberg | Foto: Rufus46, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Dr. Andreas Franzky betonte ebenfalls, dass moderne Zoos und Aquarien aufgrund ihrer großen Erfahrungen wichtige Partner der Behörden im Tierschutz sind, aber dass sie natürlich auch selbst immer wieder tierschutzrechtlich überprüft werden. Aus seiner Erfahrung als Amtstierarzt konnte er auch berichten, dass tierschutzrechtlichen Bedenken gegenüber zoologischen Einrichtungen auch immer nachgegangen werde, aber dass solche Überprüfungen dann eben in den weitaus meisten Fällen auch zeigen würden, dass es den Tieren in den guten zoologischen Einrichtungen auch gut ginge.

Der Nürnberger Tiergartendirektor, Dr. Dag Encke, fand auch kritische Worte. Er wies darauf hin, dass im Rahmen des Natur- und Artenschutzes auch Wagemut nötig wäre, denn Arten in Not müsse man rechtzeitig helfen und dazu gehöre auch ihre Haltung. Angst vor Tierverlusten in den ersten Jahren der Haltung dürfe man nicht haben, denn niemand könne etwas beim ersten Versuch schon perfekt. Gleichzeitig brauchen aber viele Arten eben eine Unterstützung durch die Haltung in Menschenobhut. Es wäre im Interesse des Artenschutzes nicht ausreichend, nur Tiere zu halten, bei denen man schon jahrelange gute Erfahrung haben würde, sondern man müsste auch Erfahrung mit anderen noch wenig gepflegten Tierarten sammeln – wie etwa aktuell mit den Schuppentieren. Diese würden leider kaum gehalten, weil sie eben noch als schwer zu halten gelten würden, sind aber durch menschliche Nachstellungen in der Natur hochgradig gefährdet, so dass es notwendig wäre, Reservepopulationen in menschlicher Obhut zu haben. Erst neulich habe das Vaquita-Projekt zur Rettung der letzten Kalifornischen Schweinswale gezeigt, dass man nicht zu lange zögern dürfe.

So entstand eine spannende und lebhafte Diskussion, die sich auch in kleineren Gesprächsrunden im Laufe des Abends fortsetzte. Eines aber wurde sehr deutlich: Wir brauchen moderne, zertifizierte und, wissenschaftlich geleitete Zoos und Aquarien, ebenso wie den Schulterschluss aller Beteiligten, wenn wir den zukünftigen Generationen eine ähnlich facettenreiche Biodiversität vererben wollen, wie wir sie heute noch genießen können.

 

Diesen Beitrag teilen