Nashornbaby Ebun im Allwetterzoo Münster (2009) | Foto: Nils Dietrich

PETA will, dass Nashörner aussterben

Exklusiv für zoos.media – 16.08.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

Die Hetzkampagne, die PETA aktuell in Bezug auf den Artenschutz von Nashörnern führt, ist gefährlich für die Tiere. Dabei weiß PETA offenbar gar nicht, worum…

PETA will, dass Nashörner aussterben

Das Nördliche Breitmaulnashorn steht auf Messers Schneide – viel näher kann eine Unterart dem Aussterben nicht mehr kommen. Seit Sudan in hohem Alter leider verstorben ist, gibt es kein fortpflanzungsfähiges Männchen mehr auf der Erde. Modernen Zoo und Aquarien ist es zu verdanken, dass es aber noch Sperma gibt, das zur Fortpflanzung genutzt werden kann. Das wird verwendet, um Eizellen zu befruchten, die dann in eine Leihmutter, einem Weibchen der Südlichen Breitmaulnashörner, gebracht werden. Diese Prozedur ist wichtig, um das Leben der verbliebenen Weibchen der nördlichen Unterart nicht zu gefährden. Für die Leihmutter ist das absolut kein Problem – für sie ist es wie eine normale Schwangerschaft mit allen damit verbundenen Risiken und auch Vorteilen. Dadurch wird dann eine neue Population Nördlicher Breitmaulnashörner aufgebaut, die dann Schritt für Schritt zurück in die Natur soll.

Verhöhnung von echten Vergewaltigungsopfern

“Conservation of southern [sic!] white rhinos and other endangered species should mean protecting them in their rapidly disappearing natural homelands. […] All the cages in the world won’t prevent animals from becoming extinct. […] And yes, rape is rape, and for a female animal, feeling a hand and a syringe stuck up inside her is unpleasant and stressful.” – Elisa Allen, PETA
[Deutsche Übersetzung: Die Erhaltung der Südlichen [sic!] Breitmaulnashörner und anderer gefährdeter Arten sollte bedeuten, dass sie in ihren schnell verschwindenden natürlichen Heimatländern geschützt werden. […] Alle Käfige der Welt verhindern nicht das Aussterben von Tieren. […] Und ja, Vergewaltigung ist Vergewaltigung, und für ein weibliches Tier ist es unangenehm und stressig, eine Hand und eine Spritze in sich zu spüren.]

Man merkt, PETA hat den ganzen Komplex nicht verstanden. Es geht eben um die nördliche Unterart und nicht um die südliche. Zudem merkt das Tier davon nicht wirklich etwas. Es hat ein ganz normales Leben, wird in Narkose gelegt, wacht wieder auf und wird dann in ein paar Monaten realisieren, dass es schwanger ist. Die Einbringen und die “Ernte” der Eizellen ist für das Tier völlig schmerzfrei. Es ist davon auszugehen, dass die Mutter nicht mal realisiert, dass etwas passiert ist. Für sie ist es wie jede normale Schwangerschaft.

Zudem haben vergleichbare Projekte schon eine ganze Menge an Arten gerettet – hier spielen und spielten Zoos und Aquarien eine sehr wichtige Rolle. Die Behauptung, dass solche Projekte keine Arten retten würde, ist also sehr leicht zu widerlegen. Natürlich sind Zoos auch am Schutz des angestammten Lebensraums der Tiere beteiligt, aber aktuell gibt es diese Unterart eben nicht mehr in der Natur. PETA beweist erneut, dass diese Organisation die Öffentlichkeit offenbar für dumm verkaufen will. Es wird gelogen und betrogen, was das Zeug hält. Offensichtlich hat die Organisation keinerlei Ahnung von dem Projekt, äußert sich aber aber völlig unqualifiziert trotzdem.

Die große Frechheit ist aber, dass dies als Vergewaltigung bezeichnet wird und so jedes Vergewaltigungsopfer bis aufs Niedrigste verhöhnt wird. Vergewaltigung als Straftat wird definiert als “die Nötigung zum Beischlaf oder zu ähnlichen sexuellen Handlungen, die das Opfer besonders erniedrigen, wobei diese mit Gewalt, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer dem Täter schutzlos ausgeliefert ist, erfolgen kann (§ 177 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 StGB).” Eine Art zu retten, ist keine Vergewaltigung. Ein hässliches Verbrechen wie eine Vergewaltigung so zu verharmlosen, ist geschmacklos und muss verurteilt werden. Kein Nashorn wird hierfür vergewaltigt, denn es gibt keine sexuelle Handlung, das Tier wird nicht erniedrigt und es kommt keine Gewalt in Wort oder Tat zum Einsatz. Es ist völlig vermessen, das Retten einer Art mit Vergewaltigung zu bezeichnen und verhöht nur die Opfer einer solchen Tat.

Zoos stehen für das Leben, PETA für den Tod

Diesem Hund wurde von PETA die Chance auf ein neues Zuhause genommen. Zehntausenden Haustieren ging es ähnlich. | Foto von http://whypetakills.com (Nathan J. Winograd)

Moderne Zoos sind Teil der Lösung für die Nashörner, PETA ein Teil des Problems dieser Tiere. Es gibt keine Tiere mehr, die man in der Natur schützen kann und nun hat man sich zu dem Marathon aufgemacht, der die letzte und auch die beste Chance für diese Art ist. Diese letzte Möglichkeit will PETA der Art entreißen und somit glasklar das Aussterben dieser Art provozieren. Eigentlich müsste diese Forderung im Nichts verhallen, aber Medienvertreter auf der ganzen Welt greifen sie auch noch ganz unkritisch auf. Die Aussagen von PETA werden einfach reproduziert und verbreitet. Das zeugt entweder von Inkompetenz oder erschreckender Ignoranz solcher Medienvertreter, die das tun.

“Entweder liebst du Tiere oder PETA; beides geht nicht – das schließt sich aus.”– Nathan J. Winograd

PETA ist bereits für den Tod zehntausender Haustiere verantwortlich, weil die Organisation diese tötet, und will nun anscheinend auch noch Artenschutz von Nashörnern verhindern. Aber nicht nur bei diesen Arten – auch umfassender Arten- und Populationsschutz von zum Beispiel Delfinen, Menschenaffen und Elefanten soll unmöglich gemacht werden. Umfassender Schutz ist nämlich nur durch eine Kombination von Maßnahmen in situ und ex situ möglich. Da PETA jede Form der Tierhaltung beenden will, werden wichtige Maßnahmen ex situ völlig unmöglich. Aus diesem Grund muss die Öffentlichkeit, aber allen voran auch die zoologische Gemeinschaft, aktiver werden, um das zu verhindern. Viele Arten sind bereits so geschädigt, dass man nicht einfach nur ihren Lebensraum schützen kann und schon ist wieder Friede, Freude, Eierkuchen – der Ansatz der Tierrechtler ist also grundsätzlich falsch. Ohnehin ist es auch generell keine sinnvolle Strategie, Tiere nur in ihrem natürlichen Lebensraum zu schützen. Viele Arten sind ohne Zoos und Aquarien einfach nicht zu retten. Diesen Umstand kann man jetzt bewerten wie man will, aber die Bewertung ändert nichts an der Realität.

Ist es nicht besser, die Tiere nur in ihren natürlichen Lebensraum zu schützen?

Der Weg zur Auswilderung

Nördliches Breitmaulnashorn Angalifu im San Diego Wild Animal Park (2007) | Foto: Sheep81, Lizenz: public domain

Nicht immer ist im Rahmen eines Schutzprojektes eine Auswilderung sinnvoll oder notwendig, im Fall der Nördlichen Breitmaulnashörner ist dies allerdings schon der Fall. Wenn alles glatt läuft, wird eine Population in Menschenobhut aufgebaut, die stabil ist und von der aus man dann erste Tiere auswildern kann. Seit Jahren werden einzelne Projektteile immer wieder erprobt. So wurde die Methode der künstlichen Befruchtung, sowie die veterinärmedizinischen Methoden intensiv optimiert, aber auch andere Projektteile werden heute schon ausprobiert. So kamen Nashörner aus Zoos jüngst nach Ruanda, um dort in einem Nationalpark zu leben. Das ist ein wichtiger Schritt im Auswilderungsprozess und ein wichtiger Testlauf für verschiedene Arten und Unterarten der Nashörner.

Strategisch ist es klug von PETA nun dieses große Projekt der zoologischen Einrichtungen anzugreifen, aber dadurch würde man sämtlichen Nashörnern eine Zukunft unmöglich machen. Zuchtprogramme, Nationalparks und veterinärmedizinisches Fachwissen fallen ja nicht kostenlos vom Himmel, sondern sie müssen finanziert werden – auch dabei helfen Zoos aktiv. Gar nicht mit Geld aufwiegbar sind aber die ganzen immateriellen Dinge, die sie einbringen: veterinärmedizinische Expertise, grundlegende Erforschung ihrer Biologie und zudem auch die Expertise in der Pflege solcher Tiere. Oben drauf kommen dann noch die Tiere selbst, die keinen monetären Wert haben, weil sie nicht verkauft oder sonst wie gehandelt werden – die gibt es auch letztendlich kostenlos für diese Projekte.

Aktuell läuft das Projekt zufriedenstellend. Es ist nicht alles perfekt und die sprichwörtliche Kuh ist auch noch lange nicht vom Eis, aber, um in Bild zu bleiben, sie nähert sich dem Ufer. Was PETA wahrscheinlich fürchtet, ist den Erfolg der Zoos, also die Rettung der Art. Die bisher geretteten Arten sind nicht automatisch auf dem Radar von Menschen, die nicht im Thema sind. Wer kennt schon einen Kalifornischen Kondor, einen Schwarzfußiltis oder eine Ameca-Elritze? Ein Nashorn, die chubby unicorns (dt.: pummelige Einhörner), kennt aber eben im Prinzip jeder. Die Tiere sind ein populäres und frequentest Symbol und was für ein Super-Gau wäre es für PETA, wenn jedes Nashorn, das die Leute sehen an einen riesigen Erfolg der Zoos erinnern würde, der ihre Propaganda widerlegt? Es wäre ein sehr großer.

Momentan sieht es aber nicht danach aus, als könnte PETA die Auswilderung der Nördlichen Breitmaulnashörner verhindern, aber das ist freilich keine Garantie, dass die auch in Zukunft so sein wird. Zoo und Aquarien werden gebraucht und wenn es sie nicht mehr gibt, werden nicht nur viele Arten aussterben, sondern wahrscheinlich auch die bereits gefeierten Artenschutzerfolge wieder vernichtet. Es geht also letztendlich um viel mehr als nur diese eine Nashorn-Unterart, es geht um die Zukunft der Zoos und damit die Zukunft der Natur.

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