Tigerbaby im Big Cat Rescue (Tampa, Florida): es wird nie Nachkommen haben dürfen. | Foto: Tony Webster, Lizenz: CC BY 2.0

Sanctuary – was ist das?

Exklusiv für zoos.media – 29.08.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

Es herrscht etwas Unkenntnis und Verwirrung, was genau hinter dem Begriff steht – das ist auch durchaus Absicht von der Tierrechtsindustrie, die den Begriff massiv instrumentalisiert.

Sanctuary – was ist das?

Oft schon haben wir zum Thema Sanctuary berichtet, aber es bisher nicht wirklich genau definiert. Das liegt auch daran, weil man es nicht genau definieren kann und es, besonders im Deutschen, gewisse Problem damit gibt. Es wird verwendet als euphemistische Bezeichnung einer Tierhaltung und heißt übersetzt soviel wie Zuchtfluchtsort, Asyl oder auch Schutzgebiet. Es gibt keine objektiven Merkmale eines Sanctuarys – man kann letztendlich jede Tierhaltung so nennen. Wer will, kann morgen seinen Zoo in Sanctuary umbenennen und niemand würde den Opportunisten aufhalten können.

Vereinnahmung des Begriffs durch die Tierrechtsindustrie

Das Hauptquartier der radikalen Tierrechtsorganisation HSUS (2009) | Foto: AgnosticPreachersKid, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Recht früh hat die Tierrechtsindustrie die Kraft dieses Begriffes erkannt und begann ihn für sich zu nutzen. Die HSUS-Surrogaten-Organisation Global Federation of Animal Sanctuaries (GFAS) spielt hierbei eine ganz interessante Rolle. Die GFAS akkreditiert so genannte Sanctuarys. Diese Akkreditierung ist vor allem eine Chance für schlechte Haltungen exotischer Tiere, sich zu nobilitieren. Ein Beispiel dafür ist der Roadside-Zoo mit dem euphemistischen Namen Big Cat Rescue. Die “Rettung” besteht daraus, Tiere in eine sehr, sehr schlechte Haltung für Wildkatzen zu bringen.

Die Akkreditierung ist dabei ein Geschäft: Erstmal muss man dafür zahlen. Dann gibt es natürlich auch Standards, die für schlechte Tierhaltungen recht einfach einzuhalten sind: zu keiner Zucht muss man sich etwa verpflichten – klar, in einer schlechten Haltung gibt es ohnehin so gut wie keine Zuchterfolge. Dann darf man mit Tieren und Tierteilen nicht kommerziell handeln, was ja ohnehin in den meisten Ländern verboten ist. Dann sind keine Touren erlaubt, die nicht verantwortungsvoll geführt sind. Das ist kurios, weil es im Prinzip keine Vorschrift ist, sondern eine der Optionen beschreibt, mit denen die Sanctuarys Geld verdienen und gleichzeitig eine schöne Ausrede dafür ist, keine Transparenz zu zeigen und schlechte Haltung vertuschen zu können, denn die Öffentlichkeit soll auch keinen Kontakt zu den Tieren haben.

Dazu soll auch die Forschung an den Tieren im Sanctuary einschränkt werden – wie toll für schlechte Haltungen, weil dadurch nur schwer Daten erhoben werden können, die die miserable Haltung nachzuweisen im Stande sind. Dazu soll noch alles “ethisch” sein – was man darunter versteht, ist dann Interpretationssache. Die GFAS-Akkreditierung ist also ein Rundum-Sorglospaket für schlechte Haltungen, die allerdings trotzdem noch an Tiere kommen, denn die Tierrechtsindustrie bewirbt die schlechten Tierhaltungen und vermittelt auch noch angeblich “gerettete” Tiere an diese Roadside-Zoos. Die schlechten Tierhalter finden so also eine Möglichkeit, dass, trotz schlechter Haltung, auch der Nachschub an Tieren nicht ausgeht. Nie hatten es also schlechte Tierhalter besser und Tiere schlechter, denn unter so einem generellen Zuchtverbot haben sie keine Chance auf ein artgemäßes und tiergerechtes Leben.

Ein solches tierquälerisches Endlager für angeblich gerettete Tiere ist auch das TES. Das Elephant Sanctuary of Tennessee ist seit 2014 von der GFAS akkreditiert und gehört mit dem PAWS’ ARK 2000 sanctuary wohl zu den katastrophalsten Elefantenhaltungen in den gesamten USA.


Das TES hat auch schon eine bemerkenswerte Serie von sehr früh verstorbenen Elefanten unter ihrer Haltung produziert – mit interessanten Todesursachen, die die schlechte Haltung dokumentieren:

Ein Sanctuary wie das TES ist ein ideales Beispiel, um zu zeigen wie mies die von der GFAS akkreditierten Sanctuarys arbeiten. Allerdings erkaufen sich die schlechten Tierhalter auch den Schutz der Tierrechtsindustrie durch die Akkreditierung, was für sie enorm lukrativ ist. So kämpft die Tierrechtsindustrie gegen von echten Experten akkreditierte zoologische Einrichtungen, die ihre Tiere besser halten als das Big Cat Sanctuary und das TES zum Beispiel. Gleichzeitig lobt die Tierrechtsindustrie aber solche schlechten Haltungen, wie die letztgenannten, über den grünen Klee. Dafür wiederum müssen die Sanctuaries aber Geld auf den Tisch legen, denn neben den Kosten für die Akkreditierung gibt es natürlich auch einen Jahresbeitrag. Es geht um Geld und dazu passt auch das Zitat von Kellie Heckman über das wir berichteten:

“Die meisten gehen in den Tierschutz, weil sie Geld lieben”

Hierbei muss man sich allerdings nicht von dem Begriff Tierschutz verwirren lassen, denn tatsächlich sieht Heckman anscheinend das Greenwashing schlechter Tierhaltungen und das Pöbeln gegen gute Tierhaltungen als Tierschutz an. Die bis 2017 amtierende Direktorin der GFAS hat schon für PETA, die Humane Society und weitere fragwürdige Organisationen gearbeitet – sie kann also durchaus authentisch erklären, worum es den Mitarbeitern in dieser Branche geht und das deckt sich ja auch mit dem Handeln der GFAS, der sie damals vorstand, absolut. Das “Rundum Sorglos”-Paket zur Absolution für schlechte Tierhalter lässt sich die GFAS nämlich fürstlich entlohnen.

Sanctuarys außerhalb der GFAS

Bonobo im Zoo. | Foto: Psych USD, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Natürlich ist nicht alles, was sich Sanctuary nennt, Teil der Tierrechtsindustrie und auch die GFAS akkreditiert manche Sanctuarys, die nicht so schlecht sind wie die genannten Beispiele, obwohl ihnen natürlich die Akkreditierung wie ein Malus anhaftet. So ist die GFAS etwa mit der Pan African Sanctuary Alliance in einer Partnerschaft. Zu dieser Allianz gehört etwa Lola ya Bonobo, das erste Bonobo-Sanctuary, das es ohne Zoos nie gegeben hätte und auch heute nicht so geben würde. Das ist sicherlich eine seriöse Tierhaltung mit dem Namen “Sanctuary”. Also ganz so einfach ist die Sache mit der Begrifflichkeit nicht.

Letztendlich muss man auch hier darauf achten, nicht alle Sanctuarys in den sprichwörtlichen, gleichen Topf zu werfen. Genauso wie es gute und schlechte Einrichtungen gibt, die sich Zoo nennen, findet man das auch bei denen, die sich Sanctuary nennen, aber man muss leider bei letzteren konstatieren, dass sie eher in Richtung Tierrechtsindustrie und einer schlechten Haltung schielen, was eine durchaus fragwürdige Entwicklung ist, denn so lassen sich auch die wenigen akzeptablen, guten Sanctuarys in einem Sumpf hereinziehen, der auf Dauer wenig Zukunft hat, weil er immer mehr von unseriösen NGOs vereinnahmt wird.

Das sieht man auch im Zusammenhang mit der Anti-Zoo-Organisation Born Free Foundation. Die Zoogegner lehnen natürlicherweise Zoos ab. Sanctuarys, die ihrer Linie folgen, werden als angeblich besserer Ersatz für Zoos verkauft. Ein Beispiel ist da, was etwa in einer solchen Einrichtung, die in Verbindung mit der Born Free Foundation steht, passiert: Das Zentrum Esessakotteh, 30 Kilometer von Addis Abeba entfernt, beherbergt unter anderem Löwen.

Bengal-Tiger im Bannerghatta Biological Park, der für die Born Free Foundation eine Tigerhaltung betreibt. | Foto: Pawan Kr Dwivedi, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Zuständig ist hier Education und Outreach Officer Mr. Million Genta. Bezeichnend ist sicherlich auch, dass der Mitarbeiter der Born Free Foundation dort ein Gehege von gerade einmal 300 Quadratmetern, und somit einer Fläche, die nur etwas größer ist als ein Tennisplatz, aber merklich kleiner als ein Basketballfeld, als “groß” für einen Löwen bezeichnet. Die in dieser Auffangstation der Born Free Foundation gepflegten sieben Löwen sind aufgrund ihrer Geschichte alle nicht auswilderungsfähig. Zwei der Tiere sind Handaufzuchten und folglich zu menschenfreundlich zur Auswilderung, zwei andere hatten dadurch, dass sie vormals von Steine werfenden Menschen gequält worden waren, starke Aggressionen gegen Menschen. Lediglich ein aufgrund einer in der Vergangenheit eingewachsener und dadurch seine Halswirbel schädigenden Kette erblindeter Löwe hatte überhaupt eine Partnerin. Zucht war allerdings, wie typisch für Tierrechtssanctuarys, nicht erlaubt, was zu einer für Löwen unnatürlichen Sozialkonstellation führt.

Zwar betont die Born Free Foundation, dass es sich bei ihrer Auffangstation nicht um einen Zoo handelt, aber dennoch kann man diese Anlage besuchen. Und zwar wird dies von dem besagten Mr. Million Genta (Gemea) organisiert, der offenbar gleichzeitig auch Inhaber von Erekata Tour bzw. Milly Ethiopia Tours ist. Interessenten für einen Besuch der Auffangstation werden unter Angabe der Mailadresse erekata_tour[at]yahoo.com von der Born Free Foundation auch genau darauf hingewiesen. Wie praktisch, dass Herr Million hier sein Business mit der Born Free Foundation verknüpfen kann, nicht wahr? Aber das ist wohl nur reiner Zufall.

Merlin Entertainments hat ein tierquälerisches “Sanctuary” in Island für Belugas eröffnet – es ist ebenfalls ein Projekt der Anti-Zoo-Industrie und wird von Kollaborateuren der Tierrechtsindustrie unterstützt:

Das National Aquarium in Baltimore will auch auf den Sanctuary-Zug aufspringen – keine Überraschung, wenn man die Hintergründe kennt:

National Aquarium in Baltimore: Wer zieht die Fäden?

Was ist ein gutes Sanctuary? Was ist ein schlechtes Sanctuary?

Sumatran Rhinoceros (Dicerorhinus sumatrensis sumatrensis) Rosa in the Sumatran Rhino Sanctuary | Photo: Willem v Strien, Licence: CC BY 2.0

Wie anfangs erwähnt, kann das Wort auch Schutzgebiet heißen – Schutzgebiete, ob im Meer oder an Land, sind sehr gute Einrichtungen und eigentlich tatsächlich eine Auslegung des Begriffs im echten Wortsinne. Natur unter Schutz zu stellen macht enorm viel Sinn im Bereich des Arten und Naturschutzes. Das sind die Sanctuaries, die es wirklich braucht. Genauso sind seriöse Rettungs- und Auffangstationen, wenn sie sich denn so nennen, gute Sanctuarys, solange sie selbst seriös arbeiten und auch mit seriösen Organisationen, wie etwa Zoos und Aquarien es sind, kooperieren. Moderne zoologische Einrichtungen würden nämlich nicht mit Einrichtungen kooperieren, die ihre Tiere nachweislich schlecht halten würden.

Den Missbrauch des Begriffs zum Greenwashing schlechter Tierhaltungen, darf man der Tierrechtsindustrie allerdings nicht länger durchgehen lassen. Leider sind genau diese Fälle allerdings in der massiven Überzahl – zumindest in der medialen Berichterstattung. Diese Einrichtungen sind eine echt Gefahr – einmal im Zusammenhang mit dem Anti-Zoo-Aktivismus, aber auch besonders sind diese zumeist von Laien geführten Haltungen eine Gefahr für ihre Bewohner, die Tiere. Sie gehören genau zu den Tierhaltungen, die man am Beispiel guter Zoos schnell als Tierquälerei entlarven kann und deshalb beteiligen sie sich auch wohl gerne an Hetzkampagnen gegen diese wahren Zentren des Tier-, Natur- und Artenschutz, die moderne zoologische Einrichtungen heute sind.

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