Das "white bunny" ist das Symbol der radikalen Tierrechtsorganisation PETA. | Foto: The Photographer, Lizenz: CC0 1.0

Die “Scheinheiligen” von PETA

Exklusiv für zoos.media – 04.02.2021. Autor: Philipp J. Kroiß

Ein Artikel der ZEIT sorgt für Aufsehen und beleuchtet die Deals zwischen PETA & der Wirtschaft, die ein fragwürdiges Licht auf die Tierrechtsorganisation wirft.

Die “Scheinheiligen” von PETA

Die ZEIT berichtet in ihrem Dossier über “Die Scheinheiligen” – auch online verfügbar. Unter der Überschrift prangen unter anderem die Fotos von zwei hochrangigen PETA-Funktionären. Wie käme es, dass PETA “im Verborgenen einen Pakt mit einem Konzern der Fleischindustrie geschlossen” habe?, fragen Anne Kunze und Stefan Willeke und eröffnen einen spannenden Blick auf diese Tierrechtsorganisation. Sie erzählen dabei spannend und lesenswert ihre Recherche-Ergebnisse, die unter anderem aus Gesprächen mit 50 Menschen, mit denen sie verschiedene Aspekte der Thematik eruierten, resultieren. Eigentlich habe man ein allgemeines Portrait über die Organisation schreiben wollen, aber dann kam alles anders.

“Stillhalteabkommen mit einem Großunternehmen der Fleischindustrie”

Grilled Striploin Steak auf einem Brett angerichtet | Foto: Roderick Eime, Lizenz: CC BY 2.0

Der Artikel beschreibt sehr gelungen eine gewisse Fallhöhe zwischen engagierten Unterstützern und der Führungsebene. Der Verein selbst, so beschreiben sie, bestehe nur aus sieben Mitgliedern: “In einer solchen Rangordnung ist nichts leichter, als den Willen des Vorstands durchzusetzen. Widerspruch regt sich selten.” Dazu wird Harald Ullman zitiert: “Wir sind nicht gerade basisdemokratisch”. Wohl auch so entstand ein Ziel der Organisation im Jahre 2009: “Wiesenhof sturmreif schießen, ganz klare Sache, sturmreif schießen.” So zitiert die ZEIT Edmund Haferbeck. Der Ausdruck erlangte zuletzt etwas andere Bekanntheit, weil genau das Ex-Präsident Donald Trump mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel machen wollte.

Für Haferbeck sei das eine “Signalkampagne” gewesen, beschreiben die Autoren. Allerdings nahm Wiesenhof dann Kontakt zu PETA auf und es kam zu einem als “konspirativ” beschriebenen Treffen. Doch dabei blieb es nicht, denn es gab auch eine Gegeneinladung seitens PETA. Danach erhielt PETA einen Briefumschlag. Darin waren dann die Adressen von 49 Hühnerställen des Unternehmens Heidemark – wohl nur zufälligerweise Wiesenhofs ärgster Konkurrent, denn Wiesenhof bestreitet die Weitergabe einer solchen Liste. Daraufhin erschuf PETA aber trotzdem den Heidemark-Skandal und plötzlich war das Unternehmen “Marktführer für organisierte Tierquälerei”. Wiesenhof war nun “fein raus”, wie man so schön sagt.

“Pakt” war ein Game Changer

“Aus einer gemeinnützigen Organisation wurde eine Truppe von Dealern, die sich mit der Industrie verständigt”, beschreiben Anne Kunze und Stefan Willeke. Haferbeck sieht das anders: “Zwei Gegner, die sich per Handschlag auf bestimmte Dinge geeinigt haben”, es sei ein “Dialog” gewesen. So war es wohl nur rein zufällig, dass PETA zu Wiesenhof “nichts mehr gemacht” habe, wie Haferbeck zitiert wird. “In Wahrheit besteht dieser Dialog aus einem vertraglosen Frieden”, kommentieren die Autoren. Wiesenhof habe gemerkt, dass man die “Krieger” von PETA auf andere Konzerne hetzen könne. Nun sei PETA mit rund 1.200 Unternehmen im “Dialog”. Darunter Autokonzerne wie Mercedes-Benz sowie Klamottenfirmen wie Esprit und Hugo Boss.

Solche Unternehmen können dann auch ein “Peta Approved Vegan”-Logo kaufen, beschreiben die Autoren. Im Interview erklärt dann eine weitere Funktionärin, Charlotte Fischer, wie sich die Taktik verändert hat. PETA schreibe nun zuerst mal Briefe und wenn dann keine Gesprächsbereitschaft signalisiert würde, ging es eben los. So habe man auch das Unternehmen TUI ins Fadenkreuz genommen, dass in bewundernswerter Weise diesen Angriffen aber trotzt. Sie lassen sich nicht vom Populismus einwickeln und scheinen kein Interesse an fragwürdigen Deals mit PETA zu haben – offenbar im Gegensatz zu anderen, weniger standhaften, opportunistischen Firmen, die einknicken.

Nicht nur Zustimmung für den neuen Kurs

Die Recherchen der ZEIT, die PETA als Dealer darstellen, dürften nun den Missmut, den es intern so wie extern gab und gibt, sicher nicht verringern. Das liegt auch daran, weil solche Deals wohl nur PETA etwas bringen, nicht aber der von der radikalen Tierrechtsorganisation vorgeschobene “Sache”, für man sich angeblich einsetzen will. Den Hühnern bei Wiesenhof geht inzwischen es nicht wirklich besser – dafür aber Wiesenhof und PETA. Seiten dem “Deal” konnte Wiesenhof mehr Umsatz erzielen und PETA auch mehr Geld sammeln. Mehr Spenden lohnen sich hauptsächlich für die bezahlten Mitarbeiter und die Image-Pflege der Organisationen, werden doch für Gehälter und Öffentlichkeitsarbeit seit Jahren die meisten Ausgaben getätigt.

Positionen der PETA-Ausgaben im ideellen Bereich ab 2013 (Geldbeträge in €)

PETAs Deal hat also für die Tiere nichts geändert. Haferbeck, der als Leiter der Rechts- und Wissenschaftsabteilung bei PETA angestellt ist, äußerte sich gegenüber der ZEIT zu Wiesenhof: “Agrar-Mafia, Massenmord, natürlich, nach wie vor, klar.” Aber das Unternehmen würde sich ja bewegen, beschreibt er weiter, und eine vegane Produktlinie haben – denn das reich bei PETA: für das verschacherte Siegel, dessen Kosten sich am Umsatz des Unternehmens orientieren, reicht sogar schon ein veganes Produkt, auf das man aufmerksam machen will. Das lohnt sich dann für beide Seiten: das Unternehmen spielt ein bisschen veggie und PETA steckt Geld ein. Ob diese Masche aber nach dem Bericht der ZEIT noch funktioniert? Fraglich.

ZEIT-Recherche von großem Wert

Schmiererei radikaler Veganer | Quelle: oFace Killah/Flickr CC BY 2.0

Die beiden Autoren demaskieren die radikale Tierrechtsorganisation als Geschäftemacher und zerstören sogleich ihr Geschäftsmodell, denn: wie lukrativ ist noch so eine Kooperation von Unternehmen und PETA, wenn jeder die Masche dahinter nun kennt? Zudem stellt sich natürlich auch die Frage, warum PETA solche Deals nicht zumindest in den Bilanzen transparent macht. Inwiefern kann man das Ergebnis solcher “Dialoge” denn noch Spenden nennen, wie es anscheinend in den Bilanzen etwa zum Wirtschaftsjahr 2018/2019 gemacht wird? Das sind dann wohl Fragen, die sich das Finanzamt stellen lassen muss, deren Mitarbeiter das seit Jahren durchwinken. Gibt es da vielleicht auch einen solchen “Deal”? Inzwischen scheint ja vieles möglich.

Der Artikel der ZEIT wird einiges verändern, denn das System PETA liegt nun wohl so offen wie niemals zuvor. Somit lohnt es sich auch für Unternehmen nicht mehr wirklich hier zu kooperieren, weil so käuflich, wie die Organisation zu sein scheint, sind auch die Siegel und Lobhudeleien nichts mehr wert. Unternehmen wie TUI werden sich nun erst recht nicht leisten können unter dem Druck aus Lügen, Fehl- und Desinformationen der Organisation einzubrechen. Vielmehr werden diese Angriffe das Unternehmen stärken, weil TUI sich eben nicht so opportunistisch gezeigt hat wie andere Marktakteure, die sich nun Fragen gefallen lassen müssen: Wie viel kostet wohl die Meinung von TripAdvisor zu Delfinarien? Es wird spannend, ob Medien oder Konsumenten diese Fragen zuerst stellen und wie sie sie stellen.

Das zeigt nun umso mehr, dass eine Fraternisierung mit PETA für seriöse Unternehmen und Organisationen nicht in Frage kommen – gerade nicht für Zooverbände: welcher Deal  wohl hinter dem Auftritt von PETA bei der AZA-Konferenz steckte, ließe sich nun fragen. Die AZA ist ein amerikanischer Zooverband, der besonders durch Kooperation mit den Tierrechtlern negative Schlagzeilen macht. Der Sumpf, den die ZEIT hier ausgehoben hat und hoffentlich auch nur begonnen hat auszuheben, ist tief und offenbart eine übliche Angewohnheit: Opportunismus. Dabei geht es auch anders: das hat Jimmy’s Famous Seafood eindrucksvoll gezeigt, um mal ein besonders prägnantes Beispiel herauszupicken. Das zeigt aber auch gerade auf ganz andere Weise TUI und so haben sie sich nun die Chance bewahrt, eines der Reiseunternehmen zu sein, dass im Angesicht von PETA-Attacken das Gesicht gewahrt hat.

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