Schimpansenbaby im Loro Parque | Foto: zoos.media

Tierrechtler Friedrich Mülln benimmt sich bei Stern TV daneben

Exklusiv für zoos.media – 18.05.2018. Autor: Philipp J. Kroiß

Gero Hocker war bei Stern TV mit einem respektlosen Auftritt des radikalen Tierrechtlers Friedrich Mülln mit einer fragwürdigen Interpretation von zivilem Ungehorsam konfrontiert.

Tierrechtler Friedrich Mülln benimmt sich bei Stern TV daneben

Tierrechtler Friedrich Mülln hat sich bei der Diskussion mit FDP-Politiker Gero Hocker respektlos verhalten und versuchte offenbar den Politiker in Misskredit zu bringen, statt wirklich argumentativ tätig zu werden. Zur Diskussion vorgestern Abend auf RTL äußerte sich Gero Hocker auf Facebook.

Viel an Argumenten brachte der Tierrechtler nicht und kam über Platitüden nicht hinaus, die schließlich auch noch in Parteibashing versackten. Im Wesentlich basierte seine Strategie auf einem Eckpfeiler und das zeigt schon, dass sie zum Scheitern verurteilt ist.

Ziviler Ungehorsam als Ausrede

Der Begriff “Ziviler Ungehorsam” geht auf Henry David Thoreau zurück, der sich aus Protest geweigert hatte, Steuern zu zahlen und dafür einen Tag ins Gefängnis kam. Er prägte in einer nachfolgenden Veröffentlichung diesen Begriff. Ein klassisches Beispiel für diesen zivilen Ungehorsam ist der friedliche Protest Ghandis oder die Proteste von Frauen in der Berliner Rosenstraße im Jahre 1943. Ein ebenso gutes Beispiel ist der zivile Ungehorsam von Rosa Parks, die sich weigerte ein Sitzplatz in einem Bus für einen “weiße” Person herzugeben. Diese drei Beispiele eint eines: Protest ohne Opfer. Bei einem Einbruch sind natürlich Opfer gegeben, weil es eine für die Rezipienten schockierende Erfahrung ist – also etwas völlig anderes als schlicht nicht von einem Sitz im Bus aufzustehen.

Laut Politikwissenschaftler, Soziologe und Friedensforscher Theodor Ebert ist ziviler Ungehorsam die dritte Eskalationsstufe einer Matrix von Handlungsformen. Nach ihm sind mögliche Handlungsformen dieser dritten und letzten Stufe offene Missachtung von Gesetzen beispielsweise durch Steuerverweigerung, Sitzstreik, Generalstreik, Besetzung von Land oder Häusern, und Sit-ins an verbotenen Orten.

Zu Legitimation von zivilem Ungehorsam wird allgemein die Radbruchsche Formel herangezogen.

“Der Konflikt zwischen der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein, daß das positive, durch Satzung und Macht gesicherte Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist, es sei denn, daß der Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht, daß das Gesetz als ‚unrichtiges Recht‘ der Gerechtigkeit zu weichen hat. Es ist unmöglich, eine schärfere Linie zu ziehen zwischen den Fällen des gesetzlichen Unrechts und den trotz unrichtigen Inhalts dennoch geltenden Gesetzen; eine andere Grenzziehung aber kann mit aller Schärfe vorgenommen werden: wo Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die den Kern der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven Rechts bewußt verleugnet wurde, da ist das Gesetz nicht etwa nur ‚unrichtiges‘ Recht, vielmehr entbehrt es überhaupt der Rechtsnatur. Denn man kann Recht, auch positives Recht, gar nicht anders definieren als eine Ordnung und Satzung, die ihrem Sinne nach bestimmt ist, der Gerechtigkeit zu dienen.”

Oder kürzer und prägnanter:

“Wo also […] Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, können die so geschaffenen Anordnungen nur Machtsprüche sein, niemals Rechtssätze […]; so ist das Gesetz, das gewissen Menschen die Menschenrechte verweigert, kein Rechtssatz.”

Was klar wird ist, dass es eine wesentliche Voraussetzung des Zivilen Ungehorsams gibt: einen Unrechtsstaat, der gegen eine übergeordnete Rechtsnorm verstößt – wie es etwa bei den Diktaturen der Nazis und der SED in Deutschland der Fall war. Wir hatten es bei den Formen von zivilem Ungehorsam in den genannten Fällen jeweils mit einem Protest gegen einen Umstand zu tun, der gegen Menschenrechte verstieß. Aus diesem Grund hatte Rosa Parks auch Erfolg: Ihrer friedlichen Aktion folgte der Montgomery Bus Boycott, der schließlich endete als klar wurde, dass die Rassentrennung in Schulen und öffentlichen Verkehrsmitteln, wie sie in den USA praktiziert wurde, verfassungswidrig ist. In diesem Fall war die übergeordnete Rechtsnorm die Verfassung der USA, weshalb der Staat nicht völlig als Unrechtsstaat zu bezeichnen ist, sondern es nur einen bestimmten Teil der Gesetzgebung gab, der nachweislich Unrecht war.

Bei den Aktionen von Soko Tierschutz ist dies aber ja nicht gegeben; es gibt keinen entsprechenden Unrechtsstaat in Deutschland, der gegen übergeordnete Rechtsnormen verstößt und so lässt sich ziviler Ungehorsam nicht legitimieren. Es gibt in Bezug auf die Aktionen auch keine Unrechtsräume in der deutschen Gesetzgebung, die gegen das Grundgesetz verstoßen, und so den zivilen Ungehorsam legitimieren würde.
Dass Aktivisten, von welcher Organisation sie auch kommen mögen, bei ihren Aktionen vielleicht auch mal einen tatsächlichen Verstoß aufdecken, legitimiert diesen Verstoß auch nicht im Nachhinein, weil die Aktion bereits in ihrer Entstehung grundsätzlich und rechtsstaatlich falsch war.

Tierrechte keine übergeordnete Rechtsnorm

Natürlich versuchen Tierrechtler solche und ähnliche kriminelle Aktionen trotzdem anhand einer übergeordneten Rechtsnorm zu legitimieren: den Tierrechten. Anders als bei Menschenrechten herrscht dazu keine allgemein anerkannte und auch keine demokratische legitimierte Konvention. Es sind völlig ausgedachte Rechtsnormen, die von unterschiedlichen Organisationen, die auch nicht demokratische legitimiert sind, hin und her gebogen werden wie es gerade passt. Letztendlich kann man sich nicht einfach irgendwelche diffusen übergeordneten Rechtsnormen mehr oder weniger ausdenken und die als Legitimation für kriminelle Straftaten heranziehen.

Somit zeigt auch die Argumentationsstruktur von Mülln auf, dass er es an Verständnis rechtsstaatlicher Grundsätze vermissen lässt, wie dies von Gero Hocker ja auch schon in der Diskussion angesprochen wurde. Tierrechte sind keine übergeordnete Rechtsnorm, sondern ein Idee von wenigen radikalen Aktivisten. Es wäre auch fatal, Tierrechte als so eine Norm anzuerkennen, denn Hocker erklärt die Folge sehr treffend in seinem Facebook-Beitrag:

“In einem funktionierenden Staat müssen die Ermittlungsbehörden gestärkt werden, anstatt die Einhaltung von Recht und Gesetz auf Private zu übertragen. Wer anderes fordert, muss damit rechnen, dass demnächst Google die Einhaltung von Datenschutzgesetzen übernimmt, VW die Grenzwerte für Dieselemissionen kontrolliert – oder dass Herr Friedrich Mülln von SOKO Tierschutz demnächst nachts bei Euch im Wohnzimmer steht, um sich zu überzeugen, dass sich in Eurem Kühlschrank keine Produkte tierischen Ursprungs befinden oder dass die Katze auch tiergerecht gehalten wird.” – Gero Hocker (FDP)

Letztendlich ist es eben völlig daneben, auch in Gedenken an all jene, die völlig zurecht zivilen Ungehorsam ausübten, diese Legitimation für mutmaßlich kriminellen Taten heranzuziehen, die in keinem Punkt sinnvoll mit echtem zivilen Ungehorsam vergleichbar sind. Die Bundesrepublik Deutschland ist weder generell noch partiell ein Unrechtsstaat und es gibt im Fall von Soko Tierschutz keine entsprechende Legitimation für zivilen Ungehorsam. Man darf dieses wichtige demokratische und im Grunde friedliche Mittel nicht als Notausgang in die Beliebigkeit missbrauchen und zur Legitimation von solcherlei Einbrüchen oder anderen Straftaten heranziehen.

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