Portrait von Morgan im Loro Parque | Foto: zoos.media

Warum die Orca Bill falsch ist

Exklusiv für zoos.media. Autor: Philipp J. Kroiß

Unser Autor erklärt, warum die Orca Bill, die in den USA auf den Weg gebracht wurde, eine Entscheidung gegen das Wohlbefinden und den Schutz von Orcas ist.

Warum die Orca Bill falsch ist

Am 16. März war es soweit: Representative Adam B. Schiff (1960 geboren, seit 2001 im Kongress) hat die sog. “Orca Bill” wieder eingebracht. Der Demokrat folgt damit einer Lobbykampagne von Zoogegnern. In US-Kongress-Sprache wir diese “Orca Bill”, Schiff nennt sie “ORCA Act”, wie folgt beschrieben:

H.R.1584 – To amend the Marine Mammal Protection Act of 1972 to prohibit the taking, importation, and exportation of Orcas and Orca products for public display, and for other purposes

Der Text ist noch nicht verfügbar, aber das Ziel ist klar: Schiff hatte bereits schon mal einen “ORCA Act” auf den Weg gebracht. Er möchte die Haltung von Orcas auslaufen lassen.

Natürlich wird er von Zoogegnern dafür beklatsch und unterstützt. Über den aktuellen Stand der Bill kann man sich hier und hier informieren.

Wer ist Adam Schiff?

Bekannt ist der Demokrat eigentlich eher für die Themen Außenpolitik und Fragen der nationalen Sicherheit. Er ist ein studierter Politikwissenschaftler und seine Biographie weist auf keine Naturschutzaktivität hin. Er ist in dieser Sache vollkommener Laie. Zitierfähige Veröffentlichungen zu diesem Thema, Bücher, Paper oder sonst etwas hat er nie verfasst. Er lebt in Kalifornieren mit seiner Frau und zwei Kindern, wo er auch seine politische Karriere startete.

Er erscheint wie der verlängerte Arm der Tierrechtler, die bereits die Coastal Commission und die Gesetzgebung in Kalifornien beeinflusst haben; er soll die Sache auf Bundesebene regeln. Die gesamte Kampagne ist so von Lobbyvertretern, die auch noch als “unabhängige Experten” päsentiert werden, versetzt, dass es schon sehr auffällig ist. Es geht in dieser Sache nicht um Tier-, Arten- und Naturschutz.

Zuchtverbot grundsätzlich falsch

Orcas im Loro Parque. Quelle: Loro Parque

Das Auslaufen der Orcahaltung soll, gemäß der Kampagne, über einen Zucht- und Transportverbot erzielt werden. Das zerstört die natürliche Gruppenstruktur der Tiere und wäre etwa in der EU wegen der Zoodirektive so nicht möglich.

Gemischtgeschlechtliche Orcagruppen in der Wildbahn bestehen normalerweise aus adulten und juvenilen Tieren. Sexualverhalten hat zudem wichtige soziale Funktionen in der Gruppe – die Mariarchin einer solchen Gruppe ist quasi schon per se aus ihrem Reproduktionserfolg definiert: matria heißt Mutter.

Davon abgesehen gibt es keine Möglichkeit einen solchen Zuchtstopp langfristig zu etablieren. Man kann diese Tiere nicht dauerhaft separieren. Medikamente sind nur im Rahmen des Zuchtmanagements und somit kurfristig zu verordnen, weil sie, langfristig verordnet, Nebenwirkungen mit ernsten Folgen für die Tiere ausbilden. Eine kastriende Operation wäre ein enorm hohes Risiko, das nicht zu vertreten ist.

Ethisch ist es zudem nicht vertretbar in dieser Form in das Leben und das Wohl der Tiere einzugreifen ohne, dass daraus ein Vorteil für das Lebewesen selbst oder seine Population erwächst – das widerpsricht jedem Gesetz der Evolution und jedem Vorbild des Wildlebens. Jeder generelle Zuchtstopp für eine Zoospezies widerspricht Tier- und Artenschutz. Es ist wichtig artgemäßes Zuchtmanagement für diese Tiere zu ermöglichen.

Schaden für den Natur und Artenschutz

Verschwinden die Schwertwale aus den modernen, wissenschaftlich geführten Zoos, verschwinden sie auch aus der umfassenden Forschung. Damit Forschung an Tieren funktioniert braucht es die Kombination aller Möglichkeiten. Durch Eliminierung einer Möglichkeit, wird eine wichtige Säule wie die der Forschung in Menschenobhut weggerissen, die unersetzbar ist. Es gibt nun mal, wie oft hier erläutert gewisse Forschungen, die weder in der Wildbahn, noch im Labor durchgeführt werden können.

Gestrandeter Orca | Foto: Kalev Kevad, Lizenz: CC BY 2.0

Ein Beispiel ist etwa die Echolokation, aber auch die Reproduktionsforschung. Warum ist sie wichtig? Anfang Januar 2016 berichtete der Guardian von Forschungsergebnissen, dass die Verschmutzung durch PCB die Reproduktion von Walen und Delfinen schädigt. Dieses Forschungsergebnis ist wichtig und betrifft sämtliche Delfinpopulationen – auch die, um die sich SeaWorld kümmert. Auch die Southern Residents, die an der Schwelle zum Aussterben stehen und Hilfe benötigen, sind davon als mit am meisten kontaminierteste Meeressäugerpopulation der Welt betroffen. In dieser Zeit einen Zuchtstopp zu verhängen und somit Forschung zu verhindern, ist mehr als bedrohlich, aber auch fahrlässig.

Es braucht Orcahalter heute mehr denn je, denn Populationen stehen vor dem Aussterben und werden bald für immer verschwinden. Schon die Aufgabe des Zuchtprogramms hat SeaWorld in finanzielle Schwierigkeiten manövriert, die sogar nocht schlimmer sind als die nach ‘Blackfish‘. Nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Finanzfachleute sehen SeaWorlds Reaktion als Fehler. Ein finanzschwaches SeaWorld, also ein Unternehmen, das auch schon mal zweistellige Millionenbeträge in den Schutz von Orcas investiert, ist leider auch ein großes Problem für den Orcaschutz in den USA. Noch nie wurden so viele Menschen aus den zoologischen Abteilungen entlassen wie in diesen Zeiten. Ohne die wichtigen Inputs, die SeaWorld mit den Experten vor Ort geben konnte, kann man den Orcaschutz und die Populationen der USA wahrscheinlich abschreiben.

Eine Anti-Orca-Bill

Die Orca-Show “Believe” in SeaWorld. | Foto: Michael Lowin, gemeinfrei

In Wirklichkeit ist diese Bill nicht pro Orcas – weder für deren Wohlbefinden, noch für deren Überleben. Es ist eine politisch gern angenommenes Strohfeuer. Die Lobbykampagne der Zoogegner gaukelt Menschen vor, dabei handele es sich um Tierschutz und nicht langfristig denkende Politiker ohne Verständnis von artgemäßer Haltung und angemessenem Natur- und Tierschutz fallen darauf rein und geben ihre Zustimmung: quasi eine Win-Win-Gaukelei.

Zuallererst verlieren aber die Orcas, die nicht artgemäß gehalten und in immer unnatürlich werdenden sozialen Gruppe leben und, unter ständige Medikation gesetzt, verenden werden. Dauerhafte Medikation, in der Wildbahn unmögliche soziale Gruppe und ein Unterordnen des Wohlbefindens der Tiere hat und hätte es im SeaWorld vor Joel Manby nie gegeben. Nun ist es eben diese Joel Manby, der den Aktivisten den Weg freigeräumt hat, um gegen die Orcas zu entscheiden.

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