Delfinvorstellung in der Lagune des Tiergartens in Nürnberg | Foto: Jed, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

WDC { Frei: Mein Zuhause hat keine Wände

Exklusiv für zoos.media – 27.06.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

Eine neue Kampagne der Anti-Delfinarien-Organisation WDC verkennt mal wieder die Verhältnisse in der Natur, ignoriert die Wissenschaft und verbreitet längst widerlegte Behauptungen der Tierrechtsindustrie über Delfinarien in modernen Zoos und Aquarien.

WDC { Frei: Mein Zuhause hat keine Wände

Die radikale Anti-Delfinarien-Organisation schreckt bekanntlich nicht vor Lügen, Desinformationen und Schmierenkampagnen zurück. Aktuell wartet der kleine Verein, der Partner des fragwürdigen Vergnügungspark-Unternehmens Merlin Entertainments ist, mit einer besonders lächerlichen Kampagne auf. Dabei geht es natürlich wieder gegen Delfinarien. Während moderne Zoos und Aquarien sich aktiv für Rettung, Bewahrung und Schutz bedrohter Delfinpopulationen stark machen, setzt der WDC offenbar lieber andere Prioritäten. Die Kampagne strotzt dabei nur so vor Lügen und Desinformationen, während sie ihre Rezipienten für dumm verkauft. Warum? Lest selbst.

Falsche Vergleiche

Delfine springen bei der edukativen Vorstellung im Zoo Duisburg vor vollen Rängen. | Foto: zoos.media

In Deutschland leben in Delfinarien ausschließlich Tiere, die in Menschenobhut geboren wurden, was die Mehrheit darstellt, oder Tiere, die bereits länger in Menschenobhut leben als sie Lebenserwartung in der Natur hätten – die höchste je gemessene mediane Lebensspanne bei einer Wildpopulation war unter 18 Jahren. Bereits seit mehreren Generationen leben die meisten Tiere im Delfinarium. Sie und ihre Nachkommen haben die Wildbahn nie erlebt, sondern kennen nur das Leben in den Delfinarien Duisburg und Nürnberg, wo sie exzellente Wasserqualität, beste Pflege sowie viel Liebe und Respekt von ihren Pflegern erfahren, mit denen sie eine enge Bindung haben.

Großen Tümmlern, die Delfinart, die man in Duisburg und Nürnberg bewundern kann, in akkreditierten Delfinarien geht es sogar besser als ihren von Umweltverschmutzung, Überfischung und Bejagung geplagten Verwandten in der Natur: sie sind gesünder, weniger gestresst und leben länger. Beim Training stoßen sie Glückshormone aus. Das sind alles gesicherte, wissenschaftliche Erkenntnisse, die der WDC einfach unterschlägt. Über 80 der führenden Experten auf diesem Gebiet sprechen sich nämlich für eine Fortsetzung der Haltung von Meeressäugern gemäß der modernen Zootierhaltung, die Forschung, Edukation, Natur- und Artenschutz sowie Tierwohl miteinander verknüpft, aus. Was das WDC hier also präsentiert, ist fern des Forschungsstandes und echter Expertenmeinung.

So ist zum Beispiel längst widerlegt, dass die Tiere in deutschen Delfinarien zu wenig Platz hätten und das weiß das WDC auch, denn es es kennt den Inhalt der Expertenanhörung, in der Prof. Vincent Janik erklärte:

“Grosse Tümmler aus dem Fanggebiet der in Deutschland gehaltenen Tiere schwimmen pro Tag maximal 55 km, halten sich aber oft auch tagelang in sehr kleinen Gebieten auf, die nur 1-2 kmgross sind (Connor et al. 2000). Generell kann man sagen, dass die Tiere diese Strecken zur Nahrungssuche zurücklegen, aber bei gutem Futterangebot ihre Schwimmdistanzen stark verringern.” – Prof. Vincent Janik, Universität von St. Andrews

55 Kilometer pro Tag sind also der Spitzenwert, wenn die Tiere gezwungen sind, sich Futter zu suchen. In Menschenobhut, und das ist auch wissenschaftlicher Konsens, verringert sich der Platzbedarf von Säugetieren drastisch eben weil der Zwang der Futtersuche wegfällt, weil die Tiere ihr Futter auf dem Silbertablett serviert bekommen wie in einer Luxus-Unterkunft. Dazu genießen sie ein freiwilliges Trainingsprogramm, in dem sie quasi Erlebnis-Futter bekommen können, und haben sogar eine höhere Lebensqualität als manche Menschen. All das ist dem WDC egal – anscheinend will er Delfine lieber tot in der Natur sehen als glücklich in Menschenobhut. Das wirft ein Schlaglicht auf die Überzeugungen dieser angeblichen Walschutz-Organisation.

WDC kann Tieren keine “Freiheit” bieten

Die Delfinlagune des Tiergarten Nürnberg: gut besucht bei einer der edukativen Vorstellungen | Foto: Jed, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

Wenn nun alle deutschen Delfinarien dem WDC seine Tiere überlassen würden, kann auch die fragwürdige Organisation den Tieren keine “Freiheit” bieten. Die “Lösung” des WDC ist ein Zuchtstopp – also ein völlig unnatürliches Leben der Tiere, in denen ihnen für sie gefährliche Verhütungsmittel verabreicht werden. Warum sind die gefährlich? Die sind für eine kurzfristige Gabe ausgelegt, nicht für eine dauerhafte Verabreichung, die die Tiere krank machen wird. Delfinarien sollen, gemäß dem Wunsch des WDC, in Endlager verwandelt werden, in denen Tiere, die nachgewiesenermaßen dort ein glückliches Leben führen könnten, elendig dahinvegetieren.

Tierquälerei ist also die “Freiheit”, die der WDC sich für diese Tiere wünscht. Mit Tierschutz hat das natürlich nichts zu tun. Als Alternativkonzept präsentiert der WDC den Delfin “Flosse”. Das ist ein Delfin für den der WDC “Patenschaften” verramscht – sogar Kinder werden aufgefordert doch ihre Eltern zu bekneten, ihnen Patenschaften zu kaufen: “Delfin Flosse kennen wir seit 1999. Heute ist er ein erwachsenes Delfinmännchen mit zwei Kerben an der Rückenflosse, die aus Kämpfen mit anderen Delfinen stammen. Er hält sich gerne in Küstennähe auf, um mit seinen Freunden zu spielen.” Ob er überhaupt existiert oder noch lebt, ist nicht irgendwie belegt, aber man soll für eine Patenschaft zahlen, die dem Tier absolut nichts bringt, sehr wohl aber dem Klingelbeutel des WDC.

“Flosse” ist in Wirklichkeit aber auch nicht frei, sein Zuhause hat zwar keine sichtbaren Wände, wohl aber unsichtbare. Endogene und exogene Faktoren schränken wilde Tiere auch in der Natur ein, weshalb sie auch dort nie “Freiheit” erleben – ein Konzept, dass sie ohnehin nicht kennen. In Schottland ist die Kontaminierung enorm hoch, was die dortige Orca-Population so schädigte, dass sie sich nicht mehr fortpflanzen können und aussterben werden. In jedem Fisch, den “Flosse” frisst, ist eine Giftdosis enthalten, die ihn auf lange Sicht umbringen wird. Dann wird er nicht veterinärmedizinisch versorgt, sondern geht elendig zu Grunde, weil das Gift, dass er jeden Tag aufnehmen muss, weil er sonst den harten Überlebenskampf, in dem er gefangen ist, noch früher verliert, ihn jeden Tag ein bisschen mehr tötet.

In diesem Moment arbeiten unzählige Experten in Delfinarien auf der ganzen Welt daran, Tieren wie “Flosse” zu helfen, während unseriöse Organisationen wie das WDC gegen sie hetzen, wertlose Patenschaften und Lügen verkaufen. Das ist die harte Realität: wahre Delfinschützer müssen sich von irgendwelchen Pseudo-Experten dreiste Vorwürfe anhören, die schon längst widerlegte Pseudo-Wissenschaft bemühen. Die wahren Delfinschützer sind in den wissenschaftlich geführten Delfinarien zu finden. Jeder Besucher im Zoo Duisburg oder Tiergarten Nürnberg hat mit seinem Besuch die Möglichkeit mehr zu tun als das WDC am selben Tag.

In diesem Video geht es darum, warum die seriöse Organisation Yaqu Pacha mit gut geführten Zoos und Aquarien – auch mit Delfinarien – kooperiert:

WDC wohl nur Greenwashing-Kammerdiener

Der Heide Park, den Merlin Entertainments kaufte, hat von 1979 bis 2008 ein Delfinarium mit Show beherbergt. Ein Jahr nach der Übernahme durch Merlin war es damit vorbei. Arnie und Sunny wurden dann im Tiergarten Nürnberg quasi abgestellt, parallel sollte Merlins Partner WDC für eine Meeresbucht sorgen. Daraus geworden ist nichts, die Tiere sind inzwischen Teil des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms für Atlantische Große Tümmler und nehmen freiwillig an edukativen Programmen teil. Sie leben gesund und glücklich in modern geführten Anlagen. Im Gardaland sollte der WDC auch eine solche Alternativ-Haltung aufbauen und scheiterte – mehr dazu hier. Aktuell hängt der WDC in einem Tierqual-Projekt in Island, über das wir schon berichteten, mit drin.

So sieht man ganz klar wie sich der WDC zu einem Kammerdiener für Greenwashing einer Vergnügungspark-Firma gemacht hat, die noch nie bewiesen hat, wirklich gut für verschiedene Walarten sorgen zu können. Dass die Belugas in Island nun tierquälerisch gehalten werden, ist auch ein “Verdienst” der Pseudo-Walschützer vom WDC. Ist diese Organisation also eine guter Ratgeber, wenn es um Tierwohl geht? Natürlich nicht. Wir haben im Artikel ja auch schon gesehen wie ihnen wissenschaftliche Fakten einfach egal sind, denn, wenn überhaupt, arbeitet man mit Fake Science, Lügen oder Schmierenkampagnen. Wozu? Anscheinend damit ein Vergnügungspark-Unternehmen gegen große Konkurrenten, die moderne Zoos und Aquarien nun mal sind, quasi hinten rum hetzen kann.

Die Delfinlagune des Tiergarten Nürnberg: gut besucht bei einer der edukativen Vorstellungen | Foto: Jed, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

Natürlich ist der Duisburger Zoo ein massiver Konkurrenz für das Sea Life in Oberhausen und natürlich würde dieses Sea Life auch davon profitieren, wenn der Duisburger Zoo seine Delfinhaltung aufgibt, weil die ganzen Meerestier-Begeisterten dann wohl diesen Aquarium-Park dem Aquarium im Duisburger Zoo vorziehen würden. Der Tiergarten Nürnberg zieht überregional Besucher an und natürlich sehen die Leute lieber glückliche Delfine als Fische in der teils fragwürdigen Haltung der Sea Life Aquarien. Dass es dem WDC nicht ums Tierwohl geht, dürfte inzwischen klar geworden sein, aber natürlich profitiert Merlin Entertainments von der Hetze gegen Delfinarien – nicht auszudenken, wenn man etwa in den zoologischen Einrichtungen in München oder Berlin, zwei Standorte von Sea Life Aquarien, auf die glorreiche Idee käme, ein Delfinarium zu bauen, um den Natur- und Artenschutz auch auf dieser Ebene weiter voranzutreiben.

Übrigens: Jedes Zuhause von den Bewohnern eines Sea Life Aquariums hat auch Wände – die stören das WDC aber wohl nicht. Moderne Aquarien sind intensiv im Artenschutz engagiert und retten ganze Arten, was Sea Life in diesem Umfang nicht tut. Aber letztere haben ja auch das WDC, die genug für Ablenkung sorgen, dass keiner fragt, warum Sea Life Aquarien zum Beispiel nicht von den führenden Zoo- und Aquarium-Verbänden akkreditiert sind. Solange aber die Medienvertreter auf die Hetze des WDC gegen Delfinarien hereinfallen, werden sie solche kritischen Fragen, die eigentlich viel drängender sind als ein paar bestens versorgte Delfine in deutschen Zoos, wohl nicht stellen. Davon profitiert Merlin Entertainments natürlich enorm. Von modernen Zoos und Aquarien aber wiederum profitiert die ganze Tierwelt.

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