Afrikanischer Elefant im Okavango Delta | Foto: Birdman 1~commonswiki, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Zoo Magdeburg: Behandlung von Elefantin Mwana wirft Fragen auf

Exklusiv für zoos.media – 26.06.2020. Autor: Philipp J. Kroiß

Tierquälerei im Zoo Magdeburg? Die Bild-Zeitung titelte: “Pfleger prügelt Elefant mit Stange”. Was ist dran an der Schlagzeile? Dieser Artikel klärt auf.

Zoo Magdeburg: Behandlung von Elefantin Mwana wirft Fragen auf

Die Bild-Zeitung veröffentlichte Bilder aus dem Zoo Magdeburg, die Fragen aufwerfen. Auf den Aufnahmen sieht man eine völlig untypische Szene bei Elefantenhaltung in geschütztem Kontakt. Das Tier wird durch ein Seil, das an einer Kette um das rechte Vorderbein befestigt wurde, zum Gitter gezogen. So etwas ist im geschützten Kontakt normalerweise nicht vorgesehen.

Modernes Training setzt auf Freiwilligkeit

Sowohl im geschützten Kontakt, als auch im freien Kontakt, setzen moderne Tiertrainer auf die Freiwilligkeit der Tiere. Training ist ein Angebot, wird aber nicht erzwungen. Zwangsmaßnahmen, wie das Zwingen eines Elefanten ans Gitter zu kommen, werden nur in absoluten Notfallsituationen durchgeführt, wenn es also quasi um Leben und Tod für das Tier geht. Das ist genau wie bei Menschen: wenn es um Leben und Tod geht, gelten natürlich andere Gesetze.

Davon ist in diesem Fall von Mwana aber nichts bekannt. Das heißt nicht, dass es nicht der Fall war, aber es wird schon sehr abwegig, wenn dann – allerdings nach einem Schnitt – ein weiterer Tierpfleger hinzukommt. Er hat, ebenfalls unüblich im geschützten Kontakt, einen Elefantenhaken in der Hand. Angeblich wollte er ihr die Kette am Fuß abnehmen, so der Sprecher, was misslang.

Schläge sind völlig indiskutabel

Elefant vor Zebraherde im Ngorongoro-Krater: In Tansania verschwindet das Wildleben immer mehr. | Foto: Schuyler S., bearbeitet von Daniel Schwen, Lizenz: CC BY-SA 2.5

Dann sieht es so aus, als schlage er den Elefanten auf den Kopf. Diesmal handelt es sich auch nicht um eine bei Tierpflegern übliche filmische Beschleunigung einer Führbewegung, dafür ist die Position des Hakens in einer dafür völlig unsinnigen Position. So führt man keinen Elefanten und vor allem ist die Bewegung an sich völlig kontraproduktiv für das eigentliche Ziel: die Elefantin dazu zu motivieren ans Gitter zu kommen.

Natürlich muss man auch bedenken, dass solche Schläge, die für den laikalen Betrachter brutal anmuten, für den Elefanten keine großen körperlichen Schäden mit sich bringen – untereinander sind die Tiere deutlich rabiater, kräftiger und härter. Was aber nicht passieren darf in einem modernen Zoo, ist, dass ein Pfleger dermaßen die Geduld verliert und letztendlich die Vertrauensbasis zwischen Trainer und Tier zerstört, in dem er dem Tier – zumindest sieht es danach im Video aus – Gewalt antut. So ein falsches Verhalten richtet enormen Schaden auf unterschiedlichen Ebenen an.

Deshalb findet so etwas in einer modernen Elefantenhaltung nicht statt. Sollte es kein Video-Fake sein, denkbar wäre zum Beispiel ein „falscher Arm“, den man am Computer bei dieser Bildqualität nahezu unbemerkt einfügen könnte, wenn man sehr professionell ausgestattet ist, so widerstrebt dieses Verhalten jeder Dienstanweisung, jeden Trainings- und Haltungsstandards und auch sonst allem, was in modernen, akkreditierten und zertifizierten Zoos vorgesehen ist.

Zum Vergleich haben wir hier zwei Videos aus den Zoos in Köln und Wuppertal, die – einmal im geschützten und einmal im freien Kontakt – zeigen, wie moderne Elefantenhaltung und modernes Elefantentraining auch mit dem Einsatz von Targets und Guides aussehen.


Hier sieht man, dass die Tiere zu keinem Moment unter Zwang stehen, sondern sie entscheiden sich immer freiwillig für die Partizipation. Target und Guide werden auch nie gegen das Tier eingesetzt, sondern immer nur zur Unterstützung des Tieres. Die Tiere nehmen auch begeistert und interessiert am Training teil.

Zoodirektor: „Das ist tierschutzwidriges Verhalten.“

Den ehemaligen Magdeburger Zoodirektor Dr. Kai Perret, der den Zoo zur damaligen Zeit leitete, zitiert Bild mit den Worten: “Das ist tierschutzwidriges Verhalten.” Diese Einschätzung ist anhand der Bilder auch korrekt und scheint den Vorfall auch indirekt zu bestätigen. Bild zitiert ihn weiter in indirekter Rede: “Traurig sei, dass damit die gute Arbeit der Zoos in Misskredit gebracht werde.” Auch diese Aussage ist durchaus authentisch und richtig, sofern dieses Material tatsächlich echt ist. Diesbezüglich ermitteln nun die Behörden, weswegen sich auch der Zoo selbst dazu nicht äußern wollte.

Pikant daran ist, dass der Zoodirektor selbst freigestellt wurde, weil es die Zoo-Mitarbeiter selbst waren, die ihm Tierwohl-Gefährdung vorwarfen. Diese Bilder sprechen eine deutlich andere Sprache, denn der Zoodirektor war an dem Vorgang im Video, das angeblich in der Zeit der Umstellung von freiem auf geschützten Kontakt entstanden sein soll, nicht beteiligt. Er selbst hatte im Rahmen dieser Umstellung sogar von besonderer Vorsicht gesprochen, die man dabei walten lassen müsse.

Somit kommt neues Öl ins Feuer bei dem Streit zwischen Zooleitung, Zootierarzt und den Mitarbeitern. Die Mitarbeiter warfen dem Zootierarzt Verfehlungen vor und umgekehrt. Die damalige Zooleitung versuchte den Konflikt zu befrieden und gelangte so selbst in die Schusslinie. Das berichtete zumindest die Volksstimme. In dieser Sache ermittelten die Behörden also ohnehin schon und nun kommt dieser Fall hinzu.

Was nun?

Elefanten im Zoo Dresden | Foto: Kolossos, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Erstmal gilt für den Zoo-Mitarbeiter und jeden anderen Beteiligten die Unschuldsvermutung, selbst, wenn einen diese Bilder vielleicht auch auf persönlicher Ebene wütend machen. In der Geschichte von zoos.media haben wir schon einige Videos gegen Zoos und Aquarien gesehen, die sich nachher als Fake herausgestellt haben, auch deshalb müssen die Ermittlungen abgewartet werden. Allerdings ist an diesem Fall besonders, dass der damalige Zoodirektor die Vorgänge zu bestätigen scheint.

Wichtig wird aber nun sein – und da sind besonders die Medien in einer Verantwortung – keine Hexenjagd auf irgendeinen der Beteiligten zu veranstalten. Die Pfleger in Magdeburg wären nicht die ersten, die das übelste Mobbing erfahren hätten, nur weil ein Verdacht im Raum stand. Mehr ist es nämlich aktuell nicht und so liegt es an jedem, das Grundgesetz, die europäische und die allgemeine Erklärung der Menschenrechte zu respektieren, denn die sagen sinngemäß: jeder ist so lange unschuldig bis er nach Abschluss eines fairen Verfahrens vor Gericht schuldig gesprochen wurde.

Zudem ist festzuhalten, dass solcher Vorfall, wenn er sich bestätigen sollte, eine negative Ausnahme aufgrund des Fehlverhaltens einzelner Personen wäre, und keinesfalls dazu missbraucht werden darf, die als Botschaft der Wildtiere für den Natur- und Artenschutz, sowie auch für den Tierschutz, ebenso wie für die Bildung und Wissenschaft, ungemein bedeutende Institution moderner und wissenschaftlich geführter Zoologischer Gärten grundsätzlich in Frage zu stellen.


Wie man an diesem Video gesehen hat gibt es drei Hauptgründe, warum die Elefantenhaltung in Zoos so wichtig ist. Dadurch wird klar: seriöse und tiergerechte Elefantenhaltung ist gut und wichtig für Mensch und Tier.

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