Schimpansenweibchen Vakanga führt derzeit die Schimpansengruppe an. | Foto: Zoo Osnabrück

Zoo Osnabrück: Schimpansen-Gruppe wird größer

Exklusiv für zoos.media – 28.07.2020. Autor: Philipp J. Kroiß

Bei der Schimpansen-Gruppe im Zoo Osnabrück steht nun eine Veränderung an: zwei neue Männchen sollen dazu stoßen, um die Struktur der Gruppe zu stabilisieren.

Zoo Osnabrück: Schimpansen-Gruppe wird größer

Den Zoo erwartet eine große Herausforderung: eine notwendige Zusammenführung in der Schimpansen-Gruppe steht an: zwei neue Männchen sollen in die Gruppe integriert werden. Das geschieht aber nicht einfach so, sondern es hat gewichtige Gründe zum Wohl aller Beteiligten.

Zoologischer Leiter erklärt die wichtigen Gründe

Tobias Klumpe, der Zoologische Leiter des Osnabrücker Zoos, weiß genau, warum dieser Schritt nun notwendig ist.

“Bis 2018 lebte eine harmonische Schimpansengruppe bei uns am Schölerberg. Die Hierarchien waren klar und es gab keine Probleme. Allerdings kam es ab 2018 zu Unruhe in der Gruppe, denn Männchen Tatu war hin- und hergerissen zwischen seiner Pflegemutter Lady, die in der Hierarchie der Weibchen am höchsten stand und dem für ihn sexuell attraktivsten Weibchen Vakanga, das Lady den Rang streitig machen wollte. Tatu konnte nicht mit dem Konflikt zwischen Lady und Vakanga umgehen und wusste nicht, wie er ihn lösen kann. Daher war eine Veränderung notwendig. Wir standen immer in engem Kontakt mit dem Koordinator des Erhaltungszuchtprogramms, um zu klären, wie diese Änderung aussehen kann. Um die “Karten neu zu mischen” und den Machtkampf zwischen Lady und Vakanga möglicherweise abzuschwächen, kamen zwei neue Weibchen zu uns in den Zoo.” – Tobias Klumpe, Zoologische Leitung Zoo Osnabrück

Wir hatten über die Rangordnungsverhandlungen in Osnabrück auch schon berichtet.

Zoo Osnabrück: Schimpansen verhandeln Rangordnung

Leider haben die zwei Weibchen den Konflikt aber auch nicht lösen können, was vorher nicht abzusehen war, sich aber zum Glück trotzdem gut in die Gruppe integriert. Schimpansen sind sehr charakterstark und ihre Rangordnung wird ständig auch mit harten Bandagen verhandelt. In der Natur ist es nicht ungewöhnlich, dass nicht alle Schimpansen solche Verhandlungen überleben, aber im Zoo versucht man natürlich, jedes Leben zu schützen und zu verhindern, dass es so weit eskaliert. Das gelingt dem Zoo Osnabrück auch sehr gut. Im November verstarb Lady allerdings an Altersschwäche und die Situation entspannte sich etwas, weil Vakanga die Führung übernahm.

“Da Tatu einfach völlig überfordert war mit der Situation und eine gefestigte Sozialstruktur für Schimpansen sehr wichtig ist, fiel die Entscheidung Tatu abzugeben und dafür zwei neue Männchen an den Schölerberg zu holen. Unsere Prämisse liegt darin, möglichst naturnahe und intakte Sozialverbände zu halten. Diese Sozialverbände werden bei Schimpansen durch eine stabile Männchen-Linie sowie eine klare Hierarchie auch innerhalb der Weibchen gebildet. So planten wir den Wechsel bei den Männchen. Wir sind uns der Herausforderung bewusst – die Integration von Menschenaffen ist eine der schwierigsten Aufgaben in der Tiergartenbiologie, ist aber in diesem Fall unumgänglich. Mit dem 6jährigen Helmut und dem knapp ein Jahr alten Mshangao sind derzeit zwei junge Männchen in der Gruppe der Westafrikanischen Schimpansen, die ohne erwachsene Männchen nicht angemessen sozialisiert würden. Außerdem zeigt sich, dass der sonst übliche Zusammenhalt der Gruppe fehlt. Wir freuen uns, dass nun zwei Männchen gefunden wurden, die charakterlich gut in die Gruppe passen. Wir hoffen, dass sie sich mit ihren Artgenossen gut verstehen. Das weiß man vorher nie – wie beim Menschen gibt es bei ihnen Sympathien und Antipathien, die man vorher nicht absehen oder ausschließen kann. Schimpansen sind generell sehr rabiate Tiere, die Konflikte oft mit körperlicher Gewalt lösen – in der Wildbahn wie in menschlicher Obhut. Für uns sind augenscheinliche Verletzungen ein ungewohntes Bild, für Schimpansen aber nicht ungewöhnlich. Die Ankunft von neuen Männchen ist unumgänglich, um wieder eine natürliche Sozialstruktur in die Gruppe zu bringen.” – Tobias Klumpe, Zoologische Leitung Zoo Osnabrück

Haltung Westafrikanischer Schimpansen von großer Wichtigkeit

Der Zoo Osnabrück nimmt all das auf sich, um weiterhin mit seinen Tieren den Schutz dieser Art nach vorne bringen zu können. Der Westafrikanische Schimapanse (Pan troglodytes verus) ist von als vom Aussterben bedroht eingestuft, was sie letzte Stufe vor dem Aussterben in der Natur darstellt. Umfassend kann man eine Art nur schützen, wenn man Maßnahmen außerhalb des Lebensraumes (ex situ) und Maßnahmen im Lebensraum (in situ) sinnvoll kombiniert. Daher braucht es eine Population dieser Tiere in Menschenobhut, die langfristig die notwendige Forschung, die wichtigen Edukationsprojekte und die benötigten Artenschutz.Maßnamen ermöglichen, die diese Art retten können. Diese Kombination nennt sich One Plan Approach (OPA) und so konnten schon viele Arten so vor dem Aussterben bewahrt werden.

Das zeigt wie wichtig moderne Zoologische Gärten heute sind – gerade für Menschenaffen. Auf diesem Gebiet macht sich der Zoo Osnabrück auch seit Jahren stark und stellt den Tieren tolle Anlagen zur Verfügung wie man hier sehen kann.


Insofern brechen für die Schimpansen und die Pfleger nun spannende Zeiten an, was die Vergrößerung der Gruppe anbelangt.

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