Peter Singer (Quelle: Joel Travis Sage/Wikipedia)

Wer sind die Vordenker der Tierrechtsbewegung?

Als Begründer der modernen Tierethik gilt der australische Philosoph Peter Singer, der mit seinen Büchern „Animal Liberation – Die Befreiung der Tiere“ von 1975 und „Praktische Ethik“ von 1984 die begrifflichen, philosophischen und politischen Grundlagen der Tierrechtsbewegung entwickelte.

1999 wurde er auf den Lehrstuhl für Bioethik der amerikanischen Eliteuniversität Princeton berufen. In Schulbüchern für deutsche Gymnasien wird seine Tierrechtsphilosophie ausführlich gewürdigt. Singers Bücher wurden in 15 Sprachen übersetzt; allein sein Werk „Befreiung der Tiere“ wurde mehr als eine halbe Million mal verkauft. Darin schrieb Singer unter anderem: „Es gibt mit Sicherheit einige Tiere, deren Leben, unter Berücksichtigung jeglicher Wertmaßstäbe, wertvoller ist als das Leben einiger Menschen.“ Peter Singer vertritt eine Variante des Utilitarismus und stuft Lebewesen als Personen mit entsprechenden Rechten ein, wenn sie leidensfähig sind. Singer: „Wenn ein Wesen leidet, dann kann es keine moralische Rechtfertigung dafür geben, sich zu weigern, dieses Leiden zu berücksichtigen. Es kommt nicht auf die Natur des Wesens an – das Gleichheitsprinzip verlangt, dass sein Leiden ebenso zählt wie das gleiche Leiden – soweit sich ein ungefährer Vergleich ziehen lässt – irgendeines anderen Wesens.“ Singer war 1993 zusammen mit der italienischen Philosophin Paola Cavalieri Initiator des Great Ape Projects (GAP), das sich für „Menschenrechte für Große Menschenaffen“ einsetzt, konkret für das “Recht auf Leben”, den „Schutz der individuellen Freiheit“ und das „Verbot der Folter“. Letztlich ist es Ziel des GAP, die Mensch-Tier-Grenze zu überwinden.

Ein weiterer wichtiger Vordenker der Tierrechtsbewegung ist Tom Regan. Sein Buch „Case for Animal Rights“ von 1984 gilt als Klassiker. Der US-amerikanische Philosoph, der von 1967 bis 2001 an der North Carolina State University lehrte, argumentiert, dass jedes Individuum, also auch ein Tier, einen eigenständigen, inhärenten moralischen Wert habe, unabhängig davon „wie hilfreich es der Förderung der Interessen anderer Menschen ist“.

Tom Regan (Quelle: Wikipedia)
Tom Regan (Quelle: Wikipedia)

Insofern distanziert er sich vom Utilitarismus Singers, der den Wert eines Lebewesens danach beurteilt, inwiefern es der Optimierung des allgemeinen Verhältnisses von Glück und Leid nützlich ist. Für Regan hingegen ist der inhärente Wert nicht nach den Fähigkeiten eines Wesens abstufbar, sondern gilt für alle, die Präferenzen und Wünsche haben und in der Lage sind, etwa dafür tun, diese zu befriedigen. Auf die Frage, ob er zuerst ein Baby oder einen Hund aus einem kenternden Boot retten würde, antwortete er: „Wenn es ein geistig zurückgebliebenes Baby wäre und ein gescheiter Hund, würde ich den Hund retten.“ Mit seiner Frau Nancy zusammen leitet Tom Regan die Culture and Animals Foundation.

Im deutschsprachigen Raum ist Helmut F. Kaplan der bekannteste Tierrechtstheoretiker – wobei er selbst gar keine Theorie entwickelt. Ihm geht es, wie er sagt, „primär darum, vorhandene Konzepte zu vermitteln bzw. nutzbar zu machen, anstatt diese weiter zu verfeinern oder neue zu schaffen. Besonders fruchtbare vorhandene Konzepte sind meines Erachtens Peter Singers Gleichheitsprinzip, Tom Regans Rechte-Ansatz – als ‚Gegengift’ quasi zu Singers utilitaristischer Argumentationsschiene – und Schopenhauers Mitleidethik.“ Kaplan fiel immer wieder dadurch auf, dass er Vergleiche zwischen Tierversuchen und Massentierhaltung mit dem Holocaust anstellte bzw. verteidigte. Er schreibt beispielsweis: „Was hier geschieht, entspricht exakt dem Holocaust der Nazis. Um dies zu erkennen, braucht man sich nur Berichte über Menschenversuche in KZs und Berichte über heutige Tierversuche anzuschauen. Dann fällt es einem wie Schuppen von den Augen: Die Parallelen sind lückenlos, die Berichte sind austauschbar. Alles, was die Nazis den Juden angetan haben, praktizieren wir heute mit Tieren.“

Peta-Gründerin Ingrid Newkirk (Quelle: David Shankbone/Wikipedia)
Peta-Gründerin Ingrid Newkirk
(Quelle: David Shankbone/Wikipedia)

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer Autorinnen und Autoren, die die Tierrechtsbewegung beeinflusst haben und noch beeinflussen. Im deutschsprachigen Raum zählt zum Beispiel Hilal Sezgin dazu, deren Anliegen es ist, „den Trend zum Veganismus zu einer Debatte über Tierrechte zu erweitern“. Der kanadische Philosoph Will Kymlicka fordert in seinem viel beachteten Buch „Zoopolis – Eine politische Theorie der Tierrechte“ (2011), Haus- und Nutztiere als Teil der Gesellschaft anzuerkennen und ihnen Bürgerrechte zuzugestehen. Tierversuche lehnt er auch dann ab, wenn dadurch viele Menschenleben gerettet werden könnten. Der US-amerikanische Rechtsprofessor und Autor Gary Lawrence Francione fordert Rechte für alle empfindungsfähigen Lebewesen, unabhängig von kognitiven Fähigkeiten.

Ingrid Newkirk gründete 1980 zusammen mit Alex Pacheco, beeinflusst von Peter Singer, die Tierrechtsorganisation Peta. Netwkirk ist damit die einflussreichste Tierrechtlerin der Welt, da Peta natürlich viel mehr Menschen erreicht, als alle philosophischen Vordenker zusammen.

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