Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus) im Tanjung Puting National Park | Foto: Thomas Fuhrmann, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Menschenaffen, Erbrochenes & Zoogegner

Exklusiv für zoos.media – 16.02.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Dass Menschenaffen selten Erbrochenes essen, wird von Zoogegnern immer wieder aufgebauscht. Dieser Artikel spricht darüber, was man über das Verhalten weiß.

Wenn Menschenaffen ihr Erbrochenes fressen

Bereits seit vielen Jahren wollen Tierrechtsorganisationen nicht verstehen, warum Menschenaffen hin und wieder dabei beobachtet werden können, wenn sie schon mal Gefressenes nochmal aufnehmen. Dabei wird das der Öffentlichkeit, sowie den Tierrechtlern somit auch, immer wieder erklärt – zum Beispiel 2022 von einem der renommiertesten Menschenaffen-Halter Europas. Der Leipziger Zoo war von Seiten der Tierrechtsindustrie angegriffen worden, weil man so eine Beobachtung gemacht hatte.

“Wie Zoo-Sprecherin Maria Saegebarth sagte, entspräche die Betreuung durch Tierpfleger, Zoologen und Veterinären “höchsten Standards”, die Anlage “Pongoland” genieße “in der Fachwelt einen guten Ruf”. Dennoch käme es vor, dass “einzelne Menschenaffen das Futter mehrfach aufnehmen”, sagte der Zoo weiter. Ein Erklärungsansatz aus der Forschung gehe davon aus, “dass wohlschmeckende Nahrungsanteile mehrfach geschmeckt werden.”” – Bericht vom MDR Sachsen vom 18.11.2022

Durchaus ein Dilemma

Schimpansenmutter und -baby essen Kapfeigen im Kibale National Park. | Foto: Alain Houle (Harvard University) , Lizenz: CC BY 4.0

Man kann auf so ein unerwünschtes Verhalten natürlich mit Nahrungsanpassung reagieren. Dann hat man gute Chancen, dass die Frequenz deutlich abnimmt. Das bedeutet aber eben, dass man genau die Nahrungsanteile verringern muss, die den Großprimaten so besonders gut schmecken. Hier kommt man nun in ein Dilemma, weil einfach Tieren etwas entziehen, was sie mögen, macht auch nur dann Sinn, wenn sie selbst von dem Entzug einen Vorteil haben. Verhaltensänderungen von Tieren anzustreben, nur, weil Besucher es “nicht schön” finden, ist hingegen nicht wirklich sinnvoll.

Daher muss man immer sehr genau beobachten, ob das Verhalten den Tieren wirklich schadet. Das machen moderne Zoologische Gärten durch die regelmäßige Gesundheitskontrolle ihrer Tiere. Ähnlich verhält es sich bei der Koprophagie: auch das ist ein “nicht schönes” und deshalb häufig auch unerwünschtes Verhalten von auch als Großprimaten bezeichneten Menschenaffen in Menschenobhut. Inzwischen weiß man unter anderem durch Kummrow et al. (2021), dass es hierbei sich um keine Verhaltensstörung handelt.

Menschenaffen sind keine Wiederkäuer, aber …

Großer Panda Bei Bei in seinen jungen Jahren im Smithsonian’s National Zoo in Washington (DC) | Foto: Ron Cogswell, Lizenz: CC BY 2.0

Als abnormal wird Wiedereinverleiben von schonmal Gegessenem deshalb bezeichnet, weil es bisher nur anekdotenhaft (zum Beispiel im Bezug auf Orang-Utans auf Sumatra) aus der Natur bekannt ist und der Verdauungstrakt der Tiere darauf eigentlich nicht ausgerichtet ist. Dazu muss man wissen, dass es nun auch schlicht keine Versuche gab, das Verhalten in der Natur nachzuweisen. So hat niemand danach aktiv gesucht. Zur Wahrheit gehört aber auch: viele Tiere nehmen Nahrung zu sich, auf die ihr Verdauungstrakt eigentlich nicht ausgerichtet ist.

Ein Paradebeispiel dafür sind die Großen Pandas. Ihnen fehlt der lange Darmtrakt, der für Pflanzenfresser eigentlich typisch ist. Trotzdem fressen sie hauptsächlich Bambus – und zwar bis zu 12 Kilo am Tag. Natürlich ist dies ein Extrembeispiel, aber das zeigt, wie gegensätzlich sich Tiere ernähren können zu dem, wofür sie eigentlich “gebaut” sind. Daher sollte man sich nicht davon aus der Fassung bringen lassen, wenn man so etwas sieht. Wenn man seriös vorgehen will, schmeißt man nicht mit Verdächtigungen gegen den Halter um sich, sondern beobachtet die Auswirkungen.

Tierrechtlern nicht auf den Leim gehen

Gorilla im Cleveland Metroparks Zoo | Foto: Lea Maimone, Lizenz: CC BY-SA 2.5

Daher ist es wichtig, Tierrechtlern nicht auf den Leim zu gehen. Organisationen, die Experten und Journalisten, die über sie berichten, in den Schmutz zu ziehen versuchen, weil die Fakten den Narrativen der Anti-Zoo-Organisationen widersprechen, arbeiten nicht seriös. Sie sind weder vertrauenswürdig, noch hat ihr Populismus wirklichen Wert. Leider fallen immer wieder Medien darauf ein und verbreiten solche falschen Narrative, weil sie sich einen Skandal davon erhoffen, der für mehr Verkäufe der Inhalte sorgen soll.

Das Beispiel vom Leipziger Zoo hat einmal mehr gezeigt, dass es sich lohnt auf die Experten zu hören. Sie kennen die Tiere wirklich. Zoos und Aquarien liegt das Wohl ihrer Tiere am Herzen, weshalb sie sich massiv in die Tierwohl-Forschung einbringen. Das versetzt sie auch in die Lage, ihre Haltung zu optimieren und diese Haltung sorgt dafür, dass man Arten retten kann. Tierrechtler retten keine Arten, Zoo-Experten hingegen schon. Daher liegt auf der Hand, wer Teil der Lösung ist und wer Teil des Problems.

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