Exklusiv für zoos.media – 11.06.2025. Autor: Philipp J. Kroiß
Dank dem Tierpark Bern und seinen Projektpartnern ist etwas Besonderes gelungen: Die erste Auswilderung von Nashornkäfern in Bern. Das ist ein großer Erfolg, der einmal mehr zeigt, warum moderne zoologische Institutionen so wichtig sind.

Erste Auswilderung von Nashornkäfern in Bern
Er ist klein, er lebt hauptsächlich im Verborgenen und er ist bedroht: Der Nashornkäfer. Mehr als 60% der über 250 Käferarten in Bern gelten als gefährdet oder potenziell gefährdet. Das ergab eine durch das Bundesamt für Umwelt (BAFU) in Auftrag gegebenen Analyse. Im Rahmen eines Projektes von Stadtgrün Bern, Tierpark Bern und dem Naturhistorischen Museum Bern ist es erstmals gelungen, erfolgreich in Menschenobhut gezüchtete, adulte Nashornkäfer in Bern auszuwildern. Dadurch sollen, laut der zugehörigen Pressemitteilung, neue Lebensräume für seltene, holzbewohnende Käferarten geschaffen und die Wiederansiedlung ermöglicht werden.
Nur Zucht reicht nicht
Der Tierpark Bern ist sowas wie die Keimzelle dieses Auswilderungsprojekts. Hier werden von Experten die besonderen Käfer gezüchtet und aufgezogen. Das allein reicht aber nicht, um die Insekten wieder anzusiedeln. Daher hat der Tierpark, zusammen mit Stadtgrün Bern und dem Naturhistorischen Museum, auch im Lebensraum in spe gearbeitet. Über vier Jahre wurden daher spezielle Totholzstrukturen geschaffen. Sie sollen der Lebensraum der Nashornkäfer sein.
So zeigt sich auch in diesem Projekt einmal mehr die Umsetzung vom One Plan Approach der Weltnaturschutzunion (IUCN). Er beschreibt das Ineinandergreifen von Maßnahmen ex situ und in situ als Idealform des umfassenden Natur- und Artenschutzes. Nicht selten sind moderne Zoos und Aquarien das Zentrum solcher wichtiger Umsetzungen. Daher hebt die IUCN die Bedeutung der zoologischen Institutionen auch hervor.
Kein Sprint, sondern ein Marathon
Aber nicht nur die Vorbereitung des Lebensraums brauchte Jahre, auch die Zucht. Jede Zuchtgeneration muss erstmal einen dreijährigen Entwicklungszyklus durchlaufen. Das hat die erste Zuchtgeneration nun geschafft. Sie steht kurz vor dem Verpuppen. Für sie sind die geschaffenen Strukturen nun ideal. Zudem wurden aber auch adulte Nashornkäfer ausgewildert. Diese stehen kurz vor der Paarung und der darauffolgenden Eiablage.
Idealerweise entwickeln sich dadurch nun Populationen in den Totholzstrukturen, aber auch Tiere sollen weiterfliegen und selbst geeignete Lebensräume erobern. So wurden 40 Larven und 90 adulte Käfer an vier verschiedenen Standorten ausgesetzt. Das geschah innerhalb der Rahmenstrategie Nachhaltige Entwicklung der Stadt Bern. Mit dem Projekt wolle die Stadt exemplarisch zeigen, wie solche Maßnahmen in der Praxis umgesetzt werden können.
Mit dieser Auswilderung ist es aber noch nicht getan. In Zukunft wird es wichtig sein, die Ergebnisse der Auswilderung zu evaluieren und die gute Arbeit fortzusetzen. Die Berner wird das freuen: Die ehemals dort einheimische Art bereichert nun nicht nur die Insektenwelt der bekannten Stadt in der Schweiz, sondern die Nashornkäfer sind auch Futtergrundlage für unzählige weitere Tiere. Insgesamt tut es also der Biodiversität gut, diese Tiere auszuwildern.
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Tierpark Keimzelle des Erfolgs
Das Projekt läuft bereits seit 2021. Im letzten Jahr gab es schon im Tierpark selbst eine Auswilderung von 50 Nashornkäfer-Larven. Das war die erst Auswilderung von Mitglieder einer Käfer-Spezies in der Schweiz überhaupt. In der Auswilderung nun in Bern selbst, waren erstmals auch adulte Tiere, also fertig entwickelte Nashornkäfer, Teil einer Auswilderung. Nach der ersten Larven-Auswilderung, erfolgte nun eben auch die erste Auswilderung von „fertigen“ Nashornkäfern.
In der Stadt Bern gab es 100 Jahre keine Nashornkäfer mehr. Grundlage der Erhaltungszuchtpopulation im Tierpark waren 18 Larven aus einem Bodensubstrat auf einem Spielplatz in Basel. Die Experten im Tierpark konnten inzwischen über 350 Larven heranziehen. Die Zucht ist also stabil und Auswilderungen lassen sich gut bewerkstelligen.
Ohne den Tierpark hätte es weder die Auswilderung, noch das Projekt in dieser Form gegeben. Das unterstreicht einmal mehr die Bedeutung solcher Institutionen. Der Berner Tierpark zeigt einmal mehr wie unverzichtbar er nicht nur aber eben besonders auch für die Stadt ist. Ohne ihn, hätte es wohl nicht „nur“ 100 Jahre gedauert bis wieder Nashornkäfer in Bern wild umherfliegen.