Eingang des San Diego Zoo (2009) | Foto: Jim Moore, Lizenz: CC BY 2.0

Erste Gorillas mit dem Coronavirus infiziert?

Exklusiv für zoos.media – 12.02.2021. Autor: Philipp J. Kroiß

Der San Diego Zoo Safari Park testete Kot seiner Gorillas positiv auf das neuartige Coronavirus. Wie es den Tieren geht und was für Folgen zu erwarten sind.

Erste Gorillas mit dem Coronavirus infiziert?

Auf Basis von Kotproben der Gorillagruppe, von denen ein Teil positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden ist, geht der San Diego Zoo Safari Park aktuell davon aus, dass das Virus in seiner Gorilla-Gruppe grassiert. Zudem zeigten die Affen milde Symptome, was der Anlass des Tests war. Dies sollen nun die ersten dokumentierten Fälle von Covid-19 bei Menschenaffen sein. Aktuell geht es den Tieren recht gut. Sie essen und trinken weiterhin normal. Es deutet auch bisher nichts daraufhin, dass sie sich nicht wieder völlig erholen würden. Natürlich werden die Tiere weiterhin überwacht.

Antworten auf offene Fragen

Portrait eines Berggorilla (Gorilla beringei beringei) aus der Titus Gruppe Ruanda | Foto: Charles J Sharp, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Diese Infektion in geschütztem Umfeld könnte nun wichtige Erkenntnisse zum Schutz der wilden Menschenaffen liefern, muss dazu aber sehr detailliert aufgearbeitet werden. Aber auch für den Umgang von Menschenaffen im Zoo könnte es wichtig werden, den Fall genau zu untersuchen. Wie soll etwa das Virus zum Tier gekommen sein? Die bisherige Hypothese, wie es zur Übertragung kam, ist interessant, wirft aber auch spannende Forschungsfragen auf. Aktuell geht man nämlich davon aus, dass ein asymptomatisch infizierter Tierpfleger aus Versehen die Tiere mit dem Virus in Kontakt gebracht haben könnte.

In einer großangelegten Studie in Wuhan zeigte sich aber, dass bei Mensch-zu-Mensch-Kontakten, asymptomatische Virusträger gar nicht infektiös sind. Was hat man in der Studie gemacht? Nach Ende des Lockdowns in Wuhan Anfang April 2020 wurde zwischen dem 14. Mai und dem 1. Juni 2020 ein stadtweites SARS-CoV-2-Nukleinsäure-Screening-Programm gemacht. Alle Bewohner ab sechs Jahren waren zur Teilnahme eingeladen und 9,9 Millionen (92,9% der Bevölkerung dort) nahmen teil. Das Ergebnis des Screenings: Es wurden keine neuen symptomatischen Fälle und lediglich 300 asymptomatische Fälle identifiziert. Die 1.174 engen Kontakte der Asymptomatischen führten zu keiner nachweisbaren Weitergabe des Virus.

Sind also Menschenaffen vielleicht anfälliger für das Virus, dass sie auch durch asymptomatische Virusträger infiziert werden? Das wird zu klären sein. Zudem wäre es dringend geboten den Kot engmaschig zu überwachen um Rückschlüsse auf Viruslast auf Basis der Replikationszyklen des PCR-Tests zu ermitteln. Ebenso wäre eine Validierung der Infektion durch andere Test-Modelle sehr wichtig. In einem Performance Assessment von PCR-Tests fielen Modelle auf, mit denen man sogar Wasser positiv testen konnte. Das galt für die Assays N2 US CDC und auch E Charité. Daher, sollten diese Modelle verwendet worden sein, wäre es geboten, diese Testergebnisse durch andere Test-Assays zu checken. Dazu wäre interessant nun,die Verbreitung innerhalb der Gorilla-Gruppe zu beobachten.

Wichtige Erkenntnisse

Westlicher Flachlandgorilla im Cincinnati Zoo (2009) | Foto: Ltshears, Lizenz: CC BY-SA 3.0

So wird die wissenschaftliche Aufarbeitung des Falls noch sehr spannend werden und einmal mehr werden die Erfahrungen aus dem San Diego Zoo Safari Park helfen, Tiere in der Natur zu schützen. Allerdings kann man Gorillas natürlich nicht so gut überwachen wie Menschen. Bestimmte Zoos haben zwar schon durch Training ein tolles Health Monitoring erreicht, aber etwa die Blutabnahmen ohne Narkose basieren natürlich auf freiwilliger Mitwirkung der Tiere. Inwiefern das also möglich sein wird, bleibt fraglich. In jedem Fall aber wird man nach überstandener Infektion sehr viel mehr wichtige Erkenntnisse haben.

Wenn man aus diesem unerfreulichen Umstand also das Positive ziehen will, ist es der Umstand, dass sich die erste Übertragung auf Menschenaffen, sofern sie sich betätigt, in einem für die Tiere sehr sicherem Umfeld und zudem in einer Zentrum der Wissenschaft ereignet hat. Daher sind die Tiere gut versorgt und zudem gibt es spannende Erkenntnisse, die Menschenaffen auf der ganzen Welt helfen könnten. Die Chance, dass die Gorillas an der Infektion versterben, ist gering, wenn die Angaben des San Diego Zoos, dem der Safari Park auch gehört, zutreffend sind, weil der Allgemeinzustand der Tiere auch als gut beschrieben wird. Sehr wichtig wird sein, die Hypothese zur Übertragung weiter zu prüfen, weil sie aktuell wohl die meisten Fragen aufwirft.

Ein Argument gegen Zoo-Öffnungen?

Goriallanachwuchs im Zoo Duisburg | Foto: zoos.media

Diese Infektion ist allerdings kein Argument gegen die Öffnung von Zoos und Aquarien, weil ein Kontakt zwischen Menschenaffen und Besuchern nicht stattfindet. Die Besucher sind entweder durch eine Scheibe oder den Mindestabstand von den Tieren getrennt. Darauf hat man auch im Rahmen der Hygienekonzepte bereits geachtet. Wer also denkt, eine Zoo-Öffnung würde die Affen gefährden, der irrt. Dazu gibt es weder Evidenz, noch Zahlen, denn, als in Deutschland etwas alle Zoos geöffnet waren, gab es nicht einen bekannten Fall von infizierten Primaten. Daher macht es keinen Sinn, mit diesem Fall nun gegen die Öffnung der Zoos und Aquarien zu argumentieren.

Diese Virusübertragung entstand zudem nicht in einem für Besucher geöffneten Zoo. Kalifornien befindet sich seit Anfang Dezember im Lockdown. Die Zahlen hat es zwar auch dort nicht runter gebracht, allerdings bedeutete dies natürlich trotzdem die Schließung des San Diego Zoo Safari Parks. Dieser hatte sich ohnehin massive Sicherheitsmaßnahmen, gerade im Hinblick auf die Menschenaffen, selbst auferlegt: Schutzkleidung (Masken & Overalls), Händewaschen und Abstandhalten. Auch aus diesen Gründen ist die Übertragungshypothese durch den angeblich asymptomatischen Tierpfleger sehr nachhaltig zu überprüfen. Vielleicht ist das Virus auch auf einem anderen Weg in den Zoo gekommen. Es wird interessant werden, wie der San Diego Zoo gemeinsam mit seinem Safari Park die offenen Fragen in Zukunft klären wird.

Diesen Beitrag teilen