Exklusiv für zoos.media – 10.01.2025. Autor: Philipp J. Kroiß
Hat der Klimawandel schuld, dass es in Kalifornien brennt? Nein, hat er nicht. Mit dieser Verschwörungstheorie will man nur die politische Verantwortung unter den Tisch kehren.
Feuersturm in Kalifornien: Hat der Klimawandel Schuld?
In Medien und Öffentlichkeit hat sich ein gewisser Mechanismus etabliert, dass man schnell für alles, was irgendwie mit Natur zu tun hat und sich schlimm auswirkt, den Klimawandel verantwortlich macht. Genau so ein Mechanismus greift auch gerade bei dem “Feuersturm” in Kalifornien und dabei besonders in Los Angeles. Das hat ungefähr das Niveau von Menschen, die glauben, dass das Wetter schlecht wird, wenn man das Tellerchen nicht leer gegessen hat.
Die Gründe für das schreckliche Ausmaß des Feuers sind zwar durchaus menschengemacht, haben aber mit dem Klimawandel nichts zu tun. Das berichten zum Beispiel sowohl der Wissenschaftsjournalist Axel Bojanowski in der WELT als auch der erfahrene Waldbrand-Forscher Jon Keeley, der für public.news interview wurde, auf Basis von Fakten. Diese zeigen, warum es wichtig ist, den Klimawandel wirklich zu verstehen.
“Chaparral-Brände gibt es seit mindestens 20 Millionen Jahren”
Das sogenannte Chaparral ist ein Vegetationstyp der Hartlaubzone. Man findet ihn hauptsächlich in Kalifornien und Niederkalifornien. Die Pflanzen dort sind an periodisch auftretende Waldbrände angepasst. Baumstämme sind zum Beispiel durch dickere Rinde geschützt. Das funktionierte auch alles so lange, bis sich der Mensch auch in diesen Zonen breit machen wollte.
In Los Angeles sind das vor allem Superreiche, die sich dort ihre Villen bauen und Feuer selbstverständlich nicht so gern haben. Daher werden die Feuer unterdrückt. Dadurch sammelt sich viele totes, trockenes Material. Das wäre sonst durch kleinere Brände einfach verbrannt. Weil sich aber durch die Brandvermeidung viel ansammelt, was sonst durch kleinere Feuer konsumiert worden wäre, hat ein auftretendes Feuer nun auch mehr Material. Das bedeutet, das Feuer wird größer und die Auswirkungen verheerender.
“Chaparral-Brände gibt es seit mindestens 20 Millionen Jahren”, erklärte daher einer der in den USA führenden Wissenschaftler, Jon Keeley, zum Thema. “Was sich geändert hat, ist, dass wir Menschen in der Landschaft haben.” Daher glaube er nicht, dass diese Feuer irgendwas mit dem Klimawandel zu tun hätten. “Diese Ereignisse könnten durchaus auch ohne Klimawandel auftreten.”
Brände in Kalifornien: Komplizierter als es scheinen mag
Keeley & Syphard (2017) konnten zeigen: “Der Mensch kann nicht nur Einfluss auf die Brandverhältnisse nehmen, seine Anwesenheit kann die Auswirkungen des Klimas sogar außer Kraft setzen oder überdecken”, erklärte der Experte. Und weiter: “Wir haben uns die Klima- und Feuerhistorie des gesamten Staates angesehen und in weiten Teilen des Staates, insbesondere in der westlichen Hälfte des Staates, sehen wir keinen Zusammenhang zwischen dem Klima der Vergangenheit und der in einem bestimmten Jahr verbrannten Fläche.”
Wie kann das sein? Keeley et al. (2021) erklärten in Bezug auf die auch gerade die Feuer anfachenden “Santa Ana”-Winde (SAW): “In der Region Südkalifornien sind 100 % aller SAW-Brände das Ergebnis von von Menschenhand verursachter Entzündung, entweder absichtlich oder versehentlich.” Es ist also nicht der Klimawandel, es ist der Mensch, der die Feuer auslöst und – wie wir zuvor gelernt haben – eben auch verschlimmert durch das Management der Ökosysteme.
“Wenn man sich das Klima in Südkalifornien der letzten 100 Jahre ansieht, wird man feststellen, dass es sehr trockene Januare gab”, erläuterte Keeley, “und es gab sehr trockene Herbste. Im Januar gab es Santa-Ana-Winde. Diese Art von Bedingungen tragen also dazu bei, dass ein Feuer zu dieser Jahreszeit besonders zerstörerisch ist. Aber es ist nicht das Ergebnis des Klimawandels.”
Schlechtes Management
Jetzt könnte man argumentieren: “Ja, aber das haben die Leute doch nicht wissen können.” Eigentlich ist dem aber nicht so. Axel Bojanowski weist zum Beispiel auf die Studie von Stephens et al. (2007) hin und erklärt, “dass es vor mehr als hundert Jahren oft ebenso und weitaus heftiger gebrannt hat”. Das ist ja auch logisch, weil es in der Natur vom Chaparral liegt. So funktioniert dieses Ökosystem.
Wie schlecht zudem das Waldmanagement ist, zeigte sich 2018 schon. Dort subsummierte Pedro Nava von der Little Hoover Commission, dass “ein Jahrhundert der Misswirtschaft die malerische Landschaft der gesamten Sierra verwüstet” hätten. Dazu kam noch ein Mangel an Löschwasser, das sogar Donald Trump aufgefallen war und er bei einem Interview im Wahlkampf nutzte. Ein echte Reaktion darauf, die der von Demokraten regierte Staat ja auch im Wahlkampf hätte einsetzen können, gab es nicht.
Einen Monat vor den Bränden hatte der Feuerwehrchef von Los Angeles die Politik auch noch gewarnt, wie CBS berichtete, dass Budgetkürzungen die Notfallmaßnahmen behindern würden. Also zu dem schlechten Management des Ökosystems, das natürlich auch politisch bestimmt ist, kommt noch ein massives Scheitern der Politik, was das Management der Brandbekämpfung anbelangt.
Flucht nach vorn
Gegen die Wissenschaft nun den Klimawandel zum Schuldigen zu erklären, hat für die Politik natürlich einen Zweck: So muss man sich keinen unangenehmen Fragen stellen. Die Politiker sind dann fein raus und können das noch für die politische Agenda nutzen. Für sie ist es eine Win-Win-Situation. Das Problem ist nur, dass es dann eben immer so weitergehen wird, weil es ändert sich nichts am schlechten Management.
Für die Politik sind diese Villen sehr lukrativ: Für die hat Los Angeles nämlich eine gesonderte Steuer eingeführt. Da wäre es jetzt natürlich blöd, wenn rauskäme, dass das Missmanagement des Ökosystems, dem man auch in der teuersten Villa nicht entgehen kann, das Land und alles, was darauf steht, eigentlich völlig wertlos macht. Es ist schlicht nicht so super sicher, im Chaparral zu bauen. Setzt sich diese logische Erkenntnis durch, gingen der Politik Einnahmen flöten – nicht nur durch die Steuer, sondern auch sonstige Einkünfte durch die Ansiedlung von wohlbetuchten Promis.
Es gibt also eine politische Interessenslage, die gut daran tut, die tatsächlichen Gründe für den Feuersturm zu verschweigen. Da ist der Klimawandel gerade gut genug, um eine Flucht nach vorne anzutreten. Die Leidtragenden sind, wenn man es so ausdrücken will, in erster Linie das Chaparral und seine angestammten Bewohnern. In zweiter Linie sind es natürlich auch die Menschen, die selbst und mit ihrem Besitz, dem Feuer und dem politischen Missmanagement der Problematik zum Fraß vorgeworfen werden. Mindestens 10 Menschen kostete das aktuelle Feuer schon das Leben.