Orang-Utan Surya im Zoo Rostock | Foto: Joachim Kloock, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

Forschungsort Zoo: Über 1.000 wissenschaftliche Beiträge in 10 Jahren

Exklusiv für zoos.media – 01.06.2020. Autor: Philipp J. Kroiß

Moderne Zoos sind Orte der Forschung. Das beweist auch die erste Erhebung des VdZ über die Forschungsleistungen seiner Mitglieder.

Forschungsort Zoo: Über 1.000 wissenschaftliche Beiträge in 10 Jahren

Der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) hat zum ersten Mal eine Erhebung darüber veröffentlicht, welche Beiträge die Mitgliedszoos im Bereich der Wissenschaft vorgebracht haben: “Im Zeitraum von 2008 bis 2018 waren die Mitglieder des Verbandes der Zoologischen Gärten (VdZ) an insgesamt 1.058 wissenschaftlichen Publikationen beteiligt. Diese erfolgten in 284 unterschiedlichen Wissenschaftsjournalen und wurden anschließend 8.991 Mal zitiert”, hieß es in der dazugehörigen Pressemitteilung.

Großer und wichtiger Beitrag

Wenn man dabei im Hinterkopf behält, wie aufwendig und langwierig wissenschaftliche Studien sein können, zeigt das, wie groß der Beitrag ist. Das bedeutet, dass in den letzten 10 Jahren alle alle 3,5 Tage rund ein Beitrag erschien – das sind fast 2 Beiträge pro Woche. Solche Zahlen zeigen dann wie produktiv moderne Zoos im wissenschaftlichen Bereich sind. So eine Frequenz ist hoch bei Forschungsvorhaben, die oft Monate und nicht selten auch Jahre in Anspruch nehmen – von der Idee bis zur Veröffentlichung. Einen solchen wissenschaftlichen Beitrag schreibt man nicht mal eben zwischendurch.

“Durch die Studien an unseren Zootieren kann Forschung gelingen, die ansonsten unmöglich wäre. Letztlich haben alle Beteiligten in unseren gemeinsamen Artenschutzbemühungen bessere Chancen, die bedrohte Biodiversität zu erhalten, weil die Zoos  seit vielen Jahren relevante wissenschaftliche Daten sammeln. Die wertvollen Tierbestände und Datenbanken der Zoos sind von großer Bedeutung für den wissenschaftlichen Kenntnisstand. Man muss sich nur vor Augen führen, dass von den schätzungsweise 10 bis 15 Millionen Pflanzen- und Tierarten auf diesem Planeten nicht einmal die rund 100.000 Spezies umfassend erforscht sind, die von der Weltnaturschutzunion IUCN hinsichtlich ihres Bedrohungsstatus‘ überwacht werden. Unsere Mitglieder sind unverzichtbar, wenn es darum geht, bestehende Wissenslücken über Tierarten zu schließen.” – Dr. Julia Kögler, stellvertretende Geschäftsführerin des VdZ

Schaut man sich die Beiträge einzelner Mitglieder an, wird auch verständlich wie viel auch dabei einzelne Zoos leisten. Der Loro Parque auf Teneriffa etwa hat seine Stiftung, die in ihrer über 25 Jahre andauernden Geschichte rund 240 wissenschaftliche Beiträge veröffentlicht hat. Dazu gehören zum Beispiel 109 Artikel in von Experten begutachteten, wissenschaftlichen Fachzeitschriften (peer-reviewed), 85 mündliche Präsentationen auf wissenschaftlichen Konferenzen, 41 technische Berichte und 5 Poster auf wissenschaftlichen Konferenzen. In der VdZ-Studie, die dieser Evaluation des eigenen wissenschaftlichen Beitrags zu Grunde liegt, werden allerdings nur die die Artikel der letzten zehn Jahre berücksichtigt, die in peer-reviewed Journalen veröffentlicht worden sind.

Daran sieht man, dass der wissenschaftliche Beitrag nochmal sehr viel größer ist und die Evaluation des VdZ keinesfall den Beitrag der Mitgliedszoos überschätzt. Ebenso wird klar, dass es keine besonderen zehn Jahre waren, die man jetzt betrachtet hat, in denen man sich Studien ins Schaufenster stellte, sondern vielmehr sind diese zehn Jahre ein realistischer Ausschnitt aus der täglichen Arbeit moderner Zoos und Aquarien. Genau das macht die Studie auch so stark, aussagekräftig und daher konnte sie sich auch gelassen selbst dem peer-review stellen.

Zoos weltweit unverzichtbar

Nicht nur die Mitgliedszoos vom VdZ sind unverzichtbar aufgrund ihrer großartigen wissenschaftlichen Beiträge, sondern weltweit wird in den Zoos und Aquarien großartige Arbeit geleistet. Ein internationales Beispiel ist etwa das Oceanográfic in Valencia.

Hier haben Forscher zum Beispiel die Möglichkeit mit mehreren Arten Meeressäugern, Forschungsfragen zu beantworten, die sie sonst nie beantworten könnten, wie etwa die auditiven Fähigkeiten von jungen Belugas. Diese sind aber wichtig, um die Wildpopulationen sinnvoll zu schützen. Anhand der Studien können so Grenzwerte ermittelt werden, um eine friedliche Koexistenz von Mensch und Tier zu ermöglichen. Ohne die Forschung im Oceanográfic Valencia aber, würde es diese Grenzwerte zum Schutz von wilden Baby-Belugas niemals geben. Der dort geborene Kylu hat dafür freiwillig an der entsprechenden Studie teilgenommen, wobei die Tests für ihn spielerisch aufbereitet wurden.

Eine Forschung, die wir auf zoos.media sehr intensiv begleitet haben, ist eine sehr besondere zum Thema Spinnenseide. Dazu hier ein Video von mehreren auf unserem YouTube-Kanal:

Solche Beispiele wie die beiden vorgenannten gibt es zu Hauf in modernen Zoos und Aquarien auf der ganzen Welt. Deshalb kooperieren auch Artenschützer wie Dr. Lorenzo von Fersen von Yaqu Pacha gerne mit Zoos, Aquarien und Delfinarien, die seriös arbeiten:

Das alles macht moderne Zoologische Gärten zu unverzichtbaren Zentren für Forschung, Edukation und Artenschutz. Denn dort arbeiten diese Bereiche auch Hand in Hand. Ohne Forschung wäre umfassender und seriöser Natur- und Artenschutz gar nicht möglich. Wer die Zusammenhänge in der Natur nicht versteht, kann sie auch nicht schützen. Manche Forschungsfragen aber lassen sich eben nur ex situ in tiergerechter Haltung beantworten. Dieser Wissensschatz ist neben dem Artenschatz einer der vielen Schätze moderner Zoologischer Institutionen.

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