Weißer Tiger im Loro Parque beobachtet aus dem Schatten den Wasserfall in der Sonne. | Foto: zoos.media

Joggen aus der Perspektive von Tieren

Exklusiv für zoos.media – 25.06.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

Ein unterhaltsames Comic erklärt ganz wunderbare biologische Grundlagen, die auch für Zoos und Aquarien Bedeutung haben. Der Artikel erklärt die Bedeutung und gibt zahlreiche Hintergrundinformationen.

Joggen aus der Perspektive von Tieren

Ein Comic bringt unterhaltsam auf den Punkt, was die Forschung seit Jahren weiß:

Gleichzeitig bringt es ein weit verbreitetes Missverständnis des Menschen von Tierverhalten auf den Punkt.

Wilde Tiere joggen nicht

Junger Asiatischer Löwe im Gir-Wald | Foto: Sumeetmoghe, Lizenz: CC BY-SA 4.0

In der Natur sind die Tiere in einem ständigen Überlebenskampf gefangen und sie können es sich nicht leisten, Energie zu verschwenden, weil sie ja meistens nie wissen, wann und wo sie den nächsten Energielieferanten – beim Wolf wäre das ein Beutetier – finden. Der Wolf, genauso wie viele andere Tiere, müssen deshalb klug mit ihrer Energie haushalten und genau einschätzen können, ob sich eine Energie-Investition lohnt. Sie rennen also nicht einfach hin und her aus Gründen, wegen denen Menschen in den Wald joggen gehen. Ihr Energieverbrauch für Bewegung hat die Motivation der Nahrungsmittel- und Rudelsicherung auf verschiedenen Ebenen – es dient also kurz- oder langfristig dem eigenen Überleben oder dem der Gemeinschaft.

Kein gesunder Mensch auf der Welt muss joggen – es ist ein überflüssiges Luxusverhalten. Natürlich gibt es in manchen medizinischen Einzelfällen eine bestimmte Indikation, die bei der es Gesundheit eines Patienten zuträglich wäre, Joggen zu gehen, aber die Spezies Mensch an sich, muss nicht joggen – die meisten Menschen machen das aus Spaß an der Freude, um bestimmte Fitnessziele zu erreichen oder aus vielen anderen guten Gründen. Es bleibt aber nichts desto trotz Luxusverhalten, das niemand zum Überleben braucht. Wilde Tiere können sich Luxus kaum bis gar nicht leisten, weil ihr Tag im Wesentlichen vom Überlebenskampf bestimmt wird.

Die meisten Menschen heute holen ihre Nahrung im Supermarkt oder vergleichbaren Verkaufsinstitutionen innerhalb weniger Minuten. Sie können sich so ein Luxusverhalten leisten, weil sie in wenigen Minuten pro Tag ihr Überleben sichern können. Dieses Glück hat der Wolf in Europa oder der Löwe in Afrika nicht. Bei Großkatzen ist die angebliche Faulheit schon sprichwörtlich, aber auch das hat mit ihrem Energiehaushalt zu tun. Wenn wilde Tiere weite Strecken zurücklegen, dann nur, weil sie es müssen. Wenn sie an einem Ort innerhalb weniger Minuten ihr Überleben sichern können, bleiben sie gerne da – wie das etwa bei Elefanten gut nachgewiesen ist, worüber wir ausführlich berichtet haben. Solche Tiere joggen aber auch dann nicht, sondern genießen den Luxus auf andere Weise.

Joggen Tiere in Menschenobhut?

Eisbär (Ursus maritimus) im Tiergarten Nürnberg | Foto: Rufus46, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Scheinbar rastlos seine Runden durch einen Park zu drehen, könnte man mit Lauf- oder Bewegungsstereotypien von Tieren assoziieren. Das findet man tatsächlich auch bei manchen Besuchern in Zoos, die quasi denken, zum Beispiel der Eisbär würde joggen. So etwas funktioniert allerdings nicht. Aus Luxusverhalten können Tiere und Mensch jederzeit selbstbestimmt ausbrechen – das bedeutet, dass sie einfach aufhören können. Bei Stereotypien ist das nicht der Fall. Allerdings ist nicht alles, was wie eine Stereotypie aussieht oder von Zoogegnern als solche verkauft wird, auch schon gleich eine Stereotypie, denn dann könnte Joggen beim Menschen wiederum tatsächlich als Stereotypie gesehen werden.

Wenn ein Eisbär zum Beispiel scheinbar “joggt”, muss das keine Stereotypie sein. Sie kann es sein, wenn das Tier etwa aus schlechter Haltung stammt, aber sie ist es nicht unbedingt. In der Natur suchen Eisbären ihre Nahrung auf sehr festgelegten Routen. Man kann nun beobachten, dass kurz vor der Fütterungszeit Eisbären in Erwartung der Nahrung sich ebenfalls auf so eine Route durch ihr Gehege begeben. Solches Verhalten ist dann keine Stereotypie, sondern anticipatory pleasure. Das tritt bei verschiedenen Tieren in unterschiedlichen Arten und Weisen auf und wird gerne von Zoogegnern genutzt, um Haltungen in den Schmutz zu ziehen.

Auch in Menschenobhut joggen Tiere nicht einfach so. Manche Tierarten, sind auch in Menschenobhut sehr beschäftigt und entsprechend geschäftig unterwegs. Andere Tiere genießen das Luxusleben in Menschenobhut in sehr gemütlichem Zustand. Die guten Halter sorgen dann für andere Beschäftigung durch Enrichment. Sie motivieren die Tiere freiwillig Luxusverhalten zu zeigen und machen entsprechende Angebote. Die können die Tiere dann wahrnehmen oder nicht – das liegt bei ihnen. Sehr viele Tiere haben allerdings Spaß an Enrichment wie etwa Training und machen mit, obwohl sie genau wissen, dass sie so oder so ihr Futter bekommen.

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