Elefant vor Zebraherde im Ngorongoro-Krater: In Tansania verschwindet das Wildleben immer mehr. | Foto: Schuyler S., bearbeitet von Daniel Schwen, Lizenz: CC BY-SA 2.5

Schickt der IFAW sechs Elefanten in den Tod?

Exklusiv für zoos.media – 28.07.2018. Autor: Philipp J. Kroiß

Schaut man sich ein aktuelles Projekt der IFAW an, ist man fast geneigt, diese Frage mit “Ja” zu beantworten. Dieser Artikel zeigt Fakten und Hintergründe auf.

Schickt der IFAW sechs Elefanten in den Tod?

Der International Fund for Animal Welfare, IFAW (dt. Internationaler Tierschutzfonds) agiert, nach eigenen Angaben, weltweit zum Schutz von Tieren – allerdings bekommt man gerade das Gefühl, man müsse gerade ein paar Elefanten vor dem IFAW schützen.

Fragwürdiges Projekt

Zu den Elefanten bemüht der IFAW eine das Herz erwärmende Geschichte, die im Prinzip sehr kurz erzählt ist: gerettete Waisen kehren zurück in ihre Heimat. In dem Fall handelt es sich um gerettete Elefanten, die angeblich ausgewildert würden. Welchem Laien wird da nicht warm ums Herz? International klingt das ja auch noch cool: “Destination Wild”.

Das ist so ziemlich eine Mogelpackung, denn diese Tiere kommen nicht in die Wildbahn, sondern in ein geschütztes Gebiet. Das macht bei der Wilderei-Problematik auch Sinn, obgleich natürlich auch diese geschützten Gebiete niemals hundertprozentigen Schutz bieten können und werden. Unter “wild” versteht man aber wohl einfach nur eine no-contact-Haltung in einem geschützten Gebiet.

Trainierte Tiere?

Im Video wird behauptet, dass diese Tiere nicht trainiert seien. Das ist lächerlich, weil man ständig Training nach positiver Bestärkung im Video sieht. Ganz häufig sieht man sekundäre Belohnungen der Tiere, in dem die Tiere gestreichelt werden. Nach einem gemeinsamen Spaziergang bekommen sie gegen Ende des Videos auch eine primäre Belohnung.

Sicherlich haben die Tiere keinen besonders großes Verhaltensrepertoire antrainiert bekommen, aber trotzdem sind sie ständig in der Trainingssituation, da sie von Menschen für bestimmte Taten belohnt werden. Man sieht auch ein sehr gutes Verhältnis zwischen den Pflegern und den Tieren. Inwiefern dieses Training bewusst oder durch mangelnde Expertise unbewusst geschieht, lässt sich nicht ermessen, ist aber auch für die Tiere nicht irrelevant, denn im Ergebnis sind es trainierte Tiere.

Tiere in freiem Kontakt

Elefanten im ZSL Whipsnade Zoo | Foto: Daniel Godfrey at English Wikipedia, Lizenz: public domain

Über die Tiere selbst ist recht wenig bekannt. Da sie als Waisen gerettet wurden und im freien Kontakt gehalten wurden, haben Sie keine Sozialisierung in einer wilden Elefantengruppe erlebt, sondern sind in einer Gruppe sozialisiert worden, in der Mensch und Tier zusammen leben. Im freien Kontakt ist der Mensch immer ein akzeptiertes Lebewesen innerhalb der Gruppe.

Man sieht auch super wie die Pfleger akzeptierte Teile dieser Gruppe sind und das ist überhaupt nicht schlecht für die Tiere oder deren Haltung. Gerade bei der Versorgung von geretteten Elefanten, deren Mutter fehlt, macht direkter Kontakt viel Sinn. Gleichzeitig aber sind dadurch diese Tiere an menschlichen Kontakt gewöhnt – es wird ein Teil ihres Leben, den sie auch genießen. Sehr gut kann man im Video sehen, dass die Tiere ein ausschließlich positives Verhältnis zu den Menschen genießen.

Würden diese Tiere in Menschenobhut verbleiben, wäre das alles kein Problem, aber diese Sozialisierung macht sie zur Gefahr für sich und die Bewohner der KAZA-Region, in die sie ausgewildert werden sollen. Man erwartet von ihnen, dass sie sich einer reinen Elefantenherde anschließt – einem Sozialumfeld, dass sie nicht ausreichend kennen gelernt haben.

Elefant-Mensch-Konflikte in der KAZA-Region

Die Elefanten der KAZA-Region sind zum Problem geworden, weil in einem der letzten Rückzugsgebiete für die charismatischen Dickhäuter, eben diese auch auf die Menschen treffen, die dort leben. Der WWF berichtet, dass zum Beispiel in Botswana mehr Elefanten leben als die Schutzgebiete verkraften können. Das will man nun durch Umsiedlungen innerhalb der Region in andere Schutzgebiete dämpfen, um das Problem etwas einzudämmen.

Jetzt bringt der IFAW aber in ein Schutzgebiet dieser Region noch mehr Elefanten ein und entzieht diesen den direkten Kontakt. Die Tiere haben ihr Leben lang gelernt, dass man sehr leicht an Futter kommt, wenn man sich mit Menschen zusammentut. Wessen Nähe werden diese Tiere suchen?

Die Probanden

Wir haben hier also einen Tierversuch mit sehr ungünstigen Ausgangssituationen auf vielen Ebenen. Es ist ja schon erwähnt worden wie wenig man über die Tiere weiß. Die Elefanten heißen Sizi, Annabelle, Matabele, Tulku, Mfana und Nora. Über vier der Tiere informiert das Waisenhaus, aus dem angeblich alle Tiere stammen sollen, zumindest etwas. Sizi ist, laut der Webseite ein drei Jahre altes Weibchen, Annabelle ein sechs Jahre altes Weibchen, Matalbele ein gleichaltriges Männchen und Tulku ein zwei Jahre altes Männchen.

Auf der Webseite schreibt das Waisenhaus: “Elephant calves are completely reliant on milk until a minimum of two years. They will continue to drink milk until they are at least 5 years old.” Einige Tiere sind also wohl sogar noch auf Milch angewiesen und geschlechtsreif ist auch kein Tier, was man auch daran erkennt, dass Männchen und Weibchen zusammenleben. Geschlechtsreife Männchen werden nämlich ab einem gewissen Altern von den großen Weibchen aus der Gruppe  vertrieben.

Über Mfana und Nora ist wenig in Erfahrung zu bringen. Der Jungbulle Mfana wäre außergewöhnlich klein, berichtet IFAW und zu Nora gibt es im Prinzip nichts. Da die Gruppe recht homogen wirkt, scheint es aber erstmal keine größeren Altersunterschiede zu geben.

Also sind die Probanden Elefanten-Kinder und -Babys, wenn man den Angaben des Waisenhauses Glauben schenken darf. Die lässt man nun auf die Wildbahn los, ohne, dass sie je ausreichend gelernt hätten, Elefant zu sein. Um das ganz klar zu sagen: man hat sie aufgezogen wie Haustiere (freier Kontakt, Flaschenfüttern, Leben in gemeinsamer Rangordnung etc.). Das war auch gut und hat ihnen nichts weniger als das eigene Leben gerettet, aber es macht sie eben auch nicht zu Kandidaten für eine Auswilderung. Viel zu oft musste man erleben, dass zu sehr an den Menschen gewöhnte Tiere, nie mehr vom Menschen unabhängig wurden und “ausgewildert” sich und andere in Gefahr brachten.

Sowas gab es noch nie!

Mit einer Aussage hat man im Video recht: so etwas gab es noch nie. Man hätte allerdings genug Hinweise, um zu sagen, dass es das besser auch nie geben würde. Das Projekt ist intransparent genug, dass man ein Scheitern sehr einfach vertuschen kann – so wie man es im Fall Keiko auch versuchte. Das scheiterte nur, weil ein Mitarbeiter des Projekts auspackte. Sowas wir das Projekt Keiko hatte auch noch nie gegeben und man ist an Dingen gescheitert, die auch vorhersehbar waren.

Keiko wählte Menschen, Tierrechtler seinen Tod

Auswildern bedeutet, die Tiere zu 100% unabhängig vom Menschen zu machen, sodass sie völlig selbstständig in der Natur leben können. In der Natur werden diese Tiere nicht leben, aber man entreißt sie trotzdem einem Leben, in dem sie ein langes erfülltes Dasein hätten – wofür? Ein Leben in einer Pseudo-Wildbahn, das für sie keinen einzigen Vorteil bringt.

Was wäre tiergerecht?

Gerecht wäre es, diesen Tieren, die offenbar von ihren Pflegern mit viel Liebe und großen Respekt behandelt werden, zu ermöglichen in Menschenobhut zu verbleiben, um dort, geschützt vor Wilderern und zusammen mit ihren Vertrauenspersonen, ein langes, erfülltes Leben zu verleben und vielleicht sogar eine Familie zu gründen. In einer zoologischen Umgebung könnten sie zu Botschaftern werden, die ihren wilden Artgenossen wirklich helfen.

Diese Auswilderung hilft keinem Elefanten, sondern dient aktuell der Selbstverwirklichung von Menschen, die sich in den Kopf gesetzt haben, dass dies ja klappen müsste. Den Preis für deren Versagen und deren Hybris werden, wenn es so weiter läuft, diese liebenswerten Elefanten bezahlen und zwar mit ihrem Leben. Nur ein Wunder könnte diese Tiere noch retten.

Sollte man dem IFAW spenden?

Letztendlich muss das jeder selbst entscheiden, ob er ein solch fragwürdiges und ziemlich intransparentes Projekt fördern will. Dazu muss man aber auch die Berichterstattung über den IFAW und seine Verwendung von Spendengeldern kennen.

Schon 2011 wurde, unter anderem vom Deutschlandfunk, kritisiert wie wenig von den Spenden bei den Tieren ankommt. Angeblich kämen deutlich über 50% vor allem dem IFAW zu Gute und nicht den Projekten, konnte man medial vernehmen. Ein mageres Viertel des Gesamtausgaben käme nur den Projekten direkt zu Gute. Ebenfalls kam die IFAW gemeinsam mit Greenpeace in die Schlagzeilen. Der NDR berichtete:

“Greenpeace und der Internationale Tierschutzfonds IFAW zahlen dem Bericht zufolge an Werbepartner nicht nur Provisionen für die Vermittlung von Fördermitgliedern und Dauerspendern, sondern auch für Einzelspenden. […] Ein IFAW-Sprecher rechtfertigte Provisionszahlungen von mehr als zehn Euro für eine Einzelspende mit dem Hinweis auf eine mögliche dauerhafte Bindung von Spendern an seine Organisation. Nur das Verhältnis zwischen Spendenbetrag und Provision zu betrachten, sei “irreführend.”

Der Geschäftsführer des DZI, Burkhard Wilke, betonte dagegen, dass das Verhältnis zwischen Provision und Spende durchaus wichtig sei: “Alles ab 15 Prozent von der Spende würden wir als sehr stark erklärungsbedürftig ansehen.” – Pressemitteilung des MDR

Die Stiftung Warentest bemängelte die Transparenz als “unzureichend”. Somit ist also nicht nur, wie attestiert, die Transparenz im vorliegenden Projekt unzureichend, sondern die Transparenz ein generelles Problem der IFAW.

Elefanten im Erlebnis-Zoo Hannover (2010) | Foto: Ukko.de, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Der IFAW lehnt Zoos und Aquarien letztendlich ab. Aktuell konzentriert man sich zwar auf Flagschiffarten, die man als nicht haltbar einstuft, obgleich sie es sind, aber schadet natürlich mit solchen Kampagnen den gesamten Zoos und Aquarien. Allerdings zeigt man sich auch gerne pseudo-versöhnlich und versucht trotzdem von zoologischen Einrichtungen zu profitieren. Dadurch, dass IFAW Deutschland allerdings Populismus von PETA teilt, wenn es ihnen nützt, wie die Manipulation von PETA bezüglich der Hannoveraner Elefantenhaltung, disqualifiziert sich die Organisation als verlässlicher Partner.

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