Blick vom Dach des Reichtags auf Kuppel und Fahne | Foto: EliziR, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Schwarz-Rot: Was bringt der Koalitionsvertrag für Zoos & Aquarien?

Exklusiv für zoos.media – 09.04.2025. Autor: Philipp J. Kroiß

Die neue schwarz-rote Koalition hat heute ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Was steht drin? Was bedeutet die Einigung von Union & SPD für Zoos & Aquarien? Dieser Artikel gibt Antworten.

Berlin: Das Reichstagsgebäude von Westen aus gesehen | Foto: Jörg Braukmann, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Schwarz-Rot: Was bringt der Koalitionsvertrag für Zoos?

Was lange währt, wird endlich gut? Darauf hofft wohl besonders die Union, die während den Koalitionsverhandlungen ihre unbestrittene Führungsposition wohl auch wegen der Leaks aus dem Verhandlungsprozess verlor. Es wird nun fleißig über den Inhalt des Koalitionsvertrags berichtet. Zoos kommen in der Berichterstattung kaum vor. Dank der Berliner Zeitung kann aber sich jeder sein eigenes Bild machen. Die meisten Medien hatten das PDF, hier archiviert, leider nicht zeitnah zur Verfügung gestellt.

So hat natürlich zoos.media, wie schon beim Koalitionsvertrag der Ampel, einen genauen Blick auf das Papier werfen können. Wie sieht es aus in Bezug auf Zoos und Aquarien sowie zooverwandte Themen? Das zeigt sich in den folgenden Kapiteln.

Zoos werden ausdrücklich unterstützt!

„Zoologische Gärten sind wichtige Institutionen des Artenschutzes und der Bildung, deren Arbeit und Investitionen wir unterstützen. Zusätzliche Haltungsverbote in zoologischen Einrichtungen lehnen wir ab.“ – Zeilen 1418-1320 des Koalitionsvertrags von Union und SPD 2025

Damit bekräftigt die schwarz-rote Koalition die wichtige Rolle von Zoos und Aquarien im Artenschutz und der Bildung. Im Koalitionsvertrag der Ampel hatte man nur lesen können: „Die Bildungsarbeit Zoologischer Gärten werden wir unterstützen.“ Den Worten folgten wenig bis gar keine Taten. Union und SPD haben nun auch die Chance ihren Absichtserklärungen auch Taten folgen zu lassen.

Neben den Zusicherungen der aktiven Unterstützung beinhaltet der Koalitionsvertrag auch eine Absage an die Tierrechtsindustrie. Haltungsverbote werden abgelehnt. Union und SPD würden ihren Koalitionsvertrag brechen, wenn sie Haltungsverbote beschließen würden. Das ist keine hundertprozentige Sicherheit, weil gerade im Zusammenhang mit dieser Bundestagwahl schon viele Versprechen gebrochen wurden. Natürlich macht so ein Satz aber zumindest Haltungsverbote nochmal unwahrscheinlicher.

Grüne Klima- & Energiepolitik

Obwohl die Grünen abgewählt wurden, gibt es keinen Politikwechsel insbesondere in Bezug auf die fehllaufende Klimapolitik. So will man sich für „Klimaneutralität 2045 in Deutschland“ (Zeile 900) einsetzen. Das kostet sehr viel Geld, das man in sinnvollem Klimaschutz einsetzen könnte, bringt aber dem Klimaschutz rein gar nichts. Es ist eine symbolhafte Eitelkeit deutscher Politik, die – gerade im Klimaschutz – als abschreckendes Beispiel für andere Länder gilt. Da ist man andernorts viel besser unterwegs.

Immerhin das Heizungsgesetz will man Abschaffen (Zeile 754). Dass man aber beim Klimaschutz weiter auf den Ablasshandel mit Zertifikaten setzen will, wird an vielen Stellen im Koalitionsvertrag deutlich. So kann sich die Politik weiterhin das eigene unwirksame Agieren mit dem Geld der Bürger schöner kaufen. Ein Politikwechsel hätte dann doch anders ausgesehen.

Und die NGOs?

Das „white bunny“ ist das Wappentier von PETA | Foto: Sarbast.T.Hameed, Lizenz: CC BY-SA 1.0

Mit 551 Fragen hatte die Union durchaus Wille gezeigt, etwas an der Situation der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu ändern. Das Wort kommt im Koalitionsvertrag genau einmal vor:

„Das bürgerschaftliche Engagement in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zum Beispiel durch Kirchen, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände und politische Stiftungen wollen wir weiter fördern.“ – Zeilen 4262-4265 des Koalitionsvertrags von Union und SPD 2025

Da die NGOs oft auch unter „Zivilgesellschaft“ geführt werden, sind aber auch Stellen dazu interessant. So liest man: „Wir unterstreichen die Bedeutung gemeinnütziger Organisationen, engagierter Vereine und zivilgesellschaftlicher Akteure als zentrale Säulen unserer Gesellschaft.“ (Zeilen 3303-3304) So will man „Demokratie leben!“ fortsetzen. Hier sieht es also nach klarem Sieg für die SPD aus. Ein Politikwechsel sähe deutlich anders aus.

Blindflug geht wohl weiter

Mann im Anzug, der Euroscheine in die Jackentasche steckt. | Foto: Kiwiev, Lizenz: CC0 1.0

Natürlich ist es widersinnig, wenn eine Regierung dann Nichtregierungsorganisationen fördern will. Es ist ein Widerspruch in sich. Eine Organisation kann sich gerne fördern lassen, aber dann die gleichen Rechte zu bekommen wie echte Nichtregierungsorganisationen, macht keinen Sinn. Es bräuchte hier mehr Transparenz, die übrigens die seriösen NGOs – ob das N nun berechtig ist oder nicht – auch gar nicht fürchten müssen. Im Koalitionsvertrag liest man davon direkt nichts.

16 Mal spricht man von „Transparenz“. In direktem Zusammenhang mit NGOs steht das Wort dabei nicht. Man will auch 15 Mal etwas transparent oder sogar transparenter machen. In Bezug auf NGOs fällt auch dieses Wort nicht. Einzig in Bezug auf den Verbraucherschutz gibt es ein allgemeines Statement von „Transparenz und Information“ (Zeilen 1287-1288), das man natürlich auch auf die Nichtregierungsorganisationen beziehen kann. Die Frage ist, ob Union und SPD das auch tun werden.

Das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz soll allerdings in SPD-Hand. Das zumindest besagt der Koalitionsvertrag (Zeile 4567). Ebenso soll das Finanzministerium bei der SPD landen (Zeile 4566). Damit hat die Union wesentliche Ministerien zu diesem Thema nicht unter Kontrolle. Gleichzeitig hat die SPD aber die Möglichkeit eine Art Demokratiefördergesetz 2.0 auf den Weg zu bringen, was dann noch größere Probleme in diesem Bereich verursachen könnte. Diese Konstellation könnte für die Union zum Problem werden – nicht nur in Bezug auf die Glaubwürdigkeit der 551 Fragen.

Fragwürdiger Kampf gegen Desinformationen

Seit vielen Jahren deckt zoos.media schon Desinformationen auf. Den Staat hat es dazu nie gebraucht. Die schwarz-rote Koalition will nun eine „staatsferne Medienaufsicht“ „gegen Informationsmanipulation sowie Hass und Hetze vorgehen“ lassen (Zeilen 3930-3933). Das ist deshalb fatal, weil Hass generell nicht strafbar ist, Hetze nur im Zusammenhang mit Ehrdelikten, die der Justiz obliegen, und Informationsmanipulation ist ein weiterer, völlig beliebiger Begriff ist.

Wer jetzt denkt, dass es dann für die Tierrechtsindustrie eng werden könnte, ist wohl zu optimistisch. Durch solche beliebig definierbaren Begriffe kann ein Staat theoretisch alle unliebsamen Veröffentlichungen verbieten. Was dann aber unliebsam ist, hängt mehr von der Regierung ab als von allem anderen. Es gibt schon jetzt eine problematische Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland. Statt einen Rückbau, scheint man nun einen Ausbau gestalten zu wollen. Das ist gefährlich.

Zudem belastet die Situation in Deutschland schon jetzt die internationalen Beziehungen. Der Vizepräsident der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) hat die den Schutz Deutschlands durch die US-Kräfte mir der Redefreiheit verknüpft. Der Koalitionsvertrag ist somit also ein gewisses Spiel mit dem Feuer – auch international. Ohne den US-Schutz kann diese Koalition die Sicherheit des Landes nicht garantieren.

Nicht wirklich ernst zu nehmendes Interesse

Elefanten im Erlebnis-Zoo Hannover (2010) | Foto: Ukko.de, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Bisherige Regierungen haben es nicht geschafft, Informationsmanipulation, Hass und Hetze in den eigenen Reihen und/oder im Kreis der von ihr geförderten Organisationen zu beenden. Vielleicht sollte man erstmal damit beginnen. Die radikale Tierrechtsorganisation PETA manipuliert und verbreitet Hass und Hetze über Tierhalter. Trotzdem bezeichnet der Staat sie als „gemeinnützige Organisation.“

Wegen solcher Vorgänge ist auch das angebliche Interesse des Staates, gegen Desinformationen vorzugehen, nicht glaubhaft. Er billigt deren Verbreitung seit vielen Jahren und belohnt das noch. Teils geschieht das auch aus den direkten Reihen des Staates heraus. So ein echtes Interesse daran Desinformationen wirklich zu bekämpfen, scheint es nicht zu geben. Sonst hätten beide Parteien, die lange genug zusammen oder getrennt an der Regierung waren, längst anders gehandelt.

Es ist aber auch gar nicht die Aufgabe des Staates über die angebliche Wahrheit zu befinden. Das diskutiert die Gesellschaft. Daher gilt der alte Grundsatz, dass man auch der – platt gesagt – freundlichsten Regierung nur so viel Macht zubilligen sollte, wie man der unfreundlichsten schenken würde. Aus diesem Grund sollte der Staat zu keinem Zeitpunkt Kontrolle darüber haben, was unterhalb der Strafbarkeitsgrenze gesagt werden darf. Allein, was er mit Vergünstigung und Förderung bedenkt, soll er bestimmen dürfen. Schon daran hapert es in Deutschland aber offensichtlich.

„Der Katalog der gemeinnützigen Zwecke wird modernisiert.“

Euroscheine | Foto: Berthgmn, Lizenz: CC BY-SA 4.0

So kommt man dann auch zu einem weiteren, wichtigen Thema. Anscheinend strebt schwarz-rot an, das Gemeinnützigkeitsrechts zu reformieren: „Der Katalog der gemeinnützigen Zwecke wird modernisiert. Das Gemeinnützigkeitsrecht wird vereinfacht.“ (Zeilen 1489-1490) Kommt also endlich eine klare Abgrenzung von Tierschutz als förderbaren gemeinnützigen Zweck und dem Tierrechtsaktivismus, der definitiv nicht gemeinnützig ist? Diese Worte im Koalitionsvertrag nähren diese Hoffnung sicherlich.

Aber auch hier ist die Frage, ob Union und SPD das genauso sehen werden. So eine Reformation kann natürlich auch in die andere Richtung gehen. Hier kann man sich also auf intensive Lobbytätigkeit der Organisationen einstellen. Daher wird auch wichtig sein, wie sich die Tierhalter hier diesbezüglich aufstellen, damit die schwarz-rote Koalition ihnen kein faules Ei ins Nest legt. Somit heißt es auch, verstärkt diese Frage im Auge zu halten. Generell ist vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrags große Wachsamkeit geboten.

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