Belugas genießen die Interaktion mit den Trainerinnen im Vancouver Aquarium (2006) | Foto: pelican, Lizenz: CC BY-SA 2.0

Sea Life Oberhausen: Werbung für Tierquälerei mit TV-Bachelor

Exklusiv für zoos.media – 01.04.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

Im Sea Life Oberhausen wird nun der Vergnügungspark-Konzern Merlin Entertainments das tierquälerische Netzkäfig-Projekt des Beluga Sanctuarys bewerben – mit einem Ex-Protagonisten einer Dating Show auf RTL.

Sea Life Oberhausen: Werbung für Tierquälerei mit TV-Bachelor

Verbreitungsgebiet der Belugas (blau) und Island (mit rotem Pfeil makiert) | Originalbild (ohne Markierung): made by Pcb21 after Vardion, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Mit einem Promi aus dem Trash-TV macht nun das Oberhausener Sea Life Werbung für das Tierqual-Projekt in Island. Belugas werden dabei, fern ihres natürlichen Verbreitungsgebietes (siehe Abbildung) und unter tierqälerischem Zuchtstopp, in Netzkäfigen bis zu ihrem Tod dahinvegetieren. Verkauft wird das als “einzigartiges Projekt” und überschrieben mit “Zurück nach Hause in den Ozean”. Das ist schlicht falsch. Die Tiere stammen aus einem Gebiet tausende von Kilometern entfernt und Island ist auch kein natürliches Zuhause von Belugas generell. Das Netzkäfig-Projekt, dass man schönfärberisch “Sanctuary” oder auch im Deutschen “Refugium” nennt, könnte man als Lachnummer bezeichnen, wenn es hier nicht um das Leben von zwei wundervollen Belugas gehen würde, die eine tiergerechte Unterbringung verdient hätten. Das niedrige Walschutzrecht im Regierungsgebiet der Walfängernation macht aber solche Tierquälerei möglich.

Sea Life selbst hat jahrelang geleugnet mit der Haltung von Delfinen und anderen Walen etwas zu tun haben. Bei privaten Besuchen in vergangenen Jahren wurde gerade in Oberhausen sogar noch extra darauf hingewiesen, dass man gegen die Haltung von Cetaceen sei. Der letzte Besuch liegt schon zurück, weil auch das Wohlergehen der Tiere in dem Aquarium doch sehr fragwürdig ist, da es sich bei Sea Life in Oberhausen zum Beispiel nicht um ein akkreditiertes oder zertifiziertes Aquarium der EAZA, WAZA oder American Humane handelt.

Die Tiere können gar nicht ausgewildert werden

Der Werbe-Claim “Zurück nach Hause in den Ozean” suggeriert eine Auswilderung, die es nie geben wird, weil es sonst zu verbotener Fauna-Verfälschung des marinen Lebensraums in Island käme. Eine Auswilderung der Beluga-Weibchen Little Grey und Little White ist also nicht legal möglich. Was Merlin Entertaiments hier als Tierschutzprojekt verkauft, ist ein Luftschloss aufgeladen mit Desinformationen und Lügen.

Beluga-Refugium: Eine Lüge, die Kasse machen soll

Gekonnt verschweigt man auch, dass dieses Projekt bereits im Vorfeld des Transports einem Tier das Leben gekostet hat.

Beluga Jun Jun starb in der “Pflege” von Aktivisten

Nun müssen die zwei Weibchen in einer maximal unnatürlichen Gruppenkonstellation leben, denn soziale Cetaceen bilden keine Gruppen, die nur aus Weibchen bestehen. Das ist ein Grund, warum ein Zuchtstopp auch nicht möglich ist, da nur eine absolute Getrennthaltung der Geschlechter eine dauerhafte Empfängnisverhütung garantieren könnte, aber so eine Haltung ist und bleibt Tierquälerei, denn sie torpediert das Sozialleben dieser Tiere dauerhaft. Diese beiden Tiere brauchen Sozialkontakt in naturgetreuer Gruppenstruktur. Den könnten sie in einem akkreditierten und zertifizierten Aquarium oder Zoo finden, aber Merlin Entertainments will das nicht. Stattdessen missbraucht man diese Tiere zum Greenwashing, das die Delfinariengegner-Organisation WDC auch fleißig mit trägt.

Hoffnung auf Rettung

Beluga im Vancouver Aquarium | Foto: Stan Shebs, Lizenz: CC BY-SA 2.5

Man kann nur hoffen, dass die Tiere bald gerettet werden können und in die Obhut seriöser Tierhalter, die sich mit der Haltung von Belugas auskennen, überführt werden. Schon der weite Transport ist ein riesiges Risiko und die Unterbringung ist völlig suboptimal. Es handelt sich nämlich um die selbe Bucht wie beim gescheiterten “Free Willy”-Projekt. Nicht selten war es an Tagen gar nicht möglich, den Orca zu pflegen oder zu versorgen – ein riesigen Problem für Tiere, die auf tägliche Pflege angewiesen sind. Ein gestandener Orca mit einem guten Fettpolster in ihm bekannten klimatischen Bedingungen kann das hin und wieder mal ab, aber für die deutlich leichteren Belugas in einem ihnen komplett fremden Lebensraum kann das schnell zum Alptraum werden.

Ein weiteres Problem ist die mangelnde Transparenz des Projektes. Die wird sich auf Island wahrscheinlich noch verschlimmern, da man sich auf der Insel am sprichwörtlichen Allerwertesten der Welt befindet und zudem auch noch sehr schlecht zu erreichen ist. Versuche, überhaupt auf die Insel zu kommen, können bereits scheitern. Dort wird es zwar ein Besucherzentrum geben, aber eben keine Möglichkeit die Tiere unmittelbar von nahem zu begutachten. Ob es wirklich ordentliche staatliche Kontrollen geben wird, steht noch in den Sternen. Somit also an unabhängige Informationen zum Wohlergehen der Tiere zu kommen, ist nach bisherigem Stand nicht möglich. Man wird also kaum in Erfahrung bringen können wie es den Tieren wirklich geht, wenn sie mal dort sind. Zu optimistisch sollte man nicht sein, denn Merlin Entertainments hat nicht gerade bewiesen, sich gut um Belugas kümmern zu können.

Während sich echten Tierfreunden also die Haare zu Berge stellen, wenn man so ein Netzkäfig-Projekt vor sich hat, läuft die Marketing-Maschinerie des Vergnügungspark-Konzerns auf Hochtouren, um nur irgendwie mit diesem Luftschloss vor der Öffentlichkeit durchzukommen und Geld verdienen zu können. Das klappt bisher in der klassischen Presse sehr gut, was an einer komplett unkritischen Berichterstattung zum Thema liegt. Es wird einfach nur das wiedergekäut, was Unternehmen und verbundene NGOs so vom Stapel lassen. Ein Armutszeugnis für den Journalismus wie etwa hier beim RTL:

RTL berichtet von “Schutzbucht in Island”, die nicht existiert

So ist es dann natürlich auch irgendwie passend, wenn ein RTL-Bachelor den Kopf bei der Eröffnung in jede verfügbare Kamera hält. Sebastian Pannek ist durch Rosenverteilen im TV bekannt geworden, war als Kaufmann bei der DKV, Red Bull und Warsteiner und machte sich nach einem Sportstudium als Marketer gemeinsam mit seinem Onkel selbstständig. Die Trennung von seiner Auserwählten gab er über Instagram bekannt, was aber für die TV-Zuschauer sicherlich keine Überraschung ist, nutzen die meisten Teilnehmer das RTL-Format sowieso nur, um eine Karriere in den Medien aufzubauen und bekannter zu werden. Pannek, dessen jüngste Veröffentlichung daraus besteht, sich mit einer Drohne beim Ausziehen und anschließendem Springen in einen Pool auf Mallorca filmen zu lassen, ist natürlich kein Experte für Meerestiere. Echte Experten sind nämlich mehr als skeptisch, was dieses Projekt betrifft:

Das Beluga “Refugium” von Merlin Entertainments löst Stirnrunzeln aus

Letztendlich kann man nur auf ein rasches Ende des Projekts hoffen, sodass die Tiere in professionelle Menschenobhut kommen und in einer akkreditierten und zertifizierten Haltung mit Artgenossen ein schönes Leben geschenkt bekommen. In der Obhut von Merlin Entertainments wird dies aber, so wie es aktuell aussieht, nicht möglich sein. Deshalb bleibt dieser Appell der Seite dolphinaria.truth hoffentlich nicht ungehört:

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