Der Sprogø Vindmølle Park nördlich der Great Belt Bridge (2010) | Foto: Fxp42, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Sind Sonne & Wind in Deutschland grundlastfähig?

Exklusiv für zoos.media – 14.11.2022. Autor: Philipp J. Kroiß

Der Ausbau der Stromgewinnung aus Sonne und Wind wird politisch vorangetrieben, obgleich die Technologien weit entfernt davon sind, grundlastfähig zu sein. Das zeigt einfachste Mathematik.

Sind Sonne & Wind in Deutschland grundlastfähig?

Der Ausbau der so genannten “Erneuerbaren” wir propagiert und vorangetrieben. Immer wieder wird so getan, als sei die Anzahl an Windrädern und Sonnenkollektoren das Problem. Das alles wird mit viel Ideologie, Moral und sonstigen großen Begriffen aufgeladen, um kritische Stimmen, die etwa auf den Schaden, den die Gerätschaften auch für die Natur anrichten, hinweisen, zum Schweigen zu bringen. In Wahrheit aber, liegt das Problem ganz woanders.

Man könnte Deutschland aktuell mit Solarkollektoren zupflastern und könnte nicht für eine zuverlässige Stromversorgung garantieren. Man könnte die gesetzlichen Abstände zwischen Windrädern auf 0 reduzieren und könnte trotzdem ganz Deutschland nicht versorgen. Es ist ein Märchen der Industrie, dass es an zu wenigen Geräten liegt. Dahinter steckt klares Verkaufsinteresse, denn man lenkt damit vom Elefanten im Raum ab.

Nach 40 Minuten ist Schluss

Hochspeicherbecken II der Edertalsperre | Foto: Wolkenkratzer, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Der sprichwörtliche Casus knack­sus ist nämlich die Speicherkapazität. Die Sonne scheint nicht ständig und der Wind weht nicht andauernd. Zudem sind die jeweiligen Intensitäten von Sonne und Wind nicht immer in dem Sweetspot, in dem sich gut produzieren lässt. In diesen Zeiten von Mangel muss man dann auf Speicher zurückgreifen. In Deutschland kann man aber nur, laut Schätzungen der Bundesnetzagentur, 40 Gigawattstunden speichern – das ergab 2021 eine kleine Anfrage der FDP an die Bundesregierung. Die reichen dann aber nur für rund 40 Minuten.

In winterlichen Abendstunden zum Beispiel ist die Leistung, die durch Sonne und Wind eingespeist wird, gering, der insgesamte Energiebedarf aber hoch – zu Spitzenzeiten sogar über 70 Gigawatt. Da kann man dann so viele Windräder bauen (ein Atomkraftwerk erzeugt ungefähr die die Leistung vom 3.000 Windrädern im Jahr) wie man will, wenn man es nicht speichern kann, bringt es nichts.

Damit also in Deutschland nicht die Lampen ausgehen, wird man teuer Strom aus dem Ausland zukaufen müssen und ob der dann aus Wind- oder Solarquellen kommt, darf bezweifelt werden. Genauso muss man in Zweifel ziehen, ob diese Länder ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt überhaupt genug Leistung zur Verfügung stellen können, um ein Land wie Deutschland “nebenbei” zu betreiben. Man bräuchte also Energiespeicher im Terrawattstunden-Bereich, um Engpässe in Deutschland entsprechend selbst puffern zu können. Solche Speichersysteme existieren nicht.

Mathematik statt Ideologie

Es ist also völlig egal, wie man zu Wind- und Solarenergie steht: es ist schlicht keine Frage von Ideologie. Wären die Kraftwerke, wie geplant, abgeschaltet worden, wären zu Beginn des Jahres 2023 noch 66 Gigawatt grundlastfähige Kraftwerksleistung am Netz gewesen, in einem Land, in dem es zu Spitzenzeiten einen Verbrauch von rund 74 Gigawatt gibt.

Jetzt hat man den geplanten “Ausstieg” wegen der aktuellen Energiekrise auf Mitte April verschoben – allerdings ohne dieses Loch an Leistung in irgendeiner Weise stopfen zu können oder gar überhaupt zu wollen. Dieser Weg führt aber in Blackouts und / oder massiv verteuerte Energiekosten. Das ist der Fall auch ohne die Ukrainekrise, der man die aktuelle Energiekrise zu gerne monokausal anlasten will. Die Politik arbeitet seit Jahren an ideologiebasierter und somit künstlicher Verknappung von Kapazitäten.

Diese Rechnung mathematisch zu bewältigen, braucht nicht die hohe Kunst der Mathematik. Es reichen Grundrechenarten. Die ideologischen Grabenkämpfe, die aber aktuell politisch, gesellschaftlich und medial ausgefochten werden, ignorieren diesen Elefanten im Raum. Man fragt sich ständig, wie man mehr Anlagen bauen kann, aber da liegt der sprichwörtliche Hase nicht im Pfeffer. Das ist gar nicht das eigentliche Problem.

Speichertechnologie problematisch

Pumpspeicherkraftwerk Niederwartha | Foto: Jbergner, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Die einzige Technologie, mit der man einigermaßen viel Energie speichern kann, sind aktuell so genannte Pumpspeicherkraftwerke. Die kann man sich vereinfacht so vorstellen wie ihre wohlbekannten vorindustriellen Vorgänger: die Windmühlen. Man pumpt Wasser mit Energie in ein höher gelegenes Reservoir und durch das Ablassen entsteht Energie, die man dann nutzen kann. Das ist das Prinzip sehr vereinfacht erklärt.

Wenn man nun allerdings viel Energie speichern will, braucht man nicht nur viel Wasser, sondern auch viel Platz um das Wasser zu lagern, das man im Bedarfsfall nutzen will. Dadurch ist man schon mal recht eingeschränkt, was Neubauten anbelangt. Zumal sind die Pumpspeicherkraftwerke aktuell unwirtschaftlich – wie übrigens jede Form der Energietechnologie ohne staatliche Förderung. Aktuell ist es aber so, dass die stabilisierende Funktion der Anlagen nicht hinreichend honoriert wird.

Aus diesen Gründen kann man auch nicht realistisch erwarten, dass die Speicherleistung sich in Deutschland in absehbarer Zeit signifikant erhöht. Also schlittert man mit der Energiewende quasi schon vorher aus der Kurve. Dieses Projekt, für das der Steuerzahler massiv zur Kasse geboten wird, ist ungefähr so erfolgversprechend wie sich bei Glatteis mit Sommerreifen voll in die Kurve zu legen.

Natur- und Artenschutz braucht Energie

Borneo-Taubwaran (Lanthanotus borneensis) | Foto: Chien C. Lee, Wild Borneo Photography, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Für Zoos und Aquarien werden steigende Energiepreise und Versorgungsunsicherheiten zum massiven Problem. Das trifft weniger die durchaus winterharten Großsäuger, aber vielmehr die kleinen, verletzlicheren Arten im Bereich der Terraristik und Aquaristik. Diese Arten zu retten, ist für die Ökosysteme von großer Wichtigkeit, aber ihre Haltung ist sehr energieintensiv: die richtige Temperatur, die richtige Luftfeuchtigkeit, die richtigen Wasserwerte und viele andere Parameter werden durch Geräte erzeugt, die mit Strom betrieben werden müssen.

2018 gab es im südafrikanischen Winter 25 Zentimeter Neuschnee und plötzlich standen Giraffen und Co. in der Natur im Schnee. Bei solchen Tiere, die also auch mal einen kälteren Winter in der Natur erleben, ist die Kälte zwar für keinen der beteiligten schön, aber viel erträglicher als für kleine Frösche, Echsen oder Fische, die schlicht sterben oder sich nicht fortpflanzen können, wenn die Systeme nicht mehr richtig laufen können. Gerade für Häuser, die sich auf diese Tiergruppen spezialisiert haben, wird es schwer.

Die Rechenfehler der Politik könnten als für den angeblichen Anlass, wegen denen man sie zu ignorieren versucht, den Schutz der Natur, sehr toxisch werden. Zumal ja auch gerade bei den kleineren, aquaristisch und terraristrisch vor dem Aussterben zu bewahrenden Arten die Privathalter eine große Stütze der Erhaltungszucht sind. Wenn es für sie zu teuer wird, wird es auch für die Zoos und Aquarien nochmal schwerer. Wer sich Fakten so verweigert, wie die Politik aktuell, spielt also am Ende mit vielen Leben.

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