Foosa-Baby in der Zuchtstation des Zoo Duisburg | Foto: zoos.media

“Vegan ist ungesund” verbreitet Populismus über Zoos

Exklusiv für zoos.media – 18.04.2018. Autor: Philipp J. Kroiß

Die “Blogger” Gordon Prox und Aljosha Muttardi haben sich auf ihrem YouTube-Kanal “Vegan ist ungesund” über Zoos ausgelassen und dabei schlicht nicht die Wahrheit, sondern offenbar lieber Desinformationen verbreitet. Dieser Artikel klärt darüber auf und beleuchtet auch die Hintergründe.

“Vegan ist ungesund” verbreitet Populismus über Zoos

Gordon Prox und Aljosha Muttardi versuchten auf ihrem YouTube-Kanal “Vegan ist ungesund” mal wieder unterhaltsam die vegane Lebensweise an die Frau und den Mann zu bringen. Der von PETA fleißig gepuschte Kanal ließ sich aber diesmal nicht über vegane Ernährung aus, die er, anders als der Name vermuten lässt, promotet, sondern über Zoos . Dabei haben sich die beiden aber von der Wahrheit nicht beeinflussen lassen, sondern wiederholten im großen und ganzen den Populismus, den man von Tierrechtsorganisationen wie PETA kennt.

Esel beißt Moderator im Zoo in seinen “Nippel”

Offenbar finden die beiden Moderatoren es irgendwo zwischen geistreich und witzig, die Geschichte zu erzählen, dass Aljosha Muttardi bei einem Zoobesuch von einem Esel in seinen Nippel gebissen wurde. Egal, ob das jetzt ausgedacht ist oder nicht, ist das in beiden Fällen verstörend und zeigt auch gleich wie viel Sinnvolles sie zum Thema beizutragen haben.

Danach drückt man Bedauern aus, dass dieses Thema kontrovers sei, verspricht aber Licht in die Sache zu bringen. Wer die Einleitung gelesen hat, weiß, dass dies nicht gelingt, aber deren Populismus ist natürlich ein sehr guter Anlass, echte Fakten sprechen zu lassen. Kleine Notiz am Rande: Ein Einspieler mit dem abgegriffenen Wortspiel “What the fact?” darf natürlich in einer Sendung, die so bemüht hip und witzig sein will, dass sie nicht bemerkt hat, dass dieses Wortspiel zuletzt Leute interessant und innovativ fanden, als die aktuellen Jahreszahlen noch mit einer eins begannen, nicht fehlen.

Im Zoo kann man was lernen?

Besucher bewundern im Georgia Aquarium eine Installation, die ein tropisches Riff zeigt. | Foto: jimmyweee, Lizenz: CC BY 2.0

Die richtige Antwort wäre: Ja. Das hat nämlich auch die jüngste Studie zu diesem Thema, Moss et al. (2017), wieder mal nachgewiesen. Wie bei Zoogegnern üblich, wird so getan, als gebe es diese und weitere Studien mit ähnlichem Ergebnis gar nicht. Erwähnt wird nur eine [sic!] Studie aus dem Jahr 2014 über den Zoo in London – allerdings ohne hinreichende Quellenangabe. Welche Studie also gemeint ist, bleibt unklar.

Macht man sich auf die Suche nach einer solchen Studie zu diesem Thema im Londoner Zoo, stößt man auf die von Eric Jensen, der in seiner erklärt:

Insgesamt zeigen meine Ergebnisse den potenziellen Bildungswert von Zoos für Kinder. […] Diese Ergebnisse unterstützen ein theoretisches Modell des erhaltungsbiologischen Lernens, das Naturschutzpädagogen als Werkzeugmacher einsetzt, die konzeptionelle Ressourcen entwickeln, um das Verständnis der Kinder für die Wissenschaft zu verbessern.

Diese Studie belegt somit den Bildungswert von Zoos. Bei 41% der geführten Besuche und 34% der ungeführten Besuche ergaben sich messbare Lernerfolge. Geringfügige negative Veränderungen fand man bei den Kindern, die ungeführt den Zoo besuchten. Diese Studie über den Zoo in London stärkt also vielmehr den Bildungsstandort Zoo und inbesondere die Zoopädagogik und widerlegt den Bildungswert von Zoos in keinem Wort.

Diese, gelinde gesagt, schwache faktische Basis wird dann emotional aufgeladen. Musik, Wort und Bild sind völlig darauf ausgelegt, mit nachgewiesenermaßen falschen Platitüden, Mitleid für die angeblich armen Tiere im Zoo beim Zuschauer zu etablieren.
Wie sowas funktioniert zeigen wir in diesem Video:

Der Vorwurf: Geld

Zoos wären ja Unternehmen und die wollten ja Geld verdienen – ebenfalls ein klassischer Vorwurf, den Gordon Prox und Aljosha Muttardi offenbar unhinterfragt reproduzieren. Der ignoriert natürlich, dass in Deutschland viele Zoos städtische Kulturunternehmen sind und keine klassischen Wirtschaftsunternehmen wie es die beiden im Video darstellen. Zweifelsohne gibt es natürlich auch private Zoos, die natürlich auch ihre Betriebskosten decken müssen und das geht nur mit Geld. Zoos finanzieren und ermöglichen allerdings ja auch Erhaltungszucht, Forschung, Edukation und Schutzprojekte – das gibt es nämlich alles auch nicht umsonst.

Schwarzfußiltis im Zoo von Louisville (2009) | Foto: Ltshears, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Es ist naiv zu denken, dass man ohne Zoos das Geld aufbringen könnte, was diese Einrichtungen aktuell in Erhaltungszucht, Forschung, Edukation und Schutzprojekte stecken. Ohne Zoos, wären viele Tierarten bereits ausgestorben. Arten wie den Schwarzfußiltis gäbe es ohne Zoos heute nicht mehr; sie wären für alle Zeit verloren. Ermöglicht werden solche Projekte durch zwei Dinge: einmal Geld und zweitens aber auch ganz unbezahlbare Dinge, die Zoos beisteuern wie Haltungserfahrung, Zuchtexpertise und sonstiges Know-How, das es ohne sie nicht geben würde. Großartigen Gewinn macht man mit einem Zoo nicht – für Städte sind diese Zentren für Edukation, Forschung und Artenschutz hin und wieder auch mal Zuschussgeschäfte – ganz ähnlich wie andere Kultureinrichtungen. Allerdings müssen sie meist deutlich weniger subventioniert werden als zum Beispiel Theater, sind aber die in den meisten Fällen auch die besucherstärksten kulturellen Einrichtungen.

Gordon Prox und Aljosha Muttardi verkaufen im Video ihre Privattheorie, dass man an der Versorgung der Tiere sparen würde. An den Tieren zu sparen ist meist aufgrund der Vorschriften zur Akkreditierung in den Zoo-Organisationen kaum möglich, weil es selten wirklich Spielraum gibt, der sich finanziell so stark bemerkbar machen würde, dass es wirklich etwas bringt. Bei jedem Zoo wäre “da oben jemand”, der allein auf die Zahlen schauen würde, behaupten die zwei Moderatoren des YouTube-Kanals “Vegan ist ungesund”. Belegen können die beiden das nicht, sondern weisen auf angebliche Misstände bei Haltungen der AZA hin – konkret benennen, können sie aber nicht einen Missstand. Zusammenhanglos wird ein Video eingestreut, das einen Bär zeigt, der auf einem Baumstamm einmal nach rechts läuft, wendet und dann nach links läuft – ganz so als wäre ein Wendemanöver eines Bären auf einem Baumstamm ein Hinweis auf schlechte Haltung.

“Psychosen im Zoo”

Der Kölner Elefantenpark | Foto: zoos.media

In Tierrechtskreisen unterstellt man Tieren immer wieder Psychosen. Als scheinbaren Beleg wird dafür dann meistens ein Video herangezogen, das angebliche Verhaltensstörungen zeigen soll. Moderne Zoos und Aquarien nehmen auch Tiere aus schlechter Haltung auf, die unter bestimmten Umständen auch Verhaltensstörungen mitbringen können, die man nicht mehr abtrainiert bekommt. Zoogegner nutzen das aus und lasten das den Zoos an, obgleich die für die Entwicklung der Verhaltensstörung nicht verantwortlich waren. Oft aber werden auch Verhalten missinterpretiert: da wird anticipatory pleasure plötzlich zu einem Ausdruck von angeblichem Leid.

In der Privattheorie von Gordon Prox und Aljosha Muttardi kommt das dadurch, weil ja Zoogehege nicht so groß seien wie der Aktionsraum der Tiere in der Wildbahn. Die Zootierhaltung vergleichen sie dabei völlig sinnlos mit Hausarrest. Als Beispiel herhalten müssen, wie so oft bei Zoogegnern. wieder mal Elefanten. Diese würden bis zu 75 Kilometer am Tag laufen können, aber im Zoo hätten sie ja keinen Platz, berichten die Moderator larmoyant. Auch hier wird einfach über den Forschungsstand hinweggequatscht: Wenn in der Wildbahn alle Bedürfnisse erfüllt werden, wandern die Tiere einen halben Kilometer pro Tag. Wenn dem nicht so ist, hat man eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 3,2 km/d für Asiatische Elefanten und 12 km/d für ihre Afrikanischen Verwandten. Diese wissenschaftlich bewiesene Tatsache wird natürlich verschwiegen und stattdessen weiter emotionalisiert.

Gepardin Sarah rennt im Cincinnati Zoo and Botanical Garden | Foto: Gregory Wilson, Lizenz: CC BY 3.0

Anschließend müssen Geparden herhalten, die ja in Zoos nicht einfach mal sprinten könnten. Geparden sprinten zweifelsohne in der Natur und diese Art der Jagd bedeutet für sie sogar nicht selten Lebensgefahr. Im Zoo müssen sie das nicht, sie sprinten trotzdem, aber im Rahmen von Spielverhalten und nicht in einem Maße, sodass es es ihr Leben bedrohen würde.
Manche moderne Zoos bieten im Rahmen von edukativen Präsentationen einen Sprint der Tiere an, die dazu in freiem Kontakt gehalten werden. Auch hierbei steht die Gesundheit der Tiere im Vordergrund und sie nehmen daran ausschließlich freiwillig teil.
In modernen Zoos können die Tiere also dieses Verhalten in für sie gesundem Rahmen ausleben. Sie werden im Zoo, anders als in der Natur, nicht durch eine immer geringer werdendes Nahrungsangebot zu immer waghalsigeren Sprints gezwungen.

Psychosen konnten die beiden nicht nachweisen und auch keine Gründe, warum sich diese in modernen Zootierhaltungen entwickeln sollten. Trotzdem reiten sie weiter darauf rum und behaupten dann, sie hätten “viel Theorie gedroppt” und würden nun zu den Fakten kommen.

“Artenerhaltung! Artenerhaltung!”

Przewalski-Pferde im Zoo Köln: Modernen Zoos auf der ganzen Welt ist es zu verdanken, dass diese Art überlebt hat. | Foto: zoos.media

Nun kommt die kühnste Behauptung: das Leugnen der Arterhaltung durch Zoos. Es würde ja, wenn überhaupt, nur ein geringer Teil von Zoos in Arterhaltung investiert. In der EU erhält ein Zoo nur eine Betriebserlaubnis, wenn er Erhaltungsmaßnahmen finanziert – das legt die Richtlinie 1999/22/EG des Rates über die Haltung von Wildtieren in Zoos ganz klar fest.

Ein Zoo ohne Arten- und Naturschutz in der EU ist so nicht möglich. Auch im Bereich sämtlicher seriöser Akkreditierungen oder Zertifikaten wird ein entsprechendes Engagement der Zoos gefordert. Kein Zoo wird akkreditiertes Mitglied in seriösen Zooverbänden ohne Arten und ihre Lebensräume zu schützen. Bei Gordon Prox und Aljosha Muttardi harpert es also schon an dem grundsätzlichen Wissen über Zoos und ihren Betrieb.

Die, die es tun würden, würden nur einen minimalen Teil geben, behauptet man im Video von “Vegan ist ungesund”. Wie klein dieser angeblich minimale Teil ist, zeigt die AZA, deren Mitglieder 216.000.000 Conservation-Dollars pro Jahr aufbringen und in den Natur- und Artenschutz allein in monetärer Form geben – dazu kommt zusätzlich der mit Geld nicht aufzuwiegende Anteil. Grundlagenforschung zum Beispiel finanziert einen Erkenntnisgewinn, den man in Geldbeträgen nicht ausdrücken kann, der aber viele Schutzprojekte überhaupt erst möglich macht.

Rothschild-Giraffen im Zoo Olomouc – die Art ist bedroht und wird von Zoos erhalten, erforscht und geschützt. | Foto: Korinek, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Nun prahlen die beiden, sie würden schockierende Zahlen präsentieren. 90% der Tiere in europäischen Zoos wären nicht vom Aussterben bedroht – das behauptet auch die Seite vegansociety.com, nennt aber, wie die beidenn keinerlei Quelle dazu. Woher diese Zahl ist, lässt sich nicht ermitteln und somit ebenso wenig ihr Zutreffen. Zudem ist die Formulierung ja schon schief – 90% der Tiere ist ja nicht entscheidend. Interessant wäre er Anteil der Arten, die Zoos halten in Bezug auf die verschiedenen Bedrohungsklassifikationen der IUCN. Zudem ist es ja sinnvoll auch Tiere zu halten, die bereits bedroht sind, aber noch nicht ciritically endangered, damit man Schlimmeres verhindern kann, bevor es fünf vor zwölf ist.
Dazu muss man zudem bedenken, dass moderne Zoos und Aquarien auch Arten zeigen, die noch noch nicht insgesamt bedroht sind, aber bei denen es einzelne Populationen sehr wohl sind. Hinzu kommt noch, dass die Tiere auch Botschafter ihrer Art und ihres Lebensraumes sind, man also nicht nur die eine Art, die man zeigt, isoliert schützt und bedrohte Mitbewohner des gleichen Lebensraumes nicht.
Man sieht also schon an der Aufbereitung dieses angeblichen Faktes, dass man hier desinformieren, statt informieren will.

Giraffen im Metro Richmond Zoo | Foto: Agadant, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Anschließend geht es um Überschuss an Tieren, die Zoos angeblich töten würden. Belegen wollen die beiden das mit einem Interview des Kopenhagener Zoodirektors zum Fall Marius und mit einer Zahl: 5.000 überschüssige Tiere würden allein in europäischen Zoos deshalb getötet. Das ist eine Lüge.
Diese Zahl tauchte im Rahmen der Berichterstattung um den Fall Marius auf. PETA spricht von 3.000 bis 5.000 Tiere und bezieht sich dabei auf eine BBC2-Dokumentation. Die BBC nennt Dr. Lesley Dickie als Quelle. Sie wir zitiert: “Das ist unsere Schätzung für alle Tiere, die in Zoos eingeschläfert werden, von Kaulquappe bis zur Giraffe.” Weniger als ein paar hundert davon wären große Tiere wie etwa Großkatzen, Bären und Giraffen.

Innerhalb der EAZA ist Euthanasie nur erlaubt, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, was die BBC auch eigentlich nachvollziehbar erklärt hat: Wenn das Tier eine Gefahr für Menschen darstellt, es an einer Krankheit leidet, wenn das Tier sonst in tierquälerische Haltung käme oder die fortdauernde Anwesenheit eines einzelnen Tieres die natürliche Dynamik einer Gruppe und / oder die demographische oder genetische Gesundheit und Entwicklung eines EAZA-genehmigten Ex-situ-Erhaltungsprogramms stört. Dann und nur dann schläfern EAZA-Mitglieder die Tiere ein und unter Zusammennahme all dieser Gründe kommt man in den rund 340 Mitgliederzoos auf etwa 3.000 bis 5.000 Tiere pro Jahr. Es handelt sich also nicht um “überzählige” Tiere, sondern um die gesamte Anzahl an Tieren die auf Basis anerkannter Indikationen eingeschläfert wurden.
Somit ist es nicht so wie die beiden hier dem Zuschauer weiß machen wollen. Sie nutzen diese glasklare Lüge allerdings, um wieder auf ihr Geld-Thema zurückzukommen. Irgendwie scheint Geld ein Thema zu sein, das sie sehr bewegt und deshalb nehmen wir das zum Anlass, das im Bezug auf ihren YouTube-Kanal am Ende des Artikels zu beleuchten.

Zucht und Auswilderung

Der junge Panda Xiao Liwu im Alter von etwa einem Jahr Zoo von San Diego | Foto: Johann Balleis, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Zoos sind laut den beiden Vegan-YouTubern Gordon Prox und Aljosha Muttardi ineffektiv. Für diese steile, aber längst widerlegte These, nennen sie eine Zahl: 5 . Vierhundert Pandas wären von Zoos gezüchtet worden, 5 wären ausgewildert worden und drei hätten überlebt. Es ist immer wieder eine Steilvorlage, wenn Tierrechtler versuchen mit Pandas gegen Zoos zu hetzen, denn es funktioniert nicht, wie wir bereits in einem anderen Fall nachweisen konnten.

Woran misst man den Erfolg eines Artenschutzvorhabens? Wie jeder weiß: an Populationszahlen in der Natur. Das Pandaschutzprojekt war und ist ein riesiges Projekt, das nicht primär die Auswilderung der gezüchteten Tiere zum Ziel hat – sie sind in erster Linie eine Back-Up-Population.
Der Aufbau eine Zoopopulation hat dringend notwendige Forschung und darauf basierende Edukations- und Naturschutzprojekte ermöglicht und zudem auch finanziert. Daraufhin konnte man die Tiere so effektiv schützen, dass ihre Populationsgröße anstieg und deshalb ihr Bedrohungsstatus sank: von “endangered” auf “vulnerable”. Man hat also die drohende Klassifikation auf “critically endangered” nicht nur abgewendet, sondern die Situation der Tiere sogar deutlich so verbessert, dass sie nun deutlich weniger bedroht sind als vorher.

Pandamutter Jungtier (10 Monate) im Tiergarten Schönbrunn Wien | Foto: Manfred Werner / Tsui, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Das komplette Projekt ist im Wesentlichen ein Zoo-Projekt: es wurde von einem Zoo gestartet, dann ausgegründet und die ganze Zeit massiv von Zoos unterstützt. Es schlossen sich sehr sinnvollerweise auch andere Arten- und Naturschutzorganisationen an mit denen es eine gute Kooperation gab und gibt. Fest steht allerdings: Ohne Zoos hätte es dieses Projekt weder gegeben, noch wäre es so erfolgreich gewesen. Es ist also völlig lächerlich zu versuchen mit der Erfolgsgeschichte des Schutzes des Großen Panda, Zoos Ineffizienz nachweisen zu wollen. Somit passt es gut zu dem Video von Gordon Prox und Aljosha Muttardi, es trotzdem zu versuchen.

Und so endet auch dann der argumentative Teil des Videos wie begonnen hat: Mit puren Desinformationen, kruden Privattheorien und einer “Argumentation” gegen jeden Forschungsstand. Zu diesem Aufleugnen der Realität in Zoos passte natürlich auch die ständige Verwendung des Begriffs “Gefangenschaft”, der an der Realität komplett vorbeigeht, weil moderne Zootierhaltung mit Gefangenschaft rein gar nichts zu tun hat. Mit diesem veralteten Begriff wollen Zoogegner gerne ihre Rezipienten in eine bestimmte Richtung beeinflussen, während sie aus der modernen Wissenschaft zu Recht mehr und mehr verschwindet.

Die Lösung von “Vegan ist ungesund”: Nicht mehr in Zoos gehen

Bengal-Tiger im Bannerghatta Biological Park, der für die Born Free Foundation eine Tigerhaltung betreibt. | Foto: Pawan Kr Dwivedi, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Gordon Prox und Aljosha Muttardi schlagen zum Ende des Videos vor, umfassenden Tier-, Arten- und Naturschutz, der nachweislich nur mit Zoos und Aquarien erfolgreich möglich ist, nicht mehr zu unterstützen, da sie den Zuschauern nahelegen, diese Einrichtungen nicht mehr zu besuchen. Stattdessen schlagen sie Lebenshöfe, Auffangstationen und auch Ökotourismus vor, der erwiesenermaßen mehr schadet als nützt – wie etwa das Beispiel Whale Watching zeigt.

Bei diesen Unternehmen sind sie dann allerdings absolut unkritisch bezüglich ihres “Problems” des Geldverdienen, denn auch diese Unternehmen(, die sie auch sind, wenn die beiden schon jeden Zoo, unabhängig davon wie er tatsächlich betrieben wird, als Unternehmen bezeichnen,) finanzieren sich nicht aus Luft und Liebe, sondern durch Geld. Da scheint das dann plötzlich kein Problem mehr zu sein.

Abgesehen von den argumentativen und inhaltlichen Defiziten, muss man aber auch den Kanal “Vegan ist ungesund”, den Gordon Prox und Aljosha Muttardi da seit auf YouTube und Facebook betreiben, an sich hinterfragen.

Wer und was steckt hinter “Vegan ist ungesund”?

Etwas, das nach dieser inhaltlichen Analyse keine Überraschung mehr sein sollte, ist, dass beide keine Zoologen, Biologen oder sonstige Experten sind. Keiner von beiden hat irgendeine Expertise zum Bereich Zootierhaltung vorzuweisen und sie selbst sagten ja auch am Anfang des Videos, dass sie sich alles andere als zu Zoobesuchern zu zählen.

Aljosha Muttardi kommt aus dem human-medizinischen Bereich und beschäftigt sich mit Themen wie “Arzneimittel bei chronischer Herzinsuffizienz in der Hausarztpraxis”. Gordon Prox kommt aus dem Bereich des Social Media Marketing. Er war von  bis Facelift brand building technologies GmbH. Die arbeitet mir zertifizierten Partner zusammen, diese “entwickeln kreative Strategien und Konzepte und setzen diese effizient um. Sie kümmern sich um Community-Management und das Aussteuern von Werbekampagnen.” Einer dieser Partner ist Havas Worldwide. Diese Agentur ist für ihre Zusammenarbeit mit der radikalen Tierrechtsorganisation PETA in Bezug auf den Mashable-Skandal bekannt geworden – PETA selbst hat die Zusammenarbeit gegenüber adweek.com bestätigt. Der Kanal “Vegan ist ungesund” startete im Oktober 2016. Im September 2017 gab er die Stelle als Account Manager auf und kümmerte sich fortan als “Blogger” um den Kanal, der wohl offiziell über eine GbR läuft.

Ausgelegt ist der Account inhaltlich darauf, die vegane Lebensweise zu promoten. Massiv gepusht werden sie – Überraschung! – von PETA. Die pushen nicht nur ihre Videos, sondern haben die beiden auch im Juli 2017 mit dem “Progress Award” ausgezeichnet. Das war rund einem Monat nach dem Skandal um das Fake-Video, das man bei PETA USA zusammen mit dem Partner von Prox’ Arbeitgeber tüchtig gegen die Wand gefahren hat. Es ist immer wieder interessant, wenn man bei Preisverleihungen mal hinter die Kulissen schaut und nachvollzieht wie Geschäftsbeziehung von Auszeichner und Ausgezeichnetem so sind – das lohnt sich fast immer.

Das Video über Zoos wurde übrigens monetarisiert – so bekamen wir vor dem Video Werbung zu sehen. Übrigens Werbung für die Eiscreme von Magnum mit einer Einstellung von Milch, die für die Eisherstellung mit Schokoladenstücken verrührt wird (Belegscreenshot vorhanden). Also vegan sind die Werbeeinnahmen des Kanals wohl nicht wirklich. Die belaufen sich, so schätzt Social Blade heute, auf jährlich zwischen 549 und 8.800 € .

Würde man nun ihre eigene, widersinnige Argumentation auf sie anwenden, das ein Unternehmen ja nur auf Gewinnmaximierung aus wäre, könnte man entsprechend behaupten, dass ihre Desinformationen im Video sich so begründen lassen: man muss halt Geld verdienen. So kommt dieses ausladend abgehandelte Geld-Argument wie ein Bumerang zu den beiden zurück und zeigt so wie absurd es ist, einem wie auch immer gearteten Projekt vorzuwerfen, dass es sich finanzieren muss. (Sicherlich gesondert zu hinterfragen sind die Herkünfte der Geldströme. Wie glaubwürdig ist es für einen Kanal, der Veganismus protegiert, trotzdem Werbeeinnahmen mit der Werbung nicht-veganer Produkte zu erzielen?)

Strategisch ist das Video zur Gewinnmaximierung auch zweifelsohne geschickt gewählt, da man laut Social Blade, in den letzten 30 Tagen über 20% weniger Abonnenten gewann als in den dreißig Tagen zuvor, versucht man nun, das Publikum mit dem neuen Thema Anti-Zoo-Populismus zu erweitern. Besonders erfolgreich war das nicht, denn trotz über 10.000 Views am Veröffentlichungstag, gab es nur 67 Neuabonnenten, was nur knapp über dem aktuellen Tagesdurchschnitt von 62 Neuabonnenten liegt. Wirklich erfolgreich war man mit diesem plumpen Anti-Zoo-Video also nicht gerade.

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