Zahlreiche Besucher genießen die edukative Präsentation der Großen Tümmler im Tiergarten Nürnberg. | Foto: Jed, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

Zoos sind keine “Minderheitenbespaßung”

Exklusiv für zoos.media – 17.08.2020. Autor: Philipp J. Kroiß

“Zoos sind Minderheitenbespaßung”, titelte der hpd und desinformiert. Wie es wirklich aussieht, erklärt dieser Artikel anhand seriös ermittelter Zahlen und Umfragen.

Zoos sind keine “Minderheitenbespaßung”

Der so genannte “Humanistische Pressedienst” (hpd), der 2006 auf Initiative der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) und des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD) gegründet wurde, veröffentlichte einen Bericht von Colin Goldner, in dem der Vertreter des deutschen Great Ape Projects (GAP), ebenfalls ein Projekt der gbs, behauptete, dass Zoos eine “Minderheitenbespaßung” seien. Der Artikel stützt sich dabei auf eine “repräsentative YouGov-Untersuchung” und versucht damit die Ergebnisse der Forsa-Studie anzugreifen, über die wir berichtet haben.

VdZ präsentiert Studie zur Beliebtheit von Zoos & Aquarien

YouGov ist nicht immer seriöse Quelle

Nashornbaby Ebun im Allwetterzoo Münster (2009) | Foto: Nils Dietrich

Zwar gibt es bei YouGov durchaus zutreffende Umfrage-Ergebnisse, aber gerade bei dieser Plattform lohnt es sich sehr skeptisch zu bleiben, denn sie ist von der Seriosität von etwa Forsa meilenweit entfernt. Wir haben darüber bereits 2017 berichtet:

YouGov funktioniert im Groben so, dass sich Menschen im Internet anmelden und Fragen beantworten. Menschen ohne Internetanschluss und Wissen von der Webseite können freilich nicht teilnehmen.
Wer einfach auf “Mitmachen” klickt, kann Fragen beantworten. Klickt man etwa das Thema Trend-Tiere an, bekommt man die Frage: “Aktuell ist es der Flamingo, vorher war es das Einhorn. Zukünftig könnte es das Faultier werden. Sie zieren Kleidung, Accessoires und unterschiedlichste andere Produkte. Haben Sie schon einmal etwas gekauft, weil es in seinem Design ein Trend-Tier enthalten hat?” – Die Antwort, die man darauf gibt, zählt dann wohl. Vorher musste man keine persönlichen Daten angeben. Es ist fraglich wie da eine Repräsentativität generiert werden soll. Insgesamt wirkt das Ganze eher wie eine der vielen Online-Umfragen, die mit etwas Fachwissen leicht in eine bestimmte Richtung gelenkt werden kann. Erst nach ein paar Fragen dann ein Hinweis auf einer Registrierung – über seine Mailadresse oder Facebook. In Zeiten, wo jeder mit falschen Angaben eine solche Adresse oder einen solchen Account generieren kann, darf doch bezweifelt werden, wie repräsentativ man da wirklich immer sein kann.

Daher sind YouGov-Umfragen so ohne Weiteres nicht verwertbar. Es braucht immer andere Daten, die man mit solchen YouGov-Umfragen abgleichen kann, um ihr Zutreffen zu bewerten – wie wir das etwa in diesem Artikel getan haben. Ohne Weiteres sind YouGov-Umfragen nicht verwertbar, aber die Veröffentlichung des hpd tut so als wäre dem so.

Fragwürdige Formulierungen

Die Seelöwen-Show im Loro Parque | Foto: zoos.media

Wer vom hpd einen ausgewogenen Artikel erwartet, denkt vermutlich auch, aus Umfrage-Ergebnissen von YouGov spräche eine unendliche Weisheit. Natürlich hat die gbs generell eine gewisse Voreingenommenheit, was Zoos und Aquarien anbetrifft und deren Projekte gehören definitiv nicht zu dem Ort, wo man seriöse und ausgewogene Informationen zu Zoos und Aquarien erwarten kann. So sind weitere fragwürdige Formulierungen keine Überraschung: “Im Klartext: Nur 4 Prozent der Deutschen haben in den zurückliegenden fünf Jahren mehr als 10 mal einen Zoo besucht, waren also zweimal oder öfter pro Jahr in einem Zoo.” Zu dem Klartext würde eigentlich die ganze Wahrheit gehören: Eben auch, dass die überwiegende Mehrheit der Befragten (die Befragung ist allerdings auch nur bezogen auf Menschen ab 18), nämlich rund zwei Drittel, in den letzten fünf Jahren 1-15 Mal einen Zoo besucht hat. Die Minderheit hat in den letzten fünf Jahren gar keinen Zoo besucht (31%) und auch nur weniger als ein Drittel davon, weil sie Tierhaltung generell ablehnten. Den meisten war der Eintritt einfach zu teuer oder sie haben schlicht keinen Zoo in der Nähe – im Klartext bedeutet das: zwei Drittel derer, die in den letzten fünf Jahren keine Zoos besucht haben, würden gerne, können aber nicht.

Die wohl heftigste Formulierung ist aber die der “Minderheitenbespaßung”. Zoos sind keine “Minderheitenbespaßung” und das zeigen die Besucherzahlen sehr deutlich und das hat die Umfrage von Forsa, einem, im Gegensatz zu YouGov, sehr renommierten Institut, auch gezeigt. Moderne Zoologische Gärten sind Zentren für Naturschutz, Forschung und Edukation und werden als solche auch wahrgenommen. Aber selbst, wenn es so wäre, wie der hpd behauptet: was wäre daran so schlimm Minderheiten zu bespaßen? Was ist das für eine Attitüde, die Minderheiten keinen Spaß erlaubt? Wie sehr wäre etwa die Giordano-Bruno-Stiftung denn nicht auch eine “Minderheitenbespaßung”? Mit, laut dem letzten veröffentlichten Tätigkeitsbericht aus dem Jahre 2017, 8.500 Mitgliedern des “Förderkreises” ist man nicht unbedingt in einem Glashaus, in dem man gut Steine werfen kann. Zum Vergleich: die 67 Zoofördervereine, die die Gemeinschaft der Zooförderer vertritt, haben zusammen 110.000 Mitglieder. Es gibt also mehr als 10 Mal so viele Zooförderer wie gbs-Förderer.

Seriöse Zahlen belegen Beliebtheit der Zoos

Wie die tatsächlichen Mehrheiten aussehen, haben wir hier in einem Video zusammengefasst:

Wer Lust und Zeit hat, kann sich hier die Forsa-Umfragen genau durchlesen – vielleicht auch um zu sehen, wie wirklich seriöse Umfragen aussehen:

Forsa-Studien: Zoos in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Am überzeugendsten ist es aber sicherlich, selbst akkreditierte und zertifizierte Zoos und Aquarien zu besuchen. Das ist noch viel sicherer als eine Argumentation allein auf einer YouGov-Umfrage aufzubauen, denn damit steht man doch auf recht unsicheren Beinen, denn schließlich ist YouGov vor allem für ihre drastische Fehlvorhersage bezüglich des Brexits bekannt geworden.

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