Exklusiv für zoos.media – 03.01.2025. Autor: Philipp J. Kroiß
Die Orcas aus dem Marineland Antibes sollen “bei der Beschaffung von Geldern hilfreich sein”, erklärte Charles Vinick. Er will so ein Netzkäfig-Projekt in Kanada realisieren.
Französische Orcas sollen Geld für Netzkäfig-Projekt der Tierrechtsindustrie bringen
Seit vielen Jahren giert die Tierrechtsindustrie nach Orcas, um eine eigene Orca-Haltung in Nova Scotia aufzubauen. Das “Whale Sanctuary Project” (WSP) hat nun durch seinen CEO Charles Vinnick ziemlich deutlich gemacht, warum man die Tiere tatsächlich haben will: “Wenn wir von der französischen Regierung die Genehmigung erhalten, dass diese beiden Orcas nach Nova Scotia kommen, wird das bei der Beschaffung von Geldern hilfreich sein.” [Original: “If we get approval from the French government for these two orcas to come to Nova Scotia, that will help the fundraising.“] Es geht also wohl um Geldsammeln.
Das ist bemerkenswert, war ein Vorwurf der Tierrechtsindustrie doch immer, dass es die Zoos und Aquarien wären, die Orcas hielten, weil sie Geld bringen würden. Jetzt wird es von der Industrie ganz unverhohlen zugegeben, dass dies anscheinend die eigenen Intentionen sind. Die hat man dann wohl immer auf die Zoos und Aquarien projiziert, die Orcas halten. Die zoologischen Einrichtungen machen mit den Orcas in ihrer Obhut wichtige Forschung und Artenschutz-Projekte für bedrohte, wilde Orca-Populationen möglich. Diese Arbeit der Zoologischen Gärten ist sehr kostenintensiv, große Gewinne kann man damit nicht erzielen. Das Netzkäfig-Projekt der Tierrechtsindustrie hingegen hätte keinen Nutzen für den Arten- und Populationsschutz.
Projekt mit Problemen
So richtig gute Presse hatte das “Whale Sanctuary Projekt” (WSP) zuletzt nicht generiert.
Man kann daraus gut ermessen, dass es sich beim Netzkäfig-Projekt nicht wirklich um eine Idee im Sinne des Schutzes von Natur, Arten und Populationen handelt. Um das Wohl von Walen geht es dabei auch nicht wirklich. Vielmehr kann man die Aussage von Charles Vinick gegenüber dem CBC-Reporter Luke Ettinger somit als Offenbarungseid sehen. Es passt auch zu vorherigen Aussagen seitens der Tierrechtsindustrie, wie zum Beispiel die eher allgemeine Ausführung einer Funktionärin verschiedener Tierrechtsorganisationen:
Das “Finanzielle Genie” Charles Vinick
Das erfolglose Projekt ist für die führenden Köpfe derweil durchaus einträglich. Laut propublica.org bekam Charles Vinick vom Whale Sanctuary Project 102.083$ (2017), 175.000$ (je 2018 & 2019), 166.667$ (2020), 134,000$ (2021), 126,000$ (2022) und 52.500$ (2023). Das sind über die Jahre fast eine Millionen US-Dollar Verdienst und das, obwohl das Projekt nicht mal ansatzweise verwirklicht ist. Den Misserfolg beim Aufbau des Projekts weiß sich Vinick somit zu vergolden.
Der Blog thefliponline.com bezeichnete Vinick – wohl nicht gewisser Ironie entbehrend – als “finanzielles Genie”. Im Artikel nimmt der Autor auch Bezug auf ein weiteres Flop-Projekt, an dem Vinick beteiligt war und das sich auf den Orca Keiko bezog. “Wie seine Arbeit mit Keiko und seine nachfolgenden Bemühungen zeigen, konzentriert sich Vinick bei jedem Projekt auf ein oder zwei Großspender, verfügt jedoch nicht über Nachhaltigkeitsmodelle, die eine finanzielle Selbstversorgung gewährleisten, falls die Spenden versiegen.”
Was nicht nach Nachhaltigkeit klingt, dürfte sich bei dem Jahresverdienst, den Vinick offenbar einstreicht, zumindest für ihn sehr lohnen. Ob oder wie viel von dem Geld, das die Orcas aus Frankreich dem Netzkäfig-Projekt einbringen sollen, die zuletzt zurückgegangene Kompensation für Vinick aufbessern wird, lässt sich natürlich nur mutmaßen.
Was hat Lolita damit zu tun?
Der Artikel zeichnet auch Vinicks Werdegang beim WSP nach: Dort wurde er erst Vorstandsmitglied “und leitete eine “umfassende” Suche nach einem erfahrenen Geschäftsführer” ein. “Letztendlich entschied er sich für sich selbst als neuen Geschäftsführer.” Wie man oben bereits sah, wird sich das für ihn durchaus auszahlen. Über das WSP konnten auch die Ausgaben von der Organisation Friends of Lolita, die Vinick mitgegründet hatte, abgewickelt werden.
“Nach US-amerikanischem Steuerrecht muss eine gemeinnützige Organisation in ihren Unterlagen separate, einzigartige Programmausgaben angeben”, erklärt der Artikel auf theflip.com. Das habe man aber nicht getan, sondern die Ausgaben für das Sanctuary in Nova Scotia und die für die Pflege der Orca-Dame in Miami, die auch Tokitae genannt wurde, nicht getrennt. “Da das Whale Sanctuary Project der Öffentlichkeit außer Steuererklärungen keine Finanzdokumente zur Verfügung stellt, ist es unmöglich, festzustellen, welcher Teil der 1,4 Millionen Dollar, die beiden Projekten zugewiesen wurden, Tokitae zuzurechnen war und was für Nova Scotia verwendet wurde.”
Der Artikel subsummiert auch im Hinblick auf vorherige Betätigungen Vinicks, das WSP werde “von einem der wenigen Menschen auf der Welt geleitet, der einen Freizeitpark in die Insolvenz managt hat – ein Umstand, der, wenig überraschend, in seinem Lebenslauf und seiner offiziellen Biografie fehlt.” Daher scheint man hoffen zu müssen, dass die Orcas aus Antibes nicht unter so ein Management geraten.
Scheitern in Russland
Schon im Zusammenhang mit dem so genannten Whale Jail in Russland trat Vinick samt dem WSP groß auf. Darüber berichtete auch zoos.media in pointierten Worten. Nach dem Feiern des angeblich großen Erfolgs, die jungen Orcas aus den Netzkäfigen “befreit” zu haben, wurde es dann ruhig. Inzwischen ist klar, dass von den 10 Orcas aus der Haltung wohl heute keiner mehr lebt.
Nach Keiko gab es also die nächsten Toten unter dem Management der solcher Verantwortlichen. Nachhaltigkeit fehlt also offenbar nicht nur bei den monetären Angelegenheiten, sondern auch bei der Versorgung der Tiere. Somit dürften also nicht nur die Spenden an das WSP verloren sein, sondern eben auch die Tiere, die in diese Richtung gehen.
Die andere Alternative für die Orcas in Frankreich
Dass die Orcas aus dem Marineland Antibes aber in Richtung des WSP gehen, wo sie beim Geld verdienen helfen sollen, solange man sie am Leben halten kann, ist aber nicht alternativlos. Der Loro Parque auf Teneriffa wäre die weitere Alternative. “Unser Interesse an der Unterbringung dieser Tiere ist das gleiche, was Loro Parque seit vielen, vielen Jahren jedem anderen Tier entgegenbeibringt, das ein Zuhause braucht: Wir sind gerne bereit, auf jede erdenkliche Weise zu helfen”, sagte Dr. Javier Almunia, der Direktor der Loro Parque Stiftung. Sie kümmert sich seit Jahren um den Schutz wilder Orcas.
Dr. Almunia sagte gegenüber CBC, Schutzgebiete in natürlichen Gewässern garantierten wohl kein besseres Wohlbefinden der Tiere, die zuvor in kontrollierten Umgebungen gelebt hätten. Das hatte der Fall Keiko auch ohnehin gezeigt. Somit dürften die Orcas aus Frankreich im Loro Parque nicht nur sicher vor schlechtem Management sein, sondern auch länger leben und dabei noch etwas für den Arten- und Populationsschutz tun können. Das wäre in Netzkäfigen der Tierrechtsindustrie wohl nicht möglich.
Zudem hat der Loro Parque hinreichende Erfahrung mit der Aufnahme heimatlos gewordener Orcas. So nahm er vor einigen Jahren die Orca-Dame Morgan auf, die nicht mehr in den Niederlanden bleiben konnte. Heute lebt sie in einer neuen Familie. Das Wohlergehen nicht nur der Orcas, sondern auch aller weiteren Tiere belegen zahlreiche Auszeichnungen, Akkreditierungen und Zertifizierungen. Auch Behörden bescheinigen dem Loro Parque eine tadellose Haltung der Orcas. Über 150 Experten unterstützen die Haltung von Meeressäugern in seriösen Zoos und Aquarien. Letztendlich wird die Entscheidung über das Schicksal der Orcas in Frankreich fallen.