Exklusiv für zoos.media – 29.03.2025. Autor: Philipp J. Kroiß
Die Bundesregierung hatte bei der Antwort auf die 551 Fragen der Unionsfraktion auf die Landesfinanzbehörden verwiesen. Nun hat sich auch die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen gemeldet.

NGOs: Die Berliner Mauer des Schweigens
Dass es der Senatsverwaltung für Finanzen (SenFin) Berlin schwer fällt, Antwortfristen einzuhalten, dürfte wenig überraschend sein. Schon die Bundesregierung hatte die Antwortfrist für die 551 Fragen der Unionsfraktion ohne Angabe von Gründen gerissen. Das scheint Schule zu machen, denn nach einer knappen Überschreitung der Frist des Landesfinanzministeriums von Baden-Württemberg, schaffte man es in Berlin am 25.03.2025 auf Fragen von zoos.media zu antworten, deren Antwortfrist am 19.03.2025 ausgelaufen war. Auch die Frist zu den darauffolgenden Nachfragen wurde überschritten. Dazu später mehr.
Daher geht es in diesem Artikel erstmal um die Antwort auf Fragen, die zoos.media quasi aus den 551 an die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin weitergeleitet hatte. Die Bundesregierung hatte bei Kollektiv-Antworten auf manche Fragen erklärt: „Nach der verfassungsmäßigen Ordnung obliegt die Beurteilung steuerlicher Einzelfälle der jeweils zuständigen Landesfinanzbehörde.“ Was sich schon in Bezug auf Baden-Württemberg abzeichnete: Auch in Berlin ist man nicht fähig, diese einfachen Fragen zu beantworten.
Steuergeheimnis zum Verschleiern genutzt?

„Ich bitte um Verständnis dafür, dass sich die Finanzverwaltung zu Einzelfällen grundsätzlich nicht äußern darf“, antwortet eine Person, die sich als Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen zitiert wissen möchte, kollektiv auf alle Fragen. In der folgenden Begründung beruft man sich auf „das Steuergeheimnis i. S. d. § 30 Abgabenordnung (AO)“. Es wird aufgezählt, was das alles umfasse – auch „ggf. erfolgende Wertungen und Schlussfolgerungen der Steuerverwaltung“.
§ 30 Abgabenordnung (AO) bezieht sich auf „personenbezogene Daten“ sowie „ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis“. Die Fragen von zoos.media waren gemäß den 551 Fragen:
- Erfüllt die Peta Deutschland e.V. aus Sicht der Senatsverwaltung ausschließlich gemeinnützige Zwecke gemäß der Abgabenordnung (§ 52 AO) und wenn ja, welche?
- Wann wurde die Gemeinnützigkeit der Peta Deutschland e.V. letztmalig durch das zuständige Finanzamt geprüft?
- Verwendet die Peta Deutschland e.V. Drittmittel oder Projektfinanzierungen ausschließlich für gemeinnützige Zwecke und wenn ja, welche?
- Wie wird sichergestellt, dass die Aktivitäten der Peta Deutschland e.V. nicht gegen das parteipolitische Neutralitätsgebot verstoßen?
- Welche Unterschiede bestehen zwischen der Peta Deutschland e.V. und klassischen Wohltätigkeitsorganisationen wie dem Roten Kreuz oder den Tafeln?
- Hat sich die Peta Deutschland e.V. nach Kenntnis der Senatsverwaltung in der Vergangenheit Kritik an seiner Gemeinnützigkeit ausgesetzt gesehen und wenn ja erfolgreich gegen Kritik gewehrt?
Öffentliches Interesse scheint egal

Zudem erklärt § 30 Abgabenordnung (AO), dass die Offenbarung selbst geschützter Daten zulässig sei, wenn „ein zwingendes öffentliches Interesse besteht“. Das bestünde zum Beispiel, wenn „die Offenbarung erforderlich ist zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern“. Die Regierung hatte behauptet: „Die Bundesregierung sieht keine Anhaltspunkte für die in der Kleinen Anfrage enthaltene Behauptung, wonach die geförderten „NGOs eine Schattenstruktur“ bildeten.“
Eine solche Schattenstruktur, deren Nicht-Existenz die Regierung mit Hinweis auf die Landesfinanzbehörde widerlegen will, könnte man durchaus als Tatsachenbehauptung sehen, die geeignet ist „das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern“. Also, selbst wenn es durch die Fragen geschützte Daten von PETA geben würde, die die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin schützen müsste, könnte sie es schon offenbaren, weil es natürlich durchaus ein Vertrauensverlust in die Verwaltung inkludieren könnte, sich da so auszuschweigen.
Nutzung vom Steuergeheimnis belegt Schattenstruktur

Das Steuergeheimnis ist eingerichtet worden, um Menschen und ihre Daten zu schützen. Das ist sinnvoll. Es geht aber bei den Fragen nicht um Menschen, sondern um die Berechtigung der Förderung eines Vereins, der in den Genuss von zumindest Vergünstigungen kommt, die von jedem finanziert werden und die auch öffentlich zur Schau getragen werden. Selbst, wenn man es formaljuristisch als richtig ansieht, so ist es prinzipiell grundlegend falsch, so zu schweigen. Es ist auch – wie beschrieben – keine vertrauensfördernde Maßnahme in Bezug auf die Verwaltung, um es vorsichtig auszudrücken.
Gleichwohl hat die Politik aber auch durch Ausnahmen vom Steuergeheimnis die Chance, theoretisch die Transparenz zu bieten, die es bräuchte. Das ist aber wohl nicht gewollt. Stattdessen inszeniert man auf Landesebene die durch das Steuergeheimnis gebundenen Hände, während auf Bundesebene behauptet wurde, genau dort obläge es, „die Beurteilung steuerlicher Einzelfälle“ vorzunehmen. Hier soll also offenbar etwas im Schatten bleiben, was man eigentlich offenbaren könnte, wenn man es nur genügend wollte.
Antwort auf Nachfragen noch offen
Wir haben natürlich entsprechend, wie erwähnt, nachgefragt, ob man nicht doch ein öffentliches Interesse sehen würde. Zudem wurde auch gefragt, wie man das denn so bewerte, dass die Bundesregierung die Landesbehörden zur Antwort auf Fragen heranzöge, die sie angeblich gar nicht beantworten könnten. Die Frist zur Beantwortung wurde bereits überschritten, aber vielleicht kann man ja in einigen Tagen doch noch mit einer Antwort rechnen, über die dann auch auf zoos.media informiert werden wird.
Diese Ausweichtaktik der Politik wird natürlich zur großen Bürde für die Union. Sie wollte diese Infos, hat sie nicht bekommen und es lässt sich nun dank der Antworten der Landesfinanzbehörden auch gut ermitteln, wo der sprichwörtliche Hase im Pfeffer liegt. Will die Union als glaubwürdig bleiben und die 551 Fragen nicht als wirkungsloses Schaufensterprojekt in die Annalen eingehen lassen, wird sie handeln müssen. Andernfalls könnte ihr der Vorwurf anhaften, dass sie es in Wirklichkeit nie hat wissen wollen und sie so zum Teil des Problems und nicht der Lösung geworden ist.