Balistar im Aquazoo Löbbecke Museum in Düsseldorf | Foto: zoos.media

Robert Marc Lehmann und die Balistare

Exklusiv für zoos.media – 16.12.2024. Autor: Philipp J. Kroiß

Niemand braucht Zoos … für den Artenschutz“, behauptet Robert Marc Lehmann, während er über Balistare zu berichten versucht. Besonders in Bezug auf diese Art, hat die Aussage mit der Realität nichts zu tun.

Balistar im Kölner Zoo | Foto: zoos.media

Robert Marc Lehmann und die Balistare

Wenn man sich als Zoogegner richtig blamieren will, berichtet man über Arten, die von Zoos vor dem Aussterben gerettet wurden. Will man sich dann komplett selbst demontieren, behauptet man, dass man zum Schutz dieser Art keine Zoos bräuchte. Ob das Robert Marc Lehmanns Absicht war, lässt sich nicht ermessen und ob ihm das dann überhaupt gelungen ist, mag jeder selbst beurteilen. Schauen wir an dieser Stelle einfach mal auf die Fakten.

Die Geschichte vom Balistar

Prof. Theo Pagel ist wesentlich mit dafür verantwortlich, dass die bedrohten Balistare vor dem Aussterben bewahrt wurden. | Foto: Kölner Zoo (Teil des Medienkits zum Kiessling-Preis 2023)

Leucopsar rothschildi ist der wissenschaftliche Name einer Vogel-Art, die auf der Insel Bali endemisch ist. Sie hat den höchsten Bedrohungsstatus auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) inne. Schon vor der Listung der Art dort, nämlich im Jahre 1987 begann das Artenschutzprojekt für ihre Rettung unter anderem mit dem Transport von 40 Vögel aus US-Zoos in den Surbaja Zoo in Indonesien, um dort eine Zuchtpopulation zu bilden, von der aus man auswildern konnte, denn die Wildpopulation allein konnte es nicht mehr schaffen.

Die ersten Auswilderungsversuche machten erst wenig Hoffnung. Im letzten Rückzugsgebiet der Balistare, dem speziell zum Schutz der Art gegründeten Nationalpark Bali Barat, starb die Art vermutlich gegen Mitte des ersten Jahrzehnts nach dem zweiten Jahrtausend-Wechsel aus. Ab 2011 gelangen dann die ersten Auswilderungen und eine Population von über 200 Vögeln entstand. Ohne die Arbeit Zoologischer Gärten wäre das  nicht möglich gewesen.

Das in den späten 1980er Jahren in Wuppertal gegründete Europäische Erhaltungszuchtprogramm für den Balistar ist bis heute auch mit dem Kölner Zoodirektor Prof. Theo Pagel verbunden. Beide Zoos sind – zusammen mit insgesamt mehr als 30 Zoos, die diese Art in Deutschland halten – Zentren für den Erhalt und den Schutz dieser Vögel auf Bali. Ohne Zoologische Gärten wie diese, wäre die Art bereits ausgestorben. Nur dank Zucht und Auswilderung von Zoos konnte sie gerettet werden.

Und Lehmann?

In seinen Social-Media-Beiträgen beschäftigt sich Lehmann mit einem Projekt auf der Insel Nusa Penida. Diese Insel liegt rund 14 Kilometer südöstlich von Bali. Dort wurde von der Friends of National Parks Foundation (FNPF) ein inoffizielles “Sanctuary” für die Art eingerichtet. Darüber berichtet Robert Marc Lehmann. Ebenfalls auf dieser Insel aktiv ist die Begawan Foundation. Bei diesen Auswilderungen außerhalb des angestammten Lebensraums der Tiere setzt man auf Balistare von verschiedenen Züchtern.

Solche Projekte, bedrohte Arten außerhalb ihres natürlichen Lebensraumes anzusiedeln, sind ein heikles Unterfangen. Wirklich halten können sich auf der Insel nur wenige Tiere. Etwa 10 Jahre nach Start der Auswilderungen gab sich die Begawan Foundation auf die Suche nach wilden Balistaren und brauchte nicht mal drei Hände um die gesehenen wilden Balistare dort abzuzählen. Optimistische Schätzungen gingen von etwa zweihundert Tieren dort aus. Hardini et al. (2023) gingen von etwas mehr als 100 aus.

Wie negativ sich solche Populationen von bedrohten Arten außerhalb ihres angestammten Lebensraums auswirken können, sieht man zum Beispiel an der “Pest”-Population von Koalas auf Kangaroo Island. Solange sich die Balistare auf Nusa Penida aber ohnehin nur schwer halten, werden die Auswirkungen der Vögel ohnehin gering sein. Daher wird man diese Population sehr genau beobachten müssen. Der Artenschutz-Fokus für die Erholung der Art liegt aber ohnehin auf ihren angestammten Lebensraum im Nationalpark auf Bali.

Rettung vom Balistar: Ein Erfolg von Zoos

Balistare im Loro Parque | Quelle: Loro Parque

Sieht man einen Balistar in der Natur, kann man sicher sein, dass er selbst oder seine Vorfahren das Licht der Welt in einem Zoo erblickt haben. Somit basiert sämtliche effektive und legale Schutzarbeit, die heute für Balistare existiert, auf der Arbeit Zoologischer Gärten. Wer also denkt, dass niemand Zoos bräuchte, um Balistare zu schützen, irrt. Hätte es Zoos nicht gegeben, wären die Balistare bereits seit fast 10 Jahren für immer verloren.

Wir erzählen die Geschichte des Balistars zusammen mit den Geschichten von über 150 Arten, die dank modernen Zoos und Aquarien überleben. So sind auch alle heute lebenden Rosentauben entweder im Zoo geboren oder haben Vorfahren, die es wurden. Noch weit mehr als diese 150 Spezies verdanken es Zoologischen Gärten, dass es sie heute noch gibt. Die Behauptung, dass niemand Zoos und Aquarien im Artenschutz brauche, ist daher nicht haltbar. Sie scheitert an der Realität.

Daher betont die Weltnaturschutzunion (IUCN) auch immer wieder die “Schlüsselrolle” von Zoos und Aquarien. Die für das Überleben der Arten in der IUCN zuständige Kommission ermutigt ausdrücklich “all ihre Partner, einschließlich Regierungsbehörden, mit botanischen Gärten, Aquarien und Zoos bei der gemeinsamen Arbeit zur Rettung von Arten im Sinne des One-Plan-Approachs zusammenzuarbeiten.” Der Balistar zeigt warum und auch umgekehrt, was von Organisationen zu halten ist, die das leugnen.

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