Die Arabische Oryx (Oryx leucoryx) konnte durch Zoos vor dem Aussterben bewahrt werden. | Foto: Charles J Sharp, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Die Wahrheit über das große Artensterben

Erschienen auf welt.de am 27.01.2010. | Von: Michael Miersch

Wir brauchen Artenschutz, aber keinen Alarmismus – das könnte die Lehre aus Michael Mierschs hervorragend recherchiertem Artikel zum Thema Artensterben sein.

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Anmerkung: Dass es einen schmaler Grad zwischen seriöser Information, die gut vermarktet ist, und Alarmismus gibt, sieht man immer wieder. Die Science Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) der Vereinten Nationen hat mit der geschätzten Zahl von einer Millionen Arten, die aussterben sollen, eine Hysterie ausgelöst. Möglich war das, weil die Medien und NGOs die Zahl aufgebauscht haben, als gäbe es kein Morgen und so leider wichtige Fakten, die die Untersuchung hervorbrachte, gar nicht beachtet wurden. Das Problem mit der Zahl 1.000.000 in diesem Zusammenhang ist, dass wir gar nicht wissen, was das bedeutet. Die Anzahl der Arten wird zwischen 3,6 und 112 Millionen geschätzt – genau weiß das keiner.

Wie Michael Miersch erklärt, war das zudem nicht die erste Schätzung und wirklich zuverlässig waren die noch nie:

Was an dem Bericht aber sehr viel interessanter ist, sind die Anteile, die sich – im Gegensatz zu absoluten Zahlen – viel besser und genauer kalkulieren lassen. Wir auf zoos.media arbeiten deshalb mit diesen relativen Zahlen der aktuellen und akuten Bedrohung der Arten und nicht mit der absoluten Zahl, weil sie zwar groß klingt, aber ihre tatsächliche Bedeutung eingeordnet werden kann, sofern diese Schätzung denn überhaupt zutrifft, was zurecht nicht unumstritten ist. Die meisten Medien haben leider nicht differenziert und die Zahlen generell nicht hinterfragt.

Nicht nur im Bereich Klimaschutz, sondern auch im Bereich Artenschutz muss man sich vor Alarmismus hüten. Eigentlich brauchen wir auch gar keinen Alarmismus, denn die seriösen Zahlen, die wir haben, sind schon schlimm genug. Deshalb sind Zoos und Aquarien ja auch so aktiv in diesem Bereich. Die Basis jedes seriösen Schutzprojektes ist aber Wissenschaft und Forschung: seriöse Bestandszahlen, klar belegte Bedrohungen für die Tiere und sauber evaluierte Lösungen. So etwas dauert, ist mühsam und nicht sehr populär, aber es ist wichtig, richtig und seriös. Natürlich generiert man mit Alarmismus Klicks, aber die wiegen nicht das Vertrauen auf, das man verliert, wenn man hinter jeder Zahl her hechtet.

Verlassen wir uns doch einfach auf die Arten, die wir kennen und schätzen nicht wild in der Gegend herum, denn von den Arten, die wir kennen sind bereits genug bedroht und brauchen dringend unsere Hilfe. Das ist eine Hilfe, die moderne Zoos und Aquarien leisten – wie zum Beispiel der Erlebnis-Zoo Hannover bei den Addax-Antilopen:

Auch im Aquazoo Löbbecke Museum ist man an der Rettung einer ganz besonderen Art beteiligt, die als ausgestorben gilt:

Der Loro Parque hat unter anderem diese Art gerettet:

All das hat mit seriöser Forschung als Basis funktioniert und ohne jeden Alarmismus – sogar ohne viel Marketing, denn den meisten Leuten werden diese Arten gar nicht bekannt sein. Trotzdem hat man sie retten können: mit den richtigen Zahlen, den richtigen Maßnahmen und den richtigen Experten, die zur richtigen Zeit das Richtige getan haben. So funktioniert Artenschutz, denn schöne Geschichten um geschätzte Zahlen sorgen vielleicht für Klicks, aber es sind die seriösen Fakten, die Menschen überzeugen und solche Projekte wirklich stark machen. Deshalb hat auch der Artikel von Michael Miersch bis heute Relevanz.

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