Exklusiv für zoos.media – 08.07.2019. Autor: Philipp J. Kroiß
In Wales steht die Tierhaltung von Wildtieren in bestimmten Einrichtungen auf der Abschussliste und das trotz gegenteiliger Einschätzung von Experten und Wissenschaftlern.
Ignoriert Wales die befragten Experten?
Wir haben es in Canada schon erlebt – fehlgeleitete Politiker machten umfassenden Walschutz unmöglich und folgen den wissenschaftlich nicht haltbaren Ausführungen der Tierrechtsindustrie. Ähnliches bahnt sich nun in Wales an. Diesmal geht es aber nicht um Wale, denn hier ist Großbritannien schon längst auf die Tierrechtslobby reingefallen und lässt die Populationen lieber vor den eigenen Küsten elendig aussterben als sie umfassend zu schützen, sondern um Wildtiere generell in reisenden Zirkussen. Was wir hier sehen, ist das selbe, was man in Kanada beobachten konnte, in Barcelona oder in Basel war es ähnlich: es werden Experten gefragt, aber man hört lieber auf die viele Millionen Euro, Dollar oder Pfund schwere Tierrechtslobby und ihre Lügen.
Experten sind klar gegen das Verbot
Grundsätzlich spricht die Forschung in Bezug auf Zirkus eine klare Sprache: Reglementierung, aber kein Verbot. Das gleiche haben wir bei Zootierhaltung oder jeder Tierhaltung im privaten Bereich, denn es geht Tiere in Menschenobhut nicht grundsätzlich schlecht und oft sogar besser als in der Natur. Die Haltung muss allerdings reglementiert werden, um schlechte Tierhalter aussortieren zu können. Im Bereich Zirkus bestehen Langzeitstudien etwa von Dr. Martha Kiley-Worthington im Vereinigten Königreich und Prof. Ted Friend in den Vereinigten Staaten. Keiner dieser Wissenschaftler fand Probleme bei den Tieren, die sie beobachteten, die nahelegen würden, dass Zirkustierhaltung generell verboten werden müsste.
Trotzdem will man den Tierrechtlern folgen und schiebt, wie die Lobby, die Ethik vor. Jetzt kommt aber der Witz: Keiner dieser Gesetzgeber, einschließlich der Welsh Assembly, hat je eine formelle oder akademische Ethik-Prüfung durchgeführt. Der einzige Wissenschaftler aus dem Bereich der Ethik, der sich zu diesen Verboten äußerte war Prof. Ron Beadle von der Northumbria University und dieser unterstützte diese Position des Gesetzgebers nicht und lehnte ein solches Verbot sogar ab. Natürlich ist es lächerlich, dass man sich also nun auf Ethik bezieht und man könnte drüber lachen, wenn es nur nicht so ernst wäre. Darüber hinaus beanstandet ein kürzlich veröffentlichter Leitartikel im “Veterinary Record” das britische Verbot aufgrund der möglichen Auswirkungen auf andere Tierhaltungsunternehmen.
Die Regierung vom Wales wurde ordentlich kritisiert, als sie einen Bericht von einem bekannten Unterstützer der Tierrechtsindustrie, Dr. Steven Harris, in Auftrag gab. Dieser Bericht, der im übrigen keine empirische Untersuchung war, verärgerte den Wissenschaftler Prof. Friend so sehr, dass er der walisischen Versammlung einen ausführlichen Brief schrieb, in dem er seine tiefe Besorgnis darüber zum Ausdruck brachte, dass seine Arbeit falsch dargestellt und zur Unterstützung eines Verbots ausgewählt wurde. Der Wissenschaftler kämpft seit Jahren dagegen, dass seine veröffentlichten Studien von der Tierrechtsindustrie durch Falschdarstellung missbraucht werden:
Das betrifft alle Tierhalter
Jetzt kann man als Tierhalter natürlich sagen: “Gut, ich reise jetzt nicht im Zirkus mit Wildtieren durch Wales.” Das wird wird in den meisten Fällen auch stimmen, aber der beschriebene Fall ist weder ein Einzelfall, noch ist es nur auf Wildtiere oder den Zirkus beschränkt. So etwas passiert aktuell auf der ganzen Welt: In Kalifornien mit Orcas, in Kanada mit Walen generell und in Barcelona mit quasi so gut wie allen Wildtieren. Auf der Abschussliste stehen aber die Sibirischen Tiger ebenso wie die Stubentiger, denn Tierrechtler, wie zum Beispiel PETA, sind gegen jede Form der Tierhaltung. Für Tierrechtler macht es keinen Unterschied, ob es der brüllende Löwe oder der blubbernde Guppy ist.
Die Zeiten sind auch vorbei, wo man sich als Halter unspektakulärer Tiere wegducken kann, denn allen geht es früher oder später an den Kragen. Alle guten Tierhalter, ob sie das privat machen, im Zoo, im Zirkus, auf dem Bauernhof oder sonst wo, stehen vor dem gleichen Problem: obwohl sie ihre Tiere gut halten, müssen sie um deren und ihre eigene Existenz fürchten. Ein Jahr nachdem die Zirkustiere in Mexiko verboten worden waren, waren 80% der Tiere tot. Das ist die traurige Bilanz eines völlig sinnlosen Verbotes, das von Tierrechtlern auf der ganzen Welt bejubelt wurde. In Großbritannien sind die Tierhaltungsstandards nochmal deutlich höher und renommierte Experten votieren auch noch gegen ein Verbot.
Wie kann es so weit kommen? Die guten Tierhalter haben sich spalten lassen und das durch Opportunismus in den eigenen Reihen und auf Verbandsebene und aufgrund eines leichtfertigen Umgangs mit Angriffen der Tierrechtler. Die Tierrechter fahren gut mit ihrer Salami-Taktik, wenn sie Zirkusse gegen Zoos versuchen aufzuhetzen oder Katzenhalter gegen Papageienhalter oder Hundehalter gegen Bauern, denn es scheint ja zu wirken. Menschen, die Tiere nachweislich gut halten – egal welcher Art oder Rasse die Tiere auch immer angehören mögen – sollen diese auch halten können. Es ist völlige Idiotie gute Haltung zu verbieten, nur, weil sie einem persönlich nicht gefällt. Wenn eine Tierhaltung mit Populismus verboten werden kann, stehen für jede andere Tierart Tür und Tor offen – das muss jedem klar sein und man darf sich nicht der falschen Annahme hingeben, dass das vor irgendeiner Tierhaltung halt machen würde.
Tierhaltung generell ist wichtig für das Mensch-Tier-Verhältnis und motiviert auch Menschen, sich für den Schutz dieser Tiere einzusetzen. Statt eine sinnlose Diskussion darüber zu führen, ob nachweislich gut gehaltene Tiere aus der Menschenobhut verschwinden sollten, sollte man eine Diskussion darüber führen, wie man den Tieren, die wirklich in Not sind, helfen kann. Es gibt mehr Tiger in Menschenhand als in der Natur – warum hilft man nicht letzteren, statt ewig über erstere zu diskutieren? Übrigens: Moderne Zoos und Zirkusse helfen Tigern ex situ und in situ. Die Tierrechtler auf der anderen Seite tun nur so: das sieht man sehr klar bei der Born Free Foundation, die übrigens die Entwicklungen in Wales natürlich total toll findet, weil die Politiker ihrem Populismus folgen.