Großer Tümmler im Zoo von Barcelona | Foto: Javi Guerra Hernando, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Wie Barcelona seinen eigenen Zoo zerstört

Exklusiv für zoos.media – 20.02.2019. Autor: Philipp J. Kroiß

Nur noch wenige Tage bleiben, um den Zoo von Barcelona zu retten. Zoogegner treffen in Barcelona offenbar auf fruchtbaren Boden und holen zum Genickschlag aus.

Wie Barcelona seinen eigenen Zoo zerstört

Es soll ja immer noch Leute geben, die dumm genug sind zu glauben, dass die Zoogegner aufhören würden, wenn sie einmal bei den aktuell strittigen Arten erfolgreich gewesen wären. In Barcelona sieht man gerade wie einfältig es ist zu glauben, dass eine kontrollierte Aufgabe einer Haltung einen Zoo retten würde. Der Stadtrat von Barcelona hat am 14. Februar seine erste Zustimmung zu einem Zusatzantrag gegeben, mit der der Zoo von Barcelona streng reguliert werden soll. Fortan sollen nur noch elf Arten gehalten werden und die Verbringung der fast 2.000 übrigen Tiere in so genannte “Sanctuaries” oder “Rettungszentren” wurde angeordnet. Der Zoo von Barcelona soll zudem aus allen Zooverbänden austreten und verliert dadurch jede Akkreditierung.

Das Delfinarium im Zoo Barcelona

Dass die Stadt den eigenen Zoo zerstören will, hatte man schon bei einer Entscheidung gegen ein neues Delfinarium gesehen, dessen Bau dringend nötig wurde, weil die Installation nicht mehr mit neuen Standards mithalten konnte. Die Delfintrainer vor Ort hatten deutlich dagegen protestiert:

(EN | DE | ES)A lot of people talked a lot of stuff about the end of the dolphin husbandry at Zoo de Barcelona. We are…

Gepostet von dolphinaria.truth am Dienstag, 3. Januar 2017

Man hatte damals beschlossen, die Tiere in ein Sanctuary zu stecken, das es damals nicht gab und bis heute auch nicht gibt. Aktuell weiß man schon mit diesen Tiere nicht wohin. Es ist also völlig lächerlich, dass man denkt, man können nun auch noch Plätz für fast 2.000 andere Tiere finden. Der Zoo hält neben Delfinen aktuell noch Afrikanische Elefanten, verschiedenen Menschenaffen und andere Arten, die man nicht so einfach wegzaubern kann. Viele dieser Tiere, wie auch die Delfine, sind Teil von internationalen Zuchtprogrammen und es ist nicht so, dass man ohnehin nicht einfach so über sie verfügen kann ohne bestehende Verträge und Vereinbahrungen zu brechen.

Elf Arten sollen bleiben

Bis auf diese 11 Arten soll der Zoo Barcelona keine Tiere mehr beherbergen:

  • Alytes muletensis: Mallorca-Geburtshelferkröte – IUCN: VU
  • Calotriton arnoldi: Montseny-Gebirgsmolch – IUCN: CR
  • Platalea leucorodia: Löffler – IUCN: LC
  • Nycticorax nycticorax: Nachtreiher – IUCN: LC
  • Lanius minor: Schwarzstirnwürger – IUCN: LC
  • Gyps fulvus: Gänsegeier – IUCN: LC
  • Otus scops: Zwergohrheule – IUCN: LC
  • Gazella dorcas: Dorkasgazelle – IUCN: VU
  • Lutra lutra: Fischotter – IUCN: NT
  • Mauremys leprosa: Maurische Bachschildkröte – IUCN: VU
  • Testudo hermanni: Griechische Landschildkröte – IUCN: NT

Diese Auflagen kommen einer Schließung gleich: Kaum interessante Arten und dazu eine Abkopplung von den Zooverbänden bricht dem Zoo das Genick. Wer soll denn dann in den Zoo gehen? Es gibt in Spanien dann genügend Einrichtungen, die für Besucher deutlich interessanter sind, weil sie mehr und interessantere Arten beherbergen mit denen sie dann auch effektiv Natur- und Artenschutz betreiben können. Die Leute kommen in den Zoo von Barcelona, weil sie Delfine, Elefanten, Menschenaffen und viele andere Tierarten sehen können und nicht wegen einem stark bedrohten Gebirgsmolch. Aber durch die Flaggschiffarten kann man sie dazu überzeugen, sich für den Schutz dieses Molches zu interessieren.

Solche Auflagen werden von Leuten gemacht, die keine Ahnung davon haben wie man einen Zoo führt. So eine Zensur einer städtischen Kultureinrichtung wäre ungefähr so, als würde ein Stadtrat bestimmen, dass im Theater ein strittiges Stück oder im Museum ein provokantes Bild nicht mehr gezeigt würde, weil es den Entscheidern nicht gefällt. Es gibt ja keine wissenschaftliche Begründung dafür, bestimmte Arten generell nicht mehr zu halten. Wenn man ein ordentliches Delfinarium bauen würde, gibt es kein Problem mehr mit der Delfinhaltung, denn dass Große Tümmler in modernen Anlagen gesünder sind, länger leben und weniger gestresst sind als ihre wilden Artgenossen, ist wissenschaftlich erwiesen und genauso, dass die Tiere beim Training Glückshormone ausschütten. Es gibt also keinen Grund, die Haltung generell aufzugeben, wenn man ordentliche Anlagen vorzeigen kann.

Noch ist nicht alles verloren

Die Unterstützer des Zoos von Barcelona haben seit dem 14.Februar nun 30 Tage Zeit, diesen Vorstoß noch zu stoppen, die WAZA ruft schon zur Unterstützung auf:

The Barcelona City Council on 14 February gave initial approval to an amendment that aims to severely regulate the Zoo…

Gepostet von World Association of Zoos and Aquariums am Dienstag, 19. Februar 2019

Für den Tier-, Arten- und Naturschutz in Spanien ist nun zu hoffen, dass man diese Bewegung gegen den Zoo von Barcelona stoppen kann. Die Tierrechtsindustrie ist allerdings ein starker Gegner, den man vielerorts zu lange unterschätzt hat und immer noch unterschätzt. Es ist zu hoffen, dass dies nun zu einem Weckruf wird, der den Zoo von Barcelona noch retten kann und die vielen anderen Zoos, denen ein ähnliches Schicksal blühen kann, weil fragwürdige Politiker auf die Geschicke wichtiger Kultureinrichtungen Einfluss nehmen. Der Fall des Zoos in Barcelona zeigt auch wie fragil eine Verbindung zwischen Stadt und Zoo sein kann und wie schnell sie dem Zoo und seinen Bewohnern auch das (Über-)Leben kosten kann.

Wenige Zoos weltweit haben verstanden, welch eine große Bedrohung die Tierrechtsindustrie darstellt. Viele unterschätzten deren Populismus, die Schmierenkampagnen, aber auch wie korrupt manche politischen Entscheider sein können. Viele Zooverbände ignorieren die Gefahr, lassen Mitglieder auf alleinigem Post stehen und machen weiter als sei es ihnen egal. Mit der AZA gibt es sogar einen Zooverband, der noch mit den Tierrechtlern kooperiert, weil man sie so massiv unterschätzt. Für die Zoos dieser Welt steht nun zu hoffen, das man langsam auf den Boden der Tatsachen ankommt und versteht, dass die Tierrechtsindustrie dabei ist, Artenschutzerfolge zu pulversisieren und jahrelange Naturschutzprojekte auszuhungern, indem sie moderne zoologische Einrichtungen zerstört. Wenn sich nicht bald etwas tut, wird Barcelona nicht der einzige Fall dieser Art bleiben.

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