Exklusiv für zoos.media – 29.10.2024. Autor: Philipp J. Kroiß
Die radikale Anti-Delfinarien-Organisation WDC wurde von der SZ zum Thema Delfinhaltung befragt. Das WDC hat sich deutlich blamiert und selbst demaskiert.
Delfinarien: Wie sich WDC in der SZ blamiert hat
Mit dem Zitat von Dr. Dag Encke, dem Direktor vom Tiergarten Nürnberg, titelte die Süddeutsche Zeitung (SZ), dass es nicht weniger, sondern mehr Delfinarien brauche. In Kreisen der Tierrechtsindustrie sorgte die Schlagzeile naturgemäß für helle Aufregung, will dieses Netzwerk aus Organisationen doch schließlich jede Form der Tierhaltung verbieten. Allerdings kam im Artikel auch die laut SZ 25-jährige WDC-Mitarbeiterin Tamara Narganes Homfeldt zu Wort. So war die Industrie also entsprechend durch das WDC repräsentiert. Allerdings blamierte sich die Organisation einmal mehr.
WDC + Delfin-Anatomie = Katastrophe
Die SZ zitiert das WDC indirekt mit der Aussage: “Dass [im Meer schwimmende Tümmler] anatomisch darauf ausgelegt sind, tief zu tauchen, Fische zu jagen, viele Hundert Kilometer weit zu schwimmen.” Das sollte das WDC den Großen Tümmlern mal klar machen, die dem residenten Inshore-Ökotyp angehören. Die schwimmen nämlich keine 100 Kilometer am Tag. Wissenschaftliche Daten zeigen ganz andere Strecken.
“Grosse Tümmler aus dem Fanggebiet der in Deutschland gehaltenen Tiere schwimmen pro Tag maximal 55 km, halten sich aber oft auch tagelang in sehr kleinen Gebieten auf, die nur 1-2 km2 gross sind (Connor et al. 2000). Generell kann man sagen, dass die Tiere diese Strecken zur Nahrungssuche zurücklegen, aber bei gutem Futterangebot ihre Schwimmdistanzen stark verringern.” – Stellungnahme von Prof. Vincent Janik von der Universität St. Andrews vor dem Landtag NRW
Auch das mit dem Tiefentauchen stimmt so nicht. “Das von den Grossen Tümmlern in der residenten Population von Sarasota in Florida genutzte Habitat ist grösstenteils unter 4 m tief mit einer Maximumtiefe von 10 m in Teilbereichen (Wells et al. 1987)”, erklärte Prof. Vincent Janik in der gleichen Stellungnahme im Rahmen einer Anhörung, in das auch das WDC involviert war. Zudem sind Große Tümmler auch nicht die perfekten Tieftaucher. Das zeigte eine 2015 veröffentliche Studie, die wir hier besprochen haben. Leider weist die SZ nicht darauf hin, dass diese Ausführung längst widerlegt ist.
Lächerliche Forschungsaussage
So wäre es müßig jede lächerliche Aussage des WDC hier nun eingehend zu behandeln. Menschen, die sich mit Delfinarien beschäftigen, wissen schon lange, dass diese Organisation sich mehr als einmal der Lächerlichkeit preisgegeben hat. Auf zoos.media konnten wir schon oft davon berichten. Daher beschränken wir uns auf ein paar Highlights der WDC-Aussagen. Schon diese zeigen klar, wie vermessen es ist, anzunehmen, dass diese Organisation in irgendeiner Form seriös wäre.
“Das Wissen, um gestrandeten Delfinen zu helfen und um die Tiere von Netzen fernzuhalten, haben wir jetzt”, behauptete Narganes Homfeldt gegenüber der SZ. Dann fragt sie: “Was wollen wir noch?” Hier könnte man einwenden: Wenn doch alles schon gewusst wird, warum unterhält denn das WDC nicht schon längst allmächtige Einsatzteams, die Strandungen und Beifang verhindern? Was braucht das WDC denn noch, damit es die gibt? An Geld kann es ja nicht scheitern. Das nimmt man mehr als genug ein, sonst könnte man sich ja kaum aktuell 14 Mitarbeiter leisten, die man auf der eigenen Webseite präsentiert.
Echte Experten und Forscher sehen aber tatsächlich weiteren Forschungsbedarf. So verzeichnet die Zoo Science Library des deutschen Verbandes der Zoologischen Gärten (VdZ) allein schon 35 Veröffentlichungen zu Delfinen nur zwischen 2018-2022. Über 150 Experten sehen die Haltung von Delfinen und anderen Meeressäuger als wichtig an, um notwendige Forschung zu ermöglichen, die dem Schutz der Tiere dient. Vielleicht sollte der WDC sich mal mit seriösen Wissenschaftlern und Organisationen unterhalten, um offensichtlich nicht vorhandenes Wissen nachzuholen.
Hat WDC hat den One Plan Approach wirklich nicht verstanden?
“In der Empfehlung der IUCN, vom Aussterben bedrohte Arten vorübergehend in menschliche Obhut zu geben, sieht Tamara Narganes Homfeldt eine Übersprungshandlung. Der Mensch habe den Lebensraum der Delfine zerstört – doch anstatt ihn zu reparieren, sperre er die Tiere in Betonbecken und züchte sie dort weiter”, zitiert die SZ die WDC-Mitarbeiterin weiter. So eine Aussage ist eigentlich nur möglich, wenn man den One Plan Approach to Conservation (OPA) der genannten Weltnaturschutzunion (IUCN) nicht verstanden hat oder absichtlich ignoriert. Beides ist peinlich.
Die IUCN hält angesichts der der gegenwärtigen Biodiversitätskrise die Vernetzung von Artenschutz-Maßnahmen ex situ (insbesondere von Haltung und Zucht in menschlicher Obhut) mit den Maßnahmen in situ (in den natürlichen Lebensräumen) für dringend erforderlich, um dem derzeitigen sechsten globalen Artensterben begegnen zu können. So ist umfassender Natur- und Artenschutz möglich. Die Aussage vom WDC wird besonders dadurch lächerlich, dass es das WDC selbst ist, das mit dem Tiergarten Nürnberg in Gremien sitzt. Die Organisation – oder zumindest ein Teil von ihr – weiß es also vielleicht sogar besser, behauptet aber nach außen hin offenbar absichtlich Falsches, um Delfinarien in Misskredit zu bringen.
Der OPA ist im Artenschutz so etwas wie das Einmaleins in der Mathematik. Genauso wie man ohne das Einmaleins nicht ordentlich rechnen kann, kann man sich ohne Kenntnis vom One Plan Approach nicht qualifiziert über Natur- und Artenschutz unterhalten. Offenbar hat das WDC aber den OPA nicht verstanden. So disqualifiziert die Organisation sich. Im peinlichen Versuch Delfinarien zu diskreditieren, hat sich die Organisation selbst diskreditiert.
WDC für das Aussterben der Arten
Die SZ erklärt faktenbasiert, dass die Schließung von Delfinarien letztendlich somit das Aussterben von Arten bedeutet. Damit konfrontierte sie auch WDC: “Muss man eine Art notfalls aussterben lassen?” Die Antwort vom WDC lautet: “Eigentlich – ja.” Also für den WDC dürfen Delfine gerne aussterben, damit die Organisation nur ihre Anti-Delfinarien-Ideologie durchbekommt. Das sagt schon alles, was man über die offensichtlich radikale Organisation wissen muss.
Damit reiht sich das WDC in den Kreis der ideologisch verblendeten Tierrechtsindustrie ein, die durch ihre radikalen Anti-Tierhaltungsforderungen dem Natur- und Artenschutz, aber auch dem wirklichen Tierschutz enorm schadet. Auch PETA will zum Beispiel, dass Nashörner aussterben. So lautet die Devise: Better dead than fed. (Besser tot als gefüttert.) Aufgelöst steht die Abkürzung vom WDC für: Whale and Dolphin Conservation. Die Organisation selbst tut das offensichtlich nicht. Konsequenterweise müsste sie sich Whale and Dolphin Extinction nennen. Schlussendlich wäre das nämlich die unverantwortliche Konsequenz aus den wirklichkeitsfremden Forderungen des WDC.
Dieselbe Mitarbeiterin des WDC titelte am 14. Oktober diesen Jahres auf der Webseite der Organisation noch mit den Worten: “warum die Arterhaltung in Gefangenschaft nicht funktionieren kann“. Mit dem Wort Gefangenschaft meint sie irrigerweise wohl die Zootierhaltung. Glücklicherweise wussten das Przewalski-Pferde, Schwarzfußiltisse, und zahlreiche weitere Arten nicht, die sich von Zoos und Aquarien vor dem Aussterben retten ließen, vorher nicht. Dann wären die nämlich schon längst ausgestorben. Über 150 Arten überleben dank Zoos und Aquarien.
Was wohl SeaLife dazu sagt?
Auch ein Betätigungsfeld vom WDC ist das Greenwashing der Tierhaltung der britischen Freizeitpark-Gruppe Merlin Entertainments. Mit seiner Marke Sea Life hält der tausende Meerestiere auf eine Weise, die das WDC fälschlicherweise als “Gefangenschaft” beschreibt. Vielmehr noch: Der Sea Life Trust will sogar durch diese Haltung Arterhaltung betreiben. Wie man es dort wohl findet, dass das WDC an anderer Stelle behauptet, dass es gar “nicht funktionieren” könne? Das torpediert ja alles, womit der Trust sich schmücken will.
Vermutlich werden Merlin, Sea Life und der Trust aber gar nicht so viel dagegen sagen können. Warum? Sie stecken ja mit dem WDC in einem scheiternden Sanctuary-Projekt. Dabei wollte man Belugas in einem Netzkäfig im Rinnstein einer stark befahrenen Wasserstraße im Walfangland Island halten. So wie erhofft, läuft das aber alles nicht. Davor hatten Experten natürlich gewarnt. Weder Merlin, noch WDC wollten anscheinend darauf hören. So stecken sie jetzt tief in der Misere. Wahrscheinlich auch deshalb hört man so wenig von dieser als Prestige-Projekt verkauften Aktion.
Leider findet das im SZ-Artikel keinen Niederschlag. Da das WDC ja auch gegen die Beluga-Haltung im Duisburger Zoo hetzte, hätte das durchaus gepasst. Den Duisburger Belugas wird es aber deutlich besser gegangen sein als nun den beiden Belugas im Besitz von Merlin Entertainments. Ebenfalls im Besitz von Merlin Entertainments waren auch mal Große Tümmler. Für die sollte das WDC auch so ein Sanctuary aufziehen, aber das scheiterte. Offensichtlich zum Glück für die Tiere kümmern sich nun Experten um die Delfine.
Die Maske ist gefallen
So war in Bezug auf die Seriosität vom WDC die Maske schon spätestens bei der oben erwähnten Landtagsanhörung gefallen. Dort wurde eine nicht maßstabsgerechte Zeichnung als maßstabsgetreue Zeichnung der Umstände im Zoo Duisburg den Politikern versucht zu verkaufen. So etwas passierte immer wieder. Einmal dachte man sich zum Beispiel in einem angeblichen “Hintergrundbericht” zu Delfinarien anscheinend einfach tote Delfin-Jungtiere aus. Also in Bezug auf Seriosität hat sich das WDC völlig disqualifiziert.
Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert, dachte sich wohl der WDC als er nun auch bekundete, Delfine lieber ausgestorben als von Zoos, Aquarien und Delfinarien gerettet zu sehen. Damit ist nicht nur die Maske der Seriosität gefallen, sondern auch die der “Conservation”. Daher ist dieser von Tanja Rest geschriebene Artikel sehr bedeutend. So ist er ein weiterer, wichtiger Schritt, der Tierrechtsindustrie und ihren Kollaboratoren die Masken herunterzureißen.
Der Kampf gegen das Aussterben der Arten findet nicht nur in den zoologischen Institutionen und in den natürlichen Lebensräumen statt. So findet dieser auch dort statt, wo Organisationen, die mehr oder weniger offen das Aussterben fordern, agieren. Zu oft wird solchen Organisationen in verschiedenen Medien unkritischen Raum geboten. Daher ist es begrüßenswert, dass Tanja Rest für die SZ mit ihrer ausgezeichneten Recherche mal anders vorgegangen ist.