Exklusiv für zoos.media – 09.11.2024. Autor: Philipp J. Kroiß
Die Speakerin und ehemalige Wissenschaftlerin Jane Goodall beglückt die Welt immer wieder mit Mixed Signals zu Zoos. Mal sind sie gut, mal nicht, dann wieder doch, aber auch wieder nicht und so weiter. Nun gab es anscheinend die nächste Posse beim Bäumchen wechsel dich.
Jane Goodall: Zoos geht es “ums Geschäft und um sonst gar nichts”
“Hast du schon immer davon geträumt, Dr. Jane Goodall einmal live zu erleben? Am 31. Oktober 2024 hast du dazu die einmalige Gelegenheit!”, warb das Jane Goodall Institut Deutschland auf Instagram für eine Veranstaltung am 31.10.2024 in der Stadthalle Hufeisenfabrik (Eberswalde bei Berlin). Ebenfalls auf der Bühne der bis zu 1.200 Personen fassenden Location standen weitere Speaker wie Peter Wohlleben. Ob die Gelegenheit so einmalig war, ist fraglich. Theoretisch kann wohl jeder Goodall als Speakerin buchen, man muss eben nur 75.000-100.000$ auf den Tisch legen, wenn man der Preisliste von Gotham Artists vertrauen kann.
Das angebliche Goodall-Zitat
Bei dieser Veranstaltung war wohl auch das Great Ape Project (GAP) zugegen. Anscheinend begeisterst berichtet es von seinem Treffen. Allerdings ist dabei die Überschrift schon spektakulärer als das eigentliche Zitat. Es habe aber angeblich ein Gespräch “mit dem Leiter der deutschen Sektion des GAP” gegeben. Sie ist Mitbegründerin des internationalen Anti-Zoo-Projektes. Die “deutsche Sektion” ist eine Initiative der Giordano Bruno Stiftung, wie man auf deren Webseite lesen kann. In dem Gespräch soll sie angeblich Folgendes gesagt haben:
“Es gibt weltweit keinen Zoo, der den komplexen Bedürfnissen von Schimpansen auch nur annähernd gerecht werden könnte. Zoos, genügend Platz, Kletter- und Beschäftigungsmöglichkeiten für sie vorausgesetzt, hätten allenfalls dann eine Berechtigung, wenn sie dem Schutz bedrohter oder in Not geratener Individuen – im Sinne von Sanctuaries – [sic!] dienten. Darum aber geht es den Zoos nicht: entgegen all ihrer Behauptungen geht es ihnen ums Geschäft und um sonst gar nichts.”
Wie authentisch dieses Zitat ist, ist nicht bekannt. Es findet sich nirgends sonst unabhängig bestätigt. Generell muss man natürlich bei Angaben seitens des Great Ape Projects immer vorsichtig sein. Im Interesse des Projekts soll aber an dieser Stelle mal angenommen werden, dass es bei einer seiner Gründer fähig gewesen ist, die Worte richtigerweise wieder zu geben. Alles andere wäre natürlich verheerend.
Widerspricht sich selbst
Jane Goodall hatte aber eben auch schon mal gesagt: “Wenn ich ein Schimpanse wäre, würde ich einen guten Zoo mit einer guten sozialen Gruppe wählen, wo die Leute sich um mich kümmern und mich lieben, ein bewunderndes Publikum, das richtige Essen und einen sicheren Ort zum Leben. Ich würde wählen, auf einige Freiheiten zu verzichten, um in diesem Zoo anstatt in Afrika zu leben. Weil die Wildbahn nicht immer Freiheit bedeutet.”
Das ist das absolute Gegenteil von den Worten, die sie angeblich dem Great Ape Project gegenüber äußerte. Macht es das Zitat, mit dem die Tierrechtsorganisation nun offenbar auf sich aufmerksam machen will, unwahrscheinlich? Nein. Jane Goodall agiert nämlich auch gegen Zoologische Gärten. So ist sie eine Art Namenspatin für ein Anti-Zoo-Gesetz in Kanada. Dazu agiert das Jane Goodall Institut Deutschland regelmäßig gegen Zoos. Zuletzt schloss man sich einer Lügen-Kampagne der Tierrechtsindustrie gegen den Reiseveranstalter TUI an.
Das Fähnchen im Wind
Mal geht es also allen Tieren im Zoo gut und mal nicht. Für diese bemerkenswerte Meinungsflexibilität von Jane Goodall gibt es viele Beispiele. Warum passiert das? Von der These ausgehend, dass Beleidigungen – und nichts anderes ist die Behauptung, es ginge Zoos nur ums Geschäft – immer mehr über Urheber als Adressaten aussagen, könnte man auf eine Idee kommen. Goodall verdient ihr Geld zum Beispiel eben mit hochdotierten Auftritten als Speakerin. Sie würde ja Kunden verlieren, wenn sie sich vollkommen auf eine Seite schlagen würde.
So kann man durchaus zur These kommen, dass sie eben jedem das gibt, was er hören will. Für ihr eigenes “Geschäft”, wenn man die Tätigkeit so nennen wollen würde, wäre das natürlich lukrativ. Zumindest ist es das so lange wie sowohl Tierrechtsindustrie als auch Zoowelt dabei mitspielen. Dann würde es sich richtig lohnen auf zwei Hochzeiten zu tanzen, denn 75.000-100,000$ sind schon eine Stange Geld, die eben nicht jeder zahlen kann. Somit muss man natürlich schauen, dass man sich alle warmhält, die für ein bisschen Jane Goodall so viel Geld hinlegen können.
Inwiefern diese These wirklich zutrifft, kann man natürlich nicht wissen. Man wird es auch niemals erfahren können. Was sich aber belegen lässt, ist, dass sich das Fähnchen regelmäßig dreht. Mal scheint der Wind aus der einen Richtung zu wehen, dann wieder aus der anderen. So einträglich diese Flexibilität eventuell sein mag, so schädlich ist sie für den Natur- und Artenschutz, der sich gerade in den Momenten beweisen muss, wenn der Wind auch nicht in seine Richtung weht – wie zum Beispiel im Heimatland der Okapis.
Geht es Zoos nur ums Geschäft?
Man könnte jetzt ewig ideologisch argumentieren, aber schauen wir doch auf das, was Zoologische Gärten wirklich tun. Auf zoos.media haben wir eine über 150 Arten umfassende Liste von Tieren, die dank modernen Zoos und Aquarien überleben. Wenn man jetzt mal nur logisch denkt: Die Kihansi-Gischtkröte kennt kaum jemand. Was soll es denn für das Geschäft bringen, hohe Summen in deren Rettung zu investieren? Es bringt gar nichts für das Geschäft.
Der Bronx Zoo und der Toledo Zoo werden nicht einen Dollar mehr verdienen, weil sie eine in der Öffentlichkeit unverdient recht unbekannte Krötenart vor dem sonst sicheren Aussterben bewahrt haben. Auch mit der Rettung Polynesische Baumschnecken wird man nicht reich. Die Liste ließe sich fortsetzen. Würden Zoologische Gärten solche Arten retten, weil sie damit das große Geschäft machen wollten, wären sie sehr unerfolgreiche Geschäftsleute. Die Rettung solcher Arten ist zwar ein großer Gewinn für die Natur, aber monetär ein Verlustgeschäft für die, die sie durchführen.
Oft sind es die Zoologischen Gärten, die noch Image-Kampagnen für diese besonderen Arten starten müssen, damit sich überhaupt Leute für diese Spezies interessieren und die Zoos unterstützen beim Kampf gegen das Aussterben. Schimpansen kennt schließlich jeder, aber den Frégate-Käfer, eben erstmal nicht. Ginge es den Zoos nur ums Geschäft, wäre es wohl besser, sie würden sich als meinungsflexible Speaker für hohe fünfstellige Beträge feilbieten, als sich um die Rettung von zum Beispiel den Bartschweinen kümmern.