Exklusiv für zoos.media – 14.01.2025. Autor: Philipp J. Kroiß
Im Zuge des Beginns der “Zootier des Jahres”-Kampagne 2025 betonte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) die Bedeutung moderner Zoos.

Özdemir: Zoos spielen beim internationalen Artenschutz eine wichtige Rolle
“Erhaltungszucht bedrohter Arten, wie hier in der Wilhelma, hat sich als ein wichtiges Werkzeug im Artenschutz längst etabliert. Und unsere Zoos spielen dabei eine wichtige Rolle, im internationalen Artenschutz. In modernen Zoos geht es längst nicht mehr nur darum, einfach nur exotische Tiere zu präsentieren. Neben Aufgaben, Tiere zu pflegen, Besuchern Wissen über die Tierwelt zu vermitteln, tragen sie aktiv dazu bei, bedrohte Arten zu schützen. Sie haben sich zu Zentren für Forschung, Bildung und Naturschutz entwickelt.” – Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft sowie für Bildung und Forschung der Bundesrepublik Deutschland
Des Weiteren erklärt der Minister die Zoos zu “Kompetenz-Zentren für Fragen der Biologie, Ökologie und Taxonomie von Arten” und sie unterstützten “hier mit ihrer Expertise Schutz-Projekte ganz aktiv.” Die wissenschaftlich geführten Zoos leisteten “einen wichtigen Beitrag, Grundlagendaten zu gefährdeten Arten zu erheben”. Er erläuterte weiter, dass “zahlreiche Arten”, die in der Natur “stark bedroht oder bereits ausgestorben” seien, “dank des Erhaltungszuchtprogramms in den Zoos Überlebenschancen erhalten”. “Darüber hinaus tragen Zoos dazu bei, das Bewusstsein der Besucher für den Schutz von Tieren und ihren Lebensräumen zu schärfen”, betonte Özdemir nachfolgend.
Wandel oder Wahlkampf-Modus?

Kaum wird das Zootier des Jahres 2025 präsentiert, entdeckt Özdemir seine Freude an Zoos? So bezaubernd Gürteltiere auch sind, darf man dabei auch nicht vergessen, dass er und seine Partei in rund einem Monat wiedergewählt werden wollen. Da kommt so eine Grußbotschaft natürlich gerade recht, um sich freundlich zu zeigen und nochmal an die frühere Kernzielgruppe der Partei zu appellieren, indem man plötzlich das anerkennt, was kaum sinnvoll zu leugnen ist. Da kann sich auch ein Cem Özdemir wohl dazu durchringen, den Mitarbeitern der Wilhelma zu danken, “die ein Beitrag dazu leisten, dass viele Arten eine Zukunft haben”.
In politischen Taten hat sich der Dank in der Zeit der Regierungsbeteiligung von Cem Özdemir derweil nicht gezeigt. Die Zoologischen Gärten warten immer noch auf das Stopfen der Löcher, die das politische Handeln vom Kabinett Scholz in der Coronakrise und weiteren Krisen gerissen hat. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung konnte man lesen: “Die Bildungsarbeit Zoologischer Gärten werden wir unterstützen.” Bei dem Wollen ist es dann auch geblieben, ein großes Förderprogramm der so wichtigen Bildung in Zoos und Aquarien blieb aus.
Die Tierhalter werden wohl auch nicht vergessen haben, dass mit der Novelle vom Tierschutzgesetz von Seiten des Ministeriums von Özdemir samt Vorfeld-Organisationen ein Angriff auf verschiedenste Tierhalter, zu denen auch – besonders mobile – Zoos gehörten, gefahren worden war. Diese Novelle konnte nur durch das Ende der Koalition verhindert werden, aber der Sumpf, der dahintersteckt, ist auch immer noch nicht trocken. Natürlich könnte es sein, dass die Gürteltiere das Herz des Minister geöffnet haben, die Frage ist, wie glaubwürdig es ist, nachdem das politische Handeln eine so andere Sprache sprach.
“Wenn wir das Gürteltier verlieren, …”

“… verlieren wir nicht nur einfach ein einzigartiges Tier, wir riskieren ein ganzes ökologisches Netzwerk ins Wanken zu bringen”, erläutert Özdemir. Das gilt freilich nicht nur für Gürteltiere, sondern auch für viele andere Arten. Es ist ebenso gültig zum Beispiel für Spezies, die Zoos und Aquarien dank Privathaltern schützen können. Özdemir machte in der Zeit seiner Regierungsbeteiligung damit Schlagzeilen, mit einer Positivliste diese Privathaltung einschränken zu wollen. Dass so eine Liste offenbar rechtswidrig ist, störte bei der Forderung wohl nicht zu sehr.
Ob die Gürteltiere aber nun wirklich eine Welle der Erkenntnis beim Minister ausgelöst haben, müssen politische Taten zeigen. Die sprechen bekanntlich lauter als alle warmen Worte im Rahmen wahlkampfgefärbter Grußbotschaften. Wenn die Gürteltiere eine merkliche Wende im politischen Handeln von Bündnis 90/Die Grünen brächten, wäre für den Natur- und Artenschutz definitiv schon zu einem frühen Zeitpunkt der Kampagne einiges erreicht. Bislang fiel die Partei im Bund durch Nähe zur Tierrechtsindustrie auf. Für diese Industrie sind die Grünen, nach diesen Aussagen Özdemirs, aber wohl nicht mehr wählbar, schließlich hat er sämtlichen Ausführungen der Tierrechtler zu Zoologischen Gärten widersprochen.
Gleichzeitig wird sich Özdemir auch persönlich an diesen Worten messen lassen müssen, wenn Wähler ermessen wollen, was das Wort von ihm noch Wert ist. Cem Özdemir wird also in Zukunft viel gewinnen können, wenn er diese Worte in politische Taten gießt oder er kann sämtliche Glaubwürdigkeit verlieren. Das alles wird sich aber erst nach der Wahl zeigen können. Für die anstehenden Bundestagswahlen ist noch nicht ermessbar, wie viel tatsächliche Umsetzung in diesen Worten steckt, was aber für jeden Politiker gilt, der sich vor der Wahl äußert.