"Haarloser" Perro sin pelo del Perú mit "prüfendem" Blick | Foto: Dr. med. vet. K. Alexandra Dörnath

Tierschutzgesetz: Novellen-Ende trocknet Sumpf nicht aus

Exklusiv für zoos.media – 22.11.2024. Autor: Philipp J. Kroiß

Die Novelle des Tierschutzgesetzes ist wohl Geschichte. Die Verbindungen von Politik und Tierrechtsindustrie aber bleiben. Das zeigt eine große Recherche.

Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (MELH) im Berliner Regierungsviertel | Foto: Ulrich Wanner-Laufer, Lizenz: public domain

Tierschutzgesetz: Novellen-Ende trocknet Sumpf nicht aus

Wie zoos.media aus FDP-Kreisen erfahren hat, ist das Ende der Novelle des Tierschutzgesetzes bereits besiegelt: Die aus dem grünen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) stammende Novelle ist vom Tisch. Gab es bislang Befürchtungen, Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz könnte die Novelle Teil seines fragwürdigen Spiels um die Macht werden lassen, ist dies Thema inzwischen glücklicherweise wohl abgehakt. Das bedeutet für Tierhalter vor allem eines: Aufatmen.

Dieses Aufatmen darf allerdings lediglich ein Luftholen sein. Die Strukturen, die diesem einer Demokratie unwürdigen, weil grundsätzlich unwissenschaftlichen, Vorstoß den Weg ebneten, bestehen nach wie vor. Solange diese noch existent sind, sind Tierhalter nicht sicher. Die Industrie, die diese Strukturen geschaffen hat, will nichts weniger als das Ende jeder Form der Tierhaltung.

Von Beginn an vergiftet

Die Studie, die dem zuständigen Minister Cem Özdemir so etwas wie die Legitimation lieferte, das Tierschutzgesetz überhaupt zu überarbeiten, stammte von der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT). Das ist eine grüne Vorhof-Organisation, die eng mit der Tierrechtsindustrie, wie zum Beispiel mit PETA, zusammenarbeitet.

Der Tierrechtsindustrie, allen voran PETA, geht es darum, jede Form der Tierhaltung zu beenden. Mit diesem letztendlich angestrebten Ziel gehen die Organisationen aber nicht hausieren. Sie verkaufen es der Öffentlichkeit unter dem Deckmantel von angeblichem Tierschutz und vor allem: scheibchenweise. So sollen zum Beispiel zuerst bestimmte Haltungen, solche mit der kleinsten Lobby, fallen. Danach sollen nach gleichem Muster immer mehr Tierhaltungen verboten werden, bis es eine tierfreie Gesellschaft gibt.

Beispiel: Paragraf-11b-Tiere

Die Zucht von Wirbeltieren ist laut Paragraf 11b des deutschen Tierschutzgesetzes beispielsweise verboten, wenn dadurch “erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten“.

Die Zucht von Hunden mit gesundheitsproblematischen Veränderungen, wie leicht herausfallenden Augen oder dysfunktionalen Atemwegen, ist ein wichtiges Tierschutz-Thema. Oft werden aber auch weitere Tiere, die nicht unter diesen Paragrafen fallen, populistisch als “Qualzuchten” bezeichnet. Dieser Begriff aber ist plakativ, nicht vorurteilsfrei und klingt, als entstamme er direkt der Boulevard-Presse. “Qualzucht” ist wissenschaftlich nicht definiert und auch kein tierschutzrechlicher Begriff.

Er geht auf das “Gutachten zur Auslegung von Paragraf 11b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen)”, landläufig “Qualzucht-Gutachten” genannt, zurück, das vor etwa einem Vierteljahrhundert vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) in Auftrag gegeben wurde.

Begriff mit Problemen

Vier Monate alter schwarz-brauner reinrassiger Dackelrüde | Foto: Vassarboy11, Lizenz: Public Domain

Die Verwendung des Begriffes “Qualzucht” unterstellt dem Züchter grundsätzlich Negatives, denn “quälen” beinhaltet eine bewusste Absicht. Dies aber hat kein seriöser Züchter im Sinn. Er hat vielmehr ein Interesse daran, dass seine Zucht gesund ist und erhalten bleibt. In den Augen von Juristen ist die Begrifflichkeit “Qualzucht” überdies ein Laienbegriff. Also möge man Vorsicht im Umgang mit einem solchen nicht vorurteilsfreien Terminus, der nichts als brandmarken will, walten.

Der Paragraph 11b des Tierschutzgesetzes sorgt bereits jetzt dafür, dass eine Zucht solcher Tiere aus Sicht des Tierschutzes sinnvollerweise verboten ist. Um Sachlichkeit in die emotional aufgeladene Debatte zu bringen, hat unser Beiratsmitglied, die Tierschutzexpertin Dr. K. Alexandra Dörnath, vor geraumer Zeit den Begriff des “Paragraf-11b-Tieres” in die Diskussion eingeführt. Dieser sachliche Begriff wurde bereits in Pressebeiträgen wie diesem und auch in einem Magazin, der HundeWelt aus dem Minerva-Verlag, übernommen.

In der geplanten Neufassung des Paragrafen 11b sieht die Tierrechtsindustrie nun einen Anknüpfungspunkt. Die Novelle des Tierschutzgesetzes hätte den Paragrafen 11b durch ihren Einfluss zu einer Art Gummi-Paragrafen gemacht. Eine schwammig formulierte Auflistung von unkonkreten “Qualzuchtmerkmalen” hätte dem Verbot ganzer Rassen letztendlich Tür und Tor geöffnet, auch wenn Bundesminister Cem Özdemir regelmäßig betonte, der Dackel würde nicht verboten werden. Vielmehr sollte die nicht abschließende Liste an Symptomen angeblich Behörden helfen, festzustellen, ob ein Tier entsprechend Merkmale nach Paragraf 11b aufweise. Diese von den Grünen geplante Auflistung war im Gesetzesentwurf allerdings ein Sammelsurium meist unscharfer Begrifflichkeiten, die den Vollzug nicht vereinfacht, sondern erschwert hätte.

Quelle für “Qualzucht”?

Schon seit mehreren Jahren versucht die Tierrechtsindustrie durch den Vorwurf angeblicher „Qualzuchten“ zum Beispiel damit zu beginnen, die Hunde-Haltung zu verbieten. PETA stellte schon 2021 dementsprechend eine Art Abschussliste auf. Darauf standen aber nicht nur Schäferhund und Dackel, sondern auch Katzen oder Kaninchen, wie zum Beispiel Widderkaninchen.

Als Quelle für diese Liste wird unter anderem das Qualzucht-Evidenz Netzwerk (QUEN), eine als gGmbH geführte Organisation, genannt. Sie wurde von einer inzwischen pensionierten Amtstierärztin, die sich insbesondere für die Erna-Graff-Stiftung engagiert und auch mal Landestierschutzbeauftragte in Berlin war, gegründet. Man sieht auch an weiteren agierenden Mitgliedern, dass diese Organisation im Dunstkreis der Tierrechtsindustrie und ihrer Kollaborateure steht.

Etikettenschwindel

Xoloitzcuintles auf der Couch | Foto: Ricarda Scheffler, Verwendungserlaubnis durch Dr. med. vet. K. Alexandra Dörnath

Schon der Name von QUEN verschafft einen falschen Eindruck. Tatsächlich hat diese Gruppierung sehr wenig mit Evidenz zu tun. Aber auch der Begriff “Qualzucht” ist an sich populistisch. So will QUEN zum Beispiel die landläufig als Nackthunde bezeichneten Rassen Xoloitzcuintle, Viringo und Chinese Crested als sogenannte “Qualzucht” verkaufen.

Schaut man zum Beispiel auf diese Rassen, den Xoloitzcuintle aus Mexiko, den Viringo aus Peru sowie auf ihren Verwandten, den Chinese Crested, so sind diese ohne Einwirkung des Menschen entstanden und existieren seit vielen tausend Jahren. Sie sind robust, vital und langlebig und alles andere als eine “Qual”. Verwilderte Hunde dieser Rassen gehen im Übrigen selbständig auf die Jagd, was andere Haushundevertreter nicht mehr können.

Die Evidenz dafür, dass es sich in diesem konkreten Fall der Nackthunde, also der Hunde mit haararmer Haut, um eine “Qualzucht” handelt, fehlt. Trotzdem wird von QUEN und seinen Verbündeten ein wahrer Feldzug gegen diese und auch andere Hunderassen geführt.

Unreflektiertes Vorgehen

Perro sin pelo del Perú mit seinem Halter | Foto: Viringo Perusam, Verwendungserlaubnis durch Dr. med. vet. K. Alexandra Dörnath

Leider ist es so, dass insbesondere, wenn es um die Rassen mit haararmer Haut (Xoloitzcuintle, Viringo und Chinese Crested) geht, unreflektiert die wenige Primärliteratur, die im “Gutachten zur Auslegung von Paragraf 11b des Tierschutzgesetzes” aufgeführt ist, herangezogen wird. Diese war bereits bei Veröffentlichung dieses Gutachtens veraltet – es waren lediglich sechs Literaturstellen, die chronologisch aus den Jahren 1934, 1970, 1971, 1974, 1985 und 1987 stammen.

Zudem waren diese bereits bei Veröffentlichung dieses Gutachtens wissenschaftlich obsolet respektive auf zur Klärung bestimmter aktueller Fragestellungen nichtzutreffend. Bisher wird in Deutschland im Zusammenhang hiermit immer wieder, ohne Reflektion des Inhaltes dieser sechs Literaturstellen und offensichtlich ohne weitere wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesen Rassen gesammelt zu haben, aus diesem obsoleten “Gutachten zur Auslegung von Paragraf 11b des Tierschutzgesetzes” zitiert oder auf dieses verwiesen. Dies gilt aber nicht nur für QUEN, sondern auch für die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT), die sogar “Tierschutz” in ihrem Namen trägt.

Kooperation mit Tierrechtsindustrie & Politik

Kooperationspartner von QUEN ist die DJGT. Das erfährt man auf der Webseite ziemlich direkt. Unter den sogenannten Freunden und Förderern von QUEN findet man zudem Vier Pfoten, Menschen für Tierrechte, Pro Wildlife und einige weitere Mitglieder und Kollaborateure der Tierrechtsindustrie.

Man findet aber auch hier – und das ist ganz interessant – die LAG Tierrechte Berlin von der Partei Die Linke, die rechtsidentisch mit der SED ist, sowie BAG Tierschutzpolitik von Bündnis 90/Die Grünen. Hier gibt sich also die Tierrechtsindustrie ein sehr offenes Stelldichein und vereint sich mit linken Parteien, die schon lange durch die Nähe zu ebendieser Industrie auffallen.

Fragwürdige Förderung evidenzbefreiter Verbotspolitik

So sollte durch die Novelle des Tierschutzgesetzes letztendlich ein Forum für evidenzbefreite Verbotspolitik mehr Macht bekommen, wodurch man prima die scheibchenweise Abschaffung der Tierhaltung hätte vorantreiben können. Die Novelle hätte bundespolitisch massiv beschleunigt, was auf landespolitischer Ebene schon zum Teil geschieht.

Im rot-grün regierten Niedersachsen wurde QUEN im Jahre 2024 mit 55.000€ dafür gefördert, zehn Merkblätter für beliebte Hunderassen zu erstellen, die wohl nicht zufällig unter den populistischen Vorwurf der „Qualzucht“ gestellt wurden. Überdies wurde auch der Tierschutzpreis des Landes, dotiert mit 15.000€, im selben Jahr an QUEN vergeben.

Zwergwidder mit Karotte | Foto: Peter Jung, Lizenz: CC0 1.0

Noch fragwürdigere Merkblätter

Als fachlich hochwertig kann man diese Merkblätter nicht gerade bezeichnen. So liest man zu Widderkaninchen: “An dieser Stelle wird nur eine Auswahl an Quellen zu den oben beschriebenen Defekten und ggf. allgemeine Literatur zu zuchtbedingten Defekten bei Katzen [sic!] angegeben.” Eine kritische Prüfung des Materials ist somit gar nicht möglich.

Dazu ist die Verwertbarkeit fraglich, muss QUEN auf dem Merkblatt zum Beispiel zugeben: “Da Zucht und Ausstellungswesen heutzutage international sind, beziehen sich die Angaben in der Regel nicht nur auf Prävalenzen von Defekten oder Merkmalen in einzelnen Verbänden, Vereinen oder Ländern.” Der Disclaimer drückt letztendlich euphemistisch aus: “Was wir hier schreiben, kann also möglicherweise auf eine betrachtete Population zutreffen oder halt nicht.” Letztendlich hat man nämlich Quellen gecherrypickt, konkrete Bezüge auf Populationen gibt es quasi nicht.

Kaninchen-Ohren unter der Lupe

Zu Widdern liest man zum Beispiel, dass diese häufig unter Ohrenentzündung leiden würden. Schaut man mal ohne die sprichwörtliche Brille, die man offenbar bei QUEN auf der Nase hat, um Widderkaninchen das “Qualzucht”-Schildchen um den Hals zu hängen, bekommt man schnell ein anderes Bild.

Wie die Deutsche Gruppe der World Rabbit Association (WRSA) nämlich angibt, zeigt eine aktuelle Studie an Widderkaninchen aus der Rassekaninchenzucht “keine signifikanten Auffälligkeiten bei Ohren, Augen und Zähnen der Tiere“. Die Veröffentlichung selbst kann man hier nachlesen.

Von “Qualzucht” und “Evidenz” bleiben auch hier: lediglich ein “Netzwerk”. Die tatsächliche Evidenz findet man bei den Leuten, die von der Tierrechtsindustrie bekämpft werden wie die WRSA oder auch der Zentralverband Deutsche Rassekaninchen-Züchter e. V. (ZDRK), der sich ebenfalls auf die Studie bezieht.

Das Leineschloss in Hannover: Hier sitzt der Landtag von Niedersachsen. | Foto: Tim Rademacher, Lizenz: CC BY-SA 2.0 DE

Warum eine Förderung?

Euroscheine | Foto: Berthgmn, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Im Rahmen einer Anfrage der Opposition im Niedersächsischen Landtag gibt sich die Regierung große Mühe so zu tun, als sei damit kein Auftrag verbunden gewesen. Allerdings als “eine Handreichung für die für den Tierschutz zuständigen kommunalen Veterinärbehörden in Niedersachsen” sollten sie dann schon dienen.

So eine verdeckte Auftragsvergabe, die auch noch entsprechend hoch dotiert ist, ist ein Schlupfloch zur Entfremdung von Steuergeld zur Mittelbeschaffung für politisch genehme NGOs. Eine Förderung muss man nämlich nicht ausschreiben. Hätte man das Erstellen solcher Merkblätter ausgeschrieben, wären gerade in Niedersachsen natürlich viele kompetente Stellen infrage gekommen, die eben nicht Teil der Tierrechtsindustrie sind. In diesem Bundesland gibt es nämlich beispielsweise die Tierärztliche Hochschule Hannover und das Tierschutzzentrum Hannover.

Bemerkenswerter Einfluss

So kann man dann praktisch sehr gut verstehen, was es bedeutet, wenn sich politische Parteien bei NGOs unter “Freunden und Förderern” befinden. Der Einfluss reicht aber noch weiter. Ebenfalls in einer Anfrage liest man: “Seit dem Jahr 2022 – dem Jahr, in dem die TierSchHuV [Tierschutz-Hundeverordnung, Anm. d. Red.] in der aktuell gültigen Form in Kraft trat – ist eine Projektgruppe der AG Tierschutz der Bundesländer (PG-AGT) damit befasst, Leitlinien zur Umsetzung von § 10 TierSchuHuV zu formulieren.”

Und weiter: “In den Erlassen ist auch ein Hinweis auf die Informationssammlung des Qualzucht-Evidenz Netzwerks (QUEN) enthalten. Die dort zur Verfügung gestellten Informationen und Merkblätter tragen zu einer einheitlichen Rechtsauslegung bei.” Man sieht also, wie weit QUEN sich bereits in solche wichtigen Verfahren regelrecht eingenistet hat. Zudem ist spannend, wie schnell Merkblätter, für die es angeblich nie einen echten Auftrag gab, dann zu Quellen für Rechtsauslegung wurden und werden. Bereits jetzt ist dies schon der Fall: Veterinärbehörden nutzen diese jetzt schon als angeblich “seriöse Quelle”.

Der Kreis beginnt sich zu schließen

QUEN wird nicht ausdrücklich in der aktualisierten Fassung des Schriftstückes “Leitlinien zur Auslegung und zum Vollzug des Ausstellungverbots von § 10 der Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV)” genannt, obwohl es offenbar direkten Einfluss gibt. Allerdings findet sich zudem in den Quellenangaben auch ein Hinweis auf den Kommentar zum Tierschutzgesetz.

Das allein klingt erstmal nicht verwunderlich, aber insgesamt gleich zwei der vier Autoren des Werkes sind von der DJGT. Einer der beiden – und gleichzeitig auch Erstautor – ist oben genannter Dr. jur. Christoph Maisack, der aber nicht nur von Beginn an erster Vorsitzender der DJGT ist, sondern er steht auch auf einer Liste der Gesellschafter von QUEN, die zoos.media bereits seit Sommer 2023 vorliegt, und die von ihm und von der Gründerin von QUEN, der bereits oben erwähnten pensionierten, der Tierrechtsindustrie nahestehenden Amtstierärztin, unterzeichnet ist.

Der Kreis schließt sich weiter

Eine Familie weißer Kaninchen in Indien | Foto: Pinakpani, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Die zweite Person, die sich für den oben genannten Kommentar verantwortlich zeigt und von der DJGT ist, ist Dr. jur. Barbara Felde, die als von Bündnis 90/Die Grünen vorgeschlagene “Einzelsachverständige” bei der Experten-Anhörung vor dem Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des Bundestages zur Novellierung des Tierschutzgesetzes befragt wurde. Von ihr veröffentlichte QUEN auch bereits einen Text zum Verbandsklagerecht.

Zudem taucht ihr Foto auch auf der QUEN-Seite unter der Überschrift “Gründungsteam” auf. Überdies kooperiert sie mit Tierrechtsorganisationen, wie zum Beispiel Vier Pfoten und sie ist als “Expertin” der Tierrechtsorganisation Global Animal Law Association (GAL) aufgeführt. Tatsächlich hat Felde 2015 sogar mal etwas zu Kaninchen geschrieben. Dieses konnte QUEN aber wohl nicht davor bewahren, dass das Widder-Merkblatt so defizitär wurde.

Interessanterweise hat die AG Tierschutz eine Auflistung von Merkmalen nach Paragraf 11b des Tierschutzgesetzes als Vollzugshilfe erarbeitet. Bemerkenswerterweise dienen drei Personen aus dem Beirat von QUEN zur Validierung dieser Tabelle. Eine neutrale Validierung sieht eigentlich anders aus.

Offensichtlicher Skandal

Dr. med. vet. K. Alexandra Dörnath untersucht das Schwein Max | Foto: privat

Man sieht also, wie hier besonders die Partei von Bündnis 90/Die Grünen durch ein schwer durchsichtbares Geflecht aus Organisationen versucht, die Tierrechtsideologie in Gesetze zu gießen. Dass dieser Versuch zumindest bei der Novelle des Tierschutzgesetzes vereitelt wurde, ist insbesondere dem fachlichen Einsatz des zoos.media-Beiratsmitgliedes Dr. vet. med. K. Alexandra Dörnath, Master of Science in Wild Animal Health, Expertin für Wildtiere, exotische Haustiere und insbesondere für Tierschutz, zu verdanken.

Während andere Organisationen die Novelle durchwinken und so der Tierrechtsindustrie mehr Einfluss auf die Tierhalter ermöglichen wollten, stemmte sie sich mutig dagegen und deckte auf, dass gerade über den Paragrafen 11b mit dem Schlagwort “Qualzucht” – unter anderem durch den Einfluss von QUEN – eben gerade nicht evidenzbasiert diskutiert wurde.

Dass sich QUEN und die DJGT aber über Schlupflöcher mit fragwürdigen Förderungen so viel Einfluss im rot-grün regierten Niedersachsen sichern konnten, bleibt ein Skandal. Es gäbe gerade in diesem Bundesland genügend seriöse Institutionen, die sich qualifiziert und tatsächlich evidenzbasiert mit Haustierrassen und deren Zucht beschäftigen könnten. Das ist aber wohl politisch nicht gewollt.

Was bedeutet das für Tierhalter?

So mag – wenn man es mal martialisch ausdrücken will – die Schlacht um die unsägliche Novelle des Tierschutzgesetzes, die auch für Wildtiere katastrophale Konsequenzen gehabt hätte, gewonnen sein, aber der Krieg ist es noch lange nicht. Zu lange war man untätig und hat zugelassen, dass sich solche Strukturen entwickeln konnten.

Viele waren quasi auf dem Auge des Tierschutzes zu lange zu blind, sodass sich Pseudo-Tierschutz-Organisationen in politische Prozesse einschleichen und die Tierrechtsideologie als einen bereits bestimmenden Faktor etablieren konnten. Diese Ideologie hat aber mit Tierschutz nichts zu tun. Denn: Tierschützer arbeiten konstruktiv mit Tierhaltern zusammen, die Tierrechtler hingegen wollen letztendlich jede Form von Tierhaltung abschaffen. Manche schieben hierfür tatsächlich auch das Klima vor.

An dieser Stelle reicht es auch nicht mehr, einzelne beteiligte Organisationen wie PETA, DJGT oder QUEN einfach zu verbieten. Die spinnennetzartigen Strukturen, die geschaffen worden sind und die noch geschaffen werden sollen, sind das wirklich Gefährliche für jeden Tierhalter in Deutschland. Aber nicht nur der Aktivismus der Tierrechtsindustrie zieht die Schlinge um den Hals von Tierhaltern weiter zu, es sind auch Untätigkeit und Opportunismus in den eigenen Reihen.

Tierhalter engagieren sich schon

Auch wenn Tierhalter-Organisationen sich nicht gegen die Novelle zur Wehr setzen, tun dies einzelne Tierhalter. Dabei hat bereits unser Beiratsmitglied Dr. Dörnath Unterstützung geleistet. Sie begleitete zum Beispiel die Hundezüchterin Alexandra Gabrisch und die Hundehalterin Gabriele Malinrian als fachliche Beraterin zum Bundestagsabgeordneten Ingo Bodtke (FDP).

 

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QUEN widerlegt

Überglückliches Kind mit seinen tierischen Begleitern in Perú | Foto: Viringos Perusam, Verwendungserlaubnis durch Dr. med. vet. K. Alexandra Dörnath

Durch ihre Arbeit kennt Dr. Dörnath aber eben zum Beispiel die sogenannten Nackthunde sehr gut – wir berichteten. Dass Nackthunde eben keine unter Paragraf 11b fallenden Tiere sind, zeigt auch Dörnaths 760-seitige Studie, deren Zusammenfassung im Anhang ihrer für den Bundestagsausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zur Verfügung gestellten schriftlichen Stellungnahme zu entnehmen ist.

Ebendort ist auch ein zweiseitiges Dokument von Prof. Dr. José Luis Payró Dueñas von der renommierten Universität Mexiko (Universidad Nacional Autónoma de México facultad de Medicina Veterinaria y Zootecnia) abgedruckt. Payró, mit dem Dörnath in regelmäßigem fachlichem Austausch steht, arbeitet seit Anfang der 1970er mit diesen Hunden. Beide, Payró und Dörnath, kommen zu denselben Erkenntnissen.

Sie basieren ihre Arbeit dabei auf echter Evidenz und machen sehr deutlich, dass QUEN mit dem Merkblatt “Hund Fehlendes Haarkleid” falsch liegt. Interessant ist dabei ohnehin, dass sich unter den Quellen, die QUEN für dieses Merkblatt verwendet, sich die von Osorio & Galvez (2015) befindet. Diese mahnt ausdrücklich den Erhalt der Perro sin pelo del Perú beziehungsweise Viringo an: “Weil es ein Hund ist, der schon lange vor der Ankunft der Spanier in der Peru in unserer Umgebung existiert.” Die Art wird in der Arbeit als lebendiger kultureller Schatz verstanden, den es zu bewahren und nicht zu zerstören gilt.

Vorsicht vor dem Sumpf

Und so müssen Tierhalter, aber auch Politiker und Juristen, vorsichtig und wachsam sein: Das einzig Wahre am Wort QUEN ist wohl mit dem letzten Buchstaben abgekürzt: “Netzwerk”. Vernetzt sind sie alle gut miteinander in der Tierrechtsindustrie beziehungsweise sitzen die gleichen Leute ja auch oft in mehreren Organisationen.

Der Begriff “Qualzucht” wäre auch bei der Novelle des Tierschutzgesetzes glücklicherweise nicht ins Gesetz geschrieben worden – ist dieser ja weder wissenschaftlich definiert noch ein tierschutzrechtlicher Begriff. Er ist in einem sachlichen Vortrag daher fehl am Platze, denn Populismus und Leserlenkung gehören definitiv nicht hierher.

Das Wort “Evidenz” schließlich soll eigentlich für Nachweisbarkeit stehen. Evidenz gibt es aber, wie auch dieser Artikel an Beispielen gezeigt hat, vielmehr gegen die Ausführungen von QUEN als dafür. Es handelt sich also hier wohl doch vielmehr um ein “Paragraf-11b-Behauptungsnetzwerk”, das mit Evidenz so viel zu tun hat wie Zitronenfalter mit dem Falten von Zitronen.

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