Exklusiv für zoos.media – 15.10.2024. Autor: Philipp J. Kroiß
Bei der Experten-Anhörung zur Neufassung des Tierschutzgesetzes brachte Dr. Barbara Felde das Verbandsklagerecht ins Spiel. Was hat es mit diesem auf sich?
Bundestag: Dr. Barbara Felde fordert Verbandsklagerecht bei Anhörung
Bei der Zusammenfassung der Einlassungen von Dr. Barbara Felde, liest man auf der Seite des Bundestages: “Ihrer Ansicht nach brauche es ein Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzvereinigungen auf Bundesebene. […] Die Einführung und Weiterentwicklung von Verbandsklagerechten entspräche der allgemeinen Tendenz, privates Engagement und privaten Sachverstand, wie sie sich in Vereinen finden, zur Durchsetzung von Gemeinwohlinteressen zu nutzen.” Was in Worten gut klingen mag, wird aber in Taten gar nicht eingelöst.
Verbandsklagerecht in NRW gescheitert
Dank der schwarz-gelben Regierung konnte in NRW das von Rot-Grün initiierte Verbandsklagerecht beendet werden. Das war ein wesentlicher Fortschritt für den Tierschutz. Warum? Das Verbandsklagerecht wird von der Tierrechtsindustrie gekapert. Auch in anderen Bundesländer, die an diesem gescheiterten System weiter festhalten, kann man das beobachten. Letztendlich ist dieses vermeintliche Klagerecht nämlich ein Trojanisches Pferd. Das Klagerecht ist nämlich nur ein Teil das Gesetzes. Der andere Teil wird häufig nicht genannt.
Mit dem Verbandsklagerecht kommt nämlich vor allem ein Recht auf Partizipation bei politischen Entscheidungen, bevor sie überhaupt gefällt werden. Durch so ein Verbandsklagerecht bekommt also die Tierrechtsindustrie echten Einfluss auf die Politik. Solche Partizipation ist auch, worauf die Organisationen eigentlich scharf sind. Das erlangte Klagerecht selbst, wird in der Praxis kaum genutzt. Dazu kommt auch geldliche Förderung durch den Staat im Rahmen dieses Rechtes, was auch interessant für die Tierrechtsindustrie ist.
Nicht mal zwei Hand voll Klagen, aber viele tausende Euros Förderung durch das Land war die ineffiziente Bilanz des Verbandsklagerechts in NRW. Dieses nun bundesweit einführen zu wollen, ist im Interesse der Tierrechtsindustrie, aber weder im Interesse des Steuerzahlers, noch des Tierschutzes. Das Grundgesetz erklärt den Tierschutz zum Staatsziel. Diese Regelung aber beinhaltet keinen Blankoscheck für alles, das sich als Tierschutz identifiziert – besonders, wenn es mit Tierschutz in der Praxis nichts zu tun hat und nicht demokratisch legitimierte Interessensgruppen einen Zugriff auf politische Entscheidungen gibt.
Keine Überraschung
Felde ist Stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V. (DJGT). Die DJGT – natürlich mit Felde – ist auch im Lobbyregister des Bundestages zu finden. Hauptziel dieser Lobbyarbeit ist das Tierschutzgesetz. Wir haben bereits über die Verbindungen des Vereins zu PETA berichtet. Ebenso wie sehr PETA nach dem Verbandsklagerecht strebt und es schließlich in Berlin in fragwürdiger Art und Weise bekam.
Verwickelt in diesen Vergabeprozess ist die Stabstelle der Tierschutzbeauftragten des Landes. Der Anwalt, der zuvor die Verhandlung für PETA führte, war plötzlich dort angestellt. Ebenfalls Anwalt bei der Stabsstelle war später Dr. Christoph Maisack von der DJGT. Seit März/April ist dieser dort nicht mehr gelistet. Es ist dennoch keine Überraschung, dass aus der Richtung dieser Organisation solch ein Vorstoß kommt. Verwunderlich war es nur, dass Felde als Einzelsachverständige auftrat, war es doch die DJGT, die den Grünen erst mit einem fragwürdigen Gutachten die “Legitimation” lieferte, die Novelle des Tierschutzgesetzes anzustreben.
Die Grünen sind es auch, die seit jeher das Verbandsklagerecht protegieren. Letztendlich wurde auch von dieser Partei mit den betroffenen Pseudo-Tierschutzorganisationen in NRW eine Vergeltungskampagne allein für das Anstreben der Abschaffung des Verbandsklagerechts vom Zaun gebrochen. So war es dann auch wohl kein Zufall, dass es die Grünen waren, die Felde für die Anhörung vorschlugen.
R2G für die Tierrechtsindustrie
Die DJGT ist aber nicht nur mit PETA bestens vernetzt. Die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht hatte sich schon im Vorfeld unter anderem mit dem Deutschen Tierschutzbund und Vier Pfoten gegen die aktuelle Fassung der Neufassung des Tierschutzgesetzes ausgesprochen. Dazu passt: Die SPD hatte den fragwürdigen Deutschen Tierschutzbund geladen und die Linken die unseriöse NGO Vier Pfoten. So ergab sich hintenrum so etwas wie eine Rot-Rot-Grüne Koalition, die die Tierrechtsindustrie durch die Novelle des Tierschutzgesetzes zu pushen versucht. Das ist sicher nicht zufällig die Parteienkombination, die auch das Verbandsklagerecht in Berlin einführte.
Die Expertenanhörung machte also auch ganz nebenbei deutlich, wie der politische Wind so weht. Ebenfalls von der SPD vorgeschlagen worden war auch Ariane Kari. Sie verdankt letztendlich auch dieser Partei ihre neue Stellung als Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung, wurde die doch erst unter der aktuellen, SPD-geführten Regierung geschaffen. Schaut man sich ihren Tätigkeitsbericht von Juni 2023 bis Juni 2024 an, so findet man nicht nur ein Gespräch mit PETA, sondern auch zwei Termine mit der DJGT, gleich vier mit Vier Pfoten und sogar elf mit dem Deutschen Tierschutzbund. So richtig überrascht werden sich die Akteure mit ihren Position gestern als weder gegenseitig noch gegenüber den Parteien haben.
Für Organisationen und Akteure die ohnehin mit einer Stimme sprechen, hätte auch eigentlich eine Person gereicht. So hätte vielleicht, wie von unserem Beiratsmitglied Dr. Dörnath vorgeschlagen, noch ein erfahrener Amtstierarzt, der aktuell im Tierschutzvollzug tätig ist, in die Runde gepasst. Das wollten SPD, Grüne und Linke aber wohl nicht. Der Vertreter vom Bundesverband Praktizierender Tierärzte, Dr. Andreas Palzer, brachte es prägnant auf den Punkt, was diese Novelle darstellt: “Symbolpolitik”.
Und Zoos?
Kein Zooverband war von einer Partei in der Expertenanhörung vorgeschlagen worden. Sehr wohl waren Zoos aber Thema. So wurde von Felde der Zoo Krefeld in einem Atemzug mit Stallbränden erwähnt, was natürlich total unangemessen war. Offenbar will man aber auch hier seitens des genannten politischen Lagers reglementieren. Es ist aber total überflüssig, weil Zoologische Gärten ein massives Eigeninteresse haben, die wertvollen Tiere sowie auch die Besucher vor Bränden zu schützen. Ein Staat, der sich hier zudem einbringen will, verteuert nur Neubauten sinnlos. Ferner hat auch er die Katastrophe nicht verhindern können, obwohl das Steigenlassen von Himmellaternen bereits von ihm verboten worden war.
Besonders im Fokus standen aber natürlich die mobilen Zoos gemeinsam mit den Circussen. Ihnen soll – nach Ansicht der Tierrechtsindustrie – das Halten von Wildtieren verboten werden, was der Vertreter von Vier Pfoten auch nicht unerwähnt ließ. Aktuell sieht das Gesetz “nur” eine Bürokratie-Falle vor, die, ähnlich wie die Reglementierungswut beim Brandschutz, vor allem dafür sorgen soll, dass Halter finanziell so massiv unter Druck geraten, dass sie sich eine Haltung nicht mehr leisten können. Das ist verheerend für die Tier-, Natur- und Artenschutz.
Solchen Verboten durch die Hintertür, aber auch direkten Verboten, wenn sie denn möglich sind, sollen mit dem neuen Tierschutzgesetz letztendlich Tür und Tor geöffnet werden. Die Frage ist also nicht mehr, ob bestimmte Parteien und NGOs das wollen, die Frage ist nur, ob die Akteure, denen Tier-, Natur- und Artenschutz am Herzen liegt, das zulassen. “Die Freiheit stirbt zentimeterweise”, hat der PDF-Politiker Guido Westerwelle erklärt. Wie viele Zentimeter mehr will man der Tierrechtsindustrie noch zugestehen? Aktuell gewinnen sie gerade auf der politischen Bühne immer weiter an Einfluss. Ein bundesweites Verbandsklagerecht wäre dementsprechend auch verheerend.