Im Stadttor (Düsseldorf) befindet sich unter anderem der Sitz vom Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. | Foto: Buendia22, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Ex-NRW-Ministerin lobbyierte für fragwürdige Novellierung vom Tierschutzgesetz

Exklusiv für zoos.media – 14.03.2025. Autor: Philipp J. Kroiß

Wenn jemand aus der Politik in den Lobbyismus geht, lohnt sich immer ein Blick. Den wagt dieser Artikel in Bezug auf Ursula Heinen-Esser und „Tierschutz“.

Plenarsaal des Landtags NRW | Foto: Moritz Kosinsky / Wikipedia, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

Ex-NRW-Ministerin lobbyierte für fragwürdige Novellierung vom Tierschutzgesetz

Im Rahmen der Aufarbeitung der vom Bundeslandwirtschaftsministerium anberaumten und in den finalen Ampel-Wirren untergangenen Novelle vom Tierschutzgesetz kommt immer mehr ans Licht. Die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) hat im Auftrag der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen ein Gutachten zur Reform des Tierschutzrechts erstellt. Diese Auftragsarbeit des mit der Tierrechtsindustrie eng zusammenarbeitenden Vereins – man gibt sogar gemeinsame Pressemitteilungen heraus – lieferte dann den Vorwand zu eben dieser Novellierung. Wir berichteten.

So wurde dann ein völlig defizitärer und somit mehr als fragwürdiger Entwurf entwickelt. Auch darüber hat zoos.media ausführlich berichtet. Jetzt kommt raus: Daran war eine Ex-NRW-Ministerin nicht ganz unbeteiligt. Vor dem Hintergrund wird dann auch interessant, wie sie damals überhaupt Landesministerin geworden ist.

Lobbyistin für die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt

Laut Lobbyregister-Eintrag (hier ein Archiv-Link zum Eintrag, auf den Bezug genommen wird,) arbeitete Ursula Heinen-Esser im Auftrag der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt an: „Verbesserung in der Novelle des Tierschutzgesetz hinsichtlich Verschärfungen der Anbindehaltung und Verhinderung von Qualzucht“. Weiter heißt es: „Ziel von Gesprächen mit Bundestagsabgeordneten ist es, Veränderungen in der Novelle des Tierschutzgesetzes in Bezug auf Anbindehaltungen und Qualzucht zu erreichen“. Dafür erhielt sie einen Betrag zwischen 1 bis 50.000 Euro. Genauer spezifiziert das Register es nicht.

Das geschieht wohl unter dem Dach von „EH Strategische Beratung“. Dieses Unternehmen von Ursula Heinen-Esser und Heinz Christian Esser „begleitet Unternehmen und Verbände in politisch-administrativen Prozessen. Das gilt insbesondere für Regulierungsverfahren und Genehmigungsverfahren ebenso wie für die Kommunikation politischer Anliegen.“ Im Lobbyregister-Eintrag der Ex-Ministerin steht, ihr Lobbyismus für die Novellierung des Tierschutzgesetzes, sei „selbst ausgeführt“ worden.

Das ist auch durchaus glaubhaft, vermeldete der Kölner Stadt-Anzeiger 2023: „Sie ist seit Neuestem Lobbyistin für die Tierschutzorganisation „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt““. Eine Sprecherin der Stiftung erklärte gegenüber dem Medium: „Frau Heinen-Esser lernten wir über persönliche Kontakte kennen“. Das berichtet weiter: „Die Zusammenarbeit sei nicht ehrenamtlich, es handelte sich um ein „bezahltes Mandat“.“ Auch Heinen-Esser selbst betonte in dem Zusammenhang: „Die Zusammenarbeit mit der Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt entstand über langjährige persönliche Kontakte.“ An dieser Stelle wird es spannend. Dazu müssen wir aber etwas in der Zeit zurückgehen.

Hass-Kampagne gegen die Vorgängerin

Christina Schulze Föcking (CDU) | Foto: Leila Paul, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Wir schreiben das Jahr 2017. In Nordrhein-Westfahlen bezieht, nach langjähriger rot-grüner Landesregierung, eine schwarz-gelbe Regierung ihre Positionen – das Kabinett Laschet. Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen wird Christina Schulze Föcking. Ihr Ziel war es, den Tierschutz effizienter zu gestalten. Der „Tierschutz“ der rot-grünen Landesregierung zuvor hatte im Wesentlichen aus dem Füttern von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) über das Verbandsklagerecht bestanden.

Allein das Landesbüro Verbandsklagerecht anerkannter Tierschutzverbände in NRW wurde mit insgesamt mit über 100.000€ gefördert. Christina Schulze Föcking beendete dieses Pseudo-Tierschutz-Gebaren der alten Regierung und schickte sich, an den Tierschutz in NRW deutlich besser aufzustellen. Dazu ergriff sie zielgerichtete Maßnahmen. Die aber nun nicht mehr hofierten NGOs starteten daraufhin eine Lügenkampagne gegen die Ministerin. Statt die diffamierenden Aussagen gegen Politikerin zu prüfen, nahmen viele Medien die Pressemitteilungen der Pseudo-Tierschutzorganisationen für bahre Münze und schlugen mit auf die Ministerin ein.

Was folgte, war eine absolut beispiellose Hass-Kampagne. In dessen Verlauf kam es zu einem Hacker-Angriff auf das Heimnetzwerk von Christina Schulze Föcking, wozu es dann später einen von Rot-Grün im Wesentlichen angestoßenen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gab. Wir berichteten. Die Hacker machten sich dabei wohl eine Sicherheitslücke im Programm TeamViewer zu Nutze: Das Passwort zur Fernsteuerung von Geräten wurde zu dem Zeitpunkt von dem Programm im Arbeitsspeicher des jeweiligen Geräts unverschlüsselt hinterlegt. Allerdings bereits vor dem Untersuchungsausschuss war Christina Schulze Föcking aufgrund von Drohungen gegen sie und ihre Familie zurückgetreten.

Langjährige persönliche Kontakte?

Beteiligt an der Hass-Kampagne gegen Christina Schulze Föcking war die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt. Diese ist Teil vom so genannten Bündnis für Tierschutzpolitik aus Albert Schweitzer Stiftung, Bundesverband Tierschutz, Bund gegen Missbrauch der Tiere (bmt), Menschen für Tierrechte, PROVIEH sowie VIER PFOTEN. „Tierschutz“ ist hier als Begriff also doch sehr weit ausgelegt, um es euphemistisch auszudrücken. Tatsächlich handelt es sich beim Bündnis um ein Stelldichein der Tierschutzindustrie und ihrer Kollaborateure. Teile des Bündnisses saßen auch im oben erwähnten Landesbüro.

So mischte dann auch die Albert Schweitzer Stiftung tüchtig bei der Hass-Kampagne gegen Christina Schulze Föcking mit und zeigte sie zum Beispiel sogar an. Man hatte nämlich, offenbar um Hass gegen die von den NGOs aus Eigeninteresse ungeliebte Ministerin zu schüren, versucht, ihr Tierquälerei anzuhängen. Die Staatsanwaltschaft sah allerdings keine Verstöße gegen den Tierschutz. Es war also wieder eine typische, haltlose Lügen-Kampagne seitens der Tierrechtsindustrie und ihrer Kollaborateure, die ungeliebten Politikern gerne mal was anhängen wollen. Der allein aber durch den Verdacht und entsprechend befeuernde Kampagnen ausgelöste Hass, hatte offenbar genug Gemüter zum Kochen gebracht, dass die Ministerin und ihre Familie so sehr um Leib und Leben fürchten mussten, dass sie sich zum Rücktritt gezwungen sah.

Nachfolgerin von Christina Schulze Föcking war dann Ursula Heinen-Esser. Sie gab dann ein paar Jahre später zu Protokoll, dass es langjährige persönliche Kontakte mit genau dieser Albert Schweitzer Stiftung gab. Natürlich kann man immer an Zufälle glauben oder annehmen, dass es diese Kontakte vor ein paar Jahren noch nicht gab. In jedem Fall aber sorgt so ein interessanter Verlauf der Ereignisse für etwas, das man in einem englischsprachigen Artikel wohl mit raising eyebrows umschrieben würde.

„Erbe“ Heinen-Essers in der Tierschutzpolitik von NRW

Noch in ihrer Amtszeit richtete Heinen-Esser für Nordrhein-Westfahlen die Position der Landestierschutzbeauftragten ein. Dazu ernannt wurde Dr. Gerlinde von Dehn. Die Beauftragte ist Mitglied der bereits oben erwähnten DJGT. Unter anderem im Bezug auf das Tierschutzgesetz hat genau diese Organisation mit der Albert Schweitzer Stiftung kooperiert. So wollten sie gemeinsam zum Beispiel eine weitere Verschärfung mit kuriosen Begründungen durchpeitschen. Ebenfalls engagieren sich die Organisationen zusammen – auch zum Beispiel mit PETA –  für das Verbot mancher Haustierrassen in Bezugnahme auf das fragwürdige Qualzucht-Evidenz Netzwerk (QUEN).

Schaubild gemäß den Angaben des Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MLV) NRW im Rahmen der zoos.media-Recherche

Im Zuge einer anderen Recherche, deren weitere Ergebnisse es noch zu veröffentlichen gilt, erlangte die Redaktion von zoos.media Kenntnis von einer Auftragserteilung der Landestierschutzbeauftragten NRW an eben dieses Netzwerk. Auf der Seite von QUENs „Freunden und Förderern“ findet sich auch die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt. So schließen sich dann mehrere Kreise und entblößen sich Netzwerke. In Bezug auf Berlin fordert übrigens ein Bündnis, in dem unter anderem Albert Schweitzer Stiftung, bmt, BV Tierschutz, DJGT, PROVIEH und PETA zu finden sind, die Rückkehr der freigestellten Landestierschutzbeauftragten dort. Aber das ist nochmal ein anderes Thema.

Was man in Bezug auf das Thema dieses Artikels sehen könnte, ist eine gewaltige Intrige, die am Ende vor allem eins verhindert hat: wirksamen, effizienten und zielgerichteten Tierschutz in Nordrhein-Westfahlen, aber auch darüber hinaus. All diese so genannten NGOs hat niemand gewählt, aber alle bezahlen den Preis für ihre Machenschaften.

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