Zugang zum Campus der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) im Stadtteil Ravensberg | Foto: Siegbert Brey, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Ist Robert Marc Lehmann wirklich Meeresbiologe?

Exklusiv für zoos.media – 15.01.2025. Autor: Philipp J. Kroiß

“Robert Marc Lehmann ist studierter Diplom-Meeresbiologe”, steht auf der Webseite von Robert Marc Lehmann. Stimmt das? Dem geht dieser Artikel nach.

Europäischer Flusskrebs im Aquazoo Löbbecke Museum in Düsseldorf | Foto: zoos.media

Ist Robert Marc Lehmann wirklich Meeresbiologe?

Wer auf Google nach der Formulierung “studierter Diplom-Meeresbiologe” sucht, gelangt zur Seite von Robert Marc Lehmann. Immer wieder wird der YouTuber auch von anderen so oder so ähnlich vorgestellt. In seinem Profil bei Canon kann man lesen: “Mit 18 Jahren schrieb sich Robert an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ein, wo er sich seinen Traum erfüllte, Meeresbiologe und wissenschaftlicher Taucher zu werden.” Einige Jahre später gab er dann auch seine Diplomarbeit dort ab: “Zuwachs von Astacus astacus L. (Europäischer Edelkrebs) unter Kunst- und Naturfutter“.

Zweifel kommen auf

Halfterfisch im Aquarium Poema del Mar auf Gran Canaria | Foto: zoos.media

Astacus astacus kennt man gemeinhin als Edelkrebs oder Europäischer Flusskrebs. Der Trivialname gibt da schon einen entscheidenden Hinweis, was durch das Verbreitungsgebiet bestätigt wird: “Edelkrebse besiedeln langsam fließende Gewässer (v.a. größere Bäche und kleine Flüsse) aber auch Seen und Weiher.” Mit dem Meer hat das nicht wirklich viel zu tun, außer, dass es auch Wasser ist. Die Biologie vom Lebensraum Meer ist aber eine durchaus andere als die Biologie vom Lebensraum Fluss. Das liegt auch nicht nur daran, dass der eine durch Salz- und der andere durch Süßwasser geprägt ist.

Wimpelfisch | Foto: Magnus Johansson, Lizenz: C BY-SA 2.0 DEED

Schon in unserer früheren Berichterstattung waren fehlerhafte Artbestimmungen seitens Robert Marc Lehmann aufgefallen. Die waren für einen studierten Meeresbiologen unüblich. Bei der “Recherche” auf Bali hielt er zum Beispiel Wimpelfische für Halfterfische. Diese Arten unterscheiden sich eigentlich deutlich genug, damit sie ein studierter Meeresbiologe nicht verwechselt. Selbst für Laien sind sie leicht auseinander zu halten. Es gibt da sehr deutliche optische Merkmale. Solche offensichtlichen Fehler nährten den Zweifel.

CAU bietet einen Studiengang “Meeresbiologie” gar nicht an

Jetzt ist es allerdings so, dass man einen Studiengang Meeresbiologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), wo Robert Marc Lehmann die Diplomarbeit über Flusskrebse schrieb, gar nicht belegen kann. Es gibt dieses Studium nicht aktuell und es gab es auch nicht in den 2000ern. Eben so wenig gab es das am Institut für Meereskunde Kiel, das 2004 im Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel aufgegangen ist und wo man auch die Diplomarbeit von Robert Marc Lehmann findet.

Fragt man an der CAU und bei Geomar nach, bekommt man bestätigt, dass ein Studium der Meeresbiologie nicht möglich war. Was man studieren konnte war Biologie und in dem Zusammenhang konnte man Fächer wählen und Veranstaltungen belegen, die mit dem Lebensraum Meer zusammenhängen. So gab es Biologische Meereskunde oder Fischereibiologie zu belegen, aber eben auch Botanik, Zoologie oder Mikrobiologie. Damit konnte man dann den Abschluss als Diplom-Biologe erreichen, aber nicht als Diplom-Meeresbiologe. Das bestätigt einem auf Nachfrage auch das zuständige Prüfungsamt der Uni.

Somit konnte und kann man an der CAU weder Meeresbiologie studieren, noch darin sein Diplom abschließen. Daher stimmt die Bezeichnung “studierter Diplom-Meeresbiologe” nicht mit dem Bild überein, das vom tatsächlich möglichen Studium vermittelt wird. Auf Basis dieser Fakten hat Robert Marc Lehmann wohl einfach ein Diplom-Studium im Bereich der Biologie abgeschlossen. Seiner Diplomarbeit nach zu urteilen, sowie auch einer weiteren Arbeit “im Rahmen des Diplomstudiengangs Biologie“, hat er sich besonders mit Edelkrebsen beschäftigt.

Darf sich Robert Marc Lehmann als Meeresbiologe bezeichnen?

Winkende Robbe im so genannten Fokarium der Meeresstation des Instituts für Ozeanographie der Universität Danzig | Foto: Mateusz Włodarczyk, Lizenz: CC BY-SA 4.0

§ 132a Strafgesetzbuch (StGB) verbietet zum Beispiel das Führen von “Amts- oder Dienstbezeichnungen, akademische[n] Grade[n], Titel[n] oder öffentliche Würden”, die man nicht erlangt hat. Meeresbiologe kann sich aber eben jeder nennen. Letztendlich kann sich auch jeder Leser dieses Artikels ab sofort als Meeresbiologe bezeichnen, weil der Begriff nicht geschützt ist.

Geomar ist sich auch darüber bewusst, dass manche Absolventen sich so bezeichnen, “was genau genommen nicht ganz korrekt ist”. Üblicherweise allerdings bezeichnen sich Biologen, die nicht Meeresbiologie studiert haben, aus Respekt vor dem doch anderen spezialisierten Studiengang nicht als Meeresbiologen. Natürlich ist es aber nicht illegal dies zu tun. Das kann aber auch letztendlich jeder, weil – und auch darauf weist Geomar hin – weder die Bezeichnung als Meeresbiologe noch die als Biologe in Deutschland nicht gesetzlich geschützt sind.

Man kann sich also auch völlig ohne Studium oder gar irgendwie nachgewiesene Kenntnisse als Meeresbiologe bezeichnen. Das entwertet natürlich in einem gewissen Sinne die Bezeichnung. Dies liegt aber daran, dass der Gesetzgeber die Bezeichnung nicht schützt. Sie wollen Meeresbiologe werden? Nennen Sie sich so und sie sind es. Das funktioniert übrigens auch mit so putzigen Bezeichnungen wie Wellensittichfarbberater. So kann sich auch jeder nennen, der das will.

Bezeichnung problematisch

Jetzt behauptet Robert Marc Lehmann aber eben nicht nur Meeresbiologe zu sein, sondern eben “studierter Diplom-Meeresbiologe”. Studiert haben kann Robert Marc Lehmann es an der CAU nicht und ein Diplom in Meeresbiologie hat er dort eben auch nicht erlangen können. Zutreffender wäre die Bezeichnung “Diplom-Biologe”, weil diesen Abschluss hat er nach einiger Zeit schließlich tatsächlich an der CAU erlangt. Das Adjektiv vor dem Diplom ist allerdings ohnehin eher im Bereich der Tautologie beziehungsweise eines Pleonasmus anzusiedeln.

Robert Marc Lehmann hatte ja auch schon behauptet “Europas größtes Aquarium geleitet” zu haben. Er war nur nie im tatsächlich größten Aquarium Europas beschäftigt, sondern er war Teamleiter in einem Museum für ein paar Monate. Ebenfalls bezeichnet sich Lehmann auch als “National Geographic Fotograf des Jahres 2015“. Das war aber, laut National Geographic selbst, James Smart. Hier könnte man schon so etwas wie ein Muster erkennen. Auf jeden Fall wird es wohl keinen überraschen, dass man auch durchaus die Selbstbezeichnung als “studierter Diplom-Meeresbiologe” als mindestens problematisch ansehen kann.

 

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