Wimpelfisch | Foto: Magnus Johansson, Lizenz: C BY-SA 2.0 DEED

Robert Marc Lehmann: Theater um Zierfisch-Handel

Exklusiv für zoos.media – 05.12.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Was passiert hinter den Kulissen der Zierfisch-Industrie? Das will Robert Marc Lehmann mit einem Besuch in einem öffentlich zugänglichen Shop erfahren haben.

Robert Marc Lehmann: Theater um Zierfisch-Handel

Die “Mission: Bali” vom YouTuber Robert Marc Lehmann wird immer mehr zum Desaster. Angeblich will er den Zierfisch-Handel brutal exposen, denn es fände ja “alles hinter verschlossenen Türen” statt. Er bekräftigt sogar: “Das kann man nicht einfach immer besuchen.” Sein Kollaborator vor Ort, Manuel Bergmann, hätte “fast ein Jahr damit verbracht” so einen Dreh möglich zu machen. Auf einmal durch einen Zufall habe er dann aber “nach dem Surfen” ein Schild entdeckt und wäre reingegangen. Daraufhin erklärt Lehmann, dass er seit 14 Jahren versuche, “hinter die Kulissen dieser Industrie zu schauen”. Was dann folgt, lässt sich im besten Fall als schlechtes Theater beschreiben.

Pseudo-Undercover

Den Einblick, den Lehmann und Bergmann erhalten haben, kann jeder erhalten. Der Laden (Adresse: Jl. Muding Indah XIII No.7, Padangsambian Kaja, Kec. Denpasar Bar., Kota Denpasar, Bali 80112, Indonesien) hat an sechs Tagen in der Woche rund um die Uhr geöffnet. Am Sonntag ist er dann nur von 8-22 Uhr offen. Das findet man bei einer einfachen Google-Suche heraus. Da passiert also letztendlich alles bei offenen Türen und nicht hinter geschlossenen.

Aber damit nicht genug CV. Riski Aquaria hat einen eigenen Instagram-Account und ist auch einfach auf Facebook zu finden. Nichts passiert da geheim, illegal oder versteckt. Auch die Geschichte von Bergmann ist schwer zu glauben, denn er kam wohl weniger vom Surfen als vom Wandern. Der nächste Strand ist weit über eine Stunde zu Fuß entfernt. Vielleicht hat er aber auch auf Flüssen gesurft – oder einfach im Internet. Die Firma hat auch verschiedene Satelliten-Seiten auf Social Media, auf denen man sogar Videos findet, die ähnlich denen sind, die Lehmann präsentiert hat:

Jeder kann es sehen!

Eine dieser leicht zu findenden Satelliten-Seiten, die man am immer gleichen Logo gut erkennt, weist Riski Aquaria als “Asia Leading Supplier of Marinelife” aus. Das ist also ungefähr so, als würde man einen Besuch in einer Fressnapf-Filiale filmen und als als Undercover-Recherche zur Tierernährung verkaufen. Es muss also gar niemand großartig recherchieren oder schauspielern, um bei Riski Aquaria Content zu generieren. Man bräuchte theoretisch nicht mal hin zu fliegen, weil man ja alles schon online sieht.

Online hätte er sogar einen Halfterfisch sehen können, den er im Video konsequent mit Wimpelfischen verwechselt:

 

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Also wirklich nichts daran ist irgendwie geheim. Das ist ein Laden, der quasi rund um die Uhr geöffnet ist. Es braucht auch nicht wirklich viel Recherche einen der führenden Akteure auf dem dortigen Markt zu finden. Niemand muss also wirklich ein Jahr recherchieren oder gar 14 Jahre warten, um da Einblick zu erhalten. Er könnte schon von seinem Studio aus alles sehen, was man auch im Video sieht – und zwar auf den eigenen Kanälen des Unternehmens. Da ist rein gar nichts geheim. Es bemüht sich ja auch nicht mal jemand, das irgendwo geheim zu halten.

Gar nichts aufgedeckt

Fisch entdeckt Taucher im Meer um Bali | Foto: Lakshmi Sawitri, Lizenz: CC BY 2.0 DEED

“Die Wahrheit über die Zierfischindustrie” will Robert Marc Lehmann da durch irgendwelche Recherchen aufgedeckt haben. Wie soll das funktionieren? Es wird ja nicht mal die Wahrheit über diesen Laden komplett dargelegt. Bei dem passiert gar nichts hinter verschlossenen Türen, der ist – sogar auch ziemlich ungeschönt – transparent in dem, was er macht. Die Aufnahmen in dem Video von Lehmann bringen somit nicht mal einen Mehrwert oder irgendeine Form der Aufdeckung.

Man scheint bei diesem Video wirklich darauf zu setzen, dass keiner mal wirklich recherchiert – Projekte wie Gerati aber haben das getan. Tatsächlich bräuchte man nur den Namen des im Video zu sehenden Ladens auf Google suchen, um sämtliche Narrative, die im Video aufgebaut werden, in Sekunden widerlegen zu können. Auch echte Experten, die schon mal da waren, bestätigen das – etwa auch dem YouTuber izzi in seinem Video zum Thema.

Einseitige Berichterstattung

Wenn man schon tatsächlich so einen langen Weg auf sich nimmt, kommt man eigentlich kaum an Bali Aquarich vorbei. Das Unternehmen setzt auf Zucht, die Wildfang natürlich ersetzen kann. Immer wieder ist es für seine Zuchterfolge in der Presse. Dafür gibt es Lob auch von Institutionen, die Fischzucht für den Natur- und Artenschutz nutzen wollen. Wer sich wirklich professionell in diesem Bereich bewegt, der kennt solche Erfolge.

Es gilt aber: Wer den Zierfischhandel in Bali wirklich beleuchten will, der spricht auch über solche Erfolge. Es passt aber natürlich in keine Tierrechtsagenda, dass es zahlreiche Fischhalter gibt, die Zucht betreiben, um Probleme im Natur- und Artenschutz zu lösen. Dann wären ja plötzlich auch Tierhalter “die Guten”, aber Tierhaltung ist ja genau das, was Tierrechtler ablehnen. Durch die einseitige Darstellung des Zierfischhandels in Bali lässt Lehmann aber dieses Dilemma gar nicht aufbranden. Das macht es zum Feelgood-Content für die Zielgruppe solcher Videos, hält sie aber auch fernab der Realität.

Interesse an Realität?

Dieses Format wird auch auf der Plattform Joyn gezeigt. Dieser Streaming-Anbieter – die Joyn GmbH – ist eine Tochtergesellschaft der ProSiebenSat.1 Media SE. Daher wollte zoos.media wissen, wie man bei Joyn zu solchen Inhalten von Robert Marc Lehmann steht, die das Unternehmen ja auch selbst verbreitet. Leider wollte sich Joyn bisher nicht dazu äußern, obgleich sie angefragt wurden.

Letztendlich sollten solche offensichtlichen Fehldarstellungen aber erst gar nicht auf Sendung gehen. Zu oft machen sich Medien in letzter Zeit zu Distributoren von Fake News und Hate in diesem Zusammenhang:

Anti-Zoo-Hetze: ttt zitiert Robert Marc Lehmann

In einer für die Einwohner Balis fremden Sprache so einseitig über indonesische Insel fast schon abzulästern, wie das im Format “Mission: Bali” passiert, hat zudem noch ein weiteres Geschmäckle. Daher wäre es nicht nur fair gewesen, wirklich Bali in seiner Gänze zu zeigen, sondern auch mit offenem Visier die entsprechenden Leute Stellung nehmen zu lassen. Die ganze Serie basiert aber anscheinend nur auf ideologiebasiertem Cherry Picking und daraus folgender einseitiger Darstellung. Mit der Realität hat das nichts zu tun, aber vielleicht bestand daran ja auch nie Interesse.

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