Winkende Robbe im so genannten Fokarium der Meeresstation des Instituts für Ozeanographie der Universität Danzig | Foto: Mateusz Włodarczyk, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Robert Marc Lehmann: National Geographic Fotograf des Jahres 2015?

Exklusiv für zoos.media – 11.08.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Angeblich machte National Geographic 2015 Robert Marc Lehmann zum Fotografen des Jahres. Nat Geo selbst bezeichnet hingegen James Smart als solchen. Was ist da los?

Robert Marc Lehmann: National Geographic Fotograf des Jahres 2015?

Nachdem Robert Marc Lehmann in einer Eilmeldung, die keine war, einen Skandal, der keiner ist, glaubte aufgedeckt zu haben, wunderte er sich, dass kein Artikel von zoos.media kam. Da er in einer Stunde Video aber offenbar nichts Newswertiges produzieren konnte, wir ihn aber seine bereits geäußerte Enttäuschung langfristig ersparen wollten, haben wir uns mal mit einem Attribut beschäftigt, das immer wieder im Zusammenhang mit seinem Namen genannt wird. Das findet man oben auf seiner Webseite, es wird zuerst unter Auszeichnungen genannt und wird in vielen Zeitungsartikeln über ihn erwähnt: er sei National Geographic Fotograf des Jahres 2015.

Wer war der Fotograf des Jahres 2015 von National Geographic?

Das Problem an der Sache ist: National Geographic selbst führt ihn nicht als Fotografen des Jahres auf. Der Gewinner vom National Geographic Photo Contest 2015 heißt James Smart – das ist auch auf Deutsch nachzulesen. Er gewann mit dem Bild “Dirt” den renommierten, internationalen Preis. Das ist eigentlich international auch bekannt gemacht worden. Der Name Robert Marc Lehmann taucht dabei schlicht und einfach nicht auf. Handelt es sich dabei etwa um ein Missverständnis? Das wäre ja möglich. Vielleicht lässt sich das ganz einfach aufklären.

 

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Besonders einfach aufklären lässt sich das, wenn man bei denen nachfragt, die es am besten wissen: den Repräsentanten von National Geographic. Den auf der Webseite angegebenen Adressen folgend fragt man sich erstmal beim Mutterkonzern Disney durch und gelangt schließlich zu einem Ansprechpartner bei Nat Geo. Der bestätigt dann ganz klar: der Fotograf des Jahres 2015 war James Smart. Ein Zweifel daran wird nicht gelassen. Das kann auch jeder Interessierte für sich selbst nachprüfen. Dazu kann man die Webseiten besuchen oder sich eben direkt selbst durchfragen.

Was hat Robert Marc Lehmann 2015 gewonnen?

National Geographic Deutschland und die Kamera-Firma Olympus hatten 2015 unter dem Motto “Wildes Deutschland” einen Wettbewerb. Die Jury bestand aus Fotografen und Vertretern von National Geographic Deutschland, Olympus und der Bildagentur Freelens. Robert Marc Lehmann siegte bei diesem deutschlandweiten Wettbewerb mit seinem Bild “Winkende Robbe”. Höchstens war er also “Fotograf des Jahres” von National Geographic Deutschland und Olympus für Deutschland.

Dieses wichtige Detail wird aber weggelassen. Vielmehr wird der Anschein erweckt, Lehmann und nicht Smart wäre der Fotograf des Jahres von National Geographic. Es ist aber eben ein Unterschied, ob man einen vergleichsweise kleinen regionalen Wettbewerb gewinnt oder eben den Spitzen-Preis, den der Konzern selbst international auslobt. Der Deutsche Meister in einer Sportart, kann sich ja auch nicht einfach als Weltmeister bezeichnen – so lässt sich das ungefähr vergleichen, obgleich natürlich ein thematisch eng gesteckter Wettbewerb nochmal etwas kleiner ist als eine offene Deutsche Meisterschaft.

All das erinnert an einen Fall von vor ein paar Monaten, als Lehmann behauptete, er habe “Europas größtes Aquarium geleitet”. Die Wahrheit sah auch da bedeutend anders aus:

Robert Marc Lehmann: Leiter von Europas größtem Aquarium?

Wer gab das so weiter?

Jetzt ist es eine Sache sich selbst so zu “schmücken”, aber die Frage ist: Wer gab das denn an zahlreiche Pressevertreter so weiter? National Geographic selbst spricht auf seiner Seite zum Wettbewerb auch nicht davon, dass der Sieger dieses vergleichsweise kleinen Wettbewerbs der “National Geographic Fotograf des Jahres” wäre. Wer natürlich ausladend davon spricht, ist Robert Marc Lehmann selbst – sogar auf der englischen Version seiner Seite. Gleich zwei Mal steht es auf der Startseite. Einmal als Emblem direkt oben und einmal in der Liste seiner bereits meist über 5 Jahre alten Auszeichnungen.

Es steht aber auch in zahlreichen Medien-Artikeln über Lehmann. Hier auch in lobhudelnden Formulierungen, die keinen Zweifel daran aufkommen lassen wollen, dass er international gekürt worden wäre. Eigentlich sollten Medien solche Informationen nachprüfen, bevor sie abgedruckt oder sonst wie veröffentlicht werden. Das wäre auch nicht schwer gewesen: ein paar Mails als Recherche lassen diese nicht wirklich zutreffende Bezeichnung auffliegen. Offenbar ist das nicht geschehen. Die große Frage dabei ist, wie genau das passieren konnte. Das wird sicher zu klären sein.

National Geographic Deutschland: eine Lizenz

Seit 1999 gibt es National Geographic Deutschland. Dafür gibt es auch ein eigenes Logo, das Lehmann allerdings nicht verwendet. Die Zeitschrift wird gar nicht von den National Geographic Partners herausgegeben, wie das Original, oder von der National Geographic Society, sondern zuerst erwarben Gruner + Jahr und dann das Verlagshaus GeraNova Bruckmann die Lizenz, um den Markennamen zu nutzen. Sie produzierten 2021 zum Beispiel eine Auflage von knapp 85.000 Exemplaren. Der Lizenzgeber produziert rund 3.500.000 Exemplare allein in den USA. Es gibt also schon einen deutlichen Unterschied.

Man mag sich zwar dem gleichen Leitspruch verpflichtet fühlen, aber letztendlich zeigt es, dass es eben schon was anderes ist und es wenig Sinn macht, die Logos so zu verwenden, als würden sie das gleiche Unternehmen oder Produkt bezeichnen. Vom Renommee her ist die eigentliche Zeitschrift eben deutlich höher anzusiedeln als das deutsche Lizenz-Produkt. Das soll die deutsche Ausgabe nicht kleinreden, sondern eben erklären, warum es gerade in der Welt der Fotografie ein ganz anderes Level ist und man es nicht synonym verwenden sollte.

Ist Robert Marc Lehmann ein Zookritiker?

Immer wieder, so auch im letzten Video, inszeniert sich Lehmann als “Kritiker” von Zoos. Nur wenige Stunden bevor er sich öffentlich enttäuscht zeigte, dass zoos.media noch keinen Artikel über ihn veröffentlicht hatte, postete er eine Instagram-Story mit den Worten: “Until every cage is empty”. Dabei handelt sich um eine Phrase der Tierrechtsbewegung, die jede Form der Tierhaltung abschaffen will. Mit Kritik hat das nichts zu tun. Jemand, der sagt, dass man etwas abschaffen soll, ist auch kein Kritiker dessen, sondern einfach ein Gegner.

Es gibt tatsächliche Zookritiker – auch in den Reihen von National Geographic. Joel Sartore zum Beispiel zeichnet sich für die National Geographic Photo Ark verantwortlich. Er macht klar, dass es gute und schlechte Zoos gibt und teilt auf Basis seiner Meinung ein differenziertes Bild der Zoowelt. Er spricht Themen an ohne zu hetzen, Studien falsch wieder zu geben, ohne Fakten von Tierquälerei zu reden oder Ähnliches. So funktioniert Zookritik. Solche Stimmen werden auch gehört. Unseriöse Kritik wird es nicht.

Wenn der „Robin Hood der Meere“ mal voll danebenschießt

Wer also als Kritiker ernstgenommen werden will, der veröffentlicht auf Basis von Fakten und nicht auf Basis von Fake News. Kritiker wollen im eigentlichen Sinne nämlich nie zerstören, sondern verbessern. Wer aber sowieso das Prinzip von Zootierhaltung ablehnt, hat kein ernstes Interesse an Kritik. Man muss sich also entscheiden, allerdings muss man natürlich gerade Menschen warnen, die mit ihrer Internet-Präsenz richtig viel Geld verdienen wollen: Seriöse und differenzierte Kritik bringt leider nicht sonderlich große Zahlen.

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