Exklusiv für zoos.media – 14.04.2025. Autor: Philipp J. Kroiß
Am 15.04.2025 sollte die Ära vom Marineland Antibes eigentlich für immer enden. Einen Tag zuvor ist völlig unklar, was aus den Orcas wird. Schuld daran sind Politik und Tierrechtsorganisationen.

Was wird nun aus den Marineland-Orcas?
Die 23 Jahre alte Wikie und ihr 11 Jahre alter Sohn Keijo könnten sich längst der Orca-Gruppe im Loro Parque angeschlossen haben. Mitte 2024 hatten sich die französischen Behörden schon an den spanischen Zoo gewandt. Er ist bekannt dafür, Tieren, die in Not sind, ein Zuhause zu geben. So willigte er auch ein, diese Tiere aufzunehmen. Dies geschah auf die Initiative von Frankreich hin.
Die Tierrechtsindustrie warf ihren Hut derweil in den Ring. Sie präsentierten ihre üblichen Luftschlösser zum Beispiel in Nova Scotia und auf Lipsi, die seit Jahren keine Möglichkeiten beziehungsweise Genehmigungen zum Betrieb bekommen. Zudem sind sie auch gar nicht geeignet für die Tiere. Darüber hinaus, sollten die Orcas dort nur der kommerziellen Verwertung dienen. So wirkte es klar, dass die Tiere wohl bald in den Loro Parque – ein Zentrum der Wissenschaft und des Orca-Schutzes – kämen. Hierbei handelt es sich, gemäß aller relevanten Experten, auch um die beste Option.
Rätselhafte Kommunikation der spanischen CITES-Behörde

Französische Medien berichteten vergangenen Freitag plötzlich, die spanische CITES-Behörde hätte erklärt, dass man dem Transport nicht zustimmen würde. Es gebe – nicht näher genannte – Zweifel daran, dass die Tiere im Loro Parque untergebracht werden könnten. Davon war auch der Loro Parque überrascht, verliefen alle Prüfungen der Anlage bisher ohne Beanstandungen. Zudem übertreffen die Ausmaße der Anlage jede seriöse Richtlinie zur Haltung von Orcas bei Weitem.
CITES befand die in ihrem Grundzügen gleiche, aber mit der Zeit noch weiter verbesserte Installation 2006 beim Transport von vier Tieren aus SeaWorld und 2011 beim Transport des geretteten Orca-Weibchens Morgan für geeignet. SEPRONA, die höchste Instanz in dieser Frage in Spanien, bezeichnete die Haltung im Loro Parque 2016 als „einwandfrei“. Es scheint sich hier also offensichtlich um einen Fehler von CITES in Spanien zu handeln, der auch daher besonders bemerkenswert ist, weil SEPRONA davon ein Teil ist.
Die spanische CITES-Behörde würde ich sonst international völlig lächerlich machen. Man sollte sich also von dieser kleinen Unwegsamkeit nicht davon ablenken lassen, dass die Verschleppung des Transport auf die Unentschlossenheit der zuständigen Ministerin in Frankreich, Agnès Pannier-Runacher, zurückgeht. Sie hat sich offenbar von Tierrechtsorganisationen immer wieder zur Verschleppung des Transports überzeugen lassen.
Situation der Tiere bedrohlich

Erst bat Frankreich also den Loro Parque doch bitte zu helfen und jetzt veranstaltet die französische Regierung ein Schmierentheater. Wäre das nur nervig und ginge es nicht um das Wohl der Tiere, könnte man sich fast über den sprichwörtlichen Eiertanz amüsieren. Tatsächlich aber geht es um das Wohl der Tiere. Am 15. April wollte Parques Reunidos das Marineland abgewickelt haben. Wie viel Versorgung für die Orcas nach dem Tag noch möglich ist, ist fraglich.
Dazu schaut auch der Loro Parque mit Sorge nach Frankreich und die kritischen Probleme in Bezug auf die Struktur der Becken im Marineland. Beobachter der Situation vor Ort berichteten dem Projekt dolphinaria.truth von einer sich verschlimmernden gesundheitlichen Situation von Wikie. Sie soll unter einem Regumate-Kiefer leiden, aufgrund der Medikation zu der die Pfleger im Marineland gezwungen sind, weil ihre einzige mögliche tierische Gesellschaft ihr Sohn ist, mit dem sie sich nicht fortpflanzen darf. Auch SeaWorld-Orcas litten schon an solchen Kiefer-Veränderungen aufgrund von Kontrazeptiva.
All das könnte schon längst gelöst sein. Die Tierrechtsindustrie aber will auf Gedeih und Verderb das maximale Kapital aus diesen Tieren schlagen. Die französische Ministerin scheint sich willfährig zu deren Exekutiven machen zu wollen. Sie hätte längst handeln können. Den Tieren könnte es bereits jetzt schon viel besser gehen. Das Leid der Tiere aber ist in Frankreich politisch gewollt, wie es scheint.
Perfides Vorgehen der Tierrechtsindustrie

Den Aktivisten kann man aber eines sicher nicht vorwerfen, nämlich, dass sie ihre Intention sonderlich gut verborgen hätten. „Wenn wir von der französischen Regierung die Genehmigung erhalten, dass diese beiden Orcas nach Nova Scotia kommen, wird das beim Fundraising hilfreich sein.“ [Original: „If we get approval from the French government for these two orcas to come to Nova Scotia, that will help the fundraising.“] Das erklärte Charles Vinick vom Whale Sanctuary Project – dem Netzkäfig-Projekt von Nova Scotia.
Wohin das Fundraising aktuell geht, ist am Beispiel von Vinick gut abzulesen. Sein Engagement für das Projekt, bei dem fraglich ist, ob es die Netzkäfige jemals überhaupt geben wird, ließ er sich teils sechsstellig bezahlen: 102.083$ (2017), 175.000$ (je 2018 & 2019), 166.667$ (2020), 134.000$ (2021), und 126.000$ (2022). Zuletzt fiel die Kompensation Vinicks weiter. Geht dem Projekt etwa schon vor der Realisierung das Geld aus? Das könnte man vermuten.
So oder so liegen die Fakten auf dem Tisch. Die Orcas können entweder ein sicheres Leben im Loro Parque haben oder sie enden wie andere Orcas, über die die Tierrechtsindustrie schon Kontrolle bekam, wie Keiko oder Lolita. Beide konnte die Industrie nicht am Leben erhalten. Das gilt auch für zwei „gerettete“ Orca-Jungtiere. Die pseudo-ausgewilderten Orcas aus Russland fanden unter der Kontrolle der Tierrechtler auch kein gutes Ende. Die Tierrechtsindustrie ist nicht erfolgreich bei der Haltung von Orcas. Somit fragt man sich, wie die französische Ministerin überhaupt in Erwägung ziehen kann, solchen Organisationen Wikie und Keijo zu überantworten.
Orcas in der Falle der Politik

Es geht bei der Diskussion um die Orcas aus dem Marineland schon lange nicht mehr um das Wohl der Tiere. Das steht aber im Fokus vom Loro Parque. Er erklärte Medien gegenüber, dass es dringend wäre, eine Entscheidung zum Wohl der Tiere zu treffen. Er steht bereit das zu bieten, ist aber kein Bittsteller in diesem Verfahren und war dies auch nie. Daher kann die französische Regierung selbst entscheiden, ob sie die mögliche Hilfe in Anspruch nehmen will.
Wer auch immer die Tiere bekommt, wird es nicht leicht haben. Die durch die Politik erzwungene, inadäquate Haltung der Tiere im Marineland, wofür der Betreiber Parques Reunidos nicht wirklich was kann, wird Spuren hinterlassen haben. Man tritt kein leichtes Erbe an, denn es ist bisher nicht abzusehen, wie lange die Tiere brauchen werden, um sich zu erholen oder ob sie das jemals können werden. Das wird sich erst nach und nach in der neuen Haltung zeigen. Vielleicht sterben die Tiere aber auch vorher noch im Marineland.
Dort sitzen sie nämlich in der Falle. Es ist eine Falle, die die Tierrechtsindustrie unter Duldung und mit Unterstützung der französischen Politik aufspannen konnte. Jeden Tag wird es unwahrscheinlicher, deren Zuschnappen zu verhindern. Wäre die Politik dem Marineland gegenüber so unterstützend gewesen, wie die Besucher, gäbe es die Situation übrigens gar nicht.
Zuspruch zur Orca-Haltung riesig

Der Zuspruch für die Haltung von Orcas in Frankreich war extrem groß: Rund 90% der Besucher vom Marineland Antibes kamen, um die Orcas zu sehen. Die Besucher aus aller Welt liebten die Tiere. Dieses deutliche Votum für die Haltung hat die französische Politik zu Gunsten der Tierrechtsindustrie und zu Ungunsten der Tiere ignoriert. Es ist also auch ein Irrglaube, dass die für Orca-Halter investitionsunfreundliche Politik der französischen Regierung auch nur ansatzweise dem Willen des Volkes entsprach.
Die Zukunft vom Marineland Antibes stand und fiel mit den Orcas. Das war auch klar, als 2006 Parques Reunidos die zoologische Institution kaufte. Gleichzeitig war das auch der Tierrechtsindustrie klar. So verbreitete sie Hass und Hetz gegen das Unternehmen. All das konnte Marineland selbst widerlegen. So scheitert der Versuch mit dem Film Inside The Tanks einen zweiten Blackfish-Effekt zu erzielen. Auch weitere Angriffe konnte man durch Fakten abwehren.
Es scheiterte also nie an dem Zuspruch der Menschen. Es scheiterte auch nie an Fakten oder Wissenschaft. Der Grund für dieses würdelose Ende einer nachweislich tiergerechten Haltung ist eine massive Ignoranz seitens der Politik. Auch für die Franzosen, die wirklich ein Herz für Orcas haben, wäre es sicher zumindest ein besseres Ende der tragischen Geschichte des Marinelands, wenn sie ihre geliebten Orcas bald in der modernsten und größten Orca-Haltung der westlichen Welt wiedersehen könnten.