Exklusiv für zoos.media – 28.12.2024. Autor: Philipp J. Kroiß
Das Sterben von Zoo-Elefanten im Elephant Sanctuary Tennessee (TES) geht weiter. Nun traf es Donna aus dem Oakland Zoo. Sie überlebte nur etwas mehr als ein Jahr die Haltung im TES.
USA: Erneuter Tod von Zoo-Elefantin in Sanctuary
Glaubt man der Tierrechtsindustrie, ist ein Sanctuary der bessere Zoo. Das stimmt natürlich nicht. Es bräuchte auch nicht mehr Beweise, aber das von der Tierrechtsindustrie so favorisierte TES liefert sie zuverlässig. Erneut beklagt man nun mit Krokodilstränen den Verlust einer Elefantin, die über 40 Jahre in Zoos in Audubon und Oakland gut überlebte, aber nur etwas mehr als ein Jahr in besagtem Sanctuary.
Misserfolg & schlechte Haltung
Das in Hohenwald gelegene TES firmierte zuerst unter der Bezeichnung “The Elephant Sanctuary” und erst nachher sah man es für nötig an, ein “in Tennessee” noch an die Marke zu hängen. Das Sanctuary erlang aber sehr schnell negative Berühmtheit aufgrund von schlechter Haltung der Tiere. Man sah deutlich, dass es den Tieren nicht – wie versprochen – besser im Sanctuary ging, sondern schlechter.
How many more elephants? Paws and TN elephant sanctuary have had numerous deaths pic.twitter.com/lcaIWHW5QD
— Felicia Frisco (@teentigermom) July 24, 2015
All diese Misserfolge waren bekannt, als der bekannteste Zooverband Nordamerikas, die AZA, das Sanctuary als Mitglied akzeptierte. Seitdem gibt es auch immer wieder Transporte von amerikanischen Zoologischen Gärten in das TES. Langes Leben können die Tiere dort nicht erwarten, wenn man sich die Bilanz der letzten Transporte so anschaut. In vorheriger Berichterstattung haben wir die Haltung auch als “Sanctuary des Todes” auf Basis von Belegen beschrieben. Donna reiht sich ein in eine Chronologie des Versagens.
Nächste Zoo-Elefantin stirbt schnell im Elephant Sanctuary in Tennessee
Sanctuary(s) von Tierrechtsindustrie akkreditiert
Dieses katastrophale Sanctuary ist aber nicht nur Mitglied der AZA, sondern auch von der Global Federation of Animal Sanctuaries (GFAS) akkreditiert. Das ist so etwas wie die Greenwashing-Initiative der Tierrechtsindustrie für Tierhaltungen, die der Tierrechtsindustrie entsprechende Folgsamkeit leisten. Gegründet von Funktionären der USA-Dependance der Born Free Foundation, der Humane Society of the United States (HSUS), und der damaligen World Society for the Protection of Animals, die man heute als World Animal Protection (WAP) kennt, hetzt sie gegen Zoos und präsentiert Sanctuaries als bessere Alternative.
Dass die Sanctuarys eben nicht die bessere Alternative darstellen, zeigt sich aber nicht nur in Bezug auf Elefanten, sondern auch auf zum Beispiel Schimpansen. So richtig für Tierwohl oder gar Tierschutz steht also eine GFAS-Akkreditierung offenbar nicht wirklich. Vielmehr ist Vorsicht geboten, wenn eine Tierhaltung GFAS-akkreditiert ist. Tierhalter in den USA, die von der Tierrechtsindustrie unrechtmäßig attackiert werden, klären daher über die GFAS aktiv auf.
Letztendlich mündet die Tierrechtsideologie in dem Ende jeder Form der Tierhaltung. Die von ihr betriebenen Sanctuaries dienen als Verwahreinrichtung von Tieren bis zu ihrem Tod. Ihnen wird darin jede Form der natürlichen Bildung eines Sozialgefüges verwehrt. Züchten dürfen die Elefanten im TES nicht. Der Zweck dieser Sanctuary-Tiere ist es nämlich vor allem, zu sterben. So will man die Haltung von Elefanten und Schimpansen zum Beispiel beenden. Das ist der letztendliche Sinn dieser Einrichtungen für die Tierrechtsindustrie. Die ist sich aber dann nicht zu fein, trotzdem noch mit Besucherverkehr Geld zu verdienen. So bittet man auch im Elephant Sanctuary’s Elephant Discovery Center eifrig um Spenden.
Unrühmliche Rolle vom Zooverband
Dan Ashe, der aktuelle Präsident und CEO der AZA, kennt man von Berichten über Opportunismus gegenüber der Tierrechtsindustrie. Er verband sich auch bereits vor seiner Zeit als Chef des Zooverbandes etwa mit der HSUS. Mit seiner fragwürdigen “Politik der Addition” öffnet er der Tierrechtsindustrie, die jede Form der Tierhaltung ablehnt, und ihren Kollaborateuren Tür und Tor. Solches Appeasement führt bisher allerdings nicht zu der erhofften Verbesserung der Lage der Zoos und Aquarien, sondern die Tierrechtsindustrie zeigt sich deutlich als Parasit in dieser Verbindung.
Ein Auswuchs dieser immer wieder mit Plattitüden verteidigten Verbandsstrategie ist, dass Elefanten aus nordamerikanischen Zoos ins TES kommen. Die Mitgliedszoos der AZA lassen das nach wie vor geschehen. Willfährig schicken sie Elefanten ins TES und so in den Tod. Das sind meisten Zoos, die sich die Haltung nicht mehr leisten wollen oder können. Jetzt ist es allerdings so, dass diese Mitgliedzoos weniger Einfluss auf solche Entscheidungen haben, als man vielleicht denkt. Denn die AZA hat ein Druckmittel, mit der man Mitglieder gut erpressen kann.
Wenn Artenschutz-Partizipation zur Waffe wird
Als 1981 die Species Survival Plans (SSPs) in den Staaten ins Leben gerufen wurden, ahnte man nichts Schlimmes. Vielmehr ist die Entwicklung der SSPs eine große Errungenschaft für den Artenschutz. Das sind sie bis heute. Wer aber in großem Stil an den SSPs teilnehmen will, muss eben auch AZA-Mitglied oder so genannter Artenschutz-Partner der AZA sein. Wer das wird, bestimmt die AZA. Wie willkürlich das sein kann und wie wenig das mit Tierwohl zu tun haben kann, sieht man an der Akkreditierung des TES durch die AZA.
Das bedeutet aber im Umkehrschluss auch: Die AZA-Mitglieder sind erpressbar. Wollen sie nämlich das Spiel der Verbandsspitze, der Tierrechtsindustrie Tür und Tor zu öffnen, nicht mehr mitspielen, bekommen sie Probleme in Bezug auf die SSPs. Das ging so lange gut, wie man der inklusiven Idee des Zoo-Artenschutzes wohlgesonne Menschen an der Spitze hatte. Die Zeiten sind aber vorbei und die Artenschutz-Partizipation wird zur Waffe. So etwas ist natürlich dann auch vor allem der Schaden für den Artenschutz.
Exkurs: Wie sieht es in Europa aus?
Die Erhaltungszucht-Monopolisierung ist nicht nur ein Problem in den USA. Auch in Europa lässt man Nicht-EAZA-Mitglieder nur an drei EEPs teilnehmen. So will man zoologische Institutionen zur Mitgliedschaft bringen. Da die Mitgliedschaftskosten aber besonders für kleinere Institutionen zu hoch sind, entwickeln sich im Ergebnis einfach nur mehrere Erhaltungszucht-Projekte. Dies versucht man durch Internationale Zuchtbücher dann wieder aufzufangen, ist aber am Ende ein sinnlos umständlicher Walk Around um exklusive Ambitionen von Zooverbandsbossen.
Das bedeutet, die Zustände, in der AZA sind in der EAZA gar nicht unmöglich. Schon jetzt zeigen sich Parallelen: Die Umstellung auf exklusiv geschützten Kontakt innerhalb der AZA hat die EAZA schon kopiert. Der Pittsburgh Zoo entschied sich in den USA für das Wohl seiner Elefanten und hat das Spiel der AZA nicht mitgespielt. Ob das in Europa auch geschieht, wird man sehen. Richtig positiv für die Elefanten hat sich das nicht ausgewirkt: Norkaew et al. (2018) fanden heraus, dass Elefanten, die in Nordthailand im Freikontakt im Tourismus “arbeiteten”, bessere Body Condition Scores (BCS) als Elefanten in Zoos in Nordamerika und Großbritannien, wo auch geschützter Kontakt vorherrscht, erzielten.
Wann haben die Zoos genug?
Von der Tierrechtsindustrie inspirierte Entscheidungen von Zooverbandsoberen entwickeln sich vermehrt zum Problem, was auch die Glaubwürdigkeit der Mitgliedszoos anbelangt. Der Oakland Zoo kann am Ende so viel über Tierwohl reden wie er will, ein Export von Tieren an ein solches Sanctuary macht es nicht glaubwürdiger. Am Ende sprechen Taten lauter als Worte. Donna hätte in einer seriösen Haltung vermutlich ein nicht nur längeres, sondern auch besseres Leben genießen können als im TES.
Die Frage ist letztendlich eben nur, wie viele Elefanten noch sterben müssen, bis die Toleranz-Grenze der AZA-Zoos erreicht ist. Im Verband setzt sich nur sehr langsam die Erkenntnis durch, dass das Verpartnern mit der Tierrechtsindustrie, die Zoos dem eigenen Ende näher bringt als dem Fortbestand. Opportunismus gegenüber der Tierrechtsindustrie lohnt sich nicht. Für die Elefanten in den AZA-Zoos ist er sogar lebensgefährlich. Die Tode von Nicky, Jana und nun Donna zeigen das eigentlich deutlich genug.