Elefant im Zoo Knoxville | Foto: Amanda Downing, Lizenz: CC BY 2.0 DEED

Nächste Zoo-Elefantin stirbt schnell im Elephant Sanctuary in Tennessee

Exklusiv für zoos.media – 26.10.2023. Autor: Philipp J. Kroiß

Es ist schon wieder passiert. Wenige Monate nach der Ankunft in Elephant Sanctuary in Tennessee (TES) stirbt eine Elefantin aus einem Zoo. Diesmal traf es Jana aus dem Zoo Knoxville.

Nächste Zoo-Elefantin stirbt schnell im Elephant Sanctuary in Tennessee

Als im letzten Jahr klar wurde, dass der Zoo Knoxville seine Elefanten in eine der schlechtesten Elefanten-Haltungen der USA abschieben wollte, schrieb zoos.media: “Das ist letztendlich ein Ort, wohin man Tiere zum Sterben abschiebt, wenn man ein schnelles Ableben und ein billiges Ende im Sinn hat.” Als Jana Anfang Mai diesen Jahres im The Elephant Sanctuary in Tennessee, USA, ankam, musste man das Schlimmste befürchten. Es dauerte auch nur ein paar Monate bis sie starb. Ursächlich soll eine vergangene Verletzung des Tieres sein, mit der sie allerdings 12 Jahre in der Obhut von Experten gut leben konnte.

Plötzlich ging alles ganz schnell

Bei einer – für Elefanten völlig normalen – Auseinandersetzung hatte sich Jana vor über einem Jahrzehnt eine Verletzung zugezogen. Im Zoo Knoxville kam man damit wohl gut klar. Wenige Monate im Sanctuary traf man aber die Entscheidung das Tier einzuschläfern. Sie sei öfter hingefallen, was ihre Lebensqualität beeinträchtigt hätte, und schließlich hätte sie nicht selbst stehen können. Gleichzeitig behauptet man aber, sie hätte das Wandern durch die Wälder und über die Hügel in Hohenwald, wo das Sanctuary liegt, ach so genossen.

Also entweder hat man einen Elefanten, der die sinnlos großen, kaum zu managenden Anlagen erwandert, oder eben ein chronisch krankes Tier, das kurz davor ist, daran zu sterben, dass es nicht mehr mobil ist. Beides gleichzeitig funktioniert nicht. Erneut wird das Sanctuary hier Märchen aufgetischt haben. Dank der Intransparenz, die im Elephant Sanctuary herrscht, wird man es wohl nie erfahren. Schlüssig wirkt die ganze Geschichte absolut nicht. Die euphemistisch als Sanctuary bezeichnete Tierhaltung ist bekannt für schlechte Haltungsqualität.

Platz ist nicht alles

Laien fallen leicht auf die Propaganda der von der Tierrechtsindustrie gegreenwashten Haltung rein. 11 Quadratkilometer Platz für 32 Elefanten. Das klingt nach Luxus, ist es aber nicht. Warum? Kein Elefant der Welt profitiert von Gehege-Größe. In der Natur wandern Elefanten aus der Not heraus, dort, wo sie waren, keine Nahrung mehr zu finden – nicht aus Spaß an der Freude. Das sieht man auch im Zoo. Daher wird das Futter auch auf den Anlagen verteilt, um diese Bewegung anzuregen. Das Bild des wanderlustigen Elefanten hat mit der Realität nichts zu tun.

Daher muss eine Elefantenanlage vor allem managebar sein. Es muss möglich sein, sie durch Enrichments variabel zu halten und den Tieren ein abwechslungsreiches Leben zu bieten. Haltungsqualität misst sich dabei nicht in Quadratmetern, sondern in den Angeboten, die die Pfleger den Tieren machen können. Das ist, was die Elefanten fit und gesund hält. Einfach nur ein möglichst großes Arial abzusperren ist allein völlig wertlos. So etwas ist, für sich genommen, nichts als Marketing-Gewäsch.

Bewegen sich Elefanten im Zoo weniger als ihre Artgenossen in der Natur?

Sanctuary des Todes

  • Delhi (1946-2008) – rund 5 Jahre
  • Shirley (1948-2021) – rund 22 Jahre
  • Lota (1951-2005) – weniger als 0,5 Jahre
  • Bunny (1952-2009) – rund 10 Jahre
  • Liz (1957-2015) – rund 9 Jahre
  • Queenie (1959-2008) – rund 5 Jahre
  • Dulary (1963-2013) – rund 6 Jahre
  • Misty (1963-2016) – rund 12 Jahre
  • Lottie (1965-2010) – rund 4 Jahre
  • Barbara (1966-2001) – rund 5 Jahre
  • Frieda (1966-2015) – rund 9 Jahre
  • Winkie (1966-2017) – rund 17 Jahre
  • Rosie (1969-2016) – rund 1 Jahr
  • Tina (1970-2004) – rund 1 Jahr
  • Jenny (1972-2006) – rund 10 Jahre
  • Nichole (1975-2023) – weniger als 0,5 Jahre
  • Zula (1975-2009) – rund 5 Jahre
  • Hadari (1980-2017) – rund 2 Jahre
  • Jana (1980-2023) – rund weniger als 0,5 Jahre
  • Ned (1987-2009) – rund 0,5 Jahre

Jana reiht sich also in die Elefanten, die im Elephant Sanctuary in Tennessee sehr schnell gestorben sind, ein. Das gilt für die meisten Tiere vor Ort. Im Durchschnitt überlebten die Tiere weniger als sechs Jahre im Sanctuary. Ein Zuchtstopp verhindert ohnehin, dass sie natürliche Herdenstrukturen ausbilden können. Somit ist die Haltung im Sanctuary nicht besonders erfolgreich, weil es letztendlich Tierquälerei ist. Bessere Überlebensraten als seriös arbeitende Zoologische Gärten kann der Ort schon gar nicht vorweisen.

Trotzdem gelten solche Sanctuarys für die Tierrechtsindustrie weiter als bessere Alternative zu zoologischen Institutionen. Das zeigt erneut, dass es dieser Industrie nicht um die Qualität der Haltung oder das Wohl der Tiere geht. Vielmehr ist die Zertifizierung des HSUS-Surrogaten GFAS ein weiteres Mittel, um Geld zu verdienen. Schlechte Zoos werden durch die Zertifizierung geweißelt und können so unter schönfärberischem Namen weiter Tiere schlecht halten. Das Problem solcher “roadside zoos” ist in den Vereinigten Staaten groß.

Schande für die Zoowelt

Die Ironie der Geschichte liegt darin, dass der amerikanische Zooverband AZA, von dem auch der Zoo Knoxville Mitglied ist, nicht müde wird, sich als Kämpfer gegen “roadside zoos” zu inszenieren. Eine AZA-Akkreditierung wird als “Gold-Standard” verkauft. Dass dies nur leere Worte sind, merkt man daran, dass sich auch das Elephant Sanctuary in Tennessee über diesen angeblichen “Gold-Standard” freuen darf und die AZA in diesen “roadside zoo” Tiere bringt. Von den wirklich goldenen Zeiten der AZA ist aufgrund von Opportunismus in der Führungsebene nicht mehr wirklich viel übrig geblieben.

AZA: Dan Ashe und die “Politik der Addition”

So rühmt sich etwa die AZA-Akkreditierung damit, auf die Involvierung der Zoos und Aquarien in Natur- und Artenschutz zu achten. Das Sanctuary hat aber keine Natur- und Artenschutzprojekte. 160.000.ooo$ würden die Mitgliederzoos, die eigentlich verpflichtet sind an solchen Initiativen für den Schutz von Arten und der Natur teilzunehmen, für solcherlei Projekte aufwenden. Dass diese Regel auch Ausnahmen kennt, zeigt das Erheben des Sanctuarys auf die gleiche Stufe wie hart arbeitende Zoos und Aquarien, die ihre Tiere gut halten.

Schädlicher Monopolist

Elefanten im Vordergrund, Giraffe im Hintergrund – fotographiert im Pittsburgh Zoo | Foto: Daderot, Lizenz: CC0 1.0

Für zahlreiche Tierarten kontrolliert die AZA so genannten Species Survival Plans (SSPs). Das sind Erhaltungszuchtprogramme für Mitgliedzoos. Diese sind aber quasi exklusiv. Will man also bestimmte Tierarten halten oder behalten, muss man AZA-Mitglied sein oder bleiben. Durch diese Monopolstellung bindet der Verband auch solche Zoos und Aquarien an sich, die mit dem Opportunismus der Führungsriege des Verbandes gar nicht konform gehen. Sie fürchten, Tiere zu verlieren, wenn sie nicht mehr Mitglieder sind.

Das bedeutet, dass die Tierrechtsindustrie, die die Führungsebene der AZA über weite Strecken korrumpiert hat, nun viele Zoos – pointiert gesagt – nicht nur an den sprichwörtlichen Eiern hat. So werden die Mitgliedszoos auch gezwungen die fragwürdige Lobbyarbeit der AZA mit zu tragen. Die besteht auch mit darin, konkurrierende Erhaltungszuchtpopulationen aus dem Spiel zu nehmen. Dazu kooperiert der Verband auch mit der Tierrechtsindustrie – etwa beim Big Cat Public Safety Act, bei dem man merkt, dass der zum Boomerang werden könnte.

Die amerikanischen Zoos und Aquarien sollen also durch ihre Tiere erpresst werden, Mitglieder des Verbandes zu werden. Es gibt seriöse Zoos und Aquarien, die dieses Spiel nicht mitspielen. Dass es auch anders geht, beweist der Pittsburgh Zoo. Nach 29 Jahren Mitgliedschaft wollte er sich 2015 diesem System nicht mehr ausliefern. Gegen manche Prognosen blieb er einer der besten Zoologischen Gärten der USA und fand seinen Weg ohne den opportunistischen Kurs der AZA-Funktionäre mittragen zu müssen. Seinen Elefanten hat er damit auch einiges erspart.

AZA bald Todesfalle für Elefanten?

Elefanten-Schädel in Tanzania | Foto: Laika ac, Lizenz: CC BY-SA 2.0

Die SSPs sowie die Zuchtbücher der AZA werden von den Taxon Advisory Groups (TAGs) gemanagt. TAGs wiederum stehen unter der Aufsicht des Animal Population Management (APM) Committee. Die Komitees sind dem Vorstand gegenüber rechenschaftspflichtig und aus dem Vorstand gibt es jeweils jemanden, der den Komitees zugeordnet ist. Der gibt dann die Handlungsanweisungen, die die in den Komitees “Dienenden” umsetzen müssen. Aktuelle Direktorin dieses Vorstandes ist Lisa New vom Zoo Knoxville.

An oberster Stelle aber steht der AZA-Präsident Dan Ashe. Er ist, wie es auf der Webseite so schön heißt, zuständig für die “Weiterentwicklung der Vision, Mission und strategischen Prioritäten von AZA”. Der redet von vorbildlicher Tierpflege und Tierschutz im Elephant Sanctuary in Tennessee und findet Tierrechter ohnehin ganz knorke. Durch die Organisationsstruktur der AZA bleibt seinen Bediensteten fast keine andere Wahl als seiner Richtung zu folgen.

Sobald also in der AZA die Richtung ausgegeben wird, weitere Elefanten in dieses Sanctuary des Todes zu bringen, wird es also wenig Gegenwehr geben können. Der Mitgliedzoo hat dann ein System über und eventuell auch gegen sich, das im Ruf steht, doch nur das Beste zu wollen. Dass dies nicht mehr der Fall ist, zeigt nun der Fall von Jana aus dem Zoo Knoxville. Sie ist die zweite Elefantin in diesem Jahr, die nur wenige Monate nach der Ankunft dort stirbt. Man fragt sich, wie lange das noch so weitergehen muss bis die notwendige Richtungsänderung vollzogen wird.

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